TE Vfgh Erkenntnis 1999/3/10 B2341/98

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Veröffentlicht am 10.03.1999
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72 Wissenschaft, Hochschulen
72/16 Sonstiges

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des zweiten Satzes im §4 Abs2 des BG über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen mit E v 18.12.98, G221-226/98. (Quasianlaßfälle: B1500/98, E v 18.12.98, B2341/98, B v 10.03.99).

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit öS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Der Beschwerdeführer ist Universitätsprofessor an der Universität Wien. Mit Bescheid vom 12. August 1998 wies der Rektor dieser Universität das vom Beschwerdeführer gestellte Mehrbegehren - betreffend die Höhe der Prüfungsentschädigungen, welche ihm für die im Wintersemester 1996/97 erfolgte Abnahme einer bestimmten Anzahl mündlicher und schriftlicher Diplomteilprüfungen gewährt wird, unter Bezugnahme auf §4 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, BGBl. 463/1974, in der Fassung des Art90 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201/1996 - ab.

b) In der dagegen erhobenen Berufung begehrte der Beschwerdeführer der Sache nach die Zuerkennung der Abgeltung in dem vor der Novellierung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 gebührenden höheren Ausmaß.

c) Der Akademische Senat wies das Rechtsmittel mit Bescheid vom 3. November 1998 (welcher auf einem Sitzungsbeschluß vom 29. Oktober 1998 beruht) ab und begründete diese Berufungsentscheidung im wesentlichen damit, daß er §4 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen in der Fassung des Art90 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201/1996, anzuwenden hatte, welcher ausdrücklich auf die Einheit beider Prüfungsteile hinweist und anordnet, daß mündliche und schriftliche Prüfungsteile einer Fachprüfung nur einfach abgegolten werden.

2. Gegen diesen Bescheid des Akademischen Senates wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher insbesondere die Verletzung in Rechten wegen der Anwendung als verfassungswidrig kritisierter Gesetzesbestimmungen (so auch des §4 Abs2 des zitierten Bundesgesetzes) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

3. Der Akademische Senat der Universität Wien hat als belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1998, G221/98 u.a.Zlen., hat der Gerichtshof §4 Abs2 zweiter Satz des Bundesgesetzes über die Abgeltung von Lehr- und Prüfungstätigkeiten an Hochschulen, BGBl. 463/1974, in der Fassung des Art90 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201/1996, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

3. Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

4. Die nichtöffentliche Beratung des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 18. Dezember 1998 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 15. Dezember 1998 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

5. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

6. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von öS 4.500,-- sowie Pauschalgebühr in der Höhe von öS 2.500,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B2341.1998

Dokumentnummer

JFT_10009690_98B02341_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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