TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/22 99/02/0324

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Veröffentlicht am 22.02.2002
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der CH in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Hofer-Zeni, Rechtsanwalt in Wien I, Kohlmarkt 11/5, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 22. Juni 1999, Zl. MA 65 - PB/296/99, betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juni 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im 9. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone dieses Bezirkes für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr geltenden Parkzeitbeschränkung von 11 Stunden gemäß § 45 Abs. 4 i. V.m. § 94d Z. 6 StVO 1960 hinsichtlich Gemeindestraßen abgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird insbesondere ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass sie sich aufgrund des Eigentums an einem näher bezeichneten Haus im 9. Wiener Gemeindebezirk regelmäßig dort aufhalte, zumal sie Vertragsverhandlungen mit den Parteien zu führen habe, Beschwerden entgegennehme, Sanierungsarbeiten zu überwachen habe, Mietgegenstände neu einzurichten habe und Mietobjekte allfälligen Interessenten zu präsentieren und auch andere Verwaltungstätigkeiten zu verrichten seien. Sie benötige das Fahrzeug für den Transport von Akten, Möbelstücken und anderen Einrichtungsgegenständen. Da sie auf die Einkünfte aus dem Haus zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes angewiesen sei und dort auch einen Nebenwohnsitz habe, stelle dieser Ort auch den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen dar. Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen jedoch nicht durchzudringen vermocht, weil aus dem von ihr vorgelegten Meldezettel und dem Zulassungsschein in eindeutiger Weise hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz in Salzburg habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 6. Oktober 1999, B 1457/99, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet u.a. ein, dass es bei der Bestimmung des Art. 6 Abs. 3 B-VG (betreffend den Hauptwohnsitz) auf das überwiegende Naheverhältnis, bei § 45 Abs. 4 StVO hingegen lediglich auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen ankomme. Bei einer Wortinterpretation dieser beiden Bestimmungen müsse man wohl zu dem Ergebnis kommen, dass es im Falle des Vorliegens mehrerer Mittelpunkte bei der Bestimmung des Hauptwohnsitzes gemäß Art. 6 Abs. 3 B-VG auf das überwiegende Naheverhältnis, bei § 45 Abs. 4 StVO lediglich auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen ankomme, und daher hier nicht mehr auf das überwiegende Naheverhältnis abzustellen sei, selbst wenn mehrere Lebensmittelpunkte vorliegen würden.

Ferner bringt die Beschwerdeführerin vor, dass selbst im Falle, dass bei der Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen auch das überwiegende Naheverhältnis bei Vorliegen mehrerer "Lebensmittelpunkte" zu ermitteln sei, aus dem bloßen Vorliegen des Hauptwohnsitzes in Salzburg nicht darauf geschlossen werden könne, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen ausschließlich oder überwiegend dort zu sehen sei.

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, dass der Antragsteller für eine Bewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben muss und durch die 19. StVO-Novelle als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert ist, dass der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen haben muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1998, Zl. 96/02/0162, m.w.N.).

Weiters hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zlen. 96/02/0221, 0222, klargestellt, dass die Regelung im § 45 Abs. 4 StVO (in der zitierten Fassung) weder durch die B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 504/1994, noch durch das Hauptwohnsitzgesetz, BGBl. Nr. 505/1994, die beide nach der 19. StVO-Novelle in Kraft getreten sind, eine Änderung erfahren hat und dass in diesem Regelungszusammenhang nur EIN Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden ist) in Betracht kommt.

Ferner rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde erschließe aus der Hauptwohnsitzmeldung in Salzburg sowie aus der im Zulassungsschein des Fahrzeugs der Beschwerdeführerin angeführten Anschrift, dass ihr Naheverhältnis zu ihrem Wohnsitz in Salzburg stärker sei als jenes zu Wien. Die belangte Behörde hätte jedoch insbesondere wegen ihres Vorbringens, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Wien liege, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gemäß den §§ 37 ff AVG durchzuführen gehabt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf, zumal sich für die belangte Behörde aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin, welche sie im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht gegenüber der Behörde machte, im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur keine Anhaltspunkte für das allfällige Vorliegen des für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO maßgeblichen Lebensmittelpunktes der Beschwerdeführerin in Wien ergaben. Gerade die erwähnte Meldung des Hauptwohnsitzes in Salzburg sowie die Zulassung ihres Fahrzeug in Salzburg waren maßgebliche Indizien dafür, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin eben nicht in Wien gegeben war, ohne dass es noch weiterer Ermittlungen in diesem Zusammenhang bedurft hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 97/02/0343, sowie das dort bezogene hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zlen. 95/02/0532, 0533).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999020324.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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