TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/21 2001/07/0162

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Veröffentlicht am 21.02.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §66 Abs4;
AWG 1990 §32;
VVG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. Peter Rohracher, Rechtsanwalt in Lienz, Hauptplatz 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 21. August 2001, Zl. 8W-Müll-401/11/2001, betreffend Ersatzvornahme in einer Angelegenheit nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan (BH) vom 9. August 2000 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 32 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) zur Beseitigung der auf der Liegenschaft EZ 13, Grundstück Nr. 308/1 des Grundbuches 74527 S mittels Bahnschwellen errichteten Stützmauer im Ausmaß von 30 m Länge und 3 m Höhe südlich seines Stallgebäudes und der Hinterfüllung und deren nachweislicher ordnungsgemäßer Entsorgung binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides verpflichtet.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. Dezember 2000 wurde der Berufung keine Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde aber dahingehend abgeändert, dass sein Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 32 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG, BGBl. Nr. 1990/325 i. d.F. BGBl. I 1998/151, wird (der Beschwerdeführer) verpflichtet, I. die auf der Liegenschaft EZ 13, Gst. Nr. 308/1, Grundbuch 74527 S, mittels Eisenbahnschwellen aus Beton errichtete Stützmauer mit einer Länge von ca. 30 m und einer Höhe von 3 m, zu entfernen und II. die Hinterfüllung dieser Stützmauer insoweit zu entfernen, als sich darin über reines Aushubmaterial, reine mineralische Baurestmassen hinausgehende Materialien befinden, insbesondere gefüllte oder nur teilweise entleerte Farb- und Lackdosen oder restentleerte Farb- und Lackdosen befinden."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Beschluss vom 9. Februar 2001, B 92/01-4, gab der Verfassungsgerichtshof dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Folge.

Mit Schreiben vom 4. Jänner 2001 drohte die BH dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme an. Diese Androhung hat folgenden Wortlaut:

"Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan vom 9. 8. 2000, Zahl: 869/4/2000-07 i. d. Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. 12. 2000, Zahl: 8W-Müll- 401/2/2000, sind Sie zu folgenden Leistungen verpflichtet worden:

1. Die auf der Liegenschaft EZ 13, Grundstück 308/1, Grundbuch 74527 S, mittels Eisenbahnschwellen aus Beton errichtete Stützmauer mit einer Länge von ca. 30 m und einer Höhe von 3 m ist zu entfernen.

2. Die Hinterfüllung dieser Stützmauer insoweit zu entfernen, als sich darin über reines Aushubmaterial, reine mineralische Baurestmassen hinausgehende Materialien befinden, insbesondere gefüllte oder nur teilweise entleerte Farb- und Lackdosen oder restentleerte Farb- und Lackdosen befinden.

Dieser Verpflichtung sind Sie bisher nicht (nicht vollständig) nachgekommen.

Wir setzen Ihnen für die Erbringung der Leistung noch einmal eine Frist bis 15. Jänner 2001, gerechnet ab Zustellung dieses Schreibens. Sollten Sie Ihre Verpflichtung bis dahin wieder nicht erfüllt haben, werden wir veranlassen, dass die Leistung auf Ihre Gefahr und Kosten von jemand Anderen erbracht wird."

Mit Bescheid der BH vom 7. Mai 2001 wurde die Ersatzvornahme angeordnet und dem Beschwerdeführer die Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme vorgeschrieben. Der Spruch dieses Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Sie haben die Ihnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit a.d. Glan vom 9. 8. 2000, Zahl: 869/4/2000-07, i. d. Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. 12. 2000, Zahl: 8W-Müll-401/2/2000, auferlegte(n) Verpflichtung(en) nicht erfüllt.

Es wird daher die mit Schreiben vom 4. 1. 2001 angedrohte Ersatzvornahme nachstehender Maßnahmen angeordnet:

1. Die auf der Liegenschaft EZ 13, Gst. Nr. 308/1, Grundbuch 74527 S, mittels Eisenbahnschwellen aus Beton errichtete Stützmauer mit einer Länge von ca. 30 m und einer Höhe von 3 m zu entfernen und

2. die Hinterfüllung dieser Stützmauer insoweit zu entfernen, als sich darin über reines Aushubmaterial, reine mineralische Baurestmassen hinausgehende Materialien befinden, insbesondere gefüllte oder nur teilweise Farb- und Lackdosen oder restentleerte Farb- und Lackdosen befinden.

Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben Sie 370.000 S (i.W. Schilling dreihundertsiebzigtausend = EUR 26.889) bei uns zu erlegen.

Termin: 31. Mai 2001."

Der Beschwerdeführer berief.

Er machte geltend, eine rechtmäßige Androhung der Ersatzvornahme habe nicht stattgefunden, weil in der Androhung und in der Anordnung der Ersatzvornahme zwei widersprechende Exekutionstitel genannt seien, nämlich der Bescheid der BH vom 9. August 2000 und der Bescheid des LH vom 4. Dezember 2000. In beiden Bescheiden sei die vorzunehmende Leistung unterschiedlich umschrieben. Im Bescheid der BH sei auch nicht ersichtlich, in welchem Ausmaß die Hinterfüllung zu entfernen sei. Beim Bescheid des LH fehle ein Plan, wie die Entfernung der Hinterfüllung stattzufinden habe. Damit sei der Bescheid zu wenig bestimmt. Gegenüber dem Titelbescheid liege auch ein geänderter Sachverhalt vor, der die Ersatzvornahme unzulässig mache. Die Stützmauer (Krainerwand) sei nämlich mit einem Folientunnel der Land- und Forstwirtschaft vergleichbar, der nach der Kärntner Bauordnung nicht bewilligungspflichtig sei. Der Beschwerdeführer habe daher bei der Baubehörde eine Bauanzeige eingebracht. Über diesen geänderten Sachverhalt habe die Behörde neuerlich zu entscheiden.

Die Vorschreibung der Vorauszahlungskosten in Höhe von 370.000 S gefährde den notdürftigen Unterhalt für den Beschwerdeführer und seine Familie.

Da sowohl in der Androhung als auch in der Anordnung der Ersatzvornahme zwei verschiedene, nicht gleich lautende Exekutionstitel enthalten seien, könne die angeordnete Zwangsverfügung mangels gesetzmäßiger Androhung nicht bescheidmäßig erlassen werden. Die Androhung der Ersatzvornahme sei wegen der Zitierung zweier unterschiedlicher Bescheide unklar.

Die angeordnete Ersatzvornahme stehe auch im Widerspruch zum Schonungsprinzip. Die Farb- und Lackdosen könnten aus der Krainerwand durch Herausschneiden entsprechender Betonstreben entnommen werden. Das sei mit einem wesentlich geringeren Aufwand als den vorgeschriebenen 370.000 S durchführbar.

Schließlich habe sich der Beschwerdeführer bei der Erstbehörde, bei der Gemeinde S und bei der Kärntner Landesregierung bemüht, eine Aussiedlung seines Hofes zu vollziehen, wobei sich dann auch alle Probleme im Zusammenhang mit der Beseitigung der Stützmauer lösen würden. Auch im Zuge der beabsichtigten Aussiedlung werde für die Krainerwand eine Bauanzeige an die Gemeinde erstattet werden. Auch dies führe zu einem geänderten Sachverhalt gegenüber dem Titelbescheid.

Die belangte Behörde holte einen Kostenvoranschlag über die bei der Ersatzvornahme voraussichtlich entstehenden Kosten ein. Das Ergebnis gab sie dem Beschwerdeführer bekannt und räumte ihm die Möglichkeit ein, hiezu Stellung zu nehmen. Eine solche Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. August 2001 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers insoweit Folge, als sie sich gegen die Höhe der Kosten für die Vorauszahlung der Ersatzvornahme richtet. Der erstinstanzliche Bescheid wurde diesbezüglich dahingehend abgeändert, dass der Betrag für die Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme mit 318.150 S festgelegt wurde.

Im Übrigen wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Der Termin für die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme wurde neu festgelegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, im angefochtenen Bescheid fehle eine Begründung, warum die Ersatzvornahme sowohl auf dem Grundstück Nr. 301/1 als auch auf dem Grundstück Nr. 308/1 zulässig sei.

Dieses Vorbringen ist unverständlich.

Titelbescheid für die Vollstreckung ist der Bescheid des LH vom 4. Dezember 2000. Dort ist eine Stützmauer auf dem Grundstück Nr. 308/1 angeführt. Auch in der Androhung der Ersatzvornahme, in der Anordnung der Ersatzvornahme im Bescheid der BH vom 7. Mai 2001 und im angefochtenen Bescheid ist überall von diesem Grundstück die Rede. Ein Grundstück Nr. 301/1 ist in diesen Bescheiden und in der Androhung nirgends erwähnt.

Der Beschwerdeführer meint weiters, der Titelbescheid sei für eine Vollstreckung infolge Unbestimmtheit nicht geeignet.

Der Titelbescheid ist ausreichend bestimmt. Ein Plan, wie die Entfernung der Hinterfüllung stattzufinden habe, ist für die ausreichende Bestimmtheit des Titelbescheides nicht erforderlich.

Dass der den Titelbescheid bildende Berufungsbescheid des LH vom 4. Dezember 2000 die zu erbringende Leistung anders umschreibt als der erstinstanzliche Bescheid, ist ohne Bedeutung, da der Berufungsbescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten ist. Nur der Berufungsbescheid vom 4. Dezember 2000 ist als Titelbescheid der Vollstreckung zugrunde zu legen.

Die Androhung der Ersatzvornahme stimmt mit dem Titelbescheid überein. Gleiches gilt für die Anordnung der Ersatzvornahme. Eine Unklarheit darüber, welcher Bescheid nun als Titelbescheid der Androhung der Ersatzvornahme und deren Anordnung zugrunde liegt, besteht nicht. In beiden Fällen wurde als zu vollstreckender Bescheid der "Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 9. 8. 2000, Zahl: 869/4/2000-07 i. d. Fassung des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. 12. 2000, Zahl: 8 W-Müll-401/2/2000" angeführt. Daraus ergibt sich, dass nicht zwei unterschiedliche Bescheide der Androhung und der Anordnung der Ersatzvornahme zugrunde liegen, sondern der Bescheid der BH vom 9. August 2000 in jener Form, die er durch den Bescheid des LH vom 4. Dezember 2000 erhalten hat. Diese Fassung aber ist eindeutig.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe sich nicht mit den im Zuge des Berufungsverfahrens neu entstandenen Tatsachen der Aussiedlung seines Hofes und den dabei zur Verwendung gelangenden Eisenbahnschwellen beschäftigt.

Die Kosten der Ersatzvornahme seien bei Durchführung der von der Behörde selbst unterstützten Aussiedlung seines landwirtschaftlichen Betriebes wesentlich geringer, weil für die Errichtung der neuen Hofstelle die Eisenbahnschwellen für statische Zwecke Verwendung finden könnten. Hiezu komme, dass eine Ersatzvornahme im exekutiven Weg gar nicht nötig sei, weil ohnehin im Einvernehmen mit der Behörde die Rodung, Planung und Befestigung des Bauplatzes sowie die Herstellung des Wirtschafts- und Wohngebäudes durchgeführt werde.

Diese vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände sind im Vollstreckungsverfahren ohne jede Bedeutung; sie stellen insbesondere keine Änderung des Sachverhaltes dar, der zu einer Unzulässigkeit der Ersatzvornahme führen könnte.

Der Beschwerdeführer meint, die Neufassung des Titelbescheides habe andere als sachliche Grundlagen; es sei daher von einem Mangel des Titelbescheides auszugehen.

Der Titelbescheid kann im Verfahren zur Vollstreckung nicht mehr bekämpft werden.

Schließlich meint der Beschwerdeführer, eine Krainerwand aus Bahnschwellen sei hinsichtlich ihrer Kubatur durchaus mit einem Folientunnel im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft vergleichbar, für welche eine Baubewilligung nicht vorgesehen sei. Es könne daher von einem konsenslosen Bau nicht gesprochen werden.

Diese Ausführungen richten sich ebenfalls gegen den Titelbescheid, können daher im Vollstreckungsverfahren nicht mit Erfolg vorgebracht werden. Abgesehen davon ist die Frage der baurechtlichen Bewilligungspflicht für die Stützmauer (Krainerwand) ohne Bedeutung für einen Auftrag nach § 32 AWG.

Auch ein Verstoß gegen § 2 VVG liegt nicht vor. Nur durch die zwangsweise Einbringung von Geldleistungen, nicht durch deren bloße Vorschreibung können der Verpflichtete oder die Personen, für die dieser nach dem Gesetz zu sorgen hat, in ihrem notdürftigen Unterhalt gefährdet werden (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, 1285, angeführte Rechtsprechung.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. Februar 2002

Schlagworte

Rechtsnatur und Rechtswirkung der Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001070162.X00

Im RIS seit

08.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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