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L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, in der Beschwerdesache der Stadt B, vertreten durch ihren Bürgermeister Dr. OK, B, gegen die Bezirkshauptmannschaft Bludenz wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Gesetz über das Gemeindegut, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde - als zuständige Aufsichtsbehörde über die Stadt B - habe über die Vorstellung von 24 Nutzungsberechtigten nach dem Gesetz über das Gemeindegut, LGBl. (für Vorarlberg) Nr. 49/1998, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt B vom 15. Mai 2001, mit dem das Nutzungsrecht der Vorstellungswerber für das Weidejahr 2001 festgestellt worden sei, nicht fristgerecht entschieden.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist (die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates kann im vorliegenden Fall außer Betracht bleiben) und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
§ 83 des Gemeindegesetzes, LGBl. (für Vorarlberg) Nr. 40/1985, regelt die Vorstellung gegen einen Bescheid eines Gemeindeorganes an die Aufsichtsbehörde. § 92 Abs. 1 erster Satz leg. cit. bestimmt als Aufsichtsbehörde, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, die Bezirkshauptmannschaft. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist Aufsichtsbehörde im Sinne der §§ 83 und 89 bis 91 die Landesregierung. Wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist, kann die Landesregierung die Bezirkshauptmannschaft allgemein oder fallweise ermächtigen, über Vorstellungen im Namen der Landesregierung zu entscheiden.
Gemäß § 92 Abs. 4 des Gemeindegesetzes gelten für das Verfahren vor der Aufsichtsbehörde (ausgenommen für jenes nach § 84) ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Verfahrens ausschließlich die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der (Vorarlberger) Landesregierung über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Entscheidung über Vorstellungen, LGBl. Nr. 70/1985, sind diese Behörden ermächtigt, über Vorstellungen gegen Bescheide der ihrem Verwaltungsbezirk angehörenden Gemeinden und Gemeindeverbände in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung im Namen der Landesregierung zu entscheiden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist sachlich in Betracht kommende Oberbehörde jene Verwaltungsbehörde, die - sei es kraft ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde, sei es im Weg der Erteilung von Weisungen oder in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde - auf den Inhalt der von der zunächst zuständigen Behörde unterlassenen Entscheidung hätte bestimmend einwirken können (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E. 210f zu § 73 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss eines verstärkten Senates vom 31. Jänner 1969, Zlen. 1202-1204/68 (Slg. Nr. 3852/F), ausgeführt, dass, wenn als Vorstellungsbehörde eine Bezirkshauptmannschaft tätig zu werden hat, diese aber ihre Entscheidungspflicht verletzt, vor Einbringung einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof vorerst der Übergang der Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG auf die Landesregierung begehrt werden muss, sofern die betreffende Gemeindeordnung für das Vorstellungsverfahren die Anwendbarkeit des AVG vorsieht (vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0149, sowie vom 25. Jänner 1991, Zl. 90/17/0425).
Auch der Umstand, dass die säumige Behörde durch Ermächtigung der Oberbehörde zuständig wurde, an deren Stelle zu entscheiden, ändert nichts an der Notwendigkeit, vorerst den Übergang der Entscheidungspflicht auf die Oberbehörde herbeizuführen (vgl. den hg. Beschluss vom 12. März 1992, Zl. 92/06/0041, mwN.)
Nach dem Gesagten mangelt es an der nach § 27 Abs. 1 VwGG vorausgesetzten Säumnis der Landesregierung als oberste Behörde, die vor Erhebung einer Säumnisbeschwerde im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht anzurufen gewesen wäre. Die dennoch erhobene Säumnisbeschwerde war schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen; eine Aufforderung zur Verbesserung der von der Beschwerdeführerin - einer Stadt ohne eigenem Statut - entgegen § 24 Abs. 2 VwGG
ohne Unterschrift eines Rechtsanwaltes eingebrachten Beschwerde konnte aus diesem Grund unterbleiben.
Wien, am 19. Februar 2002
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002010029.X00Im RIS seit
21.05.2002Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008