TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/21 2000/07/0279

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2002
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/08 Rohstoffe Nahrungsmittel;

Norm

AVG §66 Abs4;
Salinenkonvention AnwendungsAbk Österreich Bayern 1957 Art31;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Freistaates Bayern, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 13. Oktober 2000, Zl. LAS-3/14/9-2000, betreffend Bedarfsholzbezug (mitbeteiligte Parteien: 1.) Agrargemeinschaft L, vertreten durch Obmann Sch, M 34, 2.) G, L 154), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Agrargemeinschaft L (erstmitbeteiligte Partei) ist gegenüber dem Freistaat Bayern - Bayerische Saalforstverwaltung (Beschwerdeführer) mit limitierten Bedarfsholzbezugsrechten im Sinne der Bestimmungen der Salinenkonvention vom 18. März 1829 in der Fassung des Abkommens vom 25. März 1957 eingeforstet. Die Liegenschaft "Schustergut" EZ 217 Grundbuch L (im Eigentum des Zweitmitbeteiligten) ist an dieser Agrargemeinschaft als "Zufahrer" anteilsberechtigt. Auf Grund des Nachtrages vom 3. Februar 1932, Zl. 159/1932, zum Eichbrief für den Weidebezirk Nr. 4 der L-Alpe im bayerischen Saalforst Nr. 41 vom 31. Oktober 1832 sowie auf Grund des Regulierungsplanes der Agrargemeinschaft L vom 28. Juni 1930, Zl. 1260/1930, steht der Liegenschaft Schustergut gemeinsam mit der Liegenschaft Gastaggut das Recht für einen Doppelkaser auf dem "Niedertrett" im Gebiet der Agrargemeinschaft zu.

Zwischen dem Eigentümer der auf das Gastaggut entfallenden Kaserhälfte und dem Eigentümer des Schustergutes (Zweitmitbeteiligter) wurde im Jahr 1997 vereinbart, diesen Doppelkaser in zwei Einzelkaser umzuwandeln. Dies sollte in der Form geschehen, dass die Kaserhälfte des Gastaggutes vom Eigentümer des Schustergutes übernommen wird und der Eigentümer des Gastaggutes auf einer in unmittelbarer Nähe gelegenen Baufläche einen neuen Einzelkaser errichtet. Der Eigentümer des Gastaggutes beantragte die Abgabe von Bedarfsholz für die Neuerrichtung des Einzelkasers und schloss anlässlich einer mündlichen Verhandlung mit dem Beschwerdeführer (gemeinsam mit dem Obmann der Agrargemeinschaft) vor der Agrarbehörde Salzburg (AB) ein Übereinkommen, wonach vom Beschwerdeführer zur Neuerrichtung des Gastagkasers insgesamt 6,30 Festmeter Rundholz (Nutzholz) am Stock abgegeben werde. Dieses Übereinkommen umfasste auch Regelungen für die zukünftige Abgabe von Bedarfsholz für den in einem größeren als dem urkundlichen Ausmaß errichteten Kaser.

Die erstmitbeteiligte Agrargemeinschaft beantragte gemeinsam mit dem Zweitmitbeteiligten am 2. August 1999 die Abgabe von Bedarfsholz für den Neubau des Schusterkasers (auch Stegerkasers) auf dem "Untertrett" der Agrargemeinschaft gemäß den Liquidationsprotokollen vom 11. und 17. November 1830, Nr. 36. Bei diesem Kaser handelte es sich um den ehemaligen Doppelkaser, dessen übrige Hälfte, der ehemalige Gastaggkaser, vom Eigentümer desselben an den Zweitmitbeteiligten abgetreten worden war.

Die AB führte über diesen Antrag am 6. Oktober 1999 eine mündliche Verhandlung durch, wobei der agrartechnische Amtssachverständige als Elementarholzhöchstmenge für den Doppelkaser eine Menge von 80,90 fm Rundholz festlegte. Der Beschwerdeführer erklärte, so wie im Falle des vormaligen Miteigentümers sei er bereit, auch hier die Menge von 6,30 fm Rundholz abzugeben. Für eine erhöhte Abgabe bestehe kein Grund, weil bei der damaligen Verhandlung (vom 12. November 1997) der gute allgemeine Bauzustand des Kasers festgestellt worden sei und dies auch auf die andere Doppelkaserhälfte übertragen werden könne.

Die mitbeteiligten Parteien wandten ein, die Abgabe von nur 6,30 fm sei bei einem Bedarf von 119 fm zu niedrig und sie ersuchten um eine höhere Bemessung.

Der Beschwerdeführer erklärte erneut, die Erforderlichkeit eines Kaserneubaues sei nicht erkennbar, der konkrete Bedarf sei nicht gegeben.

Die AB verpflichtete mit Bescheid vom 2. Februar 2000 den Beschwerdeführer dazu, an die erstmitbeteiligte Agrargemeinschaft zur Neuerrichtung des "Schusterkasers" (auch "Stegerkasers"), der als "Zufahrer" an der Agrargemeinschaft L-Alpe anteilsberechtigten Liegenschaft Schustergut eine Rundholzmenge von 70 fm Bau- und Zeugholz am Stock im Einforstungswald der (näher umschriebenen) Urkunden abzugeben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 2000 der Berufung Folge und änderte die im Spruch des Bescheides der AB festgesetzte Rundholzmenge von 70 fm Bau- und Zeugholz auf eine Menge von 40,45 fm Bau- und Zeugholz. Als Rechtsgrundlagen führte sie - wie schon die AB - Art. 5 und 7 der Salinenkonvention vom 18. März 1929 in der Fassung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Freistaat Bayern über die Anwendung der Salinenkonvention vom 25. März 1957, BGBl. Nr. 197/1958, in Verbindung mit dem Eichbrief Nr. 4 für den Weidebezirk der L-Alm im Bayerischen Saalforst Nr. 41 vom 31. Oktober 1832 in der Fassung des Nachtrages vom 3. Februar 1932, Zl. 159/1932, sowie die §§ 1 Abs. 5, 7 und 47 Abs. 1 des Salzburger Einforstungsrechtgesetzes, LGBl. Nr. 74/1986 (SERG), an.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen - nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen - damit begründet, dass die Almhütte die normale Lebensdauer für derartige Gebäude bei weitem überschritten habe, sodass ein Neubau von Grund auf erforderlich gewesen sei. Auch das vor ca. 20 Jahren sanierte Dach sei nicht mehr dicht. Ein Vergleich mit der zweiten Kaserhälfte (des Gastaggutes) sei aus näher angeführten Gründen nicht möglich. Nach Darlegungen des Begriffinhaltes des limitierten Bedarfsholzbezuges führte die belangte Behörde aus, aus Art. 7 der Salinenkonvention ergebe sich, dass Baulichkeiten ohne Zustimmung des Verpflichteten nicht vergrößert werden dürften. Der größere Bau bzw. die den heutigen Verhältnissen entsprechende Bauweise dürfe und könne nicht dazu führen, die Belastung des Beschwerdeführers zu vergrößern sondern es könne der urkundliche Bedarf nur im Umfang des damaligen urkundlichen Bestandes in Anspruch genommen werden. Andererseits sei festzuhalten, dass die Almhütte die Gesamtlebensdauer überschritten und ein Neubau erforderlich gewesen sei. Die beim Abbau angefallenen Hölzer könnten für den Neubau nicht mehr in Verwendung gebracht werden, sodass die mögliche Gesamthöchstmenge von 40,45 fm angefallen sei. Dies sei die Hälfte der für den Doppelkaser festgestellten Elementarhöchstmenge. Dabei sei ein schon enthaltener Bezug von 9,64 fm in Abrechnung zu bringen. Aus näher dargestellten Gründen legte die belangte Behörde schließlich dar, dass der Zweitmitbeteiligte auch einen Bedarfsholzanspruch hinsichtlich der Bedachung ansprechen könnte, der in der Gesamtmenge enthalten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer stützt sich vor allem darauf, dass die belangte Behörde die Bestimmung des Art. 31 der Salinenkonvention nicht beachtet habe. Der angefochtene Bescheid stütze sich zwar sehr wesentlich und entscheidend auf diese Konvention vom 18. März 1829 in der Fassung des Abkommens vom 25. März 1957, BGBl. Nr. 197/1958, übersehe jedoch, dass nach Art. 31 dieser Konvention in Streitsachen, die sich auf einen Gegenstand der Salinenkonvention bezögen und an der der Freistaat Bayern beteiligt sei, ein österreichisches Gericht oder eine österreichische Verwaltungsbehörde erst dann angerufen werden könne, wenn Vergleichsverhandlungen ohne Ergebnis geblieben seien. Nach der zitierten Bestimmung seien die Vergleichsverhandlungen durch einen Antrag beim Amt der Salzburger Landesregierung (in bestimmten Angelegenheiten bei der Generaldirektion der österreichischen Salinen) einzuleiten, welche das Einvernehmen mit der Oberforstdirektion München und mit dem Bayerischen Oberbergamt je nach deren sachlicher Zuständigkeit zu pflegen hätte und versuchen müsste, die Angelegenheit binnen einer angemessenen Frist, längstens jedoch binnen drei Monaten, gütlich beizulegen. Ein solcher Antrag sei nicht gestellt worden. Die österreichischen Verwaltungsbehörden hätten daher nicht rechtswirksam angerufen werden können. Die Entscheidung der österreichischen Verwaltungsbehörden seien daher unzuständiger Weise ergangen.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer näher dargestellte Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides .

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Sie vertrat in der Gegenschrift die Ansicht, es sei kein Antrag nach Art. 31 der Salinenkonvention gestellt worden, weshalb von einem Verzicht auf Vergleichsverhandlungen auszugehen gewesen sei. Darüber hinaus handle es sich um keine Angelegenheit im Sinne des Art. 31 der Salinenkonvention, weil es sich nicht um eine Streitangelegenheit zwischen dem Freistaat Bayern und der Republik Österreich bzw. dem Bundesland Salzburg handle, sondern um die konkrete Interpretation eines Eichbriefes, die in einem individuell konkreten Einzelverfahren abzuklären gewesen sei. Über individuelle Rechte einer Partei könne aber die Republik Österreich keine verbindlichen Aussagen treffen. Die Agrarbehörden seien daher sehr wohl zuständig gewesen.

Auch die erstmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte und geltend machte, der Bedarfsholzanspruch basiere auf dem Einforstungsliquidationsprotokoll für die so genannte "Untertrett" der L-Alpe vom 17. November 1830, Nr. 36. In der gegenständlichen Streitsache gehe es um die Menge des abzugebenden Bedarfsholzes, somit um einen Streitsache über einen Holzanspruch aus dem Einforstungsliquidationsprotokoll Nr. 36. Eine Streitsache aus der Salinenkonvention liege daher nicht vor, weshalb die Vergleichsverhandlungen im Sinn des Art. 31 nicht notwendig seien. Zudem seien die mitbeteiligten Parteien zu einer Antragstellung nach Art. 31 der Salinenkonvention nicht befugt. Der Beschwerdeführer hätte den Einwand der Unzuständigkeit zudem während des Verwaltungsverfahrens erstatten müssen, was er jedoch nicht getan habe, weshalb es sich um eine unzulässige Neuerung im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof handle.

Die belangte Behörde und der Beschwerdeführer erstatteten noch weitere Repliken und Gegenrepliken, in der sie im Wesentlichen ihre bereits eingangs geäußerten Standpunkte wiederholten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Inhalt der österreichisch-bayerischen Salinenkonvention vom 18. März 1829 ist die Regelung der beiderseitigen Salinenverhältnisse.

Bayern wurde das Grundeigentum an im Pinzgau zu beiden Seiten der Saalach gelegenen Wäldern, den Saalforsten, im Gesamtausmaß von etwa 18.000 ha übertragen. In diesem Zusammenhang wurde zu Gunsten Bayerns zahlreiche Privilegien an diesen Forsten begründet, wie insbesondere das Recht der Abgabenfreiheit, der Verwaltung durch bayerische Forstbeamte und die Erlaubnis der zollfreien Holzausfuhr nach Bayern. Österreich dagegen wurde das Recht eingeräumt, über seine Landesgrenze hinaus Stollen zum Abbau von Steinsalz und Sohle unter dem zu Bayern gehörenden Dürrnberg vorzutreiben.

Auf Grund notwendig gewordener Anpassungen des Abkommens kam es im Jahr 1957 zu einer Adaptierung der Salinenkonvention und zum in München unterzeichneten Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Freistaat Bayern vom 25. März 1957 über die "Anwendung der Salinenkonvention". Nach der verfassungsgemäßen Genehmigung des Nationalrates, nach Durchführung des in seinem Teil IV vorgesehenen Notenwechsels und nach seiner Ratifizierung trat dieses Abkommen am 8. Juli 1958 in Kraft; es wurde unter BGBl. Nr. 197/1958 im Bundesgesetzblatt verlautbart.

Inhaltlich wurde - im hier interessierenden Zusammenhang - durch dieses Abkommen die Rechtstellung der in den Saalforsten Eingeforsteten insofern verändert, als - im Gegensatz zur Rechtslage zuvor - das Salzburger Wald- und Weideservitutengesetz nun auch für die Einforstungsrechtsverhältnisse in den Saalforsten Geltung erlangte, zumindest insoweit, als das Abkommen nicht in Einzelheiten abweichende Bestimmungen enthielt.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der Salinenkonvention in der Fassung des Übereinkommens vom 25. März 1957 von Bedeutung:

In Art. 1 des ersten Abschnittes der Salinenkonvention werden Grundbuchseinlagen des Bezirksgerichtes Saalfelden näher angeführt, die im unwiderruflichen Eigentum des Freistaates Bayern verbleiben.

Art. 5, 7 und 31 der Salinenkonvention haben folgenden

Wortlaut (auszugsweise):

"Artikel 5

(1) Die in Art. 1 Abs. 1 Buchstabe a angeführten Grundstücke sind mit Holzbezugsrechten belastet, die in Einforstungsliquidationsprotokollen festgelegt sind. Diese Rechte sind Nutzungsrechte im Sinn des § 1 des Salzburger Wald- und Weideservitutengesetzes (WWSG), LGBl. Nr. 65/1955. Für sie gilt das genannte Gesetz, soweit dieses Abkommen nicht etwas anderes bestimmt.

Artikel 7

(1) Für Almen, für Verwerkungen sowie für Straßen und Brücken, die von Gebietskörperschaften erhalten werden, wird das Holz weiterhin nach Bedarf für die in den Einforstungsliquidationsprotokollen angeführten Baulichkeiten bis zu den errechneten Höchstmengen abgegeben. Die Baulichkeiten dürfen ohne Zustimmung des Verpflichteten nicht vergrößert, vermehrt, versetzt oder für andere als urkundliche Zwecke verwendet werden. Art. 5 Abs. 2 bis 4 ist nicht anzuwenden. Besteht kein Bedarf, so ruht das Recht; es wird nicht abgelöst.

(2) Entfällt künftig der Bedarf für Alpgebäude, Verwerkungen, Straßen oder Brücken, die durch Massivbauten ganz oder teilweise ersetzt werden, so ist auf Grund eines vor der Bauführung zu stellenden Antrages des Berechtigten als einmalige Entschädigung für die Verringerung des künftigen Bedarfes die Holzmenge abzugeben, die zur ganzen oder teilweisen Neuherstellung der Baulichkeiten in der bisherigen Größe und Bauweise erforderlich wäre. Insoweit erlischt des Recht.

(3) Über den tatsächlichen Holzbezug wird von 10 zu 10 Jahren abgerechnet. Unterbezüge gegenüber der Höchstmenge verfallen, Überbezüge werden im nächsten Abrechnungszeitraum ausgeglichen. Ein Anspruch auf Vorausbezüge für künftige Abrechnungszeiträume besteht nicht. Die beim Inkrafttreten des Abkommens von 1957 laufenden Abrechnungszeiträume dauern so lange, bis die in Art. 6 Buchstabe d vorgesehenen neuen Abrechnungszeiträume beginnen. Ab diesem Zeitpunkt werden die regulierten und die unregulierten Bezugsrechte in gleichen Zeiträumen abgerechnet.

...

(5) Das Bedarfsholz darf nur zu dem urkundlichen Zweck verwendet werden; jede andere Verwendung, insbesondere eine Veräußerung, ist ausgeschlossen.

Artikel 31

Verwaltungsvorverfahren

Wegen einer Streitsache, die sich auf einen Gegenstand der Salinenkonvention in der Fassung des Abkommens von 1957 bezieht und an der der Freistaat Bayern beteiligt ist, kann ein österreichisches Gericht oder eine österreichische Verwaltungsbehörde erst dann angerufen werden, wenn Vergleichsverhandlungen ohne Ergebnis verlaufen sind. Die Vergleichsverhandlungen sind durch einen Antrag beim Amt der Salzburger Landesregierung und in Angelegenheiten des dritten und vierten Abschnittes bei der Generaldirektion der österreichischen Salinen einzuleiten. Diese Stellen haben das Einvernehmen mit der Oberforstdirektion München oder mit dem Bayerischen Oberbergamt je nach deren sachlicher Zuständigkeit zu pflegen und zu versuchen, die Angelegenheit binnen einer angemessenen Frist, längstens jedoch binnen drei Monaten, gütlich beizulegen. Auf Antrag eines der Beteiligten sind im Zug des Vergleichsverfahrens die sachlich in Betracht kommenden Bundesministerien der Republik Österreich und die zuständigen Staatsministerien des Freistaates Bayern mit dem Schlichtungsversuch betraut. In diesem Fall verlängert sich die Frist auf längstens sechs Monate vom Zeitpunkt der ersten Antragstellung. Die Verjährung ist während der Anhängigkeit des Vergleichsverfahrens gehemmt."

Auch das Abkommen vom 25. März 1957 (vgl. BGBl. Nr. 197/1958), beinhaltet in Teil I § 5 eine mit Art. 31 der Salinenkonvention gleich lautende Bestimmung.

Vorauszuschicken ist, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits einmal mit der Feststellung von auf Liegenschaften des Beschwerdeführers lastenden Holzbezugsrechten auseinander zu setzen hatte. Im damaligen Verfahren waren über Antrag des Einforstungsberechtigten beim Amt der Salzburger Landesregierung Vergleichsverhandlungen im Sinne des Art. 31 der Salinenkonvention durchgeführt worden, welche ergebnislos blieben; erst danach wandte sich der Einforstungsberechtigte an die Agrarbehörden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1983, Zl. 83/07/0016, betreffend einen Holzbezug auf Grund des Einforstungsliquidationsprotokolles Nr. 99).

Dass im vorliegenden Fall, der dem zitierten Fall hinsichtlich der Interessenlage und des rechtlichen Hintergrundes gleicht, die Bestimmung des Art. 31 der Salinenkonvention nicht zum Tragen kommen sollte, ist nicht ersichtlich. Die von der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Gründe für die Nichtanwendbarkeit des Art. 31 der Salinenkonvention auf den vorliegenden Beschwerdefall sind nicht stichhältig.

Vorweg ist zum Einwand der erstmitbeteiligten Partei, dieser Beschwerdegrund sei wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltenden Neuerungsverbotes nicht zu beachten, zu bemerken, dass sich das Neuerungsverbot des § 41 VwGG auf erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachte rechtliche Überlegungen grundsätzlich nicht bezieht.

Auch der Einwand, es handle sich im vorliegenden Beschwerdefall nicht um eine "Streitsache, die sich auf einen Gegenstand der Salinenkonvention bezieht", sondern um eine in einem Einforstungsliquidationsprotokoll wurzelnde Angelegenheit, ist nicht stichhältig. Die Erstellung der Einforstungsliquidationsprotokolle geht auf die Salinenkonvention in der Fassung des Jahres 1829 (Art. XVIII bis XXV) zurück. Die Saalforstholzbezugsrechte wurden mit diesen Liquidationsprotokollen aus den Jahren 1829 bis 1832 als limitierte Bedarfsholzeinforstungen geregelt. Art. 5 und insbesondere Art. 7 der Salinenkonvention in der Fassung des Übereinkommens vom 25. März 1957 gestalten nun die dort genannten Rechtsansprüche für die Abgabe dieser Bedarfsholzbezüge maßgeblich mit. Diese Bestimmungen werden auch ausdrücklich als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides angeführt. Zweifelsfrei handelt es sich im vorliegenden Fall einer Streitigkeit über ein in einem Einforstungsliquidationsprotokoll festgelegtes Holzbezugsrecht (hier: über das Ausmaß abzugebenden Bedarfsholzes) um eine "Streitsache, die sich auf einen Gegenstand der Salinenkonvention bezieht" und an der der Beschwerdeführer als Grundeigentümer und mit dem Einforstungsrecht Belasteter "beteiligt" ist.

Auch der Einwand der belangten Behörde, es sei bislang kein Antrag im Sinne des Art. 31 der Salinenkonvention gestellt und somit auf die Durchführung des "Verwaltungsvorverfahrens" verzichtet worden, verkennt den Umstand, dass es bei der Prüfung der Frage der Zuständigkeit der Agrarbehörden auf eine bereits erfolgte Antragstellung gar nicht ankommt. Der Umstand, dass eine solche Antragstellung nicht stattgefunden hat, bedeutet keineswegs - wie es der belangten Behörde offenbar vorschwebt - dass Art. 31 der Salinenkonvention außer Betracht zu bleiben hätte und dass ohne Vorschaltung des Verwaltungsvorverfahrens die Zuständigkeit der österreichischen Behörde eingetreten wäre. Eine Zuständigkeit österreichischer Behörden (hier: der Agrarbehörden) besteht vielmehr nur dann, wenn Vergleichsverhandlungen ohne Ergebnis verlaufen sind. Solange dies nicht der Fall ist, also auch dann, wenn Vergleichsverhandlungen mangels Antragstellung noch gar nicht begonnen haben, ist eine Zuständigkeit österreichischen Verwaltungsbehörden zur Entscheidung der Streitsache nicht gegeben.

Dem Argument der belangten Behörde, die Regelung des Art. 31 der Salinenkonvention betreffe nur Streitigkeiten zwischen dem Freistaat Bayern und der Republik Österreich bzw. dem Bundesland Salzburg, war schon deshalb nicht zu folgen, weil es am eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung vorbeigeht, wonach es sich um "Streitsachen, ..., handeln muss, an denen der Freistaat Bayern beteiligt ist".

Art. 31 der Salinenkonvention regelt nicht, wer zur Antragstellung beim Amt der Salzburger Landesregierung auf Durchführung dieses Verwaltungsvorverfahrens befugt ist. Es ist aber davon auszugehen, dass allen Streitparteien der "Streitsache" eine Antragslegitimation zukommt. Die von der erstmitbeteiligten Partei in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht, ihr käme eine solche Antragslegitimation jedenfalls nicht zu, kann aus der zitierten Bestimmung der Salinenkonvention nicht abgeleitet werden.

Aus all dem folgt, dass die österreichischen Verwaltungsbehörden erst dann angerufen hätten werden können und erst dann zu einer Entscheidung zuständig gewesen wären, wenn das in Art. 31 der Salinenkonvention umschriebene Verwaltungsvorverfahren ohne Ergebnis abgewickelt worden wäre. Dass ein solches Verfahren nicht stattgefunden hat, steht außer Streit.

Dass es sich im gegenständlichen Verfahren um eine streitige Angelegenheit, also um eine "Streitsache" handelt, war spätestens seit der vor der AB durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 1999, anlässlich der sich der Vertreter des Beschwerdeführers gegen den geltend gemachten Anspruch wandte, evident. Die AB Salzburg war daher zur Erlassung ihres Bescheides vom 2. Februar 2000, der eine meritorische Sachentscheidung dieser "Streitsache" beinhaltet, nicht (mehr) zuständig.

Die belangte Behörde hätte daher den Bescheid der AB infolge deren Unzuständigkeit gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos beheben müssen. Dadurch, dass sie dies nicht getan hat, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage und belastete ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. Februar 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000070279.X00

Im RIS seit

08.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten