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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom 10. Dezember 1998, Zl. Senat-MI-98-498, betreffend Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (mitbeteiligte Partei: KC in G), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung des Aufwandersatzes wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 21. Juli 1998 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach den Mitbeteiligten schuldig, er habe am 28. März 1998 eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 3 lit. a iVm § 24 Abs. 3 lit. d StVO 1960 begangen, weil er im Ortsgebiet von G an einem näher bezeichneten Ort einen dem Kennzeichen nach näher umschriebenen Pkw geparkt habe, obwohl auf dieser Fahrbahn mit Gegenverkehr keine zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben seien.
Es wurde eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden) verhängt.
Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung führte die belangte Behörde eine Besichtigung des Tatortes durch. Sie kam zum Ergebnis, dass es sich beim Abstellort des Kraftfahrzeuges nicht um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle, gab deshalb der Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Dezember 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge, hob das erstinstanzliche Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.
Dagegen richtet sich die, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte, am 9. Juli 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde.
Gemäß § 31 Abs. 3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind.
Strafbarkeitsverjährung tritt auch dann ein, wenn die das Straferkenntnis bestätigende Berufungsentscheidung erst nach dem oben genannten Zeitpunkt erlassen wird (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 591, E 74 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Im gegenständlichen Fall wurde der nunmehr angefochtene Bescheid, welcher bei der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach bereits am 11. Dezember 1998 eingelangt ist, dem Beschwerdeführer im Wege der Niederösterreichischen Landesregierung erst am 28. Mai 2001 zur Kenntnis gebracht. Die am 9. Juli 2001 gegen den einstellenden Bescheid der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer somit zwar innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 Z. 2 VwGG erhoben, aber erst zu einem Zeitpunkt (Tatzeit 28. März 1998), als bereits Strafbarkeitsverjährung eingetreten war. Dieser Zeitpunkt trat nämlich mit Ablauf des 28. März 2001 ein. Ein gemäß § 31 Abs. 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnender Zeitraum lag im gegenständlichen Verfahren bis zur Beschwerdeerhebung nicht vor.
Angesichts dieses Umstandes darf der Mitbeteiligte auch im Fall der Aufhebung des vorliegend angefochtenen Bescheides nicht mehr wegen der verfahrensgegenständlichen Übertretung bestraft werden. Das rechtliche Interesse an einer meritorischen Erledigung der vorliegenden Beschwerde lag daher schon zum Zeitpunkt ihrer Erhebung nicht vor. Dem Verwaltungsgerichtshof steht bei einer Bescheidbeschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG nämlich nur die Kompetenz zu, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aus den Gründen des § 42 Abs. 2 leg. cit. aufzuheben, nicht aber auch, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festzustellen; dies gilt auch im Falle von Beschwerden gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG. Im Falle der Aufhebung eines Bescheides auf Grund einer solchen Beschwerde wäre die belangte Behörde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG lediglich verpflichtet, "in dem betreffenden Falle" den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Der belangten Behörde wäre es aber angesichts der vorliegenden Strafbarkeitsverjährung verwehrt, eine Bestrafung des Mitbeteiligten auszusprechen oder eine sonst darauf gerichtete Handlung zu setzen. Die belangte Behörde müsste das Verfahren neuerlich einstellen (wenngleich nunmehr gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG). Damit liegt ein rechtliches Interesse selbst an der Wahrnehmung einer allfälligen objektiven Rechtswidrigkeit eines verwaltungsbehördlichen Bescheides nicht vor (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 17. Mai 2000, Zl. 98/09/0161; in diesem Fall ist bei einer von der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales erhobenen Beschwerde gegen die Aufhebung eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses auf Grund zwischenzeitig erfolgter neuerlicher Bestrafung und im Instanzenzug erfolgter Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens angesichts des Grundsatzes "ne bis in idem" das rechtliche Interesse an einer meritorischen Erledigung der Beschwerde nach ihrer Erhebung weggefallen).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels rechtlichen Interesses an einer meritorischen Erledigung in nicht öffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss zurückzuweisen.
Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens, sohin auch nach Durchführung des Vorverfahrens, zu fassen.
Die Abweisung des Kostenersatzantrages der belangten Behörde stützt sich auf § 47 Abs. 4 VwGG, nach dem im Falle ua. des Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz stattfindet.
Wien, am 22. Februar 2002
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001020140.X00Im RIS seit
13.06.2002