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L37351 Jagdabgabe Burgenland;Norm
JagdG Bgld 1988 §88 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des AL in N, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 26. Juli 1999, Zl. 4a-A-C8578/5-1999, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist Jagdausübungsberechtigte in dem zum Hegering IV gehörigen Eigenjagdgebiet "Fürst Esterhazy'sche Privatstiftung, Schloss Eisenstadt, Revier Breitenbrunn West".
Mit Bescheid vom 7. April 1999 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung gemäß § 90 Abs. 1 "in Verbindung mit § 90 Abs. 9 und 10" (gemeint wohl: § 88 Abs. 9 und 10) Bgld. Jagdgesetz 1988, LGBl. Nr. 11/1989, (JG) gegenüber "den Jagdausübungsberechtigten der nachstehend bezeichneten Jagdgebiete die Durchführung folgender Abschüsse unter Einhaltung der unter Pkt. 5 enthaltenen Auflagen" an:
"...
4. Angeordnete Abschüsse im Hegering IV:
Rotwild: Für alle Reviere des Hegeringes wird der Abschuss von insgesamt eines Hirschen der Klasse I, 4 Hirschen der Klasse II, 9 Hirschen der Klasse III, 4 Tieren und 4 Nachwuchsstücken angeordnet.
Muffelwild:
...
6. Auflagen:
Bei der Durchführung der angeordneten Abschüsse sind folgende Auflagen einzuhalten:
6.1. Der Erleger eines Wildstückes hat den Jagdberechtigten bzw. Jagdleiter der Jagdgesellschaft des betreffenden Jagdgebietes und dieser anschließend den jeweiligen Hegeringleiter sofort zu verständigen.
6.2. Der Hegeringleiter hat unverzüglich nach Erfüllung der Abschüsse der Hegeringvereinbarung alle Revierpächter zu verständigen, dass kein Abschuss mehr getätigt werden darf.
6.3. Grünvorzeige:
Im Jagdjahr 1999/2000 müssen alle Jagdpächter der im Verwaltungsbezirk Eisenstadt-Umgebung gelegenen Jagdgebiete jedes Stück Rot-, Dam- und Muffelwild sofort nach Erlegung im 'grünen Zustand' vorzeigen.
Das Vorzeigen kann
a) direkt bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung (Bezirksforstinspektion Burgenland-Nord, Amtstierarzt) oder
b) außerhalb der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung bei den nachstehend angeführten Hegeringleitern und Vertrauenspersonen erfolgen:
...
Die Hegeringleiter, Vertrauenspersonen und Jagdpächter dürfen in den Revieren, in denen sie selbst Jagdgesellschafter oder Jagdaufseher sind, das Wild im 'grünen Zustand' nicht begutachten, sondern müssen das erlegte Rot-, Dam- oder Muffelwild bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung, einem anderen Hegeringleiter oder einer anderen Vertrauensperson vorzeigen."
Diese Maßnahme wurde mit dem Auftreten großer Wildschäden in den Waldgebieten begründet.
Der dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gemäß § 66 AVG in Verbindung mit § 88 Abs. 9 und 10 JG keine Folge gegeben.
In der Begründung stützt sich die belangte Behörde auf das von ihr als schlüssig angesehene Gutachten eines jagdfachlichen Amtssachverständigen. Dieser habe im Wesentlichen ausgeführt, dass das Ziel einer artgerechten Rotwildbewirtschaftung neben der Wildschadensminimierung, - sowohl aus wildbiologischer als auch als jagdlicher Sicht - die Ernte von reifen Hirschen sowie das Erreichen eines Geschlechterverhältnisses von etwa 1:1 sei. Die Umsetzung dieser Ziele sei allerdings nur im Rahmen einer großräumigen Wildbewirtschaftung, wobei der Hegering das unterste Ausmaß darstelle, möglich. Auf Grund des großen Aktionsradius und der damit im Gegensatz zum Rehwild fehlenden Standorttreue beim Rotwild könne nur eine großflächige, revierübergreifende Bewirtschaftung zum gewünschten Erfolg führen. Kleinflächiges Revierdenken stehe in krassem Widerspruch zu den wildbiologischen Grundsätzen. Im Zuge der Abschussplansitzung am 7. April 1999 - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - sei festgestellt worden, dass in den Waldgebieten teilweise große Verbissschäden aufträten. Auf Grund der Erfahrungen mit der hegeringweisen Freigabe von Hirschen im Bezirk im vorigen Jagdjahr sei in Anwesenheit des Jagdreferenten der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung sowie der Bezirksjagdbeiräte und Hegeringleiter die gleiche Vorgangsweise für das Jagdjahr 1999/2000 einvernehmlich vereinbart worden. Dieser Vorschlag sei als qualifizierter Vorschlag an die zur Genehmigung bzw. Verfügung des Abschussplanes berufenen Jagdbehörde aufzufassen. Dieser Vorschlag sei von der Behörde aufgegriffen und schließlich dieser Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten schlüssig dargelegt, dass der von der Behörde verfügte Abschussplan (hegeringweiser Abschuss) aus jagdfachlicher Sicht sinnvoll und erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 88 Abs. 1 erster Satz JG ist der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes) sowie von Auer-, Birk- , Hasel- und Trapphahnen nur auf Grund eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes oder einer Abschussverfügung gemäß § 108 zulässig.
Die Abs. 7 bis 10 des § 88 JG lauten:
"(7) Lässt der Abschussplan im Aufbau der Altersklassen und des Geschlechterverhältnisses einen qualitativ guten, der Größe und den Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes angepassten und den Interessen der Land- und Forstwirtschaft nicht widersprechenden Wildstand erwarten, so ist er zu genehmigen.
(8) Wird der Abschussplan nicht rechtzeitig oder mangelhaft verfasst vorgelegt, oder widersprechen seine Angaben den Zielsetzungen des Abs. 7, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschussplan unter Bedachtnahme auf Abs. 7 zu verfügen.
(9) In Gebieten, in denen eine Hege des abschussplanpflichtigen Schalenwildes im Hinblick auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft nicht vertretbar ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Antrag oder von Amts wegen ohne Rücksicht auf den Wildstand Abschüsse in jenem Ausmaß zu genehmigen oder zu verfügen, die eine Ausbreitung oder Vermehrung der betreffenden Wildart hintanhalten oder eine wirksame Verminderung des Wildbestandes ermöglichen.
(10) Für Gebiete gemäß Abs. 9 sowie für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes bei Schalenwild einen biologisch richtigen Altersklassenaufbau und die Regulierung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses nicht zulassen, kann der Abschuss bestimmter Wildstücke für mehrere aneinander grenzende Jagdgebiete mit der Auflage bewilligt oder verfügt werden, dass die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuss in den anderen Jagdgebieten ausschließt."
Gemäß § 90 Abs. 1 erster Satz JG hat der Ausübungsberechtigte den bewilligten oder verfügten Abschussplan in Zahl und Gliederung einzuhalten.
Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Jagdausübungsberechtigte verpflichtet, jeden Abschuss von Schalenwild binnen einer Woche der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen.
Die Abs. 1 und 2 des § 87 der Burgenländischen Jagdverordnung, LGBl. Nr. 24/1989, in der hier (noch) anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 17/1992 haben folgenden Wortlaut:
"(1) Die Genehmigung des Abschussplanes ist in Anpassung an den gegebenen Wildstand bzw. an den daraus zu erwartenden Zuwachs und unter Rücksichtnahme auf den für das betreffende Jagdgebiet anzustrebenden Wildstand zu erteilen. Bei den der Genehmigung zugrundzulegenden Erwägungen sind insbesondere auch das im Jagdgebiet bestehende Geschlechterverhältnis sowie die dem Wildstand durch Wildseuchen, Naturkatastrophen oder sonstige Ursachen bereits zugefügten oder drohenden Verluste zu berücksichtigen.
(2) Als kleinste Planungseinheit gilt bei Rotwild der Hegering. Zur Erreichung eines richtigen Altersklassenaufbaues sind bei Genehmigung des Abschussplanes beim Rotwild in den einzelnen Klassen folgende Hundertsätze zu bewilligen.
Altersklasse III: 50 bis 70 v.H.
Altersklasse II: 0 bis 20 v.H.
Altersklasse I: 10 bis 30 v.H.
In der Bewilligung kann, wenn es die zu erwartende Entwicklung des Wildbestandes zulässt, vorgesehen werden, dass an Stelle der in den Klassen I und II bewilligten Stücke dieselbe Anzahl an Stücken der Klasse III erlegt wird."
Die beschwerdeführende Partei wendet sich zunächst gegen die Freigabe des Abschusses für den gesamten Hegering.
Dazu ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1999, Zl. 98/03/0272, zu verweisen, wonach § 88 Abs. 10 JG unter Berücksichtigung des ausgedehnten Lebensraumes verschiedener Wildarten (insbesondere des Rotwildes) der zur Erreichung der Zielsetzungen des § 88 Abs. 7 JG notwendigen großräumigen Jagdbewirtschaftung dient und daraus seine sachliche Rechtfertigung erfährt. Vor diesem Hintergrund - vgl. auch die weitere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum ausgedehnten Lebensraum des Rotwildes etwa im Erkenntnis vom 15. Juni 1994, Zl. 94/03/0064, und die dort zitierte Vorjudikatur - kann der beschwerdeführenden Partei nicht beigetreten werden, wenn sie das von der belangten Behörde herangezogene jagdfachliche Gutachten im Hinblick auf die "gebetsmühlenartig(e)" Wiederholung "der Vorteile einer großräumigen Rotwildbewirtschaftung" bekämpft, zumal nach § 87 Abs. 2 erster Satz Burgenländische Jagdverordnung als kleinste Planungseinheit beim Rotwild der Hegering gilt. Damit vermag auch nichts zu ändern, wenn in der Beschwerde als Verfahrensmangel geltend gemacht wird, die belangte Behörde sei auf die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei, wonach die weit gehende Erfüllung des Abschussplanes für Hirsche im Jahre 1998 lediglich darauf zurück zu führen sei, dass die Jagdaufsichtsbehörde im Jahr 1998 den Abschuss von sechs Stück weniger Hirschen der Klasse III angeordnet bzw. bewilligt habe, weshalb bei gleich bleibendem Abschuss ein höherer Prozentsatz an Abschusserfüllung erreicht worden sei, nicht eingegangen.
Ebenso wird die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan, wenn vorgebracht wird, das Ungleichgewicht von Wildstandsmeldungen, Abschussfreigaben und tatsächlich getätigten Abschüssen in den Jahren 1995 bis 1997 sei auf fehlerhafte bzw. unrichtige Wildstandsmeldungen der Jagdberechtigten zurück zu führen, die, um überhaupt in den Genuss von Abschüssen gelangen zu können, eben Hirsche in ihr Revier hineinrechnen würden, welche bloß zur Nahrungsaufnahme kurzfristig den Wald verließen und in die angrenzenden Feldreviere hinüberwechselten. Die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, kann das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei doch (gerade auch) als Argument für eine hegeringweise Freigabe von Hirschabschüssen - im Hinblick auf eine damit verbundene Erzielung objektiv richtiger Wildstandsmeldungen - gedeutet werden.
Die beschwerdeführende Partei ist auch nicht im Recht, wenn sie als inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht, Punkt 6.1. und 6.2. der bescheidmäßigen Auflagen stünden mit § 90 Abs. 3 JG in Widerspruch. Es trifft zwar zu, dass die vorgenannte Bestimmung eine Verpflichtung des Jagdausübungsberechtigten zur unverzüglichen Meldung des Abschusses an den Hegeringleiter nicht vorsieht, § 88 Abs. 10 JG stellt jedoch insoweit eine lex specialis dar, als darin eine Sonderregelung für den Abschuss bestimmter Wildstücke für mehrere aneinander grenzende Jagdgebiete getroffen wird, zu deren Umsetzung es einer spezifischen Meldung der Abschüsse bedarf. Diese Auflage stellt lediglich eine notwendige Konkretisierung der nach § 88 Abs. 10 JG zulässigen Auflage ("dass die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuss in den anderen Jagdgebieten ausschließt") dar und verstößt daher insbesondere auch nicht gegen das Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. Dezember 1993, Zl. 92/17/0056). In Richtung des zuletzt Gesagten geht es auch, wenn die beschwerdeführende Partei einräumt, eine Verpflichtung des Jagdausübungsberechtigten zur sofortigen Meldung sei rechtspolitisch zweckmäßig.
Die Beschwerde ist aber begründet, soweit schließlich geltend gemacht wird, der angefochtene Bescheid widerspreche § 87 Abs. 2 der Burgenländischen Jagdverordnung. Wie die beschwerdeführende Partei nämlich zutreffend aufzeigt, widerstreiten die Vorschreibungen für die Altersklassen I (7,1 %) und II (28,6 %) den diesbezüglichen Vorgaben der Burgenländischen Jagdverordnung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die Auffassung vertritt, die Hundertsätze des § 87 Abs. 2 Burgenländische Jagdverordnung setzten voraus, dass alle Altersklassen entsprechend dem natürlichen Aufbau besetzt seien, so vermag sie sich auf einen derartigen Anwendungsvorbehalt in der Verordnung nicht zu stützen. Gerade weil die gegenständliche Regelung Bandbreiten der Hundertsätze für die einzelnen Altersklassen vorsieht, ist vielmehr zu entnehmen, dass damit der Verordnungsgeber dem (allfälligen) Umstand eines nicht natürlichen Altersklassenaufbaues der Rotwildpopulation Rechnung tragen wollte.
Damit verkannte die belangte Behörde die Rechtslage und belastete den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 30. Jänner 2002
Schlagworte
Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan DurchführungVorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan GenehmigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999030347.X00Im RIS seit
07.05.2002Zuletzt aktualisiert am
21.10.2011