TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2001/05/0928

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1996 §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde der I und des H N in W, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. August 2001, Zl. RU1-V-01120/00 + 01, betreffend Entschädigung nach § 12 der NÖ Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Leopoldsdorf, vertreten durch Dr. Peter Getreuer, Rechtsanwalt in Wien III, Weyrgasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem abweisenden Teil wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Oktober 2000, eingelangt bei der Behörde am 13. Oktober 2000, stellte D.I. M. Eckharter folgenden Antrag:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Marktgemeinde Leopoldsdorf hat die Parzellierung der Gste. 270/1, 270/3, 272-275 u. 277 der KG Leopoldsdorf im Betriebsbaugebiet zwischen Arbeitergasse und Mannersdorfer Straße baubehördlich genehmigt, welcher Plan mittlerweile grundbücherlich durchgeführt ist.

In diesem Plan haben die Parzellierungswerber die neue Verkehrsfläche entlang der östlichen Grenze der Gst. 270/1 zur Gänze abgetreten. Die NÖ Bauordnung regelt im § 12, Grundabtretung für Verkehrsflächen, dass sämtliche zwischen den Straßenfluchtlinien gelegenen Grundflächen aus Anlass einer Teilung an das Öffentliche Gut abzutreten sind. Bei beiderseitiger Widmung als Bauland erstreckt sich die unentgeltliche Abtretung bis zur Mitte der Verkehrsfläche, höchstens bis zur Breite von 7 m. Für die darüber hinausgehenden Flächen gebührt den Grundeigentümern eine Entschädigung.

Die Entschädigung ist aufgrund des Verkehrswertes des Grundstückes zu bemessen. Die Kosten der grundbücherlichen Durchführung sind anteilsmäßig zu ersetzen. Über eine Entschädigung oder Kostenersatzleistung nach § 12 Abs. 3 u. 4 hat die Baubehörde erster Instanz zu entscheiden.

Ich stelle deshalb den ANTRAG

auf Festsetzung der Höhe der Entschädigung für die seinerzeit über das gesetzliche Ausmaß hinaus abgetretenen Grundflächen, die im beiliegenden Lageplan GZ 3810 N dargestellt ist. Dabei wird zwischen jener Fläche im Ausmaß von 1.085 m2, die vom Gst. 270/1 KG Leopoldsdorf abgetreten werden müsste und jener Fläche von 33 m2, die über das gesetzliche Ausmaß von 7 m zur Aufschließungsstraße abgetreten werden musste, unterschieden.

Die Eigentümer der seinerzeitigen Parzellierung haben mich mit einer Vollmacht für Behördeneinreichungen ausgestattet. Das Gst. 270/1 KG Leopoldsdorf wurde mittlerweile veräußert. Vom neuen Liegenschaftseigentümer bin ich nicht mit einer Vollmacht ausgestattet, weswegen ich diesen Grundeigentümer nicht mehr vertrete. Die Aufteilung der Entschädigung hat nach demselben Prozentschlüssel zu erfolgen, nach welchem seinerzeit die Abtretung an das Öffentliche Gut berechnet worden ist.

Ich zeichne mit dem Ersuchen um Ihre weitere Veranlassung in vorzüglicher Hochachtung

BAURAT h.c.

DIPL.ING. MANFRED ECKHARTER

STAATLICH BEFUGTER UND BEEIDETER INGENIEURKONSULENT F.

VERMESSUNGSWESEN ALLG. BEEID. U. GERICHTL ZERTIF SACHVERSTÄNDIGER

1010 WIEN, FRIEDRICHSTR. 6, 587 11 34, FAX DW 17"

(es folgt die Unterschrift)

Mit Schreiben vom 26. Februar 2001 teilte die Behörde dem Einschreiter mit, er habe den Antrag im eigenen Namen gestellt und darüber hinaus darauf verwiesen, dass alle Eigentümer der seinerzeitigen Parzellierung ihm Vollmacht für Behördeneinreichungen erteilt hätten, mit Ausnahme des mittlerweile veräußerten Grundstückes Nr. 210/1 (richtig wohl: 270/1) der KG Leopoldsdorf. Der Einschreiter werde ersucht und aufgefordert, seinen Antrag insoweit zu ergänzen, als er jene Eigentümer anzuführen habe, die diesen Antrag einbringen und die der Einschreiter auch vertrete. Aus dem vorerwähnten Antrag sei nämlich nicht ersichtlich, für wen eingeschritten werde. Sollte nicht innerhalb von sechs Wochen der Formmangel behoben werden, gelte der Antrag vom 10. Oktober 2000 als zurückgezogen. Mit Eingabe vom 1. März 2001 teilte D.I. M. Eckharter der mitbeteiligten Marktgemeinde mit, der Antrag zur Festsetzung der Mehrleistungsentschädigung hänge unmittelbar mit der Parzellierung auf die Bauplätze zusammen. Die Abtretung zur Verkehrsfläche sei nämlich aliquot von allen beteiligten Eigentümern im Verhältnis der eingebrachten Flächen geleistet worden. Das sei auch der Grund, warum die Entschädigung für 1.085 m2 Straßengrund aliquot allen an der Parzellierung beteiligten Eigentümern zustehe. Es sei aus den genannten Gründen seines Erachtens nach nicht erforderlich, eine gesonderte Vollmacht für die Entschädigung nachzuweisen. Trotzdem habe er die Eigentümer verständigt, dass ein Anspruch entstanden sei und er habe von Dr. P, Dkfm. K, H und I N und F D Vollmachten in Angelegenheit der Entschädigung für zu viel abgetretenen Straßengrund erwirkt.

Mit Bescheid vom 23. März 2001 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag des D.I. M. Eckharter zurückgewiesen. Der Antrag sei aus mehreren Gründen zurückzuweisen:

1. Der Einschreiter habe den Antrag im eigenen Namen gestellt und auch auf Grund der Verbesserung vom 1. März 2001 sei nicht ersichtlich, für wen er den Antrag einbringe. Im Verbesserungsschreiben habe er lediglich angeführt, dass er mehrere Liegenschaftseigentümer verständigt habe und ihm diese Vollmachten gegeben hätten. Diese Äußerung ersetze jedoch nicht die Notwendigkeit, dass eine bestimmte Person einen bestimmten Antrag zu stellen habe.

2. Wenn man großzügiger Weise die Verbesserung vom 1. März 2001 dahingehend auslege, dass die darin Genannten den Antrag auf Entschädigung gestellt hätten, wäre dieser Antrag der Dr. P und des H und der I N zurückzuweisen gewesen. Wie sich aus dem Abteilungsplan GZ 3810H ergebe, sei jenes Straßengrundstück, welches in das öffentliche Gut abzutreten sei, zu Lasten des Grundstückes Nr. 272 genommen worden. Dieses Grundstück sei jedoch im Eigentum von Dkfm. K und F D gestanden. Es wären allenfalls diese beiden Liegenschaftseigentümer berechtigt gewesen, einen Entschädigungsantrag zu stellen. Wie im Innenverhältnis ein allfälliger Entschädigungsbetrag aufgeteilt hätte werden sollen, obliege nicht der Beurteilung der Baubehörde.

3. Der Antrag sei jedoch auch deshalb zurückzuweisen, weil mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde erster Instanz entschieden habe, dass ohne Kostenersatz sowie frei von in Geld ablösbaren Lasten und von Baulichkeiten, Gehölzen und Materialien geräumt, die gegenständlichen mit gelber Farbe gekennzeichneten Teilstücke in das öffentliche Gut abzutreten seien. Der Bürgermeister habe daher mit diesem Bescheid über die Entschädigung abgesprochen, sodass ein weiterer Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sei.

Die Zustellverfügung lautet wie folgt:

"Dieser Bescheid ergeht an:

Baurat hc Dipl. Ing. Manfred Eckharter

1010 Wien, Friedrichstraße 6

im eigenen Namen und für

Dr. M P

1230 Wien, Gatterederstraße

Dkfm. J K

1100 Wien, Liesingbachstraße

F D

1230 Wien, Bendagasse

H N

1150 Wien, Hanglüßgasse

I N

1150 Wien, Hanglüßgasse"

Gegen diesen Bescheid haben D.I. M. Eckharter im Vollmachtsnamen von Dr. P, Dkfm. K, der Beschwerdeführer sowie der F D eine als Einspruch bezeichnete Berufung erhoben, die Rechtsanwälte E. R. und L. haben für F D und Dkfm. K gesondert Berufung eingebracht, ebenso haben die Beschwerdeführer, vertreten durch den nunmehrigen Rechtsfreund, Berufung erhoben.

Alle Berufungen wurden mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Mai 2001 zurückgewiesen. Der Adressat des angefochtenen Bescheides vom 23. März 2001 sei ausschließlich D.I. M. Eckharter gewesen. Nur er wäre legitimiert, diesen Bescheid anzufechten. Die Zustellung an die Personen, die D.I. M. Eckharter vertrete, sei nur zu deren Kenntnis erfolgt, es sei jedoch damit nicht von der Baubehörde erster Instanz zum Ausdruck gebracht worden, dass auch die Berufungswerber Parteien des Verfahrens wären.

Sämtliche Berufungswerber wänden sich daher gegen einen Bescheid, der ausschließlich ein Rechtsverhältnis zwischen der Baubehörde einerseits und D.I. M. Eckharter andererseits regle.

Gegen diesen Bescheid haben sowohl die Beschwerdeführer als auch F D und Dkfm. K Vorstellung erhoben. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der nunmehrigen Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen, wobei sie auf den auf Gemeindeebene herangezogenen Zurückweisungsgrund nicht einging, wonach die Beschwerdeführer gar keinen Antrag gestellt hätten. Gefolgt wurde letztlich dem unter Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides genannten Zurückweisungsgrund. Der Vorstellung der F D und Dkfm. K wurde stattgegeben, der angefochtene Bescheid wurde in diesem Umfang behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde verwiesen.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen die darin enthaltene Abweisung der Vorstellung der Beschwerdeführer, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus der Eingabe des D.I. M. Eckharter vom 10. Oktober 2000, verbunden mit seinem Schreiben vom 1. März 2001 geht eindeutig hervor, dass der Einschreiter die Entschädigung für 1.085 m2 Straßengrund für näher bezeichnete Eigentümer, darunter die nunmehrigen Beschwerdeführer, beantragt hat. Insbesondere aus der Formulierung im Schreiben vom 1. März 2001 "Die Abtretung zur Verkehrsfläche wurde nämlich aliquot von allen beteiligten Eigentümern im Verhältnis der eingebrachten Flächen geleistet. Das ist auch der Grund, warum die Entschädigung für 1.085 m2 Straßengrund aliquot allen an der Parzellierung beteiligten Eigentümern zusteht", sowie der nochmalige Hinweis darauf, dass der Einschreiter Vollmachten in Angelegenheit der Entschädigung für zu viel abgetretenen Straßengrund erwirkt habe, kann keinen Zweifel daran lassen, dass die Eingabe namens und auf Grund der Vollmacht der Grundeigentümer erfolgte.

Die Zustellungsverfügung des erstinstanzlichen Bescheides, die im Sachverhalt wörtlich wiedergegeben wurde, erging sowohl an D.I. M. Eckharter im eigenen Namen als auch für die näher angeführten Grundeigentümer, unter ihnen die Beschwerdeführer.

Bei diesem Sachverhalt war die Berufung der Beschwerdeführer zulässig und es hätte die Berufungsbehörde die Berufung u.a. der nunmehrigen Beschwerdeführer meritorisch behandeln müssen. Die Ansicht, es sei mit dem erstinstanzlichen Bescheid ausschließlich ein Rechtsverhältnis zwischen der Baubehörde einerseits und andererseits D.I. M. Eckharter geregelt worden, trifft schon deshalb nicht zu, weil aus der Zustellverfügung des erstinstanzlichen Bescheides eindeutig hervorgeht, dass der Bescheid an den Einschreiter und für die von ihm Vertretenen erlassen wurde.

Da die Berufungsbehörde somit zu Unrecht die Berufung u.a. der Beschwerdeführer zurückgewiesen hat, anstatt sich mit dem Berufungsvorbringen inhaltlich auseinander zu setzen, verletzte sie die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Sachentscheidung. Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, belastete sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001050928.X00

Im RIS seit

23.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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