TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/20 98/12/0429

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Veröffentlicht am 20.02.2002
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

DO Wr 1994 §16 Abs1;
DO Wr 1994 §72 Abs1;
DVG 1984 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des Mag. S in W, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 20, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 10. September 1998, Zl. MA 2/191/98, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1963 geborene Beschwerdeführer stand seit 1. Dezember 1992 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1997 wurde er in die Dienstklasse V befördert.

Seit 11. Oktober 1993 war der Beschwerdeführer der Magistratsabteilung 62 des Magistrates der Stadt Wien dienstzugeteilt und für Angelegenheiten des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

Mit - dem angefochtenen Bescheid zufolge in Rechtskraft erwachsener - Disziplinarverfügung der Magistratsabteilung 62 - Personalamt des Magistrates der Stadt Wien vom 22. April 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen,

1. am 17. Februar 1998 die festgesetzte Arbeitszeit nicht eingehalten zu haben, da er von 13.25 Uhr bis kurz vor 15.00 Uhr private Einkäufe erledigt habe,

2. am 17. Februar 1998 nach 16.00 Uhr im Dienst nicht alles vermieden zu haben, was die Achtung und das Vertrauen, die der Stellung des Beschwerdeführers entgegengebracht würden, untergraben könnte, da er gegenüber Organen der Magistratsdirektion-Verwaltungsrevision trotz Wahrheitserinnerung behauptet habe, er habe an diesem Tag um ca. 14.00 Uhr bei MR Mag. K. Nachschau in der Rechtsdatenbank gehalten, obwohl er tatsächlich private Einkäufe erledigt habe,

3. er habe am 20. April 1998 um ca. 11.40 Uhr in den Räumlichkeiten der Magistratsabteilung 2 nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht würden, untergraben könnte, da er den Eindruck einer Alkoholisierung erweckt habe;

4. er habe vom 19. April 1998 bis 20. April 1998 nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht würden, untergraben könnte, da er durch übermäßigen Alkoholkonsum - wenn auch nur fahrlässig, seine Dienstunfähigkeit (0,9 Promille) für den 20. April 1998 herbeigeführt habe,

und hiedurch schuldhaft seine Pflichten gemäß (ad 1) § 26 Abs. 1 der Dienstordnung 1994 (DO 1994) und (ad 2 bis 4) gemäß § 18 Abs. 2 zweiter Satz DO 1994 verletzt. Gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 DO 1994 wurde hiefür über ihn die Disziplinarstrafe der Geldbuße im Ausmaß von 50 % des Monatsbezuges (unter Ausschluss der Kinderzulage) verhängt.

Mit Bescheid vom 15. Mai 1998 sprach der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2-Personalamt) aus, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur Stadt Wien gemäß § 72 Abs. 1 und 5 DO 1994 mit Ablauf von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides gekündigt werde. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Mit Bescheid vom 4. Juni 1998 erkannte die nachgeordnete Dienstbehörde der Berufung gemäß § 12 Abs. 2 DVG aufschiebende Wirkung zu.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Hierauf brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Schriftsatz ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen Rechten verletzt, als die belangte Behörde zu Unrecht seine Kündigung ausgesprochen bzw. bestätigt sowie ihre Ermessensentscheidung nicht im Sinn und innerhalb der Grenzen des § 72 Abs. 1 DO 1995 getroffen habe.

Der Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt, lautet § 16 Abs. 1 DO 1994 wie folgt:

"Die Anstellung wird nach Ablauf der Probedienstzeit definitiv. Die Probedienstzeit beträgt sechs Jahre und dauert jedenfalls bis zum vollendeten 26. Lebensjahr. Auf die Probedienstzeit zählen die Dienstzeiten, die bei der Stadt Wien ununterbrochen und unmittelbar der Anstellung vorangehend zugebracht wurden, ..."

Die Gemeinde Wien kann gemäß § 72 Abs. 1 DO 1994 durch Kündigung das Dienstverhältnis während der Probedienstzeit auflösen. Die Kündigungsfrist beträgt nach einer bei Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides erreichten Probedienstzeit von fünf Jahren drei Monate.

Nach § 12 Abs. 2 DVG, BGBl. Nr. 29/1984, haben Berufungen im Dienstrechtsverfahren keine aufschiebende Wirkung, sofern nicht in den Gesetzen und Verordnungen die aufschiebende Wirkung ausdrücklich zuerkannt ist oder durch Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgesprochen wird. Die aufschiebende Wirkung ist auszusprechen, wenn mit dem Bescheid Rechte des Bediensteten aberkannt oder gemindert werden, es sei denn, dass die vorzeitige Vollstreckung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Der für die Ermessensübung nach § 72 Abs. 1 DO 1994 maßgebende "Sinn des Gesetzes" besteht - entsprechend dem Zweck der Einrichtung der Probedienstzeit bzw. des provisorischen Dienstverhältnisses - darin, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen, und nur jene provisorischen Beamten in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im Allgemeinen, wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Damit sollen alle sich nicht voll bewährenden Beamten noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 22. Jänner 1997, Zl. 96/12/0123, u.v.a.).

Der Beschwerdeführer steht seit 1. Dezember 1992 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien; demnach endete die Probedienstzeit des Beschwerdeführers mit Ablauf des 1. Dezember 1998. Die erstinstanzliche Kündigung des Beschwerdeführers erfolgte mit Bescheid vom 15. Mai 1998, dem Beschwerdeführer am selben Tag zugestellt, mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides. Auf Grundlage der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde dieser mit Bescheid vom 4. Juni 1998 gemäß § 12 Abs. 2 DVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit dem angefochtenen Bescheid, der dem Beschwerdeführer erst am 21. September 1998 zugestellt wurde, wird "die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt".

Es liegt damit vom Verfahrensablauf eine mit der Sachlage im hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/12/0277, vergleichbare Konstellation vor; gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Da die belangte Behörde im vorliegenden Beschwerdefall den erstinstanzlichen Bescheid - also auch hinsichtlich der Festsetzung des Endtermines des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers - bestätigt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501; die im Betrag von S 2.500,-- angefallene Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 20. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998120429.X00

Im RIS seit

08.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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