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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der Marktgemeinde Lieboch in 8501 Lieboch, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. Oktober 2001, Zl. 03- 12.10 L 9 - 01/197, betreffend Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG (mitbeteiligte Parteien: 1. R, 2. F, beide in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Schriftsatz vom 11. Jänner 2000 stellten die Mitbeteiligten an die erstinstanzliche Baubehörde den Antrag, hinsichtlich des im Jahre 1976 konsenslos auf dem näher angeführten Grundstück errichteten Sportplatzes einen Beseitigungsauftrag zu erlassen und die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung des mit der Widmung Freiland-Sondernutzung-Sportstätte versehenen Grundstückes als Veranstaltungszentrum aufzutragen. Dieser Antrag wurde insbesondere damit begründet, dass im Jahre 1976 eine Neugestaltung des bereits seit dem Jahre 1949 bestehenden Sportplatzes durch Abziehen der Humusschicht, Vornahme eines entsprechenden Aushubes, Einbringung von Schotter, Verlegung einer Drainage mit Fließrichtung Osten bzw. Südosten (Entwässerung in den Lusenbach), sodann Aufbringung von hiezu geeigneter Erde, einer Lage Vlies sowie dem üblichen sandvermischten Erdreich mit einer weiteren Lage Vlies und nach oben hin Abschluss mit Humus, um einerseits die gewünschte ebene Fläche mit leichter Bombierung, andererseits einen entsprechenden Bewuchs und zugleich Entwässerung der bodennahen Schichten zu ermöglichen, erfolgt sei. Diese Maßnahmen seien gemäß § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung 1968 (bauliche Anlage größeren Umfanges unter der Erde) sowie gemäß § 57 Abs. 1 lit. j leg. cit. (Veränderung der Höhenlage eines im Freiland befindlichen Grundstückes) bewilligungspflichtig.
Auf Grund eines Devolutionsantrages wurde dieser Antrag mit Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 21. Dezember 2000 abgewiesen. Dies erfolgte insbesondere mit der Begründung, dass eine Veränderung der Höhenlage eines im Bauland gelegenen Grundes nach § 57 Abs. 1 lit. f Stmk. Bauordnung nur bewilligungspflichtig gewesen sei, soweit dadurch nachbarliche oder öffentliche Interessen berührt würden, und die geltend gemachten Maßnahmen auch keine baulichen Anlagen größeren Umfanges unter der Erde nach § 57 Abs. 1 lit. g leg. cit. darstellten, da bloße Bodenbefestigungen und auch räumlich begrenzte Drainagierungen nicht unter diese Bestimmung zu subsumieren seien.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten wurde der angeführte Bescheid des Gemeinderates mit dem angefochtenen Bescheid wegen Verletzung von Rechten der Mitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Beschwerdeführerin verwiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass zu beurteilen sei, ob die neben der Veränderung der Höhenlage gesetzten Maßnahmen gemäß den Bestimmungen der Stmk. BauO 1968 und den Bestimmungen des Stmk. BauG einer Genehmigung bedurft hätten bzw. bedürften, sei vom Gemeinderat im Zusammenhang mit der Regelung des § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung weder dargelegt worden, in welchem Ausmaß und in welcher Form die sogenannten Bodenbefestigungen und Drainagierungen erfolgt seien, noch habe er zur Klärung der Frage, ob eine bauliche Anlage vorliege, einen Sachverständigen beigezogen. Das baupolizeiliche Verfahren erweise sich daher bereits in diesem Punkt als ergänzungsbedürftig. Grundsätzlich werde davon auszugehen sein, dass Drainagierungen zur Entwässerung eines Fußballfeldes durchaus geeignet seien, eine bauliche Anlage sowohl im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung als auch im Sinne des § 19 Z. 1 Stmk. BauG darzustellen. Es wäre dabei auch zu prüfen, ob zur Herstellung einer solchen Drainagierung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien. Das vorliegende baupolizeiliche Verfahren sei daher in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben.
Was die mögliche Verletzung in Nachbarrechten betreffe, führte die belangte Behörde aus, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass sich durch die gegenständlichen Maßnahmen einschließlich der erfolgten Drainagierung - unter der Voraussetzung, dass diese Maßnahmen als bauliche Anlage zu qualifizieren seien - die Lärmsituation für die Nachbarn verschlechtert habe. Zwar sei von einer konsensgemäßen Nutzung dieser Fläche als Fußballplatz seit den Nachkriegsjahren auszugehen, jedoch könnte sich die Intensität dieser Nutzung durch die vorgenommenen Maßnahmen im Jahre 1976 erhöht haben, sodass nicht auszuschließen sei, dass dadurch Interessen der Nachbarn, insbesondere im Hinblick auf Lärmemissionen, berührt würden. Insgesamt ergebe sich somit, dass das gegenständliche Verfahren in einem wesentlichen Punkt, nämlich hinsichtlich der Frage, ob eine bauliche Anlage vorliege bzw. ob zur Errichtung dieser Anlage bautechnische Kenntnisse erforderlich seien und in weiterer Folge hinsichtlich der Frage, ob dadurch Nachbarrechte berührt würden, ergänzungsbedürftig geblieben sei. Zu der von den Mitbeteiligten gerügten Geländeveränderung im Freiland vertrat die belangte Behörde, wie die Behörde erster Instanz, gleichfalls die Auffassung, dass eine solche Geländeveränderung weder nach der Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Durchführung noch nach der nunmehr geltenden Rechtslage der Baubewilligungs- oder Anzeigepflicht unterliege.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen. Gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG steht den Nachbarn das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen. Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG ergibt sich aus der Bestimmung über den Schallschutz gemäß § 43 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. ein Nachbarrecht. § 43 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. sieht vor, dass das Bauwerk derart geplant und ausgeführt sein muss, dass der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufriedenstellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
Nach § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, bedürfen einer Bewilligung Gebäude, Bauwerke und Anlagen (§ 25 Abs. 3 Stmk. ROG 1974) wie
"g) bauliche Anlagen größeren Umfanges unter der Erde, insbesondere Schachtbrunnen, Kanalanlagen, Schutzräume, Keller u. dgl".
Gemäß der zu § 41 Abs. 3 Stmk. BauG ergangenen hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 23. Mai 2001, Zl. 98/06/0177) kommt die Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG dann in Betracht, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig bzw. zwar bewilligungsfrei, aber gegen Bestimmungen des Stmk. BauG verstoßend war (vgl. auch die in dem angeführten Erkenntnis zitierte Vorjudikatur, und zu bewilligungsfreien Anlagen gemäß § 21 Stmk. BauG das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0228). Die belangte Behörde hat sich daher - wie die Gemeindebehörde - zutreffend zunächst mit der Frage auseinander gesetzt, ob die von den Mitbeteiligten gerügten Maßnahmen im Lichte der im Zeitpunkt der Errichtung (1976) geltenden Rechtslage (§ 57 Abs. 1 Stmk. Bauordnung) bewilligungspflichtig waren oder nicht.
Im vorliegenden Fall ist weiters maßgeblich, dass allein die die Aufhebung tragenden Gründe des angefochtenen, aufhebenden Vorstellungsbescheides Bindungswirkung im fortgesetzten Verfahren entfalten und nur insoweit eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin überhaupt in Betracht kommt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1997, Zl. 97/05/0304).
Die die Aufhebung tragenden Gründe des angefochtenen Bescheides waren, dass das vorliegende Verfahren in wesentlichen Punkten nämlich hinsichtlich der Frage, ob die neben der Veränderung der Höhenlage im Jahr 1976 gesetzten Maßnahmen (Bodenbefestigungen und Drainagierungen) eine bauliche Anlage darstellten bzw. ob zur Errichtung dieser Anlage bautechnische Kenntnisse erforderlich seien, und in weiterer Folge hinsichtlich der Frage, ob dadurch Nachbarrechte berührt würden, ergänzungsbedürftig geblieben sei. So werde nicht dargelegt, in welchem Ausmaß und in welcher Form die sogenannten Bodenbefestigungen und Drainagierungen erfolgt seien, noch sei zur Klärung der Frage, ob eine bauliche Anlage vorliegt, ein Sachverständiger beigezogen worden.
Klarzustellen ist, dass auch die belangten Behörde die im Jahr 1976 vorgenommene Veränderung der Höhenlage des verfahrensgegenständlichen Sportplatzes als nicht gemäß der alten Rechtslage bewilligungspflichtig ansah und daher diesbezüglich keinen Aufhebungsgrund feststellte. Es erübrigt sich daher auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, die in Rede stehenden Maßnahmen könnten eine bauliche Anlage größeren Umfanges unter der Erde gemäß § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung darstellen. Die Befestigung einer Sportplatzfläche durch Schüttung stelle eine solche Anlage unter der Erde nicht dar. Selbst wenn man das Vorliegen einer baulichen Anlage unter der Erde bejahen wollte, so wäre es keine Anlage größeren Umfanges. Die gerügten Maßnahmen stellten gewiss keine unterirdischen Maßnahmen größeren Umfanges dar.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Frage, ob Bodenbefestigungen und Drainagierungen bauliche Anlagen größeren Umfanges unter der Erde (wie insbesondere Schachtbrunnen, Kanalanlagen, Putzräume, Keller u.dgl. gemäß § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung) sind, erst beantwortet werden kann, wenn über Art und Umfang der fraglichen Maßnahmen Ermittlungen durchgeführt wurden und feststeht, um welche Art der Bodenbefestigungen und Drainagierungen im Einzelnen es sich handelt. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang ganz zutreffend die Auffassung vertreten, dass das bisherige Verfahren diesbezüglich ergänzungsbedürftig geblieben ist. Sowohl die Frage des Vorliegens einer baulichen Anlage gemäß der Stmk. BauO bzw. dem Stmk. BauG, für die u.a. bautechnische Kenntnisse erforderlich sind, wie die Frage, ob es sich um eine bauliche Anlage größeren Umfanges unter der Erde im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. g Stmk. Bauordnung handelt, kann überhaupt erst nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens beantwortet werden. Die Beschwerdeführerin begründet auch in keiner Weise, warum sie der Meinung ist, dass es sich um keine bauliche Anlage bzw. um keine bauliche Anlage größeren Umfanges handelt.
Die Beschwerdeführerin bestreitet weiters die Auffassung der belangten Behörde, dass auf Grund der vorgenommenen Drainagierung eine Erhöhung der Intensität der Nutzung des Sportplatzes und damit eine Erhöhung von Lärmimmissionen nicht ausgeschlossen werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung der belangten Behörde. Die belangte Behörde führt dazu nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in nachvollziehbarer Weise ins Treffen, dass die Drainagierungsmaßnahmen zu einer intensiveren Nutzung des Sportplatzes und damit zu einer Erhöhung der Lärmimmissionen geführt haben könnten. Ob durch die gesetzten Maßnahmen, sofern sie als bauliche Anlagen zu qualifizieren wären, eine Verletzung von Nachbarrechten tatsächlich erfolgt (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2000, Zl. 99/06/0069), woraus sich erst die Antragsberechtigung der Mitbeteiligten ergeben wird, kann auch erst im fortgesetzten Verfahren beantwortet werden.
Weiters rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde bei der Frage der Verletzung von Nachbarrechten § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG heranzieht, weil zum Zeitpunkt der Setzung dieser Maßnahmen (1976) diese Bestimmungen nicht gegolten hätten.
Dem ist entgegenzuhalten, dass ein Nachbar, der baupolizeiliche Maßnahmen gemäß dem geltenden § 41 Abs. 6 Stmk. BauG in Bezug auf - wie im vorliegenden Fall - im Jahre 1976 gesetzte bauliche Maßnahmen beantragt, sich auf die Verletzung von Nachbarrechten gemäß dem geltenden Recht, nämlich dem Stmk. BauG (also § 26 Abs. 1 leg. cit. i.V.m. den dort angeführten weiteren Bestimmungen dieses Gesetzes, u.a. § 43 Abs. 2 Z. 5 Stmk. BauG), berufen kann.
Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2002
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001060167.X00Im RIS seit
23.04.2002Zuletzt aktualisiert am
15.06.2015