TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2000/05/0028

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2002
beobachten
merken

Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82054 Baustoff Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs3;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
ROG OÖ 1994 §30;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde der T und des HM in St. Georgen im Attergau, beide vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner Rechtsanwälte OEG in Linz, Kaisergasse 17, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Juni 1999, Zl. BauR-012035/3-1999-Gr/Pa, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde St. Georgen im Attergau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Marktgemeinde plant auf dem Grundstück Nr. 548/1, welches als Grünland mit der Sondernutzung Spiel- und Sportfläche gewidmet ist, die Errichtung einer Spiel- und Sporthalle. Die Errichtung soll auf dem bestehenden Freizeitgelände erfolgen, auf dem derzeit während der Wintermonate eine durch ein Zelt abgedeckte Kunsteisfläche in Betrieb steht. Auch in der geplanten Halle ist im Winter ein Eislaufbetrieb, ansonsten die Möglichkeit zur Ausübung verschiedener anderer Sportarten (Skateboard-Bahnen, Kletterwände, Beach-Volleyball etc.) in Aussicht genommen. Während der Eislaufsaison soll, wie schon derzeit, höchstens einmal pro Woche eine "Eisdisco" (Eislaufbetrieb mit Musikanlage bis maximal 22.00 Uhr) in der Halle veranstaltet werden. Den Beschwerdeführern gehört das unmittelbar südwestlich angrenzende Grundstück Nr. 522/9, auf welchem ihr Wohnhaus errichtet ist. Die projektierte Halle ist dort von der Grundgrenze rund 8 m entfernt.

Am 17. April 1997 wurde von der mitbeteiligten Gemeinde, vertreten durch den Bürgermeister, um Baubewilligung angesucht. Dem Ansuchen war neben den Bauplänen ein "schalltechnisches Projekt" der S-Consulting (Zivilingenieur für Maschinenbau-Verfahrenstechnik, Technische Akustik) beigeschlossen, in welchem auf Basis von Messungen bzw. Erfahrungswerten eine Prognoserechnung hinsichtlich der durch die geplante Halle verursachten Immissionen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer erstellt und diese den Ist-Werten gegenüber gestellt wurden. Konkret wurde zunächst die schalltechnische Ist-Situation, die am 9. Jänner 1997 von 16.00 bis 22.00 Uhr durch Messungen an der Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer erhoben worden war, wiedergegeben. Ausgehend von den Innenpegelwerten (äquivalente Dauerschallpegel im Bereich der Begrenzungsflächen der Kunsteisbahn) von 90 dB (A) bei Stattfinden einer "Eisdisco", 88 dB (A) während der Eisreinigung und 74 bis 75 dB (A) bei normalem Eislaufbetrieb ergaben Berechnungen, dass bei der letztlich von der mitbeteiligten Marktgemeinde gewählten Ausführungsvariante die zu erwartenden Immissionsanteile der Halle auf dem Grundstück der Beschwerdeführer während der Eisdisco (ähnlich während der Eisreinigung) zwischen 41 und 43 dB (A) und bei Normalbetrieb zwischen 27 und 29 dB (A) liegen würden. Es komme somit bei Normalbetrieb zu keiner Anhebung der verkehrsbedingten Ist-Situation. Als Schallschutzmaßnahme wurde eine Begrenzung der Musikanlage in der Halle auf einen Innenpegel von 90 dB (A) empfohlen.

Die Einreichunterlagen enthielten weiters ein medizinisches Gutachten der Landessanitätsdirektion für Oberösterreich vom 16. April 1997, in dem auf Grundlage des schalltechnischen Projekts keine gesundheitsrelevanten Veränderungen durch Lärm für die Beschwerdeführer festgestellt wurden.

Bei der am 6. Mai 1997 abgehaltenen Bauverhandlung erhoben die Beschwerdeführer Einwendungen unter anderem gegen die von der Halle aus auf ihr Grundstück wirkenden Lärm- und Abluftimmissionen und machten zusätzlich eine vom Objekt ausgehende Brandgefahr geltend. Bei der Messung habe nur sehr geringe Besucherfrequenz geherrscht und es sei besonders leise Musik gespielt worden. Außerdem sei der Messpunkt im Messprotokoll unrichtig eingezeichnet worden. Die Beschwerdeführer legten zur Untermauerung ihres Standpunktes das Privatgutachten des D.I. B. vor. Dieser habe am 15. Dezember 1995 eine Lärmmessung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer, ca. 10 m vom nächstgelegenen Punkt der Halle (offenbar gemeint das vorhandene Zelt, da der hier gegenständliche Bauplan vom 17. April 1997 stammt) entfernt, durchgeführt. Dabei sei ein mittlerer Lärmpegel von 73,5 dB (A) (Spitzen bis 86,9 dB (A)) gemessen worden, sodass die Grenzen einer zumutbaren Störung erheblich überschritten würden. Vom Amtssachverständigen des Bezirksbauamtes Gmunden wurde in der Bauverhandlung ein immissionstechnisches Gutachten erstattet. Dieses orientierte sich hinsichtlich der Lärmbelastung am "schalltechnischen Projekt". Die im Rahmen dieses Projekts gemessenen bzw. angenommenen Werte erachtete der Amtsachverständige als glaubwürdig.

Der Vizebürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom 22. Mai 1997 die begehrte Baubewilligung; die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden abgewiesen. Als Auflage wurde vorgeschrieben, die Musikanlage in der Halle müsse dermaßen begrenzt werden, dass ein Innenpegel von 90 dB LA,eq nicht überschritten werde. Die Beschwerdefrührer erhoben Berufung, in welcher die Einwendungen aus der Bauverhandlung aufrecht erhalten und teilweise näher ausgeführt wurden.

Daraufhin holte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde ein Ergänzungsgutachten des bautechnischen Sachverständigen Ing. B vom 12. August 1997 ein. In diesem führte der Sachverständige aus, die tatsächliche Lage des im Projekt bezogenen Messpunktes sei zwar rund 8 Meter in westlicher Richtung verschoben gewesen, für die Ist-Lärmerhebung sei diese Verschiebung jedoch vollkommen unerheblich. Die Entfernung zum Hauptlärmerreger (bestehendes Zelt der Kunsteisfläche) sei bei beiden Punkten annähernd gleich bzw. werde beim tatsächlichen Messpunkt die Entfernung zum bestehenden Zelt sogar geringfügig geringer (rund 7 m im Vergleich zu rund 8 m beim Messpunkt laut Plan). Die örtliche Ist-Lärmsituation sei erfahrungsgemäß in den Abendstunden am ruhigsten. Aus diesem Grund sei die Messung der Ist-Situation ohne Eislaufbetrieb in den Abendstunden durchgeführt worden. Vor allem für die Gegenüberstellung der Ist-Werte mit Betrieb der Eisfläche und ohne Eislaufbetrieb sei von den niedrigsten Ist-Werten auszugehen. In den Vormittagsstunden seien diese, insbesondere auf Grund der vermehrten Fahrbewegungen auf den öffentlichen Straßen und durch Betriebslärm der umliegenden Betriebe, wesentlich höher. Die Pegeldifferenz zwischen der Ist-Situation ohne Betrieb der Eisfläche und mit Eislaufbetrieb werde in diesem Fall wesentlich geringer und somit für die Beschwerdeführer ungünstiger. Die Wahl des Messzeitraumes in den Abendstunden sei daher aus fachlicher Sicht korrekt.

Zu den Lärmmessungen des Privatgutachters vom 15. Dezember 1995 führte der Sachverständige aus, das Messergebnis von 73,5 dB (A) decke sich mit den Ergebnissen des schalltechnischen Projekts vollkommen. In diesem sei der (höchste) Innenpegel von 90 dB (A) für die Eisdisco anhand von Erfahrungswerten angesetzt worden. Es habe sich aus den durchgeführten Messungen eine Pegeldifferenz zwischen Innenpegel und Immissionspegel am Messpunkt 1 von 17 dB (A) ergeben, sodass von einem Immissionspegel von 73 dB (A) auszugehen sei. Durch die geplante Halle werde der verkehrsbedingte äquivalente Dauerschallpegel von 42 bis 43 dB (A) (ohne Betrieb der Kunsteisbahn) auch mit dem Betriebszustand Eisdisco nicht überschritten. Im Vergleich zur derzeitigen Zelthalle für die Kunsteisfläche trete eine wesentliche Verbesserung ein. Der Lärm des Kühlaggregates werde durch das Dach der neuen Halle abgeschirmt, auch diesbezüglich sei eine Verbesserung zu erwarten.

Zur Einwendung der Beschwerdeführer, durch den Betrieb der bestehenden Eishalle würden deutlich wahrnehmbare und belästigende Vibrationen auf ihre Liegenschaft bzw. ihr Haus übertragen, führte der Sachverständige im Ergänzungsgutachten aus, es handle sich dabei wohl um Luftschallübertragungen auf Grund der lauten Musik in der Zelthalle bei der Eisdisco und der schlechten Schalldämmung des Zeltes. Die Luftschallwellen würden beim Aufprall an weichen Bauteilen teilweise in Vibrationen umgewandelt. Das Zelt weise keine eigene Fundierung, sondern nur Verankerungen im bestehenden Asphaltboden auf. Auch in der Zelthalle selbst bestehe kein eigener Fußboden, sondern lediglich der rohe Asphaltbelag. Daher sei es durchaus möglich, dass auf Grund der bestehenden Zeltkonstruktion derzeit Vibrationen im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer spürbar würden. Für die neue Halle seien massive Außenbauteile und eine neue massive Betonbodenplatte vorgesehen. Durch den Umfang der geplanten Halle und der beabsichtigten Nutzung als Spiel- und Sporthalle (Kunsteisfläche, Skateboardbahnen, Kletterwände, Beachvolleyball, Billard, Dart etc.) seien keine Erschütterungen möglich. Auch bei vergleichbaren Anlagen seien nach Rückfragen des Sachverständigen keine Vibrationen bekannt. Daher sei auch auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer mit solchen nicht zu rechnen.

Bei der geplanten Lüftungsvariante der Halle handle es sich ausschließlich um eine natürliche Be- und Entlüftung. Die Abluft werde in einer Entfernung von 24 - 25 m vom Grundstück der Beschwerdeführer über Lüftungsjalousien in einer mittleren Höhe von rund 8,5 m abgeführt. Die Abluft beinhalte keine maßgeblichen Schadstoffinhalte, weil in der Halle mit Ausnahme des nur kurzzeitigen Betriebes der Eisreinigungsmaschine keine kraftstoffbetriebenen Verbrennungsmotoren oder ähnliche Emissionen aussendende Geräte bzw. Maschinen vorgesehen seien. Es sei immissionsseitig bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer keine Immissionsbelastung aus der Abluft durch die geplante Spiel- und Sporthalle möglich.

Die Halle sei größtenteils in massiver brandbeständiger Bauweise vorgesehen. In der Halle selbst würden keine maßgeblichen Zündquellen eingebaut. Die Brandbelastung sei durch den nicht nennenswerten Anteil an brennbaren Bauteilen oder Materialien unerheblich. Die öffnungslose, massive Außenwand zur Liegenschaft der Beschwerdeführer hin habe den Charakter einer Feuermauer. Durch die Errichtung und den vorgesehenen Betrieb der geplanten Spiel- und Sporthalle sei bei der Liegenschaft der Beschwerdeführer keine Brandgefahr zu erwarten.

In ihrer im Rahmen des Parteiengehörs zum Ergänzungsgutachten erstatteten Stellungnahme beriefen sich die Beschwerdeführer zunächst darauf, dass angesichts der falschen Lage des Messpunktes eine Beurteilung der Auswirkungen der Lärmimmissionen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer nicht möglich sei. Erneut kritisierten sie, dass die Messung bei besonders geringem Eislaufbetrieb durchgeführt worden sei.

Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates vom 10. Dezember 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführer insbesondere mit dem Hinweis auf das Ergänzungsgutachten vom 12. August 1997 keine Folge gegeben.

Auf Grund der von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung hob die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde am 30. März 1998 den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück. Als tragenden Grund für die Aufhebung führte die belangte Behörde Mangelhaftigkeit des gemeindebehördlichen Bauverfahrens an, weil in diesem kein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Die Gemeindebaubehörden hätten sich mit einem bloßen Verweis auf das noch im Vorfeld des Baubewilligungsverfahrens zu den Projektunterlagen erstattete medizinische Sachverständigengutachten vom 16. April 1997 begnügt. In diesem Gutachten hätten die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Abluftimmissionen und die befürchteten Belastungen in Form von Erschütterungen und Vibrationen keinerlei Beachtung gefunden.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Beschwerdeführer wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/05/0095, als unbegründet ab, weil durch die die Aufhebung tragenden Gründe der Vorstellungsentscheidung in Rechte der Beschwerdeführer nicht eingegriffen worden war.

Im fortgesetzten Verfahren wurden vom Gemeinderat eine Stellungnahme der Landessanitätsdirektion vom 19. Mai 1998 eingeholt. Aus medizinischer Sicht würden sich aus den vorgelegten bautechnischen Unterlagen verglichen mit der Beurteilung vom 16. April 1997 keine Veränderungen ergeben. Da in diesen Unterlagen hinsichtlich Erschütterungen und Vibrationen bzw. Abluft festgestellt werde, dass es auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer zu keiner Immissionsbelastung komme, könnten aus diesen Faktoren keinerlei gesundheitsrelevante Veränderungen abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführer rügten in ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten, dass die Entscheidungsgrundlagen, namentlich das Ergänzungsgutachten vom 12. August 1997, in mehrfacher Hinsicht unschlüssig und daher nicht geeignet sei, eine taugliche Grundlage für eine medizinische Beurteilung darzustellen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. Dezember 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführer erneut keine Folge gegeben. Der Gemeinderat stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Gutachten des bautechnischen sowie des medizinischen Sachverständigen, aus denen sich ergeben habe, dass aus dem gegenständlichen Projekt keine gesundheitsrelevanten Veränderungen und Belästigungsreaktionen durch Lärm, Erschütterungen und Vibrationen sowie Abluft ableitbar seien. Ausdrücklich wurde festgehalten, dass Ziel der schalltechnischen Messungen im Zuge der Projektierung die Ermittlung der örtlichen Schall-Ist-Situation gewesen sei und diese Werte für die Gegenüberstellung der zu erwartenden Immissionen der geplanten Halle dienten. Daher sei auch ein Messzeitpunkt gewählt worden, an dem keine "Eisdisco" stattgefunden habe. Wegen der erfahrungsgemäß niedrigeren Werte in den späten Abendstunden sei für die schalltechnische Beurteilung der aus Sicht der Bauwerber ungünstigste Zeitpunkt berücksichtigt worden, es hätten sich so für die Beurteilung strengst mögliche (niedrige) Grenzwerte ergeben und dadurch bedingt bestmöglicher Nachbarschutz.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer erneut Vorstellung, in der sie ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholten. Zusätzlich führten sie aus, es sei möglich, dass sich durch den Bau der Halle eine Verbesserung der Lärmsituation ergebe, dies vermöge jedoch weder für sich noch auf Basis eines unzureichenden Gutachtens die Zulässigkeit des Projekts zu begründen, zumal die Überschreitung der Immissionsgrenzwerte evident sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, dass das Bauvorhaben mit der Grünlandwidmung "Sport- und Spielfläche" nicht vereinbar sei. Sie stufte sowohl das bautechnische als auch das medizinische Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar ein. Insbesondere sei auch für einen Laien verständlich, warum die Verschiebung des Messpunktes für die Ist-Lärmerhebung vollkommen unerheblich gewesen sei. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Immissionen bzw. der Auswirkungen der festgestellten Immissionen auf die menschliche Gesundheit komme es ausschließlich auf die Beurteilung im medizinischen Gutachten an. Der medizinische Sachverständige habe auf die von der WHO als Grenzwert für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung in Lärmsanierungsfällen vorgeschlagenen Werte von durchschnittlich 55 dB (A) und Spitzen von 80 dB (A) abgestellt. Bei der Beurteilung der Immissionsfrage sei ein objektiver Maßstab anzulegen, auf die nachbarseitig jeweils gegebenen spezifischen Verhältnisse und auch die daraus resultierenden individuellen bzw. rein subjektiven Schutzinteressen eines bestimmten Nachbarn (wie etwa überdurchschnittliche Lärmempfindlichkeit im Verhältnis zu einem gesunden, normal empfindenden Menschen) komme es hingegen nicht an.

Auch hinsichtlich Erschütterungen und Vibrationen, Abluft und Brandgefahr sei die Sachlage durch das bautechnische Gutachten eindeutig abgeklärt. Demgegenüber handle es sich beim Vorbringen der Beschwerdeführer um bloß pauschale laienhafte Behauptungen, die in Ansehung der diesbezüglichen einschlägigen Rechtsprechung nicht geeignet gewesen seien, die der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverständigengutachten in ihrer Beweiskraft zu erschüttern.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerde mit Beschluss vom 10. Jänner 2000, Zl. B 1380/99-5, dem Verwaltungsgerichtshof ab. Mit der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 3 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994 (O.ö. BauO 1994), können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtlichen Einwendungen) begründet sind. Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind gemäß § 31 Abs. 4 leg. cit. (idF vor der Novelle LGBl. Nr. 70/1998) im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Gemäß § 2 Z. 36 O.ö. Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 67/1994 (O.ö. BauTG), sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen. Da die geplante Halle im Grünland (§ 30 O.ö. ROG 1994) errichtet werden soll, diese Widmungskategorie aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 2000/05/0038) keinen Immissionsschutz für Nachbarn bietet, können öffentlichrechtliche Einwendungen gegen Immissionen im vorliegenden Fall lediglich auf die letztgenannte Bestimmung des O.ö. BauTG gestützt werden (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0167).

Das Vorbringen der Beschwerdeführer beschränkt sich im Ergebnis darauf, die im Zuge des Verwaltungsverfahrens getroffenen Beurteilungen des bautechnischen und des medizinischen Sachverständigen mit den gleichen Argumenten, wie bereits im Verwaltungsverfahren erneut in Frage zu stellen. So kritisieren sie wiederum die für die Messung im Rahmen der Projekterstellung gewählte, ihrer Auffassung nach "nicht repräsentative" Zeit, zu der nur überaus ruhige Musik gespielt worden sei und kaum Hallenbenützer anwesend gewesen seien und die unrichtige Einzeichnung des Messpunktes im Messprotokoll. Sie führen in diesem Zusammenhang auch das von ihnen vorgelegte Privatgutachten ins Treffen.

Es kann den Beschwerdeführern darauf nur erneut entgegnet werden, dass der bautechnische Sachverständige in seinem Gutachten schlüssig dargelegt hat, dass niedrigere Messergebnisse bei der Ermittlung der schalltechnischen Ist-Situation für die Beschwerdeführer günstiger sind, weil sich dadurch die Pegeldifferenz zwischen bloßem Umgebungslärm und dem Lärm bei Betrieb der Eisfläche vergrößert.

Schlüssig und nachvollziehbar sind auch die Erläuterungen des Sachverständigen, wonach die Verschiebung des Messpunktes um 8 m in westliche Richtung für die Messung der von der nördlich gelegenen Halle einwirkenden Immissionen ohne Bedeutung bzw. für die Beschwerdeführer sogar geringfügig günstiger ist. Das Sachverständigengutachten hat weiters gezeigt, dass zwischen den Ergebnissen des "schalltechnischen Projekts" und jenen des Privatgutachtens kein Widerspruch besteht. Im Rahmen des schalltechnischen Projekts wurde keine Messung während einer "Eisdisco" vorgenommen, für diesen Betriebszustand wurde vielmehr ein aus Erfahrungswerten abgeleiteter Innenpegel von 90 dB (A) angenommen. Diesen Wert vermochten die Beschwerdeführer nicht zu widerlegen. Das Projekt enthält zwar keine explizite Aussage zur Ist-Lärmbelastung im Messpunkt bei "Eisdisco", unter Heranziehung der Pegeldifferenz, die als Differenz zwischen Innenpegel und Lärm im Messpunkt bei normalem Eislaufbetrieb bzw. bei Betrieb der Eisreinigungsmaschine errechnet wurde gelangt man bei Eisdisco zu einer Lärmbelastung im Messpunkt, welche den Ergebnissen des Privatgutachtens fast exakt entspricht. Im Übrigen enthält das Privatgutachten D. I. B. keine Aussage zum Projekt..

Überhaupt scheinen die Beschwerdeführer zu verkennen, dass lediglich das geplante Bauprojekt, also die Sport- und Spielhalle, den Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens darstellt, nicht aber die Ist-Situation. Dieser kommt lediglich zu Vergleichszwecken bzw. als Planungsgrundlage Bedeutung zu. Diesbezüglich hat sich aus dem medizinischen Gutachten aber eindeutig ergeben, dass die Lärmbelastung nicht gesundheitsschädlich ist und durch die Errichtung der Halle gegenüber der Ist-Situation eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation eintritt.

Hinsichtlich Abluft und Brandgefahr erschöpft sich die Argumentation der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ebenso wie in der Beschwerde in allgemein gehaltenen Behauptungen, die die Ausführungen des Sachverständigen nicht konkret widerlegen können und diesen darüber hinaus nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen treten (vgl. zu diesem Erfordernis die bei Walter/Thienel, Die Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 244 ff zu § 52 AVG angeführte ständige hg. Rechtsprechung). Dass durch das Projekt Abstandsbestimmungen nicht eingehalten würden, wurde nie behauptet.

Eine Verletzung der Beschwerdeführer in den von ihnen geltend gemachten subjektiven Rechten bzw. eine ergebnisrelevante Verletzung von Verfahrensvorschriften war somit nicht zu erkennen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

Schlagworte

Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000050028.X00

Im RIS seit

08.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten