TE Vfgh Erkenntnis 1999/3/4 B565/97

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Veröffentlicht am 04.03.1999
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Index

72 Wissenschaft, Hochschulen
72/03 Theologische Studienrichtungen

Norm

B-VG Art83 Abs2
BG über katholisch-theologische Studienrichtungen §13

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verneinung der Parteistellung des Beschwerdeführers und Zurückweisung der Anträge auf Bescheidzustellung und Akteneinsicht anläßlich der Erteilung einer Prüfungsbevollmächtigung einer Katholisch-theologischen Fakultät an zwei andere von einer kirchlich theologischen Lehranstalt namhaft gemachte Prüfer

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Abs1 und 2 des §13 des Bundesgesetzes über katholisch-theologische Studienrichtungen lauten (die im vorliegenden Zusammenhang in erster Linie bedeutsame Wortfolge ist hervorgehoben):

"Einrechnung von Studien an kirchlichen theologischen

Lehranstalten

§13. (1) Tritt ein Studierender von einer kirchlichen theologischen Lehranstalt (Artikel V §1 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich) an eine Katholisch-theologische Fakultät über, so sind die an der Lehranstalt absolvierten Studien in die vorgeschriebene Studiendauer einzurechnen (§20 Abs4 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz), soweit sie in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des §1 Abs1 und 2 und der §§2 bis 8 dieses Bundesgesetzes sowie der in Betracht kommenden Bestimmungen des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes eingerichtet wurden.

(2) Unter der im Abs1 genannten Voraussetzung sind an solchen Lehranstalten abgelegte Prüfungen als Ergänzungsprüfungen oder Vorprüfungen anzuerkennen, wenn der von der Lehranstalt namhaft gemachte Prüfer

a) die Lehrbefugnis für das betreffende Fach besitzt oder

b) von einer Katholisch-theologischen Fakultät zur Abnahme der jeweiligen Prüfungen auf die Dauer von drei Jahren bevollmächtigt wurde."

2.1. Mit Schreiben vom 7.10.1996 hat der Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten gemäß §13 Abs2 litb des Bundesgesetzes für katholisch-theologische Studienrichtungen drei, vom dortigen Diözesanbischof mit Beginn des Studienjahres 1996/97 an dieser Hochschule (neu) eingestellte Dozenten und Lehrbeauftragte für die Bevollmächtigung zur Abnahme von Prüfungen im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung namhaft gemacht.

Mit Schreiben vom 17.10.1996 hat daraufhin der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien dem Dekan der Hochschule mitgeteilt, dass diese Bevollmächtigung nur zwei der namhaft gemachten Personen erteilt werde, der dritten, dem nunmehrigen Beschwerdeführer, jedoch nicht. Begründend wird dazu folgendes ausgeführt:

"Herrn Dr. K kann nach ausführlichen Beratungen die Prüfungsbevollmächtigung nach - in geheimer Abstimmung - erfolgtem einstimmigen Beschluß leider nicht erteilt werden. Das Fakultätskollegium hat sich nach genauer Prüfung der schriftlichen Arbeiten Dr(is). K davon überzeugt, daß er erstens zu einem ideologieverdächtigen Umgang mit zentralen Themen der christlichen Lehre neigt, zweitens, daß seine theologische Einstellung zum Zweiten Vatikanischen Konzil und zur nachkonziliaren kirchlichen Entwicklung nicht das Vertrauen rechtfertigt, junge Theologiestudenten und insbesondere Priesteramtskandidaten im Geiste des Konzils in das - vom Konzil als Vorlesung angeregte - 'Heilsmysterium Christi' kompetent und verantwortungsbewußt einführen und sie theologisch begleiten zu können; drittens, daß das Theologiekonzept von Herrn Dr. K nicht dem Standard einer wissenschaftlich-kritischen und zeit- wie gesellschaftsbezogenen Glaubensverantwortung unter heutigen Bedingungen entspricht."

Aus dem dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Protokoll über die Fakultätssitzung am 15.10.1996, in der dieser Beschluss gefasst wurde, ergibt sich, dass das Fakultätskollegium zu dieser Auffassung vor allem auf Grund der vom nunmehrigen Beschwerdeführer in seiner Dissertation, mit der er an der Päpstlichen Lateran-Universität zum Doktor der Theologie promoviert wurde, vertretenen Thesen gelangte.

2.2. Der nunmehrige Beschwerdeführer hat, nachdem er von diesem Vorgang Kenntnis erlangt hatte, mit an den Dekan der genannten Fakultät gerichtetem Schreiben vom 22.10.1996 "in aller Form Einspruch gegen diesen Bescheid" erhoben. Des Weiteren hat er mit Schreiben vom 31.10.1996 an das Fakultätskollegium der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Wien Berufung gegen dessen - oben wiedergegebenen - Beschluss vom 15.10.1996 erhoben und Anträge auf Zustellung einer Bescheidausfertigung, auf Akteneinsicht und auf Einräumung des Parteiengehörs gestellt.

2.3. Schon mit Schreiben vom 24.10.1996 hatte sich die genannte Fakultät (offenbar im Hinblick auf den erwähnten "Einspruch" des Beschwerdeführers) an das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst mit dem Ersuchen um Klärung der Frage gewandt, ob das Schreiben des Dekans der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien an den Dekan der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten einen Bescheid darstelle, ob es dagegen das Rechtsmittel der Berufung gebe und an welche Instanz dieses zu richten wäre und wer gegebenenfalls die Entscheidung beeinspruchen dürfe - die Hochschule oder auch der Betroffene.

Das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst hat diese Fragen mit Schreiben vom 26. November 1996 - auf das Wesentliche zusammengefasst - dahingehend beantwortet, dass die Erteilung der Prüfungsvollmacht gemäß §13 Abs3 des Bundesgesetzes über katholisch-theologische Studienrichtungen als Bescheid zu qualifizieren sei, die Berufung dagegen an den Akademischen Senat möglich wäre, das Berufungsrecht aber nur der Lehranstalt und nicht der Person, der die Prüfungsvollmacht erteilt werden soll, zukomme; inhaltlich vertritt das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst in dieser Rechtsauskunft die Auffassung, dass bei der Entscheidung des Fakultätskollegiums über die Erteilung der Prüfungsvollmacht ausschließlich die wissenschaftliche Qualifikation des Prüfers in Betracht zu ziehen sei.

Der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien hat daraufhin mit Schreiben vom 20.12.1996 die Angelegenheit dem Akademischen Senat dieser Universität zur Entscheidung vorgelegt.

2.4. In der Folge hat sodann der Akademische Senat der Universität Wien mit Bescheid vom 20.1.1997 die Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers sowie dessen weitere Anträge "mangels Parteilegitimation als unzulässig" zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die gegenständliche Mitteilung zwar der Form nach keinen Bescheid darstelle, es sich jedoch zweifelsfrei um einen solchen handle, da alle Bescheidmerkmale vorlägen. Daher sei gemäß §7 Abs1 UOG 1975 die Zuständigkeit des Akademischen Senates für die vorliegende Berufung gegeben. Im gegenständlichen Fall sei §13 Abs2 des Bundesgesetzes über katholisch-theologische Studienrichtungen anzuwenden. Zufolge dieser Bestimmung sei der Lehranstalt, ohne irgendwelche Mitwirkungsrechte von Einzelpersonen, Gelegenheit zur Stellungnahme und somit Parteistellung eingeräumt. Die Person, der die Prüfungsbefugnis erteilt werden soll, werde weder im Gesetzestext noch in den Erläuterungen erwähnt, was insoferne schlüssig sei, als nicht über die Prüfungsbefugnis an der kirchlichen theologischen Lehranstalt abgesprochen werde. Daraus könne geschlossen werden, dass diesen Personen in diesem Verfahren durch das Bundesgesetz über katholisch-theologische Studienrichtungen keine Rechte eingeräumt werden sollen. In inhaltlicher Hinsicht wird bemerkt, dass bei der Entscheidung über die Erteilung der Prüfungsvollmacht ausschließlich die wissenschaftliche Qualifikation des Prüfers in Betracht zu ziehen sei.

2.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung des behauptetermaßen verfassungswidrigen §21 Abs2 Universitäts-Organisationsgesetz (1975) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, dass ihm rechtswidrig die Parteistellung versagt wurde und seine Berufung mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird durch die Zurückweisung einer verfahrensrechtlich zulässigen Berufung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung des Berufungswerbers begründet ist (VfSlg. 9000/1980 mit Hinweis auf VfSlg. 6216/1970 und die dort zitierte Vorjudikatur).

2. Entgegen der Rechtsanschauung des Beschwerdeführers hat jedoch die belangte Behörde die Parteistellung zu Recht verneint:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erhält nämlich die Frage der Parteistellung erst durch die jeweils zur Anwendung kommenden Rechtsvorschriften einen konkreten Inhalt. Die Parteistellung muss aus den jeweils zur Anwendung kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden (vgl. VfSlg. 10342/1985 mwH).

Weder §13 Abs2 des Bundesgesetzes über katholisch-theologische Studienrichtungen noch andere Vorschriften bieten jedoch einen Anhaltspunkt dafür, dass dem von einer kirchlichen theologischen Lehranstalt namhaft gemachten Prüfer im Verfahren über dessen Bevollmächtigung gemäß §13 Abs2 leg.cit. Parteistellung zukommt. In diesem Verfahren geht es nämlich allein um die Frage, ob an einer kirchlichen theologischen Lehranstalt abgelegte Prüfungen (für das Studium) an einer Katholisch-theologischen Fakultät (als Ergänzungsprüfungen oder Vorprüfungen) anerkannt werden; subjektiv-öffentliche Rechte eines von einer kirchlichen theologischen Lehranstalt für die Bevollmächtigung zur Abnahme solcherart anzuerkennender Prüfungen namhaft gemachten Prüfers werden dadurch nicht berührt.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die Parteistellung daher zu Recht versagt. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter hat somit nicht stattgefunden.

3. Aus denselben Erwägungen ist auch auszuschließen, dass - wie der Beschwerdeführer behauptet - die Versagung der Parteistellung auf einer denkunmöglichen und willkürlichen Gesetzesauslegung beruhe. Der Beschwerdeführer ist somit auch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

4. Das verfassungsgerichtliche Verfahren hat auch keine andere vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmende Rechtsverletzung ergeben.

5. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Hochschulen, Verwaltungsverfahren, Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B565.1997

Dokumentnummer

JFT_10009696_97B00565_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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