TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/29 2001/05/1031

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Veröffentlicht am 29.01.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. März 2001, Zl. 601.196/5- II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Stadtgemeinde Zell am See in Zell am See, 2. Dipl.- Ing. Hartwig Hochmair in Wien IV, Margaretenstraße 52/12A, bzw. in Zell am See, Josef-Grani-Straße 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuspruch von Kosten wird abgewiesen.

Begründung

Der am 14. August 1973 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters (kurz: Z) gemeldet. Er ist seit 14. April 1999 mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet.

Der erstmitbeteiligte Bürgermeister äußerte sich in einer Stellungnahme an die Belangte Behörde vom 5. Feber 2000 zum Antrag des Beschwerdeführers ablehnend und verwies auf eine mit dem Zweitmitbeteiligten am 3. Feber 2000 aufgenommen Niederschrift. Darin hatte der Zweitmitbeteiligte ua. angegeben, er halte sich etwa 290 Tage im Jahr in Wien auf, das restliche Jahr (Sommer und Winter) in Z. Er arbeite in Wien, aber auch in Z im Vermessungsbüro seines Vaters (technische Beratungstätigkeit). Z sei sein Hauptwohnsitz wegen seiner Verbundenheit zu dieser Gemeinde und seiner Absicht, nach Ende "der Vertragszeit in Wien" das Vermessungsbüro seines Vaters in Z zu übernehmen.

Über Aufforderung der belangten Behörde gab der Zweitmitbeteiligte mit Eingabe vom 19. April 2000 bekannt (es handelt sich um ein formularmäßiges Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes), er bewohne in Z, wo er sich etwa 75 Tage im Jahr zum Wochenende aufhalte, eine Mietwohnung, Mitbewohner seien seine Eltern und seine Schwester. In Wien halte er sich rund 290 Tage im Jahr (werktags) auf. Er wohne in Untermiete, er habe keine Familienmitglieder, die in Wien wohnten. Er sei in Wien beschäftigt und trete den Weg zur Arbeitsstätte im Regelfall von Wien aus an. Eine weitere berufliche Tätigkeit, und zwar "technische Beratung" übe er in Z aus. Aktive gesellschaftliche Betätigungen in Z seien "sehr intensiv" (Jachtklub, Pfarre, Pfandfinder), in Wien kaum vorhanden. Ergänzend brachte er vor, auf Grund seiner Jugend in Z und der beabsichtigten Übernahme des Unternehmens seines Vaters innerhalb der nächsten beiden Jahre sehe er Wien nur als Übergangszeit und Z als seinen Hauptwohnsitz an.

Der erstmitbeteiligte Bürgermeisters äußerte sich in einem Schreiben vom 12. September 2000 im Wesentlichen übereinstimmend mit dem Zweitmitbeteiligten (eine beigelegte Stellungnahme des Zweitmitbeteiligten vom 12. September 2000 - es handelt sich ebenfalls um ein solches formularmäßiges Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes - entspricht im Wesentlichen der Stellungnahme an die belangte Behörde vom 19. April 2000, wobei nunmehr die gesellschaftliche Betätigungen in Z mit "weniger intensiv" angegeben und der Besitz eines Kfz verneint wird).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab. Hiezu stellte die belangte Behörde fest, dass der Schwerpunkt der beruflichen Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers auf Grund seiner Berufstätigkeit in Wien liege, der "Familienwohnsitz" somit der gesellschaftliche Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen hingegen in Z liege. Das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, gebe daher im Beschwerdefall den Ausschlag.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; angesprochen wird der Vorlageaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der im Reklamationsverfahren rechtserheblichen Kriterien (sowie der hier maßgeblichen Rechtslage) kann, um Wiederholungen zu vermeiden, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, und Zl. 2001/05/0930, verwiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Zweitmitbeteiligte auf Grund des Schwerpunktes seiner beruflichen Tätigkeit in Wien in dieser Stadt einen "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen" hat. In Anbetracht des angegebenen weitaus überwiegenden Aufenthaltes in Wien kann von einem "Wochenpendler" keine Rede sein; es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Zweitmitbeteiligte auch seine Freizeit an einem Teil der Wochenende in Wien verbringt. Aus der gebotenen Gesamtschau ist die berufliche und somit wirtschaftliche sowie auch gesellschaftliche Beziehung zu Wien gegenüber der familiären und gesellschaftlichen sowie sehr eingeschränkten beruflichen Beziehung zu Z als derart überwiegend anzusehen, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann.

Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und dem Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Das Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen (angesprochen wird Schriftsatzaufwand), weil er nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997).

Wien, am 29. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051031.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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