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96/01 Bundesstraßengesetz;Norm
BStG 1971 §20 Abs1 idF 1990/159;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Bundes - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Kärnten, vertreten durch Dr. Günter Medweschek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, St. Veiter Straßer 1/II, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 3. Mai 2000, Zl. 870.095/25-III/6c/00, betreffend Rückübereignung nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: A in P, vertreten durch Dr. Gerald Herzog, Dr. Manfred Angerer und Mag. Alexander Todor-Kostic, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Neuer Platz 5/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Mit Antrag vom 5. Februar 1993 begehrte der Mitbeteiligte die Rückübereignung einer mit Bescheid vom 19. Februar 1970 (rechtskräftig) enteigneten Teilfläche mit der Begründung, ein nicht unwesentlicher Teil der ursprünglich enteigneten Fläche entspreche nicht dem seinerzeitigen Enteignungszweck, sondern sei in der Natur als Grünfläche bzw. Parkanlage ausgestaltet worden, es sei überdies beabsichtigt, einen großen Teil dieser auf der neu vermessenen Parzelle Nr. 599/2 genutzten Parkfläche von insgesamt ca. 7.316 m2 zur Errichtung eines Ortszentrums an die Gemeinde zu übertragen. Der Teil der gegenständlichen Parzelle, der zweckwidrig verwendet werde, sei in der Natur ersichtlich und etwa im Ausmaß von 5.000 m2 der ursprünglich im Eigentum des Beschwerdeführers gestandenen Fläche zuzuordnen. Er stelle daher gemäß § 20a des Bundesstraßengesetzes den Antrag, 1. jene Teile des Enteignungsgegenstandes, Parzelle Nr. 599/2, die in zweckwidriger Weise verwendet wurden bzw. werden, neu vermessen zu lassen und 2. die bescheidmäßige Rückübereignung des ursprünglich im Eigentum des Beschwerdeführers befindlichen Flächenanteiles an ihn auszusprechen, für welchen Fall sich der Beschwerdeführer verpflichte, den als Entschädigung in Empfang genommenen Betrag von S 14,-- pro Quadratmeter zurückzubezahlen.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. Mai 1993 wurde der Antrag des Mitbeteiligten auf Rückübereignung abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung des Mitbeteiligten mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. August 1995 zurückgewiesen. Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem
(1.) Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 95/06/0208, den Bescheid der belangten Behörde vom 7. August 1995 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
Anlässlich der durch die belangte Behörde am 12. November 1997 durchgeführten Berufungsverhandlung modifizierte der Mitbeteiligte sein Begehren auf Grund der vom Amtssachverständigen vorgelegten Bestandsaufnahme samt Vermessung dahingehend, dass der vom Rückübereignungsantrag umfasste Flächenanteil 6.593 m2 betrage. Im Übrigen stellte der Mitbeteiligte ein Eventualbegehren.
Mit Bescheid vom 23. August 1996 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. Mai 1993 (meritorisch) ab. Aufgrund der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem (2.) Erkenntnis vom 20. Februar 1997, Zl. 96/06/0228, den Bescheid der belangten Behörde vom 23. August 1996 neuerlich wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
Mit weiterem Bescheid vom 20. Jänner 1998 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers wiederum gemäß §§ 38 und 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhang mit § 20a BStG 1971, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 63/1983 sowie Art. II Z. 3 dieser Novelle ab. Auf Grund der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem
(3.) Erkenntnis vom 28. Oktober 1999, Zl. 98/06/0022, den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 1998 erneut wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.
Zur weiteren Vorgeschichte wird im Übrigen auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten "maßgeblich der unter angeführtem Punkte II und III des Spruches" statt, hob den bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 25. Mai 1993 auf (Spruchpunkt I); traf die Feststellung, dass die der Rückübereignung unterliegenden Flächen in dem dem Bescheid als integrierender Bestandteil angeschlossenen Bestandaufnahmeplan des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 17 V, GZ: Bau 17 V- 106/1/2000, dargestellt sei und dass das Gesamtausmaß der rückzuübereignenden Flächen mit 6.593 m2 bestimmt werde (Spruchpunkt II); stellte die Höhe des Rückersatzes der empfangenen Entschädigung gemäß § 20a Abs. 2 Bundesstraßengesetz 1971 mit S 92.302,-- (entspricht EUR 6.706,85) fest (Spruchpunkt III); wies den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 12. November 1997 gerichtet auf Berücksichtigung der Werterhöhung durch Bepflanzung, Beleuchtung, Gehwege, sowie Entwässerung gemäß § 20a Abs. 3 Bundesstraßengesetz 1971 ab (Spruchpunkt IV) und den Antrag des Mitbeteiligten, gerichtet auf Rückübereignung in Form des "ursprünglichen Zustandes" mangels Zuständigkeit der Berufungsbehörde zurück (Spruchpunkt V).
Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe des zuletzt genannten aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1999, Zl. 98/06/0022, sowie dessen tragender Begründung, führte die belangte Behörde (lediglich) zur Höhe des Rückersatzes der empfangenen Entschädigung aus, bei Ermittlung der Höhe des Rückersatzes sei vom empfangenen Betrag auszugehen, der auch das Maximum des Rückersatzes darstelle. Erkläre sich der Rückübereignungswerber bereit, diesen Betrag zurückzubezahlen, bedürfe es keiner weiteren Prüfung der Höhe. Zur Frage der Berücksichtigung einer Werterhöhung sei auf § 20a Abs. 2 Bundesstraßengesetz 1971 zu verweisen gewesen, wonach Werterhöhungen nur insoweit zu berücksichtigen seien, als sie durch einen Aufwand des aus der Enteignung Berechtigten herbeigeführt worden seien, dürfe aber die dem Enteigneten geleistete Entschädigungssumme nicht überschreiten. Durch eine Berücksichtigung der begehrten Werterhöhung würde aber der mit dem seinerzeitigen Enteignungsbescheid vom 19. Februar 1970 festgelegte Entschädigungsbetrag von S 14,-- pro m2 erheblich überschritten. Zur Frage einer Rückübereignung in Form des "ursprünglichen Zustandes" führte die belangte Behörde aus, hiefür mangle es an einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage; ein derartiges Begehren könne lediglich auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und die Verwaltungsakten vorgelegt.
Auch der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet und
die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz Bundesstraßengesetz 1971 in der Fassung BGBl. Nr. 159/1990, entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung der Landeshauptmann als Bundesstraßenbehörde (§ 32) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, in der geltenden Fassung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich der Umfang der Enteignung aus dem Spruch des Enteignungsbescheides klar entnehmen lassen; handelt es sich nur um Grundstücksteile, dann muss dies durch den Bezug auf einen angeschlossenen oder zumindest dem Enteignungsverfahren zugrunde liegenden näher bezeichneten Plan geschehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Zl. 85/06/0032, 0033). Bei Klärung der Frage, ob ein Straßenbauprojekt das Notwendigkeitskriterium erfüllt, ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Notwendigkeit einer Enteignung zumindest schon dann gegeben ist, wenn durch Baumaßnahmen (hier: der Bundesstraßenverwaltung) ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessert werden können (so schon das hg. Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 1123/77).
Nach § 20a Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286/1971, in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 182/1999, kann der Enteignete, wenn der Enteignungsgegenstand ganz oder zum Teil nicht für den Enteignungszweck verwendet wird, die bescheidmäßige Rückübereignung des Enteignungsgegenstandes beziehungsweise dessen Teiles nach Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft des Enteignungsbescheides bei der Behörde beantragen, die unter sinngemäßer Anwendung der im Enteignungsverfahren zu beachtenden Bestimmungen (§ 20) zu entscheiden hat. Dieser Anspruch ist vererblich und veräußerlich; er erlischt, wenn der Enteignete dieses Recht nicht binnen einem Jahr ab nachweislicher Aufforderung durch den Enteigner bei der Behörde geltend macht, spätestens jedoch zehn Jahre nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides (wobei die 10-Jahresfrist in den "sog. Altfällen" gemäß Art. II Z. 3 der Bundesstraßennovelle, BGBl. Nr. 63/1983, erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes, das war am 1. April 1983, zu laufen begann). Macht der Enteigner glaubhaft, dass die Verwendung des Enteignungsgegenstandes für den Enteignungszweck unmittelbar bevorsteht oder die Verwendung aus Gründen, die der Enteigner nicht zu vertreten hat, vorläufig nicht möglich ist, aber in absehbarer Zeit erfolgen wird, hat die Behörde dem Enteigner eine angemessene Ausführungsfrist zu bestimmen. Bei deren Einhaltung ist der Antrag auf Rückübereignung abzuweisen. Eine Fristsetzung ist jedoch in jedem Falle unzulässig, wenn den Enteigner an der bislang nicht entsprechenden Verwendung ein Verschulden trifft.
Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Bescheid über die Rückübereignung auch eine Bestimmung über den Rückersatz der empfangenen Entschädigung zu enthalten. In Bezug auf diesen Betrag sind wertvermindernde Änderungen am Enteignungsgegenstand zu berücksichtigen, Werterhöhungen nur insoweit, als sie durch einen Aufwand des aus der Enteignung Berechtigten herbeigeführt wurden, doch darf die dem Enteigneten geleistete Entschädigungssumme nicht überschritten werden. Weiters sind auch jene Entschädigungsbeträge zu erstatten, die für Nebenberechtigte (§ 5 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954, BGBl. Nr. 71) bestimmt wurden, soweit und in dem Maße das Fehlen solcher Nebenrechte als werterhöhend anzusehen ist, und sonstige Entschädigungsbeträge, die zum Ausgleich von Nachteilen geleistet wurden, die durch die Rückübereignung in Wegfall kommen. Auf die in der Zwischenzeit gezogenen Nutzungen ist keine Rücksicht zu nehmen, wie auch für die geleistete Entschädigung keine Zinsen zu berechnen sind. Bei unbilligen Härten ist für die Leistung des Rückersatzes unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Enteigneten und auf § 61 Abs. 2 Bundeshaushaltsgesetz, BGBl. Nr. 213/1986, Ratenzahlung zu bewilligen. Mit Rechtskraft des Rückübereignungsbescheides und vollständiger Leistung oder Sicherstellung des Rückersatzes sind die früheren Rechte des Enteigneten wiederhergestellt und die seit der Enteignung begründeten dinglichen und obligatorischen Rechte hinsichtlich des Enteignungsgegenstandes erloschen.
Der Enteignungsbescheid vom 19. Februar 1970 enteignete (u.a.) auch den Beschwerdeführer hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaftsteilflächen "nach Maßgabe des eingereichten, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides (gemeint des Enteignungsbescheides) bildenden Projektes mit dem technischen Bericht vom 6. November 1969".
Wie sich aus dem bereits in dem den Verfahrensverlauf schildernden Teil dieses Erkenntnisses wiedergegebenen Inhalt des Rückübereignungsantrages des Mitbeteiligten ergibt, ging dieser davon aus, die enteignete Teilfläche im Ausmaß von (erst auf Grund der Neuvermessung im Zuge des Berufungsverfahrens konkret bezifferten) 6.593 m2 würde in Hinblick auf den Enteignungszweck zweckwidrig verwendet.
Klarzustellen ist zunächst, dass die Rechtmäßigkeit (insbesondere in Hinblick auf die Erforderlichkeit) des in Rechtskraft erwachsenen Enteignungsbescheides nicht mehr untersucht werden kann.
Daher hätte es, um das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Rückübereignung überhaupt beurteilen zu können, einer Gegenüberstellung des enteignungsgegenständlichen Projektes mit der nunmehr tatsächlichen Ausgestaltung dieser Flächen bedurft. In diesem Sinne weist die beschwerdeführende Partei darauf hin, dass auf Basis der genehmigten Projektsunterlagen zu erkennen sei, dass die Enteignung u.a. auch der nunmehr gegenständlichen Grundteilflächen nicht einzig und allein für den Ausbau der Turracher Bundesstraße - B 95, im engeren Sinn erfolgt sei, sondern im Zuge dessen vorhandene und neu anzulegende Einbindungen und Zufahrten den Verkehrsbedürfnissen entsprechend "großzügigst gestaltet und mit erforderlichen Abbiegespuren" hätten versehen werden sollen und insoweit projektgemäß und damit dem Enteignungszweck konform auch die Ausgestaltung der im Bereich der Ortseinfahrt Patergassen befindlichen Ausweichspuren und Umkehr- bzw. Halteplätze für die Omnibusse Gegenstand des Enteignungsbescheides gewesen seien. Inwieweit diese - großzügige -
raumplanerische Umgestaltung tatsächlich eine nach dem Bundesstraßengesetz durchzuführende Enteignung gerechtfertigt hat, kann nicht mehr geprüft werden, da dieser Bescheid - wie auch die beschwerdeführende Partei zugesteht - bereits als unangefochten in Rechtskraft erwachsen dem Rechtsbestand angehört (siehe dazu Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 258 f).
Die belangte Behörde hätte daher im Sinne der sie treffenden Ermittlungs- und Begründungspflicht im Bescheid darzustellen gehabt, inwieweit der Istzustand der in Rede stehenden Liegenschaftsteilflächen dem Projekt, welches Gegenstand und integrierender Bestandteil des Enteignungsbescheides gewesen ist, entspricht oder nicht.
Ist die Mangelhaftigkeit der Begründung eines vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wesentlich, dh ist durch sie die Partei des Verwaltungsverfahrens über die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen nicht unterrichtet und dadurch an der Verfolgung ihres Rechtsanspruches behindert worden und ist auch die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes unmöglich, dann kann die Nachholung dieser unterlassenen Begründung in der Gegenschrift die der angefochtenen Entscheidung anhaftende Mangelhaftigkeit nicht beheben. Daher musste der angefochtene Bescheid - wegen insoweit gegebener Untrennbarkeit zur Gänze - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufgehoben werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16.März 1950, Zl. 1420/48, VwSlg 1326 A/1950).
Der Kostenzuspruch konnte in Hinblick auf § 47 Abs. 5 VwGG unterbleiben.
Wien, am 31. Jänner 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000060086.X00Im RIS seit
23.04.2002