TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2001/05/1118

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 2001, Zl. 605.118/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Seeboden in Seeboden, Hauptplatz 1, 2. Alexandra Wassermann in Wien IX, Augasse 13/29, bzw. in Seeboden, Fichtenweg 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die am 14. Juni 1974 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist jedenfalls seit 1988 mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters (kurz: S) gemeldet, wo sie mit ihrem Eltern und ihrem Bruder wohnt. Seit 16. Dezember 1994 ist sie mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet. Sie studiert in Wien und tritt den Weg zur Studieneinrichtung im Regelfall von Wien aus an. In ihrer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 23. April 2001 (es ist dies ein formularartiges Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes) gab sie an, sie halte sich jährlich ca. 186 Tage in S, 180 Tagen hingegen in Wien auf. In S lebten auch zahlreiche weitere Verwandte. Aktive gesellschaftliche Betätigungen in Wien bestünden nicht, in S seien sie "kaum vorhanden". Sie übe auch einen Ferialjob in einer Gemeinde nahe S aus. In ihrer Wohnsitzerklärung (§ 15a MeldeG) vom 23. Mai 2001 gab sie ihre jährliche Aufenthaltsdauer in S mit ca. 185 Tagen, in Wien mit ca. 170 Tagen an.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab. Hiezu stellte die belangte Behörde fest, dass der ausbildungsmäßige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen auf Grund des Studiums in Wien liege, der "Familienwohnsitz" und somit der gesellschaftliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen der Zweitmitbeteiligten liege hingegen eindeutig in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters. Dort sei auch das soziale Umfeld der Zweitmitbeteiligten konzentriert. Das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, gebe daher im Beschwerdefall den Ausschlag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt; angesprochen wird der Vorlageaufwand. Die erstmitbeteiligte Partei verwies in einem Schriftsatz auf ihre Stellungnahme im Verwaltungsverfahren (wonach die Zweitmitbeteiligte ihren Hauptwohnsitz in S habe).

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte die Zweitmitbeteiligte bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass die Zweitmitbeteiligte zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht.

Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und der Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051118.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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