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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §22 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S Gesellschaft mbH in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Kaspar, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Wilhelmstraße 54, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Jänner 2001, Zl. RV/262-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
EK hält einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 80% des Stammkapitals der beschwerdeführenden GmbH und ist ihr Geschäftsführer.
Im Zeitraum 1995 bis 1999 wurde jährlich zwischen EK und der Beschwerdeführerin ein Geschäftsführervertrag abgeschlossen. In den Verträgen wurde festgelegt, dass die Geschäftsführervergütung zur Gänze im Vorhinein fällig sei, der Geschäftsführer seine Vergütung aber auch ratenweise beheben könne. Als Entgelt wurde festgelegt: für 1995: 240.000 S, für 1996: 370.000 S, für 1997: 470.000 S, für 1998: 320.000 S. Weiters wurde vereinbart, dass der Geschäftsführer eine erfolgsabhängige Prämie erhalte, deren Höhe von der Gesellschafterversammlung bestimmt werde. Der Bezug könne aber auch eine Reduktion um maximal 20% erfahren, falls die Rendite der Beschwerdeführerin nicht mindestens 5% des Stammkapitals betrage.
Im Zuge einer für den Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1999 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde der Beschwerdeführerin für die Bezüge des Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.
Die gegen diese Vorschreibung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Begründend wird ausgeführt, Gegenstand der jährlich abgeschlossenen Verträge sei die auf Dauer angelegte und sohin zeitraumbezogene Geschäftsführung. Die Arbeitsleistung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses entspreche grundsätzlich der in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 angesprochenen Betätigung. Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sei gegeben. Für das Jahr 1999 sei kein Vertrag vorgelegt worden (die Entlohnung für dieses Jahr wurde mit 335.000 S festgestellt). Ein "tatsächlicher Konnex" zwischen dem Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin und den "Entnahmen" des Geschäftsführers sei nicht hergestellt worden. Die Feststellung der regelmäßigen Entlohnung des Geschäftsführers habe die Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die Gewährung von Tantiemen sei bei leitenden Angestellten eine durchaus übliche Vorgangsweise. Das bloß allgemein gehaltene Risiko einer Bezugskürzung im Falle einer Verlustsituation bilde kein unternehmerspezifisches Risiko. Der Geschäftsführer trage sohin kein Unternehmerrisiko.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Juni 2001, B 187/01, ab. Mit Beschluss vom 27. August 2001 trat er die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 57 Abs. 7 und 8 Handelskammergesetz bzw. - ab 1999 - § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998.
Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben. Ebenso unbestritten ist die kontinuierliche Entlohnung der Geschäftsführers. Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass die in den Geschäftsführerverträgen - jährlich - festgelegte Entlohnung durch einen Fixbezug geprägt ist, ein ins Gewicht fallendes einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 2001, 2001/14/0092, vom 25. September 2001, 2001/14/0117, und vom 25. September 2001, 2001/14/0051). Daran vermag nichts zu ändern, dass dem Geschäftsführer regelmäßig eine gewinnabhängige Tantieme gewährt worden ist, da eine solche insbesondere bei leitenden Angestellten nicht ungewöhnlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, 2001/13/0180). Die Beschwerdebehauptung, im Falle der Erfolglosigkeit der Gesellschaft erhalte der Geschäftsführer keinen Bezug, steht im Widerspruch zu dem Geschäftsführerverträgen, die eine Kürzung um maximal 20% des Fixbezuges vorsehen; jedenfalls ist im Zeitraum von 1994 bis 1999 nie ein Fall einer Bezugskürzung eingetreten. Verwiesen sei auch darauf, dass das Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurde.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 19. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001140173.X00Im RIS seit
24.06.2002