TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/30 2002/12/0031

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §88 Abs1;
FrG 1997 §94 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/12/0032 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/21/0001 E 26. Juni 2002 2002/21/0002 E 26. Juni 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde 1.) der am 10. März 1968 geborenen D und 2.) des am 26. April 1999 geborenen De, beide in Reuthe, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh und Dr. Hanno Lecher, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 2000, 1.) zu Zl. 126.327/2-III/11/00 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) und 2.) zu Zl. 126.327/3- III/11/00 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Zurückweisung einer Berufung im Verfahren zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden, soweit damit die Berufungen gegen Spruchpunkt II des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Jänner 2000, Zl. IIIc- 32555/73, als unzulässig zurückgewiesen werden, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, türkische Staatsangehörige, stellten durch ihren Rechtsvertreter am 15. Dezember 1999 jeweils Anträge auf Feststellung, dass ihnen ein von der behördlichen Erteilung unabhängiges Aufenthaltsrecht nach Assoziations- /Gemeinschaftsrecht in Österreich zukomme, in eventu, Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG 1997).

Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz erließ daraufhin am 12. Jänner 2000 gegenüber beiden Beschwerdeführern einen Bescheid, dessen Kopf und Spruch wie folgt lauten:

"Bescheid

Mit Eingabe vom 15.12.1999 haben die og Fremden, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wilfried Ludwig Weh, Bregenz, Anträge auf Feststellung des Aufenthaltsrechtes nach Assoziations- bzw. Gemeinschaftsrecht und in eventu Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht.

Über diese Anträge ergeht folgender

Spruch

I. Gemäß Art 6 und 7 des Beschlusses Nr 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation werden die Anträge auf Feststellung des Aufenthaltsrechtes als unzulässig abgewiesen.

II. Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 iVm § 14 Abs 2 bzw. § 23 Abs 6 iVm § 28 Abs 2 des Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997-FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, werden die Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung abgewiesen."

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer, und zwar hinsichtlich beider Spruchpunkte, Berufung an das Bundesministerium für Inneres, in eventu an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg.

Mit gleich lautenden Bescheiden vom 24. Mai 2000 wies der Bundesminister für Inneres die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Jänner 2000 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig" zurück. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres jeweils aus, die Bezirkshauptmannschaft Bregenz habe mit Bescheid vom 12. Jänner 2000 die Primäranträge der Beschwerdeführer auf Feststellung, dass diesen ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen zukomme, als unzulässig abgewiesen, sowie deren Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach dem FrG 1997 abgewiesen. Dagegen hätten die Beschwerdeführer durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung erhoben. Gemäß § 88 Abs. 1 FrG 1997 sei Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes, sofern nicht anderes bestimmt sei, die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese. Gemäß § 94 Abs. 1 FrG 1997 entscheide über Berufungen gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz, sofern nichts anderes bestimmt sei, die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz. Wie sich aus Spruchteil I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 12. Jänner 2000 "eindeutig" ergebe, habe diese über die Anträge auf Feststellung, dass ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen zukomme, als Fremdenpolizeibehörde entschieden. Gemäß § 94 Abs. 1 FrG 1997 ergebe sich daraus die Zuständigkeit der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg als Berufungsbehörde. Da die Beschwerdeführer ihre Berufung jedoch an das Bundesministerium für Inneres und somit an die unzuständige Berufungsbehörde gerichtet hätten, sei die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Es obliege nunmehr der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg, über die Berufungen eine Entscheidung zu treffen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Soweit sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Berufung gegen Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides richtet, wurde sie zu hg. Zlen. 2002/21/0001, 0002 protokolliert.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Beurteilung des administrativen Instanzenzuges nicht maßgebend, in welchem Behördenbereich der unterinstanzliche Bescheid gesetzmäßigerweise hätte erlassen werden sollen, sondern in welchem Behördenbereich er tatsächlich erlassen wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/21/0016). Im Fall der Beschwerdeführer erging der erstinstanzliche Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, und zwar wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, als Fremdenpolizeibehörde. Als Berufungsbehörde hatte daher, wie die belangte Behörde grundsätzlich ebenfalls zutreffend erkannte, gemäß § 94 Abs. 1 FrG 1997 die Sicherheitsdirektion (in letzter Instanz) einzuschreiten.

Mit den angefochtenen Bescheiden, mit denen die Berufungen der Beschwerdeführer hinsichtlich beider Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides zurückgewiesen wurden, hat die belangte Behörde freilich nicht nur ihre Unzuständigkeit zu einer meritorischen Entscheidung über die Berufung ausgesprochen, sondern mit der Zurückweisung darüber auch endgültig entschieden. Durch eine solche Vorgangsweise wurden die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf eine meritorische Berufungsentscheidung verletzt. Der von der belangten Behörde herangezogene § 66 Abs. 4 AVG bietet für eine solche Vorgangsweise keine Grundlage (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Zl. 94/05/0370, sowie z.B. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997).

Die angefochtenen Bescheide waren daher, soweit in ihnen die Berufungen gegen Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen wurden, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die im Betrag von jeweils S 2.500,-- angefallene Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit jeweils EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 30. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120031.X00

Im RIS seit

17.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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