Index
L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Maximilianstraße 9/1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 16. Jänner 1998, Zl. 225.868/17-III/D/16/98, betreffend Einstellung der Bezüge, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchabschnitt 1, erster Satz) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1950 geborene Beschwerdeführer stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Fachoberlehrer in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und unterrichtete an der Höheren technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Innsbruck.
Auf sein Ansuchen hin - er leide an diversen Krankheiten, die ihn psychisch enorm belasteten - sprach der Landesschulrat für Tirol (die Dienstbehörde erster Instanz) mit Bescheid vom 9. April 1996 bis zum Ende des ersten Semesters des Schuljahres 1996/97 die Gewährung einer Lehrpflichtermäßigung auf 50 % der Lehrverpflichtung aus.
Ab 7. Jänner 1997 war der Beschwerdeführer vom Dienst abwesend und legte dem Leiter seiner Schule eine von Dr. S. am 7. Jänner 1997 verfasste, "an den Dienstgeber" gerichtete Bestätigung vor, wonach der Beschwerdeführer wegen Varikositas, Dysthymie und psychovegetativer Erschöpfung "vom 07.01.97 bis voraussichtlich 07.01.98 nicht arbeitsfähig" sei.
Hierauf ersuchte der Leiter der Schule den Landesschulrat für Tirol, den Beschwerdeführer einer amtsärztlichen Untersuchung zuzuweisen. Der Landesschulrat für Tirol betraute die amtsärztliche Untersuchungsstelle des Stadtmagistrates Innsbruck mit der Durchführung der Untersuchung.
Am 17. Februar 1997 fand eine Untersuchung des Beschwerdeführers durch die Amtsärztin Dr. E. statt, zu der der Beschwerdeführer ein ärztliches Attest Dris. S. mitbrachte. Da aus der Sicht der Amtsärztin eine weitere Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht nachvollziehbar war, ersuchte sie den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, MR Dr. D. um Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens.
Der Beschwerdeführer blieb dem ersten Untersuchungstermin bei dem letztgenannten Facharzt am 7. März 1997 trotz Vorladung fern. Auf Grund der schließlich am 9. April 1997 durchgeführten Untersuchung erstattete MR Dr. D. am 23. Mai 1997 ein neurologischpsychiatrisches Gutachten "zur Frage der weiteren Berufsfähigkeit" des Beschwerdeführers mit folgender "Zusammenfassung":
"Beim Untersuchten finden sich derzeit aus neurologischpsychiatrischer Sicht folgende Leidenszustände:
1.
Eine mäßiggradige Übergewichtigkeit
2.
Ein Zustand nach Beinvenenoperation beidseits
3.
Eine neurotische Entwicklung mit subjektiven "Überlastungsgefühlen"
Eine markante Funktionsstörung der Wirbelsäule liegt derzeit nicht vor; es findet sich auch keine organneurologische Ausfallssymptomatik i.e.S.
Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit:
Von seiten der körperlichen Befunde besteht keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als Lehrer. Die Meinung des Untersuchten, wonach er sich die Beinvenenschwäche durch den Lehrberuf aquiriert habe, ist in dieser Form nicht zu bestätigen.
Hinsichtlich des 'psychischen Leistungskalküls' ist festzustellen:
Eine fassbare kognitive Beeinträchtigung oder eine tiefergreifende depressive Verstimmung liegen derzeit nicht vor. Hingegen finden sich deutliche Indizien für ein neurotisches Reagieren - was dann in weiterer Folge auch zu entsprechenden somatisierten Beschwerden geführt hat.
Eine neurotische Reaktionsweise allein führt allerdings noch zu keiner Einschränkung der Berufsfähigkeit - weshalb der Untersuchte von der objektiven Befundlage her als 'berufsfähig' anzusehen ist.
Es ist allerdings zu erwarten, dass der Untersuchte in Kürze wiederum - versehen mit entsprechenden 'Attesten' - wieder eine Berufsunfähigkeit behaupten wird, sodass auf Dauer nicht mehr mit einer ersprießlichen Dienstausübung zu rechnen ist."
Auch in weiterer Folge blieb der Beschwerdeführer dem Dienst fern. Vom 16. bis. 20. April 1996 hielt sich der Beschwerdeführer im Landeskrankhaus Wolfsberg/Kärnten auf, um sich einem operativen Eingriff an einem Bein zu unterziehen.
Mit Erledigung vom 28. April 1997 teilte die Dienstbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit, sie habe am 17. Jänner 1997 das Gesundheitsamt der Stadt Innsbruck mit seiner Untersuchung betraut, um seine Dienstfähigkeit feststellen zu können. Dieses habe mitgeteilt, dass er wiederholt nicht zu den Untersuchungsterminen erscheinen wäre. Gemäß § 51 BDG gelte die Abwesenheit eines Beamten vom Dienst dann nicht als gerechtfertigt, wenn er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung verweigere. Daher habe die Dienstbehörde ab 7. März 1997 die Bezüge des Beschwerdeführers eingestellt.
Hierauf erklärte der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 29. April 1997, weshalb er zu den Untersuchungsterminen nicht habe erscheinen können und dass seine Abwesenheit vom Dienst durch ärztliche Atteste belegbar sei; weiters wandte er sich gegen die Einstellung seiner Bezüge.
Mit Bescheid vom 19. Juni 1997 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, dass die Bezüge des Beschwerdeführers ab 7. März 1997 auf Dauer seiner ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst entfielen; dieser Bescheid stütze sich auf § 13 des Gehaltsgesetzes 1956 und § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 in Verbindung mit §§ 56 ff AVG jeweils "in der geltenden Fassung".
Begründend führte die Erstbehörde aus, der Beschwerdeführer habe seiner Schulleitung die Dienstunfähigkeit gemeldet und darüber eine "Bestätigung" vom 7. Jänner 1997 vorgelegt. Die Erstbehörde habe daraufhin umgehend die amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers beim Stadtmagistrat Innsbruck beantragt. Zu dem ehestmöglich anberaumten Termin am 3. Februar 1997 sei der Beschwerdeführer nicht erschienen (wie die Erhebung der Erstbehörde ergeben habe, hätte er sich entschuldigt). Beim zweiten Untersuchungstermin am 17. Februar 1997 sei der Beschwerdeführer amtsärztlich untersucht worden, wobei er ein ärztliches Attest des praktischen Arztes Dr. S. eingebracht habe. Hierauf sei der psychiatrische Gutachter Dr. D. beauftragt worden. Zum Untersuchungstermin am 7. März und 9. April 1997 habe sich der Beschwerdeführer trotz Vorladung nicht gemeldet. Dies habe die Amtsärztin (des Stadtmagistrates Innsbruck) der Erstbehörde mit Schreiben vom 16. April 1997 gemeldet. Diese habe die laufenden Bezüge des Beschwerdeführers ab 7. März 1997 (erster nichtbefolgter Untersuchungstermin bei MR Dr. D.) eingestellt. Mit Schreiben vom 28. April 1997 habe der Landesschulrat den Beschwerdeführer von der Einstellung der Bezüge auf Grund seiner ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst verständigt.
Am 29. April 1997 habe der Beschwerdeführer eine "Faxmitteilung" an die Erstbehörde gerichtet: Er hätte die Untersuchungstermine am 7. März und 9. April 1997 bei Dr. D. insbesondere deshalb nicht einhalten können, weil er vom 5. bis 25. März auf Kur und seit 3. April 1997 wegen einer Venengeschichte bei Dr. H. in Kärnten in Behandlung gewesen wäre und derzeit von Dr. S. weiterhin behandelt werde.
Selbstverständlich hätte er dem Landesschulrat und der Schule diesbezügliche Mitteilung gemacht. Demgegenüber seien jedoch seit der Dienstunfähigkeitsmeldung vom 7. Jänner 1997 weder bei der Schule noch bei der Erstbehörde Mitteilungen oder Unterlagen des Beschwerdeführers eingegangen. Auch von einem Kuraufenthalt seien weder die Schule noch die Erstbehörde in Kenntnis gesetzt worden. Demgegenüber wäre ein Kuraufenthalt bewilligungspflichtig und müsste die Dienstbefreiung dafür bei der Dienstbehörde im Vorhinein beantragt werden.
Dr. D. habe den Beschwerdeführer für 14. Mai neulich zur Untersuchung geladen und diese auf dessen Bitte auf den 21. Mai 1997 verschoben.
Nach Wiedergabe der Zusammenfassung des Gutachtens vom 23. Mai 1997 führte die Erstbehörde weiter aus, sie habe am 28. Mai 1997 den Beschwerdeführer "per Rückschein" zum sofortigen Dienstantritt aufgefordert; die Zustellung zu eigenen Handen sei mit 30. Mai 1997 nachgewiesen. Ein Dienstantritt des Beschwerdeführers sei jedoch bis heute nicht erfolgt. Stattdessen sei der Erstbehörde eine lapidare "Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit" von Dr. H. vom 2. Juni 1997 vorgelegt worden, wonach der Beschwerdeführer seit dem 29. Mai 1997 bis auf weiteres arbeitsunfähig sei. Am 9. Juni 1997 sei eine "Bestätigung" von Dr. S. vom selben Tag eingelangt: Der Beschwerdeführer habe an einem Alkoholproblem mit Entzugssymptomatik und depressiver Stimmung gelitten. Er sei am 10. Juni 1997 an der Psychiatrie Innsbruck stationär zur weiteren Therapie aufgenommen worden und wäre daher bis auf weiteres sicher nicht arbeitsfähig.
Der "Befundbericht" der Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck/Allgemeine Psychiatrieambulanz vom 6. Juni 1997 spreche von einem vereinbarten stationären Aufnahmetermin an der Männerstation der Universitätsklinik Innsbruck für den 10. Juni 1997, weil der Beschwerdeführer nach der Anamnese einen sehr massiven Alkoholkonsum aufweise. Der Beschwerdeführer sei am 13. Juni 1997 wiederum entlassen worden.
Am 19. Juni 1997 habe die Schulleitung mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seinen Dienst immer noch nicht angetreten hätte.
Nach Wiedergabe des § 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 führte die Erstbehörde weiter aus, dass ein ausreichender Entschuldigungsgrund (für das Fernbleiben vom Dienst) nur dann gegeben sei, wenn der Beamte tatsächlich wegen einer Erkrankung dienstunfähig gewesen wäre:
Die vom Beschwerdeführer unter Bestätigung seines praktischen Arztes gemeldete voraussichtliche "Arbeitsunfähigkeit" sei weder von der Amtsärztin noch vom eingehenden Gutachten des Sachverständigen bestätigt worden. Vielmehr sei die volle Einsatzfähigkeit attestiert. Die Erstbehörde sehe sich so nicht in der Lage, beim Beschwerdeführer eine Dienstunfähigkeit wegen tatsächlicher Erkrankung anzuerkennen.
Außerdem sei ein Beamter verpflichtet, an einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit mitzuwirken. Tue er dies nicht, so gelte gemäß § 51 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 seine Abwesenheit vom Dienst als nicht gerechtfertigt. Ganz konkret habe der Beschwerdeführer auf die Vorladung zu den Untersuchungsterminen am 7. März und 9. April 1997 bei MR Dr. D. nicht reagiert.
So seien seine laufenden Bezüge als Fachlehrer jedenfalls ab 7. März 1997 "bis auf weiteres auf Dauer seiner ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst" einzustellen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 29. Juni 1997 Berufung, in der er - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - insbesondere vorbrachte, niemals eine ärztliche Untersuchung verweigert zu haben. Vom 5. bis 25. März 1997 sei er auf Kur gewesen. Bereits am 13. Jänner 1997 habe er seine Schule davon informiert. Am 7. März 1997 habe er sich bereits auf Kur befunden und deshalb den Untersuchungstermin nicht einhalten können. Ab 3. April 1997 sei er bei Dr. H. "wegen einer Venengeschichte" in Behandlung gewesen und am 10. April 1997 - ab diesen Tag habe er sich von Dr. S. weiterbehandeln lassen - sein Urlaubsfach in Innsbruck behoben und die Mitteilungen (Kurzbrief) des Gesundheitsamtes erhalten. Allerdings sei er einen Tag zu spät in Innsbruck angekommen und habe deshalb den neuerlichen Untersuchungstermin (9. April 1997) nicht einhalten können. Er habe unverzüglich bei Dr. D. angerufen und um einen neuerlichen Termin gebeten, worauf die Sekretärin des Arztes den Beschwerdeführer für 21. Mai 1997 vorgemerkt habe. Ein früherer Termin sei deshalb nicht möglich gewesen, weil Dr. D. auf Urlaub geweilt habe.
Hierauf veranlasste die belangte Behörde weitere Erhebungen über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers; unter anderem ersuchte sie Dr. S. um Darstellung der Grundlagen der Bestätigung vom 7. Jänner 1997, der der belangten Behörde eine mit "18.12.97" datierte "Bestätigung" der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers "bis auf weiteres" unter Anschluss von Unterlagen über einen stationären Aufenthalts des Beschwerdeführers in der Zeit vom 17. Oktober bis 11. Dezember 1997 übermittelte.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die Berufung wie folgt ab:
"1) In Abänderung des Bescheides der Behörde I. Instanz wird gemäß § 13 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 festgestellt, dass Ihnen für die Zeit vom 7. Jänner 1997 bis 4. März 1997 und vom 26. März 1997 bis 2. April 1997 die Bezüge infolge ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst zu entfallen haben.
Für die Zeit vom 5. März 1997 bis 25. März 1997 gebühren Ihnen hingegen die vollen Bezüge.
2) Hinsichtlich des Entfalles Ihrer Bezüge ab 3. April 1997 wird der Bescheid des Landesschulrates für Tirol vom 19. Juni 1997 ... in Stattgebung Ihrer Berufung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Dienstbehörde I. Instanz zurückverwiesen."
Zu Spruchabschnitt 1) des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe der Direktion seiner Schule eine Bestätigung über Dienstunfähigkeit, ausgestellt von Dr. S. am 7. Jänner 1997, vorgelegt. (Es folgt eine wörtliche Wiedergabe der Bestätigung.)
Im Hinblick auf diese Formulierung seien der Erstbehörde berechtigte Zweifel an der tatsächlichen Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers entstanden. Die belangte Behörde habe Ermittlungen darüber durchführt, inwieweit der Gutachter Dr. S., insbesondere durch Darstellung hiefür maßgebender Untersuchungsergebnisse, habe angeben können, in welcher Weise die in der Bestätigung vom 7. Jänner 1997 aufgezeigten Krankheitsbilder die Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers hätten herbeiführen können. Dr. S. habe am 18. Dezember 1997 lediglich eine Bestätigung vorgelegt, in der auf den stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 17. Oktober bis 11. Dezember 1997 und auf die für 7. Jänner 1998 geplante Venenoperation hingewiesen werde. Da sohin dem Ersuchen der Dienstbehörde nicht entsprochen worden sei, somit kein nachvollziehbarer Nachweis für die Ursachen der behaupteten Dienstunfähigkeit für den Zeitraum vom 7. Jänner bis 4. März 1997 vorlägen, sei für diesen Zeitraum der Nachweis eine gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst nicht erbracht worden und somit die Einstellung der Bezüge zu verfügen gewesen.
Was den Zeitraum vom 5. März bis 25. März 1997 betreffe, sei Folgendes festzuhalten:
Mit Schreiben vom 10. Jänner 1997 sei dem Beschwerdeführer von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ein Kuraufenthalt für den genannten Zeitraum bewilligt worden. Der Beschwerdeführer habe diese Bewilligung am 20. Jänner 1997 bei seiner Schule im Dienstweg eingebracht. Die Abwesenheit während des genannten Zeitraumes stelle daher gemäß § 79 Abs. 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 eine durch Krankheit gerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst dar, weshalb die Bezüge für diesen Zeitraum flüssig zu machen gewesen seien.
Für die Zeit vom 26. März bis 2. April 1997 hätten dem gesamten Akt keine Unterlagen entnommen werden können, wonach die Abwesenheit des Beschwerdeführers gerechtfertigt gewesen wäre. Somit seien auch für diesen Zeitraum die Bezüge einzustellen gewesen.
Gegen diesen Bescheid - und zwar ausdrücklich nur gegen den ersten Satz des Spruchabschnittes 1) - richtet sich die vorliegende Beschwerde, die die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch unrichtige Anwendung des § 45 Abs. 2 und 3 AVG und des § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 beschwert. So habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ihre Ermittlungsergebnisse und die Gelegenheit zur Stellungnahme vorenthalten. Wäre ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, hätte er aufzeigen können, dass die Alkoholprobleme viel weiter zurückreichten. Es sei wohl nicht anzunehmen, dass sich Alkoholprobleme per 3. April 1997 derart verstärkten, dass ab diesem Tag auch bei der belangten Behörde Besorgnis über die Dienstfähigkeit entstehe. Die belangte Behörde habe in der Annahme der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers gegen § 45 Abs. 2 AVG verstoßen, obwohl Dr. S. in Beantwortung ihrer Anfrage am 18. Dezember 1997 irrtümlich eine Bestätigung über den Aufenthalt des Beschwerdeführers in einer Entziehungsanstalt in den Monaten Oktober bis Dezember 1997 vorgelegt habe.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit sieht der Beschwerdeführer darin, dass er nie ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen und zur Vorlage einer entsprechenden ergänzenden ärztlichen Bescheinigung aufgefordert worden sei, er sei von sich aus dazu nicht verpflichtet. Jeder alternative Tatbestand des § 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 setze Verschulden voraus, das die belangte Behörde nicht geprüft habe.
Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit zur Folge habe und ob der Beamte an allenfalls nicht rechtzeitigen Verständigungen ein Verschulden trage, sei immer am konkreten Fall zu beantworten. Wenn nun die belangte Behörde den Zeitraum des Bezugsentfalles vor jenen der Erstbehörde ziehe, aber für diesen Zeitraum eigentlich keine Feststellungen treffe, sondern nur meine, es sei von der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen, wenn Dr. S. nichts zu übersenden hätte, könne dies nicht rechtmäßig sein.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
§ 13 des Gehaltsgesetzes 1956 regelt die Kürzung und den Entfall der Bezüge. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung BGBl. Nr. 318/1977 entfallen die Bezüge - vom Fall des Karenzurlaubes (Z. 1) abgesehen -, wenn (Z. 2) der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst.
Nach § 51 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (in der Folge kurz: BDG) hat der Beamte, der durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, seinem Vorgesetzen eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.
Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen körperlichen oder geistigen Eignung des Beamten, so hat sich dieser gemäß § 52 Abs. 1 BDG auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Gemäß § 52 Abs. 2 BDG in der Fassung BGBl. Nr. 820/1995 hat sich der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.
Zur Einstellung der Bezüge in der Zeit vom 7. Jänner bis 4. März 1997:
Zutreffend weist der Beschwerdeführer auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides insofern hin, als die belangte Behörde den Zeitraum der Bezugseinstellung vor jenen der Erstbehörde ziehe. Gemäß dem - im Dienstrechtsverfahren nach § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren - § 66 Abs. 4 AVG hat die Behörde, so nicht die in Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Voraussetzungen für eine Behebung des angefochtenen Bescheides vorliegen, insofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Bei der Auslegung des Begriffes "Sache" ist zu beachten, dass die Berufungsbehörde nur über die Angelegenheit zur Entscheidung befugt ist, die den Inhalt des Spruches der Unterinstanz gebildet hat, soweit diese Angelegenheit - ihre rechtliche Teilbarkeit vorausgesetzt - mit Berufung angefochten worden ist. Die Berufungsbehörde darf sachlich nicht über mehr entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der unteren Instanz war. Spricht die Berufungsbehörde über mehr ab, als "Sache" des erstinstanzlichen Bescheides war, belastet sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1993, Zl. 89/12/0166, sowie vom 19. Oktober 1994, Zl. 93/12/0113).
Dadurch, dass die belangte Behörde über den von der Erstbehörde im Erstbescheid vom 19. Juni 1997 angegebenen Zeitraum "ab 7. März 1997" vorgreifend auch über den Zeitraum vom 7. Jänner 1997 bis 4. März 1997 absprach, verkannte sie die "Sache" des Berufungsverfahrens, nämlich die vom Beschwerdeführer bekämpfte Einstellung der Bezüge ab 7. März 1997, und belastete derart den angefochtenen Bescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. (Durch die Feststellung der Gebührlichkeit der Bezüge am 5. und 6. März erachtet sich der Beschwerdeführer ausdrücklich nicht verletzt.)
Zur Einstellung der Bezüge in der Zeit vom 26. März bis 2. April 1997:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1981, Slg. 10489/A) müssen, soll ein Fernbleiben vom Dienst im Ausmaß von länger als drei Tagen zum Bezugsentfall führen, zwei (weitere) Tatbestandvoraussetzungen gegeben sein, nämlich
1.
dass das Fernbleiben ein eigenmächtiges und
2.
die Abwesenheit ungerechtfertigt (arg.: "ohne ausreichenden Entschuldigungsgrund") ist.
§ 13 Abs. 3 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 regelt den Entfall der Bezüge bei einer ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst. Als solche gilt gemäß § 51 Abs. 2 zweiter Satz BDG 1979 auch der Fall, dass der Beamte seinen Verpflichtungen nach § 51 Abs. 2 erster Satz BDG 1979 nicht nachkommt.
In seinem Erkenntnis vom 27. März 1996, Zl. 94/12/0303, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf weitere Judikatur ausgeführt, ob eine Krankheit Dienstunfähigkeit des Beamten bedingt, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen der konkret bei ihm gegebenen Folgen einer Erkrankung den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen an seinem Arbeitsplatz nicht entsprechen kann. Beim Begriff der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen Rechtsbegriff. Daraus folgt, dass nicht der ärztliche Sachverständige die Dienstunfähigkeit festzustellen hat, sondern die zur Lösung von Rechtsfragen berufene Verwaltungs(Dienst-)behörde. Allerdings hat die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung einen ausreichend ermittelten Sachverhalt zu Grunde zu legen, in dessen Rahmen, soweit es sich um medizinische Fachfragen handelt, grundsätzlich Beweis durch ärztliche Sachverständige zu erheben ist. Die Tätigkeit des ärztlichen Sachverständigen hat sich aber darauf zu beschränken, der Dienstbehörde bei der Feststellung des Sachverhaltes fachtechnisch geschulte (medizinisch-wissenschaftliche) Hilfestellung zu leisten. Diese besteht insbesondere darin, den Gesundheitszustand des Beamten (seine allfällige Einschränkung der Leistungsfähigkeit) festzustellen und Aussagen zu treffen, für welche Tätigkeiten der Beamte (aus medizinischer Sicht) allenfalls noch eingesetzt werden kann. Nach der Lage des Falles kommen aber auch andere Beweismittel (vgl. § 46 AVG) in Frage.
Bereits in seinem Erkenntnis vom 6. September 1988, Slg. 12753/A (nur Leitsatz), hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, es sei richtig, dass eine ärztliche Bescheinigung die Abwesenheit eines Beamten vom Dienst nicht an sich zu einer gerechtfertigten macht. Ob eine Erkrankung Dienstunfähigkeit des Beamten bedingt, ist nach der Lage des konkreten Falles von der Dienstbehörde zu beurteilen und dann gegeben, wenn der Beamte wegen konkret bei ihm gegebener Folgen einer Erkrankung den an seinem Arbeitsplatz an ihn konkret gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen kann. Daher kommt es darauf an, worin die Tätigkeiten des Beamten angesichts seiner tatsächlichen Verwendung zu den Dienstpflichten gehören, und welche Tätigkeiten bei seinem konkreten Gesundheitszustand zumutbar waren. Die Gegenüberstellung dieser beiden Gruppen ermöglicht erst die der Behörde allein obliegende Lösung der Rechtsfrage, ob ein ausreichender Entschuldigungsgrund für ein eigenmächtiges Fernbleiben vom Dienst bestanden hat oder nicht.
Wenn ein Beamter wegen Krankheit dem Dienst fernbleibt, ist dies grundsätzlich seiner Rechtssphäre zuzurechnen; seine diesbezügliche Eigenmacht am Fernbleiben vom Dienst wird aber - wenn er durch seine Krankheit dienstunfähig ist - entschuldigt. Das Vorliegen einer ärztlichen Bescheinigung über seine Erkrankung rechtfertigt (im Gegensatz zur Vorgangsweise bei privatrechtlichen Dienstverhältnissen, in denen der Bedienstete im Bezug auf den zuständigen Sozialversicherungsträger vom Arzt "krankgeschrieben" wird) allein noch nicht die Abwesenheit des Beamten vom Dienst, weil die Beurteilung der Frage seiner Dienstfähigkeit eine Rechtsfrage darstellt, deren Lösung der Dienstbehörde zusteht. Der Beamte, der vorerst die ihm zukommende Melde- und Bescheinigungspflicht erfüllt hat, darf grundsätzlich so lange auf die ärztliche Bescheinigung vertrauen und jedenfalls von einer gerechtfertigten Dienstverhinderung ausgehen, bis ihm die Dienstbehörde Entgegenstehendes nachweislich mitteilt.
Der belangten Behörde ist zuzubilligen, dass sie - dem Gebot des § 66 Abs. 4 AVG folgend - versuchte, die zur Entscheidung in der Sache notwendigen Tatsachengrundlagen zu verbreitern, hiezu eigenständige Erhebungen - unter anderem in Form einer Anfrage an den behandelnden Arzt Dr. S., wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist - anstellte und hiedurch gerade jene Bestätigung Dris. S. vom 18. Dezember 1997 gewann, die sie letztlich - zum Nachteil des Beschwerdeführers - beweiswürdigend verwertete. Allerdings ist - worauf die Beschwerde ausdrücklich hinweist - den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu den von ihr gewonnenen Beweisergebnissen Gehör gewährt hätte. Bezüglich der von der belangten Behörde verwerteten Stellungnahme Dris. S. vom 18. Dezember 1997 rügt der Beschwerdeführer jedoch die Verletzung seines Gehörs und bringt vor, dass er im Rahmen des Gehörs auf das offenkundige Missverständnis des behandelnden Arztes - und insofern auf den Beweiswert der von der belangten Behörde zu seinem Nachteil verwerteten Urkunde - hingewiesen hätte.
Die belangte Behörde tritt in ihrer Gegenschrift dieser Verfahrensrüge auch nicht entgegen.
Weiters belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch deshalb mit Rechtswidrigkeit, weil sie - offenbar in Verkennung der eingangs dargelegten Rechtslage und in der Ansicht, dass der Beschwerdeführer seinen Pflichten nach § 51 BDG nicht nachgekommen wäre - die erforderlichen Feststellungen über die konkrete Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers und über die an ihn an seinem Arbeitsplatz gestellten Anforderungen unterließ. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch Vorlage der "Bestätigung über die Dienstunfähigkeit" vom 7. Jänner 1997 seiner Meldepflicht nach § 51 Abs. 1 BDG auch für den Zeitraum ab 26. März bis 2. April 1997 nachkam. Auch kann dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verpflichtung zur zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung noch nicht vorgeworfen werden, befand er sich doch - unbestrittenermaßen - während des ersten festgesetzten Untersuchungstermines auf Kur, sodass an Hand des angefochtenen Bescheides nicht gesagt werden kann, dass die Anreise zur amtsärztlichen Untersuchung am 7. März 1997 zumutbar gewesen wäre.
Insbesondere liegt auch in einer mangelnden Entsprechung durch Dr. S. gegenüber dem Auskunftsersuchen der belangten Behörde nicht die Verweigerung der gemäß § 51 Abs. 2 BDG gebotenen zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung durch den Beschwerdeführer.
Schließlich übergeht die belangte Behörde in ihrer bloß für den Zeitraum vom 26. März bis 2. April 1997 gegebenen Begründung, dass dem gesamten Akt keine Unterlagen entnommen werden könnten, wonach die Abwesenheit des Beschwerdeführers während dieses Zeitraumes gerechtfertigt sei, die vorgelegte "Bestätigung über Dienstunfähigkeit" vom 7. Jänner 1997 und belastet auch insofern ihren Bescheid mit einem Verfahrensmangel.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 20. Februar 2002
Dr. Germ
Dr. Julcher
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche BeurteilungBeweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer SachverständigerSachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998120063.X00Im RIS seit
21.05.2002Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009