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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Sportvereines A in P, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. August 2001, Zl. Wa- 200769/66-2001-Lab/Pir, betreffend eine einstweilige Verfügung nach § 122 des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Juli 2001 teilte der Oberösterreichische Umweltanwalt der belangten Behörde mit, dass in einem Gebiet, welches als Wasserschutzgebiet für eine Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde T ausgewiesen sei, Arbeiten zur Errichtung von Fußballtrainingsfeldern durchgeführt würden.
Die belangte Behörde führte am 12. Juli 2001 unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Hydrogeologie und Wasserwirtschaft und in Anwesenheit eines Vertreters der beschwerdeführenden Partei einen Lokalaugenschein durch. Dabei wurden Aufgrabungen auf den zum Wasserschutzgebiet gehörenden Grundstücken Nr. 1713, 1714 und 1716/2 festgestellt. Der Amtssachverständige für Hydrogeologie und Wasserwirtschaft empfahl in seinem Gutachten, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes vorzuschreiben.
Dem Gutachten ist auch zu entnehmen, dass von den drei Brunnen, für die das Schutzgebiet fest gesetzt wurde, nur mehr der Brunnen II in Betrieb ist.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2001 übermittelte der Amtssachverständige für Hydrogeologie und Wasserwirtschaft der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH) unter Hinweis auf einen an diesem Tag durchgeführten Lokalaugenschein ein (weiteres) Gutachten, in welchem er die sofortige Einstellung der Grabungsarbeiten sowie eine Reihe weiterer Maßnahmen vorschlägt.
Am 17. Juli 2001 erließ die BH gegenüber der beschwerdeführenden Partei eine mündlich verkündete einstweilige Verfügung nach § 122 WRG 1959. Der Inhalt dieser einstweiligen
Verfügung wird in einer Niederschrift wie folgt beurkundet:
"Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beurkundet hiermit den Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides gemäß § 62
AVG wie folgt:
Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 iVm §§ 10 und 34 bzw. iVm dem Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21.5.1941, Zl. Ve/WR-152/15-1941, ergeht nachstehende einstweilige Verfügung:
Die Aufgrabungsarbeiten im Bereiche des Schutzgebietes der Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde T auf den Grundstücken Nr. 1713, 1714, 1716/1 und 1716/2, alle KG und Gemeinde P, soweit sie nicht der Herstellung des gesetzesmäßigen Zustandes dienen, sind unverzüglich einzustellen.
Einer allfälligen Berufung wird wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt.
Adressat dieses Bescheides ist der Sportverein A, P, X-Straße 38.
Weiters wird festgestellt, dass der Vertreter des A gemäß § 62 Abs. 3 AVG die schriftliche Ausfertigung des Bescheides innerhalb dreier Tage begehrte."
Die schriftliche Ausfertigung der einstweiligen Verfügung vom 17. Juli 2001 weist folgenden Wortlaut auf:
"I. Einstweilige Verfügung - Einstellung der Arbeiten
Dem A, vertreten durch den Obmann, Herrn Ing. H, P, X-Straße 38, wird aufgetragen, sämtliche Arbeiten im Bereiche des Schutzgebietes der Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde T auf den Grundstücken Nr. 1713, 1714, 1716/1 und 1716/2, alle KG und Gemeinde P, soweit sie nicht zur Durchführung bescheidmäßig vorgeschriebener oder behördlich angeordneter Maßnahmen zur Herstellung des gesetzesmäßigen Zustandes dienen, unverzüglich einzustellen.
Rechtsgrundlage:
§§ 10, 34 und 122 Abs. 1 WRG 1959 bzw. iVm dem Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21.5.1941, Zl. Ve/WR-152/15-1941.
II.
Einer allfälligen Berufung wird wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs. 2 AVG 1950 idgF."
In der Begründung heißt es, der Stadtgemeinde T sei mit dem Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21. Mai 1941 die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme auf dem Grundstück Nr. 1699 der KG P und zur Errichtung einer zentralen Wasserversorgungsanlage für die Ortschaft T D erteilt worden. Zum Schutz dieser Wasserversorgungsanlage sei mit gleichem Bescheid ein Schutzgebiet festgelegt worden. Für dieses bestehe ein Dünge-, Weide- und Bauverbot, weiters ein Verbot für Ablagerungen von Schmutzstoffen und Aufgrabungen.
Mit Schreiben vom 6. Juli 2001 habe die Oberösterreichische Umweltanwaltschaft mitgeteilt, dass im Bereich des angeführten Schutzgebietes Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung von zwei Trainingsfußballfeldern durchgeführt würden. Ein am 12. Juli 2001 durchgeführter Lokalaugenschein habe u.a. Folgendes ergeben:
Es seien lineare Aufgrabungen (Künetten) mit einer Tiefe von ca. 80 cm vorgefunden worden, die zum Teil gerade errichtet, offen gelegen, gerade verfüllt bzw. augenscheinlich bereits verfüllt worden seien. In diesen Künetten seien auch Schachtbauwerke, die zum Teil nicht tagwasserdicht abgedeckt gewesen seien, eingebaut worden. Es seien auch Künetten angetroffen worden, die mit kiesigem Material verfüllt worden seien. Diese Künetten würden offensichtlich als Sickerschlitze zur beschleunigten Abführung des Niederschlagswassers verwendet. Der bei diesem Lokalaugenschein anwesende Amtssachverständige für Hydrogeologie habe festgestellt, dass durch die getroffenen Maßnahmen und Tätigkeiten die Schutzfunktion des Schutzgebietes bereits reduziert worden sei. Bei weiterem Fortschreiten dieser Maßnahmen und Tätigkeiten würde die Schutzfunktion noch weiter herabgesetzt. Aus fachlicher Sicht bestehe Gefahr in Verzug im Hinblick auf die Schutzfunktion des Schutzgebietes der Brunnenanlagen Wagram der Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde T. Es sei daher seitens des Amtssachverständigen u.a. vorgeschlagen worden, die Aufgrabungsarbeiten im Schutzgebiet sofort einzustellen.
Von der BH sei anlässlich eines Lokalaugenscheines am 17. Juli 2001 eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt verkündet worden, dass sämtliche Aufgrabungsarbeiten einzustellen seien. Auf Grund des nunmehr vorliegenden Gutachtens des Amtssachverständigen für Hydrogeologie habe diese einstweilige Verfügung spruchgemäß abgeändert werden müssen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Mit dieser Berufung legte sie auch ein "hydrogeologisches Gutachten über die Trainingsareale des A" des Privatsachverständigen Univ. Doz. Dr. V vom 16. Juli 2001 vor.
Der Privatgutachter stellt darin fest, der einzige noch in Betrieb befindliche Brunnen II liege ca. 120 m nördlich der Nordecke der nächstliegenden Trainingswiese, also weit außerhalb jedes möglichen Einflussbereiches. Gegen Errichtung und Betrieb der Trainingswiesen bestünden aus hydrogeologischer Sicht keine Bedenken. Bei den Trainingsflächen handle es sich ausschließlich um Wiesenflächen ohne Dusch- oder Klosettanlagen; einschlägige Bedürfnisse könnten in der östlich davon gelegenen, bereits bestehenden Sportanlage gedeckt werden. Bei den Aufgrabungen zur Anlage von Flachdrainagen und für die durchlässige Frostkofferschicht, die zur Erhaltung des Spielbetriebes auch bei Regenwetter notwendig seien, handle es sich nicht um bleibende Aufgrabungen. Nur diese stellten eine Gefahr für die Grundwasserqualität durch Verminderung der Dicke der Deckschicht dar. Werde die Aufgrabung kurzfristig mit lokalem Material wieder aufgefüllt, so sei sie nicht als solche zu werten. Sehr häufig enthielten wasserrechtliche Bescheide aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Vorschreibungen, die diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigten. Aus hydrogeologischer Sicht seien Aufgrabungsverbote nur in Hanglagen bei sehr seicht liegendem Grundwasserspiegel (z.B. in der Flüschzone) zu rechtfertigen. Bei dem hier verwendeten Füllmaterial für Drainagen und Frostkoffer handle es sich nach Angabe des Trainingsplatzerrichters um Material aus einer nahe gelegenen Kiesgrube, die ebenfalls in der Niederterrasse angelegt sei und somit mineralogisch völlig identisches Material liefere, aus dem lediglich der Sandanteil ausgesiebt worden sei. Beim Lokalaugenschein am 16. Juli 2001 hätten in dem gelagerten Füllmaterial visuell keinerlei Anzeichen von Fremdmaterial oder Zusatzstoffen festgestellt werden können. Die eigentliche durchwurzelte und belebte Deckschichte werde durch die Anlage einer Trainingswiese nicht entfernt, sondern nur verändert. Statt des dichten Buschwerkes und des Baumbestandes, die neben dem Absatz von Wildtierfäkalien auch zur illegalen Ablagerung von teuren Sondermüll und zur Entleerung von Fahrzeugen der Senkgrubenentsorgung einladen würden, entstehe eine einheitliche und übersichtliche Rasenfläche. Auch Rasen benötige Bodenmaterial für sein Wachstum, sodass damit zu rechnen sei, dass sich in Kürze eine neue, gut durchwurzelte Deckschicht aufbaue. Erfahrungsgemäß würden solche Rasenflächen nicht mit Jauche oder Festmist gedüngt, sondern mit praktisch keimfreiem Kunstdünger. Auch aus dem Betrieb der Anlage sei kein Eintrag von pathogenen Keimen zu erwarten; jene Mengen von Krankheitserregern, die von trainierenden Sportlern freigesetzt würden, seien wohl kaum in Betracht zu ziehen, zumal keinerlei Dusch- und Klosettanlagen auf den gegenständlichen Flächen vorgesehen seien. Der einzige derzeit in Betrieb stehende Brunnen W II liege seitlich von den Trainingswiesen im Grundwasserstrom und könne mit Sicherheit von diesen nicht beeinflusst werden. Eine mengenmäßige Beeinflussung des Grundwasserhaushaltes durch die gegenständliche Anlage sei nicht möglich.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. August 2001 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei ab.
In der Begründung heißt es, der Amtssachverständige für Hydrogeologie habe in seinem Gutachten nachvollziehbar dargestellt, dass es wesentliche Aufgabe der Schutzzone sei, die natürlichen Deckschichten und den natürlich belebten Oberboden sicherzustellen, damit eine Verunreinigung des Grundwassers und eine Gefährdung der Wasserversorgungsanlage verhindert werde. Weiters sollten durch die Schutzgebietsanordnungen wassergefährdende Stoffe abgehalten werden. Außerdem habe der Amtssachverständige ausgeführt, dass auf Grund der hohen Fließgeschwindigkeit des Grundwassers durch eine Verunreinigung innerhalb kürzester Zeit weite Bereiche des Grundwassers und somit auch die Trinkwassergewinnung aus diesem Grundwasserkörper beeinträchtigt wären. Ein öffentliches Interesse sei zum Beispiel dann beeinträchtigt, wenn eine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung entstehen könne bzw. wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder gesundheitliche Schäden zu befürchten wären. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen ergebe sich eindeutig, dass durch die getroffenen Maßnahmen und Tätigkeiten die Schutzfunktion des Schutzgebietes reduziert worden sei und bei weiterem Fortschreiten dieser Maßnahmen und Tätigkeiten die Schutzfunktion noch weiter herabgesetzt würde. Es sei aus fachlicher Sicht Gefahr in Verzug gesehen worden. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die Behörde angesichts dieser Informationen verpflichtet sei, Maßnahmen zu setzen, die die vorgeschriebene Schutzfunktion des Schutzgebietes wieder herstellten und die Gefahr für die öffentlichen Interessen abwehrten. Bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung scheine es möglich, dass eine Grundwassergefährdung verursacht werde, wenn im unmittelbaren Bereich einer Trinkwasserversorgungsanlage mit Baufahrzeugen Grabungsarbeiten in einem Schutzgebiet durchgeführt würden.
Der Versuch in der Berufung, entgegen dem eindeutigen Wortlaut den Begriff "Aufgrabungen" nur auf solche zu reduzieren, die einer Ablagerung von Schmutzstoffen dienten, gehe ins Leere. Er solle vor allem verhindern, dass während der Aufgrabungszeit die natürlichen Deckschichten in einem derartigen Ausmaß verletzt werden könnten, dass ungehindert Schmutzstoffe zur Trinkwasserversorgungsanlage gelangen, diese beeinträchtigen und zerstören könnten. Dass eine abgeschlossene Grabung weniger gefährlich sei, sei offensichtlich. Im Gutachten des Privatsachverständigen werde auf diesen Zeitraum, nämlich den Aufgrabungszeitraum selbst, nicht eingegangen. Nur sehr allgemein werde ausgeführt, dass Aufgrabungen, die kurzfristig mit lokalem Material wieder aufgefüllt würden, nicht als bleibende Aufgrabungen zu werten seien und nur solche eine Gefahr für die Grundwasserqualität darstellen könnten. Im Wesentlichen beschäftige sich das Gutachten nur mit der Frage, ob abgeschlossene Aufgrabungen bzw. bestehende Trainingsfelder im Schutzgebiet einen Einfluss auf Brunnenanlagen haben könnten. Diese Frage sei jedoch nicht Gegenstand der einstweiligen Verfügung, sondern erst im bereits anhängigen Verfahren nach § 138 WRG 1959 zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu beantworten und zu prüfen. Interessant sei, dass selbst in diesem von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Gutachten im letzten Absatz direkt auf die Gefahr beim Einsatz von Baufahrzeugen im Schutzgebiet hingewiesen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, im angefochtenen Bescheid werde davon ausgegangen, dass die gegenständliche Wasserversorgungsanlage auch der Wasserversorgung der Stadtgemeinde T mit über 20.000 Einwohnern diene. Wenn dies zutreffe, sei die belangte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959 nicht zuständig gewesen.
Der angefochtene Bescheid hat eine einstweilige Verfügung nach § 122 WRG 1959 zum Inhalt.
Nach § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr in Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen. Die nach § 99 oder § 100 zuständige Wasserrechtsbehörde kann solche einstweilige Verfügungen abändern oder selbst treffen. Diese Befugnis steht während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens auch der Berufungsbehörde zu, selbst dann, wenn gegen die einstweilige Verfügung keine Berufung erhoben wurde.
Für einstweilige Verfügungen bestehen demnach Zuständigkeitsvorschriften, die von jenen der §§ 98 ff WRG 1959 abweichen.
Die Zuständigkeitsordnung des § 122 Abs. 1 WRG 1959 wurde im Beschwerdefall eingehalten.
In erster Instanz ist die BH eingeschritten, in zweiter Instanz die belangte Behörde. Dies entsprach der Zuständigkeitsverteilung des § 122 WRG 1959.
Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf § 99 WRG 1959 ist im vorliegenden Zusammenhang verfehlt.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die Heranziehung des Bescheides des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21. Mai 1941 als Grundlage für die einstweilige Verfügung. Sie meint, dieser Bescheid gehöre nicht mehr dem Rechtsbestand an. Es handle sich in Wirklichkeit um eine Verordnung, welche nationalsozialistisches Gedankengut enthalte. In der dem Bescheid zugehörigen Verhandlungsschrift heiße es nämlich wörtlich, dass der Entzug einer Fläche von 18 ha aus normaler landwirtschaftlicher Bewirtschaftung den Verlust eines Erbhofes bedeute, was vom Standpunkt nationalsozialistischer Bauernpolitik untragbar sei. Außerdem sei der Bescheid inhaltlich längst überholt, weil zwei Brunnen für die Trinkwasserversorgung bereits still gelegt seien. Im Übrigen handle es sich bei den nach dem Bescheid verbotenen Aufgrabungen nur um solche, die der Ablagerung von Schmutzstoffen dienten. Solche Aufgrabungen habe die beschwerdeführende Partei aber nicht durchgeführt.
Mit Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21. Mai 1941 wurde der Gemeinde Traun gemäß den Bestimmungen der §§ 10, 14, 82, 93 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1934, BGBl. II Nr. 316, die wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme auf der Parzelle 1699 der KG P und zur Errichtung einer zentralen Wasserversorgungsanlage für die Ortschaft T - D - St. M, erteilt. Gleichzeitig wurde ein Wasserschutzgebiet festgelegt.
Dass die Festsetzung eines Schutzgebietes nach dem (österreichischen) Wasserrechtsgesetz 1934 unabhängig von auf nationalsozialistisches Gedankengut gegründeten Erwägungen erfolgte, ist so offenkundig, dass sich jede Diskussion darüber erübrigt. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde grenzt an Mutwillen, was noch dadurch unterstrichen wird, dass die von der beschwerdeführenden Partei zitierte Passage aus der Verhandlungsschrift mit der Schutzgebietsfestsetzung gar nichts zu tun hat, sondern einer Äußerung des Vertreters der Landesbauernschaft Donauland zu einer Entschädigungsforderung der Stadtgemeinde L entstammt.
Wie die beschwerdeführende Partei selbst zugesteht, ist ein Brunnen der Wasserversorgungsanlage nach wie vor in Betrieb. Warum trotzdem der Schutzgebietsfeststellungsbescheid "überholt" sein sollte, erläutert die beschwerdeführende Partei mit keinem Wort. Abgesehen davon fiele eine Schutzgebietsfestsetzung auch nicht automatisch mit dem (Teil-)Erlöschen einer wasserrechtlichen Bewilligung weg, sondern bedürfte einer eigenen Aufhebung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1972, VwSlg. 8.338/A).
Der Bescheid des Reichsstatthalters in Oberdonau vom 21. Mai 1941 weist für das Schutzgebiet folgende Anordnung auf:
"Für das Schutzgebiet besteht ein Dünge-, Weide- und Bauverbot. Weiters das Verbot für Ablagerungen von Schmutzstoffen und Aufgrabungen."
Für die Auslegung dieses Verbotes durch die beschwerdeführende Partei, dass vom Aufgrabungsverbot nur solche Aufgrabungen erfasst seien, die der Ablagerung von Schmutzstoffen dienten, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
Wenn die beschwerdeführende Partei darauf hinweist, dass im Schutzgebiet auch schon andere Maßnahmen durchgeführt worden seien und daher die Anordnungen des angefochtenen Bescheides unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht haltbar seien, so ist ihr zu erwidern, dass selbst bei Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen für die beschwerdeführende Partei nichts zu gewinnen ist, weil es nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine "Gleichheit im Unrecht" nicht gibt (vgl. die bei Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht9, 566, angeführte Rechtsprechung).
Völlig verfehlt ist die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, der Schutzgebietsbescheid sei außer Kraft getreten, weil seine Auflagen nicht eingehalten worden seien. Die Nichteinhaltung der Auflagen eines Bescheides führt nicht zum Außerkrafttreten des Bescheides.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie habe zur Widerlegung der Ausführung des Amtssachverständigen Unterlagen, insbesondere ein hydrogeologisches Gutachten vorgelegt, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass keine wie immer geartete Gefährdung der Wasserversorgungsanlage gegeben sei.
Wesentliche Voraussetzung für die Gebrauchnahme vom Instrument der einstweiligen Verfügung des § 122 Abs. 1 WRG 1959 ist das Vorliegen von "Gefahr in Verzug".
Unter "Gefahr im Verzug" im Sinne des § 122 Abs. 1 WRG 1959 ist eine erhebliche und konkrete Gefahr für im WRG 1959 geschützte Rechtsgüter und Interessen zu verstehen, die eine Situation voraussetzt, welche zur Abwehr dieser Gefahr ein sofortiges behördliches Einschreiten erfordert (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1994, 92/07/0102). Die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr genügt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1978, VwSlg. 9.575/A).
Das Bestehen einer solchen erheblichen und konkreten Gefahr wird aber im angefochtenen Bescheid nicht hinreichend belegt. Der Beschwerdefall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass zwei von den drei Brunnen, für die das Schutzgebiet fest gesetzt und das Aufgrabungsverbot verfügt wurde, nicht mehr in Betrieb sind. Dass eine allenfalls durch die Aufgrabung verursachte, möglicherweise sogar nur vorübergehende Verunreinigung des zu diesen Brunnen gelangenden Grundwassers eine so erhebliche und konkrete Gefahr für durch das WRG 1959 geschützte Rechtsgüter darstellt, dass nicht - falls erforderlich - ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 ausreicht, sondern ein sofortiges Einschreiten mittels einstweiliger Verfügung geboten ist, ist zwar nicht von vornherein völlig ausgeschlossen, bedürfte aber einer entsprechenden Begründung.
Der noch in Betrieb befindliche Brunnen ist nach den Behauptungen des von der beschwerdeführenden Partei beigezogenen Privatsachverständigen so weit von den Aufgrabungen entfernt, dass eine Beeinträchtigung nicht in Frage kommt. Diese Behauptung konnte die belangte Behörde nicht mit der Begründung entkräften, der Privatsachverständige habe sich nur mit dem Zustand nach Fertigstellung der Trainingsplätze, nicht aber mit den Folgen während der Zeit der Aufgrabung beschäftigt. Zu dieser Behauptung, bei deren Zutreffen nicht mehr von "Gefahr in Verzug" gesprochen werden könnte, wäre ein Amtssachverständiger zu befragen gewesen.
Die Argumentation der belangten Behörde, die einstweilige Verfügung sei wegen des während der Aufgrabungszeit möglichen Eindringens von Schmutzstoffen in das Grundwasser erforderlich und gerade mit dem Aufgrabungszeitraum habe sich der Privatsachverständige nicht beschäftigt, erweist sich noch aus einem anderen Grund als nicht tragfähig.
Wie sich aus dem Gutachten des von der beschwerdeführenden Partei beigezogenen Privatsachverständigen ergibt, bestünde nur dann keine Gefahr für die Grundwasserqualität durch Veränderung der Deckschicht, wenn die Aufgrabung kurzfristig mit lokalem Material wieder aufgefüllt würde. Nun ordnet aber die einstweilige Verfügung gerade einen Zustand an, der den nach Ansicht der belangten Behörde für das Grundwasser gefährlichen Aufgrabungszustand verlängert. Während nämlich der Amtssachverständige ein ganzes Bündel von Maßnahmen (sofortige Verfüllung noch nicht verfüllter Künetten, sofortige Ausräumung von Sickerschlitzen, sofortige tagwasserdichte Abdeckung von Schächten etc.) vorgeschlagen hat, wurde in der einstweiligen Verfügung nur die unverzügliche Einstellung sämtlicher Arbeiten angeordnet. Davon werden lediglich "bescheidmäßige vorgeschriebene oder behördlich angeordnete Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes" ausgenommen. Im angefochtenen Bescheid ist aber nicht erläutert, wann solche Maßnahmen getroffen werden sollen.
Durch die nicht ausreichende Begründung hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Diese Rechtswidrigkeit wird aber überlagert durch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit.
Die beschwerdeführende Partei macht geltend, die schriftliche Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides weiche vom mündlich verkündeten Bescheid ab. Dies sei unzulässig.
Während der mündlich verkündete und beurkundete Bescheid nur die "Aufgrabungsarbeiten" erfasst und deren Einstellung verfügt, ordnet die schriftliche Ausfertigung die Einstellung "sämtlicher Arbeiten" an und während der mündlich verkündete Bescheid von dem in ihm verfügten Verbot eine Ausnahme zulässt, soweit sie der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes dient, schränkt die schriftliche Ausfertigung des Bescheides diese Ausnahme auf die Durchführung "bescheidmäßig vorgeschriebener oder behördlich angeordneter Maßnahmen" zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ein.
Die schriftliche Bescheidausfertigung weicht somit inhaltlich in zwei Punkten wesentlich von der mündlich verkündeten Bescheidversion ab.
Da der Inhalt und die Verkündung des am 17. Juli 2001 verkündeten Bescheides im Beschwerdefall ordnungsgemäß dem § 62 Abs. 2 AVG entsprechend beurkundet wurde, ist dieser Bescheid mit seiner Verkündigung und mit dem verkündeten Inhalt in Rechtswirksamkeit getreten. An diesen Bescheid knüpfen sich somit die Rechtswirkungen eines Bescheides, insbesondere auch dessen Unwiderrufbarkeit (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1998, 98/03/0207). Die BH durfte daher in der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides nicht wegen einer Äußerung des Amtssachverständigen vom Inhalt des mündlich verkündeten Bescheides abweichen. Ein solches Selbstabänderungsrecht der Behörde sieht auch § 122 WRG 1959 nicht vor.
Dadurch, dass die belangte Behörde diese der Erstbehörde unterlaufene Rechtswidrigkeit nicht aufgegriffen hat, hat sie ihren eigenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. Februar 2002
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001070124.X00Im RIS seit
08.05.2002