TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/20 2001/12/0184

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Veröffentlicht am 20.02.2002
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §44 Abs1;
B-VG Art126b Abs5;
B-VG Art127 Abs1;
B-VG Art127a Abs1;
B-VG Art127a Abs7;
MRK Art10;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Dr. Bruno Binder und Mag. Michael Poduschka, Rechtsanwälte in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 23. Juli 2001, Zl. 610.915/9-1/01, betreffend die Feststellung von Dienstpflichten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Ministerialrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen.

Der Beschwerdeführer nahm am 25. Oktober 2000 an einem Symposium zu dem Thema "Wozu brauchen wir den Staat?" teil und äußerte sich dort über organisationsrechtliche Fragen seines Ressorts kritisch.

Im November 2000 erhielt der Beschwerdeführer folgende

schriftliche Erledigung:

"Betrifft: Schriftliche Weisung

Sie haben sich am 25. Oktober 2000 bei einem Aufgabenreformsymposium ("Wozu brauchen wir den Staat") zu Wort gemeldet und diverse unlogische und nicht nachvollziehbare negative Äußerungen über das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen von sich gegeben. Dies haben sie auch in einem Gespräch am 9. November 2000 mir gegenüber bestätigt.

Künftig ist ihnen die Teilnahme an externen Veranstaltungen, bei welchen ein Zusammenhang mit dem Ressort besteht, nur mit Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A erlaubt.

Weiters haben Sie sich aller Äußerungen zu enthalten, sofern sie nicht im Rahmen des Ihnen vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches liegen und rein fachlicher Natur sind. Ein Zuwiderhandeln würde als Dienstpflichtverletzung eine Anzeige an die Disziplinarkommission zur Folge haben.

Für den Bundesminister:

B."

In seiner Eingabe vom 22. Jänner 2001 stellte der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, mit dem sein Recht,

a) künftig auch ohne Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A an externen Veranstaltungen teilzunehmen, bei welchen ein Zusammenhang mit dem Ressort bestehe, und

b) künftig (weiterhin) Äußerungen, die nicht im Rahmen des vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches lägen und die nicht rein fachlicher Natur seien, tätigen zu dürfen, ohne dass dies als Dienstpflichtverletzung eine Anzeige an die Disziplinarkommission zur Folge habe.

Zur Begründung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die in der schriftlichen Weisung ausgesprochene Untersagung der Teilnahme an Veranstaltungen eine unzulässige Einschränkung seiner persönlichen Freiheit, insbesondere seiner "Meinungsfreiheit" darstelle. Auch die weitere Weisung, sich Äußerungen zu enthalten, stelle eine Einschränkung der "Meinungsfreiheit" dar. Die schriftliche Weisung sei eine Art "Maulkorberlass", die insbesondere wegen ihres Umfanges keinesfalls durch die Gehorsams- und Treuepflicht des Beamten zu rechtfertigen sei. Da die Weisung vom obersten Vollzugsorgan und schriftlich erfolgt sei, sei eine Klärung der Frage durch Ausübung des Remonstrationsrechtes nicht möglich, weshalb ein Anspruch auf bescheidmäßige Feststellung obiger Rechtsverhältnisse bestehe.

Die belangte Behörde räumte dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 9. Juli 2001 die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen Frist ein. Nach Wiedergabe der bisherigen Geschehnisse, insbesondere der schriftlichen Weisung und des Feststellungsantrages des Beschwerdeführers führte sie aus, dass das Verhalten des Beschwerdeführers im Rahmen des Symposiums eine Dienstpflichtverletzung dargestellt habe. Die schriftliche Weisung sei daher zu Recht ergangen. Eine Verletzung des Rechts auf Meinungsfreiheit liege nicht vor. Aus dem Sinn und dem gesamten Inhalt der Weisung ergebe sich selbstverständlich, dass sich auch der zweite Teil der Weisung nur auf Äußerungen beziehe, bei denen ein Zusammenhang mit dem Ressort bestehe.

Hierauf erstatteten sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Rechtsanwalt schriftliche Stellungnahmen, in denen das Verhalten im Rahmen des Symposiums vom Oktober 2000 als im Einklang mit den Pflichten des Beamten stehend bezeichnet und erklärt wurde, die Anträge im Schriftsatz vom 22. Jänner 2001 würden inhaltlich aufrecht erhalten; weiters ersuchte der Beschwerdeführer in der von ihm verfassten Eingabe um Aufhebung der ungerechtfertigten Weisung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Jänner 2001 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides dahingehend, dass er

a) das Recht habe, künftig auch ohne Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A an externen Veranstaltungen teilzunehmen, bei welchen ein Zusammenhang mit dem Ressort bestehe, und

b) das Recht habe, künftig (weiterhin) Äußerungen, die nicht im Rahmen des vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches lägen und die nicht rein fachlicher Natur seien, tätigen zu dürfen, gemäß § 56 AVG in Verbindung mit §§ 43 und 44 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 ab.

Begründend führte sie aus, dass sich der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2000 beim Aufgabenreformsymposium "Wozu brachen wir die Staat?" zu Wort gemeldet und diverse unlogische und nicht nachvollziehbare negative Äußerungen über seine Dienststelle von sich gegeben habe. Dies habe er auch in einem Gespräch mit Sektionschef Dr. B. am 9. November 2000 bestätigt. Daraufhin sei an ihn die - näher wiedergegebene - schriftliche Weisung vom 10. November 2000 ergangen. Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 2001 habe er die Erlassung eines Feststellungsbescheides gefordert.

Der festgestellte Sachverhalt gründe sich im Wesentlichen auf die Aussagen von Mag. P., der seitens der belangten Behörde an dem gegenständlichen Symposium teilgenommen habe und (neben Gruppenleiter Dr. M.) auch bei dem Gespräch am 9. November (2000) bei Sektionschef Dr. B. anwesend gewesen sei, sowie die Angaben von Sektionschef Dr. B. Diese Aussagen stimmten überein und es bestehe daher kein Grund, an der Wahrheit dieser Aussagen zu zweifeln, insofern sie mit den Angaben des Beschwerdeführers in Widerspruch stünden. Die von ihm bzw. seinem Rechtsanwalt im Rahmen des Ermittlungsverfahrens abgegebenen Stellungsnahmen seien hingegen wiederum nicht schlüssig und nachvollziehbar. So lasse der Beschwerdeführer außer Acht, dass von ihm genanntes Zahlenmaterial wegen Änderungen in Kompetenzen und Aufgabenbereichen des Ressorts nicht vergleichbar sei. Dies habe der Beschwerdeführer anlässlich eines Gespräches nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Daraus könne sehr wohl gefolgert werden, dass seine Äußerungen unlogisch und nicht nachvollziehbar gewesen seien. Behauptungen über angebliche Missstände seien aus der Luft gegriffen und seien diesbezüglich auch keine Beweismittel angeboten oder vorgelegt worden. Die Behauptung, die Frau Vizekanzlerin Dr. R.-P. habe zu Beginn des Symposiums ausdrücklich aufgefordert, offen zu reden und auf Missstände hinzuweisen, sei zwar bestätigt worden, jedoch habe nicht verifiziert werden können, ob sie auch ausdrücklich die Zusage erteilt habe, dass es auf Grund irgendwelcher Äußerungen (erg.: nicht) zu irgendwelchen Repressionen kommen könnte. Dies sei nicht von Relevanz, weil die damaligen Äußerungen des Beschwerdeführers keine disziplinären Folgen nach sich gezogen hätten. Ein "Hinweisen auf Missstände" stelle auf die sachliche Auseinandersetzung mit der Materie ab, was im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben gewesen sei.

Rechtlich folge daraus: Gemäß § 43 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 sei der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu besorgen. Er habe in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe. Gemäß § 44 leg. cit. habe der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Der Beamte könne die Befolgung der Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden sei oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten bei dem genannten Symposium gegen seine Dienstpflichten nach den §§ 43 und 44 leg. cit. verstoßen. Das grundsätzliche Recht auf Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK sei nur innerhalb der gesetzlichen Schranken möglich. Nach der herrschenden Judikatur begründe eine Kritik eines Beamten gegenüber der Behörde, der er angehöre, dann eine disziplinäre Verantwortlichkeit, wenn sie die durch § 43 Abs. 2 leg. cit. gezogene Grenze überschreite, indem sie geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten zu beeinträchtigen. Diese Grenze habe der Beschwerdeführer durch seine diversen unlogischen und nicht nachvollziehbaren Äußerungen überschritten und somit seine Dienstpflichten verletzt. Er habe auch seine Unterstützungspflicht gegenüber seinen Vorgesetzten verletzt, weil er durch unsachliche negative Äußerung seinem Dienstgeber auch Schaden zufügen könne. Um ein derartiges Verhalten künftig zu unterbinden, sei ihm nach einem Gespräch mit Sektionschef Dr. B. am 10. November 2000 völlig zu Recht eine entsprechende schriftliche Weisung erteilt worden. Aus dem Sinn und dem gesamten Inhalt der Weisung ergebe sich selbstverständlich, dass sich auch der zweite Teil der Weisung nur auf Äußerungen beziehe, bei denen ein Zusammenhang mit dem Ressort bestehe, und nicht auf den "Rest aller möglichen Angelegenheiten". Der Beschwerdeführer sei im Zusammenhang mit der Weisung auch auf die disziplinären Konsequenzen weiterer Dienstpflichtverletzungen aufmerksam gemacht worden. Er habe keinerlei Gründe für die Ablehnung der Weisung nach § 44 Abs. 2 leg. cit. geltend gemacht und sei daher verpflichtet, diese zu befolgen. Eine Verletzung des Rechts auf Meinungsfreiheit nach Art. 10 EMRK liege nicht vor. Sein Antrag auf Erlassung des Feststellungsbescheides sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, auch ohne Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A (der belangten Behörde) an externen Veranstaltungen teilzunehmen, bei welchen ein Zusammenhang mit dem Ressort besteht, und künftig (weiterhin) Äußerungen, die nicht im Rahmen des vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches liegen und die nicht rein fachlicher Natur sind, tätigen zu dürfen, ohne dass dies als Dienstpflichtverletzung eine Anzeige an die Disziplinarkommission zur Folge hat, sowie in seinem Recht auf Durchführung eines mangelfreien Verfahrens verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt er vor, er habe (bei seiner Teilnahme am Symposium im Oktober 2000) weder gegen § 43 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 noch gegen Abs. 2 dieser Bestimmung verstoßen. Weder habe er seine dienstlichen Pflichten vernachlässigt noch das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben untergraben. Die ergangene Weisung bzw. der darauf folgende negative Feststellungsbescheid stellten nach Ansicht der belangten Behörde keine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar. Der Beschwerdeführer müsse aber bei einem Zuwiderhandeln gegen die Weisung ständig mit disziplinären Konsequenzen rechnen.

Auch liege kein Verstoß gegen § 43 Abs. 3 oder § 44 Abs. 1 leg. cit. vor. Eine Weisung im Sinn der letztgenannten Bestimmung sei ein Verwaltungsakt, dessen Gegenstand nur eine Angelegenheit sein könne, die abstrakt in den Aufgabenkreis des angewiesenen Organs falle. Die gegenständliche Weisung beziehe sich aber in keiner Weise auf diesen Aufgabenkreis, sondern schreibe dem Beschwerdeführer vor, dass er an externen Veranstaltungen, bei denen ein Zusammenhang mit dem Ressort bestehe, nur mit Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A teilnehmen dürfe und sich aller Äußerungen zu enthalten habe, sofern er diese nicht im Rahmen des ihm vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches lägen und rein fachlicher Natur seien. Dadurch, dass dem Feststellungsantrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben worden sei und die ihm erteilte Weisung vollinhaltlich zum Tragen komme, müsste der Beschwerdeführer bei einer beabsichtigten Teilnahme an Betriebsfeiern oder Geburtstagsfesten von Kollegen die Zustimmung des Leiters der Gruppe VIII/A des Ressorts einholen. Der Beschwerdeführer dürfte sich nur mehr zu Themen äußern, die im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereiches lägen oder rein fachlicher Natur seien. Die belangte Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass der Beschwerdeführer durch unsachliche negative Äußerungen seinem Dienstgeber Schaden zufügen könnte und seine Unterstützungspflicht gegenüber seinem Vorgesetzten verletzt hätte. Da eine Weisung in diesem Umfang gar nicht hätte ergehen dürfen und diese Einschränkung ihn keinesfalls durch die Gehorsams- und Treuepflicht des Beamten zu rechtfertigten seien, hätte die belangte Behörde dem Antrag vom 22. Jänner 2001 in vollem Umfang stattgeben müssen.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens sieht der Beschwerdeführer zusammengefasst darin, dass seine Kritik beim Symposium inhaltlich zutreffend gewesen und die Personalführung im Bereich der belangten Behörde mangelhaft sei. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, den Sachverhalt zu ermitteln; bei einer genauen Überprüfung hätte sie festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Missstände in den (der belangten Behörde nachgeordneten) Untersuchungsanstalten tatsächlich vorlägen und die Aussagen des Beschwerdeführers auf Tatsachen fußten. Auch habe die belangte Behörde die Behauptung des Beschwerdeführers, die Vizekanzlerin habe beim Symposium aufgefordert, offen über Missstände zu sprechen, nicht vollständig ermittelt. Der Beschwerdeführer sei von der belangten Behörde nicht aufgefordert worden, seine als unlogisch und nicht nachvollziehbar qualifizierten Äußerungen zu belegen.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ziehen die Zulässigkeit des vorliegenden Feststellungsverfahrens nicht in Zweifel.

Der Abspruch der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ist dahingehend zu verstehen, dass sie die dem Beschwerdeführer erteilte Weisung als rechtmäßig erachtete.

Fraglich ist im vorliegenden Fall, ob die einfachgesetzlich geregelten, allgemeinen und besonderen Dienstpflichten des Beschwerdeführers derart weit reichend sind, um die in der Weisung vom November 2000 ausgesprochene Einschränkung der Grundrechte des Beschwerdeführers zu tragen. Ob der Beschwerdeführer durch seine Teilnahme am Symposium und die "Meinungsäußerung" im dortigen Rahmen allenfalls Dienstpflichten verletzte, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil Gegenstand des angefochtenen Feststellungsbescheides nur die Frage der zukünftigen Befolgung der Weisung vom November 2000 ist, nicht jedoch die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers im Rahmen des Symposiums im Oktober 2000 unter dienst- und disziplinarrechtlichen Aspekten, wofür ein besonderes Verfahren vorgesehen ist. Auch würde eine allfällige Verletzung von Dienstpflichten im Oktober 2000 keine weiter gehende Beschränkung der Grundrechte des Beschwerdeführers rechtfertigen, als sie - einfachgesetzlich - im Dienstrecht des Beschwerdeführers vorgesehen ist.

Eine Weisung kann nicht nur das Verhalten im Dienst (dh. auf dem Arbeitsplatz; vgl. ErläutRV 11 BlgNR 15. GP 85) sondern auch das gemäß § 43 Abs. 1 BDG gebotene Verhalten außerhalb des Dienstes zum Gegenstand haben.

Eine Weisung, die (auch) das außerdienstliche Verhalten des Beamten zum Gegenstand nimmt, ist nur in engerem Umfang zulässig als eine Weisung zu innerdienstlichem Verhalten und bedarf besonderer sachlicher Rechtfertigung.

Auch dem Beamten sind in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis alle Grundrechte (soweit sie in Betracht kommen) gewährleistet (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2000, Zl. 97/09/0106, mwN). Sachliche Kritik des Beamten an der eigenen Behörde ist nicht nur durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt, sondern auch als notwendiges Mittel zur Optimierung der Verwaltung im Sinn der in den Art. 126b Abs. 5, 127 Abs. 1 und 127a Abs. 1 und Abs. 7 B-VG bestimmten Grundsätze anzusehen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2000 mwN; weiters Kucsko-Stadlmayr, Das Disziplinarrecht der Beamten2, Seite 127f).

Daraus folgt, dass weder allgemeine noch besondere Dienstpflichten dazu geeignet sind, das Grundrecht des Beamten auf Teilnahme an "externen Veranstaltungen", die einen "Zusammenhang mit dem Ressort" aufweisen, und auf Meinungsäußerungen, "die nicht im Rahmen des vom Leiter der Gruppe VIII/A zugewiesenen Aufgabenbereiches liegen und die nicht rein fachlicher Natur sind", ohne jegliche sachliche Rechtfertigung und Verhältnismäßigkeit schlechthin einzuschränken.

Deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501; die vom Beschwerdeführer im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr war mit dem Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 20. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001120184.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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