TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/30 98/12/0144

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Veröffentlicht am 30.01.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §8;
BDG 1979 §1 Abs1;
DVG 1984 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des G in E, vertreten durch Dr. Walter Stefan Funovics, Rechtsanwalt in Eisenstadt, Fanny Elßler-Gasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 20. März 1998, Zl. 122.03/9-III 3/97, betreffend Reisekosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Richter des Landesgerichtes Eisenstadt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Im Jahr 1996 bewarb sich der Beschwerdeführer um die Teilnahme an einem Betriebspraktikum bei der Europäischen Kommission.

In seiner Eingabe vom 23. August 1996 an die belangte Behörde führte der Beschwerdeführer aus, dass er gerne dieses Betriebspraktikum in Anspruch nehmen und hiefür zwei Wochen seines Urlaubes für 1997 sowie seinen gesamten verbliebenen Resturlaub aus 1996 verwenden würde. Vielleicht sei es möglich, dass das Betriebspraktikum allenfalls in zwei Teilen konsumiert werden könne; auch einer kürzeren Dauer als drei Monate stimme er zu. Nicht nur als Richter habe er in zunehmenden Maß mit dem Recht der Europäischen Union zu tun. Auf die an den Beschwerdeführer ergangene Einladung der Europäischen Kommission werde verwiesen.

Dieser Eingabe war die Kopie einer - an den Beschwerdeführer in Durchschrift ergangenen - Note der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich an die belangte Behörde vom 21. August 1996 angeschlossen, in der die Vertretung erklärte, es zu begrüßen, wenn die belangte Behörde ihre Zustimmung zu dem vom Beschwerdeführer angesuchten Betriebspraktikum erteilen könnte. Sie befürworte nachdrücklich die Bewerbung des Beschwerdeführers.

Die belangte Behörde sprach sich gegen eine Teilnahme des Beschwerdeführers am Betriebspraktikum aus und nahm von einer Weiterleitung des Antrages auf Zulassung zum Praktikum Abstand.

Anfang des Jahres 1997 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer fernmündlich mit, dass sie gegen seinen einmonatigen Aufenthalt bei der Europäischen Kommission im Sommer 1997 - im Hinblick auf die vorstehende Ratspräsidentschaft Österreichs - keinen Einwand erheben würde und einem entsprechenden Vorschlag des Beschwerdeführers entgegensehe.

In seiner Eingabe vom 3. März 1997 ersuchte der Beschwerdeführer um Erteilung der Zustimmung zu einem Betriebspraktikum bei der Europäischen Kommission im Juli 1997. Er habe bereits eine besondere Ausbildung an der Verwaltungsakademie des Bundes im Hinblick auf einen möglichen EU-Einsatz absolviert. Eine Einladung der EU sei bereits an ihn ergangen, darüber hinaus habe auch der ständige Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich sein Ansuchen unterstützt. Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen werde nicht erfolgen. Das Betriebspraktikum werde in die Gerichtsferien fallen. Er beantrage nur einen Sonderurlaub von 14 Tagen. Darüber hinaus sei er bereit, seine in Brüssel gewonnenen Erfahrungen bei der belangten Behörde einzubringen.

Mit Erlass vom 14. April 1997 teilte die belangte Behörde dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (der nachgeordneten Dienstbehörde) mit, keinen Einwand dagegen zu erheben, dass der Beschwerdeführer im Juli 1997 ein höchstens vierwöchiges Betriebspraktikum bei der Kommission absolvieren und ihm zu diesem Zweck Sonderurlaub in der Dauer von zwei Wochen gewährt werde. Die belangte Behörde gehe im Hinblick auf die bevorstehende österreichische Ratspräsidentschaft davon aus, dass ihr der Beschwerdeführer im Anschluss an die Absolvierung des Praktikums für eine Mitarbeit zur Verfügung stehen werde.

Hierauf wurde dem Beschwerdeführer für das Praktikum bei der Kommission der Europäischen Union in Brüssel für die Zeit vom

18. bis 31. Juli 1997 Sonderurlaub gewährt. Für die Flüge von Wien nach Brüssel und zurück wurden ihm von der belangten Behörde Flugscheine ausgehändigt. Abgesehen von den zwei Wochen Sonderurlaub verbrauchte der Beschwerdeführer zwei Wochen Erholungsurlaub für das einmonatige Praktikum.

In seiner - im Dienstweg vorgelegten - Eingabe vom 20. Juni 1997 ersuchte der Beschwerdeführer - unter anderem - um Förderung seines Praktikums in Bezug auf die ihm entstehenden Aufenthaltskosten; nach der "Nebengebührenvorschrift" gebe es eine Auslandszulage, die im Grundbetrag derzeit S 8.285,-- betrage, zuzüglich einer Funktionszulage von S 7.080,--. Auf die beiden genannten Beträge wäre noch eine Kaufkraftausgleichszulage von 15 % aufzuschlagen. Er ersuche höflich um Mitteilung, nach welchem Modus eine Förderung seines Brüssel-Aufenthaltes seitens der belangten Behörde möglich wäre.

Auf Grund des - im Dienstweg an den Beschwerdeführer weitergeleiteten - Erlasses der belangten Behörde vom 9. Juli 1997 wurde ihm mitgeteilt, dass ihm unmittelbar von der belangten Behörde "Flugtickets" zur Verfügung gestellt worden seien. Ein Zuschuss zu den Aufenthaltskosten könne nicht gewährt werden.

Mit seiner Eingabe vom 5. September 1997 legte der Beschwerdeführer einen Bericht über das von ihm zurückgelegte Betriebspraktikum vor. Das Betriebspraktikum sei dienstlich veranlasst gewesen bzw. im dienstlichen Interesse erfolgt. Ihm stünden daher auch die Aufenthaltskosten zu, die er bereits betragsmäßig bekanntgegeben und aufgeschlüsselt habe. Er verweise diesbezüglich auf seine Vorkorrespondenz mit der belangten Behörde und ersuche um Überweisung auf sein näher bezeichnetes Konto. Die Nächtigungskosten seien dem der Eingabe angeschlossenen Originalbeleg zu entnehmen. Hinzu kämen noch erhebliche Fahrtkosten, weil sich die Dienststellen der Europäischen Kommission in verschiedenen Teilen Brüssels befänden. Die Verpflegungskosten seien relativ gering gewesen, weil er in den Restaurants des Generalsekretariats des Rates habe essen können. Sämtliche ihm aufgelaufenen Kosten fänden in den Gebührensätzen, die er bereits vor Antritt des Praktikums mitgeteilt habe, Deckung. Er ersuche um Überweisung der ihm zustehenden Gebühren auf sein Konto. Im Falle einer Ablehnung beantrage er die bescheidmäßige Erledigung, zumal das Praktikum im dienstlichen Interesse gelegen sei und ihm ermögliche, nunmehr der belangten Behörde für eine Mitarbeit in EU-Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen. Sollte sich die belangte Behörde auf den Standpunkt stellen, dass ihm nur die Flugkosten zustünden, nicht jedoch die zwangsläufig mit dem Praktikum verbundenen übrigen Kosten, beantrage er die Bescheiderlassung, die in seinem rechtlichen Interesse liege, weil er im Ablehnungsfall den Verwaltungsgerichtshof anrufen werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag vom 5. September 1997 auf bescheidmäßige Erledigung des Antrages auf Zuerkennung der Aufenthaltskosten im Rahmen des Betriebspraktikums zurück.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei der begehrten Bezahlung der Aufenthaltskosten nur um einen Reisekostenzuschuss handeln könne. Dies seien freiwillige Sozialleistungen, die nicht auf Grund des Gehaltsgesetzes 1956 oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung bzw. eines Vertrages vom Bund erbracht würden. Die Gewährung bzw. Versagung eines Reisekostenzuschusses sei ein Akt der Privatwirtschaftsverwaltung, über den dem Grunde nach nicht bescheidmäßig abzusprechen sei. Die letztlich auch im Dienstesinteresse gelegene Teilnahme des Beschwerdeführers an einem EU-Beamtenpraktikum in Brüssel könne an der Zuordnung eines Reisekostenzuschusses zur Privatwirtschaftsverwaltung nichts ändern. Bei der Reise nach Brüssel habe es sich nicht um eine Dienstreise gehandelt, die Ansprüche nach der Reisegebührenvorschrift 1955 auslösen würde, sondern habe der Beschwerdeführer das Beamtenpraktikum ohne Dienstauftrag absolviert. Ein dienstliches Interesse an seinem Aufenthalt sei Voraussetzung für die Gewährung von Sonderurlaub nach § 74 Abs. 1 RDG gewesen, könne jedoch keinen wie immer gearteten Anspruch auf Bezahlung seiner Aufenthaltskosten begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde brachten ergänzende Schriftsätze ein, in denen sie zum Vorbringen der Gegenseite replizierten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen Rechten verletzt, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955 die Zuerkennung von Aufenthaltskosten an der Dienstreise zu Unrecht verneint habe.

Dem Beschwerdeführer wäre ohne Dienstreiseauftrag und ohne dienstliches Interesse von der Kommission weder das Betriebspraktikum ermöglicht worden, noch hätte er Zugang zu den verschiedenen Einrichtungen erhalten. Die belangte Behörde habe sich in Verletzung der Verfahrensvorschriften des AVG und der Begründungspflicht für Bescheide darüber einfach hinweggesetzt. Sie habe vorliegendenfalls auch die ihr obliegenden Fürsorgepflichten als Dienstgeber besonders krass verletzt. Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebe, habe sie erst am 9. Juli 1997 seinen Antrag auf Ersatz der Aufenthaltskosten (zu Unrecht) abgelehnt. Zu diesem Zeitpunkt sei er bereits in Brüssel tätig gewesen. Hätte der Beschwerdeführer gewusst, dass er sein Betriebspraktikum zwar im Dienstinteresse, aber ohne Dienstreiseauftrag absolvieren solle, wäre er nie nach Brüssel gefahren.

Vor bzw. anlässlich des EU-Beitrittes Österreichs sei die Justizverwaltung an Richter herangetreten und habe diese animiert, sich einschlägig fachlich und sprachlich fortzubilden. Der Beschwerdeführer habe dieses Angebot angenommen und an der Verwaltungsakademie des Bundes eine "Europaqualifizierung" erworben. Er habe das Betriebspraktikum in Brüssel im Juli absolviert, also zum Teil in den Gerichtsferien, und sogar auf zwei Wochen seines Erholungsurlaubes verzichtet, um dienstliche Interessen nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen. Das Praktikum sei äußerst erfolgreich verlaufen. Nach Abschluss seines Praktikums habe er sich in der zweiten Jahreshälfte 1997 bei zwei großen Veranstaltungen als Referent zu EU-Themen zur Verfügung gestellt.

Der Beschwerdeführer sei im dienstlichen Interesse nach Brüssel gefahren, ihm sei von der belangten Behörde, und zwar von der zuständigen Referentin, ein Dienstreiseauftrag erteilt worden. Auch sei ihm eine Berichtspflicht über das gesamte Betriebspraktikum auferlegt worden, der er ordnungsgemäß nachgekommen sei.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei unschlüssig, weil ein solches Praktikum und die damit verbundenen Kosten entweder eine Dienstreise oder eine Art von Privatvergnügen sei. Alle Elemente der Dienstreise seien gegeben (Bestätigung des dienstlichen Interesses im angefochtenen Bescheid, Berichtspflicht und Treffen mit einem Vertreter der belangten Behörde in Brüssel zur dienstlichen Aussprache).

Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Die belangte Behörde gründete die Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung von Aufenthaltskosten für das gegenständliche Praktikum im Wesentlichen darauf, dass ein solcher "Reisekostenzuschuss" allenfalls als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt werden könne, über den dem Grunde nach nicht bescheidmäßig abzusprechen sei.

Mag der materiell-rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde allenfalls auch Berechtigung zukommen, nämlich dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Ersatz von Aufenthaltskosten im Besoldungsrecht keine Deckung finden würde, so berechtigte dieser Umstand nicht dazu, das vom Beschwerdeführer im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses erhobene Begehren als solches auf bescheidmäßigen Abspruch über Akte der Privatwirtschaftsverwaltung zu deuten:

Der Beschwerdeführer stellte in seiner - im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses "im Dienstwege" eingebrachten - Eingabe vom 5. September 1997 die Behauptung auf, dass das Betriebspraktikum dienstlich veranlasst gewesen bzw. im dienstlichen Interesse erfolgt sei; es stünden ihm daher auch die Aufenthaltskosten zu, die er bereits betragsmäßig bekannt gegeben und aufgeschlüsselt habe ... Er dürfe um Überweisung der ihm zustehenden Gebühren auf sein Konto ersuchen. Im Falle einer Ablehnung beantrage er die bescheidmäßige Erledigung, zumal das Betriebspraktikum im dienstlichen Interesse erfolgt sei. Darin lag nicht das Ansuchen um Setzung eines Aktes im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern die Behauptung eines Anspruches im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und dessen Einforderung.

Im Dienstrechtsverfahren ist - ebenso wie im allgemeinen Verwaltungsverfahren - nicht erst der festgestellte Rechtsanspruch, sondern die Behauptung eines aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Anspruches für die Begründung der Parteistellung und für den verfahrensrechtlichen Anspruch auf Entscheidung in der Sache maßgeblich (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, II2, Anm. 3 zu § 3 DVG, sowie aaO, I2, Anm. 4 zu § 8 AVG).

Ausgehend von der Behauptung eines öffentlich-rechtlichen Anspruches auf Ersatz der Aufenthaltskosten war es der belangten Behörde verwehrt, im Vorgriff auf eine allfällige Aussichtslosigkeit einer solchen Behauptung, das Begehren des Beschwerdeführers auf bescheidmäßigen Abspruch als solches auf Setzung eines Aktes der Privatwirtschaftsverwaltung zu deuten und daraus die Unzulässigkeit des Antrages abzuleiten, zumal darin eine Abkehr vom Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses liegt, dass das Dienstverhältnis durch Gesetz bestimmt wird und besoldungsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetz, Verordnung) geltend gemacht werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 97/12/0361, mwN).

Der Beschwerdeführer behauptete in seiner Eingabe vom 5. September 1997 - wie schon in jener vom 20. Juni 1997 - einen besoldungsrechtlichen Anspruch auf die Vergütung von Reisekosten, der - so der Beschwerdepunkt - nach der Reisegebührenvorschrift 1955 zu beurteilen wäre. Mit seinem Antrag auf Auszahlung von Aufenthaltskosten, subsidiär auf bescheidmäßigen Abspruch über sein Begehren, beantragte er Feststellungen und Verfügungen in Reisegebührenangelegenheiten (§ 1 Abs. 1 Z. 32 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981 - DVV 1981) bzw. in Angelegenheiten der Geldbezüge (§ 1 Abs. 1 Z. 24 DVV 1981). Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz DVG iVm § 2 Z. 6 lit. c DVV 1981 wäre daher zur Entscheidung über den behaupteten Anspruch der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien als nachgeordnete Dienstbehörde zuständig gewesen.

Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 581f zu § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 1966, Slg. 6936/A, sowie vom 2. Dezember 1976, Slg. 9191/A).

Da nach dem Gesagten zur Entscheidung über die behaupteten Ansprüche auf Ersatz von Aufenthaltskosten der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien als nachgeordnete Dienstbehörde zuständig war, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501; die vom Beschwerdeführer im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sei in der Sache noch hinzugefügt:

Der vorliegende Antrag auf Ersatz von Aufenthaltskosten wäre -

so die Beschwerde - nach der Reisegebührenvorschrift 1955 zu prüfen. Diese, ursprünglich als Verordnung nach § 21 des Gehaltsüberleitungsgesetzes (GÜG) erlassene Vorschrift galt nach dem Außerkrafttreten dieser Bestimmung des GÜG (mit 1. Februar 1956) auf Grund des § 92 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, als Bundesgesetz weiter. Trotz ersatzloser Aufhebung des § 92 leg. cit. (Stammfassung) durch die Novelle BGBl. Nr. 518/1993 steht sie weiterhin auf der Stufe eines Bundesgesetzes in Geltung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. September 2001, Zl. 98/12/0092, mwN).

Gemäß § 1 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) besteht nach Maßgabe dieser "Verordnung" der Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der insbesondere (lit. a) durch eine Dienstreise oder (lit. c) durch eine Dienstzuteilung erwächst. Eine Dienstreise liegt gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. dann vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begibt.

Ein Dienstauftrag ist eine - an einen Richter außerhalb der ihm nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zur Besorgung zugewiesenen gerichtlichen Geschäfte (Art. 87 Abs. 2 B-VG) - erteilte Weisung; der Begriff der "Dienstinstruktion" umfasst auch den Fall, dass ein Richter beispielsweise auf Grund einer von ihm gefassten verfahrensleitenden Verfügung eine Dienstreise, etwa zu einem Ortsaugenschein, vornimmt.

Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen besteht noch kein Anhaltspunkt, dass der Beschwerdeführer einen - wie er in der Beschwerde erstmals behauptet - Dienstauftrag zu einer Dienstreise erhielt. Im Rahmen des Dienstrechtsverfahrens führte der Beschwerdeführer aber die dienstliche Veranlassung und das dienstliche Interesse an seiner Reise ins Treffen.

Gemäß § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, idF des Art. II Z. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 447/1990 hat der Beamte Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlass des Dienstes notwendiger Weise entstanden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Juli 1992, Zl. 90/12/0216, ausgesprochen, dass dem öffentlich-rechtlich Bediensteten nach § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 ein Anspruch auf Ersatz des Aufwandes (Schadens) zusteht, den er in Ausübung des Dienstes bei der Verwendung seines eigenen Kraftfahrzeuges im dienstlichen Interesse erlitten hat. Das dienstliche Interesse (an der Aufwendung eigener Güter) allein vermag allerdings die nach § 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 für den Anspruch auf Aufwandsentschädigung vorausgesetzte "Ausübung des Dienstes" oder den Anlass der Dienstesausübung nicht zu ersetzen.

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass, sollte die Dienstbehörde zum Ergebnis gelangen, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses der behauptete (öffentlich-rechtliche) Anspruch nicht zusteht, dessen (unrichtige) Zurückweisung

(statt richtig: Abweisung) den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 2001, Zl. 95/12/0119, mwN).

Wien, am 30. Jänner 2002

Schlagworte

Dienstrecht Verfahrensrecht AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998120144.X00

Im RIS seit

17.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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