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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. September 2001, Zl. 605.105/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Götzis in 6840 Götzis, 2. Regine Rauch in 1160 Wien, Brunnengasse 5/1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die am 3. Oktober 1973 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte hat seit 22. März 1998 einen weiteren Wohnsitz in Wien; als Hauptwohnsitz hat sie 6840 Götzis bezeichnet. Nach den Angaben in der Wohnsitzerklärung gemäß § 15a Abs. 1 MeldeG ist sie Studentin, verbringt 85 Tage des Jahres am Hauptwohnsitz und 280 Tage des Jahres am Nebenwohnsitz und tritt den Weg zur Bildungsstätte überwiegend vom Nebenwohnsitz aus an. Sie gab weiters an, dass an ihrem Hauptwohnsitz ihre Eltern, am Nebenwohnsitz ein 1969 geborener Freund (gemeldet mit Hauptwohnsitz Wien) Mitbewohner wären. Ergänzend gab sie an, der Grund ihres Nebenwohnsitzes in Wien sei ausschließlich das Studium; zur Finanzierung habe sie eine Teilbeschäftigung annehmen müssen. Ihre zentralen Lebensinteressen lägen in Götzis.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in Götzis ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangten Behörde legte die Verwaltungsakten vor, der Erstmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Zweitmitbeteiligte, die in Wien ihrem Studium nachgeht, hatte im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das 26. Lebensjahr vollendet. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf dessen eingehende Begründung gemäß § 43 Abs. 2 2. Satz VwGG verwiesen wird, ausgeführt, es sei in einem solchen Fall die Annahme gerechtfertigt, dass sich die Nahebeziehung zum Studienort wesentlich verdichtet hat. Bei einer Gesamtbetrachtung kann dann der Mittelpunktcharakter des Heimatortes im Allgemeinen nicht mehr bejaht werden; vielmehr liegt dort nur ein Wohnsitz nach § 1 Abs. 6 MeldeG vor. Wenn nicht durch neue familiäre Bindungen (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort oder an einem dritten Ort intensive Lebensbeziehungen bestehen, wird der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen sein.
Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit
einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 29. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001051076.X00Im RIS seit
11.04.2002