Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Dr. Sieglinde Schubert, Rechtsanwältin in 1190 Wien, Gatterburggasse 16, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der E in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Oktober 2000, Zl. MA 63 - W 217/00, betreffend Fortführung des Gewerbebetriebes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit 1) festgestellt wird, es seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Fortführung des Handelsgewerbebetriebes "Handelsgewerbe (mit Ausnahme der bewilligungspflichtigen gebundenen Handelsgewerbe) und Handelsagenten (§ 124 Z 10 GewO 1994), beschränkt auf den Kleinhandel mit Zuckerbäckerwaren, Kanditen, Schokoladen, Speiseeis, Salzknabberwaren, Dauerbackwaren, Liköre, Kaffee, Tee, Kakao, alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Fruchtsäfte, alkoholische Getränke", durch die beschwerdeführende Partei nicht gegeben und 2) der Fortbetrieb dieses Gewerbes untersagt wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. Oktober 2000 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Fortführung des - näher beschriebenen - Gastgewerbes (Espressostube) sowie des - näher beschriebenen - Handelsgewerbes der E durch die vom Handelsgericht Wien zum Masseverwalter bestellte beschwerdeführende Partei nicht gegeben seien und der Fortbetrieb dieser Gewerbe untersagt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es stehe unbestritten fest, dass über das Vermögen der Gewerbeinhaberin, E, mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 3. Februar 2000, GZ. 5 S 73/00 w, der Konkurs eröffnet und die beschwerdeführende Partei zum Masseverwalter bestellt worden sei. Die Bestellung zum Masseverwalter entbinde sie allerdings nicht von der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften. Da sie den für die Ausübung des Gastgewerbes erforderlichen Befähigungsnachweis nicht erbringe, hätte sie für den Fortbetrieb des Gastgewerbes einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen oder um Nachsicht von der Bestellung gemäß § 41 Abs. 4 GewO 1994 ansuchen müssen. Die beschwerdeführende Partei habe jedoch weder einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt, noch um Nachsicht von der Bestellung angesucht. In Ansehung des Handelsgewerbes erbringe die beschwerdeführende Partei als Absolventin der Studienrichtung Rechtswissenschaft den Befähigungsnachweis. Sie habe es jedoch unterlassen, der Anzeige des Fortbetriebes dieses Gewebes (ebenso wie des Gastgewerbes) die in § 339 Abs. 3 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994 angeführten Belege beizuschließen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den angezeigten Fortbetrieb der Gewerbe durch die beschwerdeführende Partei seien daher nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich - ihrem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid im Fortbetriebsrecht gemäß § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1994 verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, der Masseverwalter sei vom Konkursgericht bestellt und sei, wenn er von seinem Fortbetriebsrecht Gebrauch mache, nicht verpflichtet, der Gewerbebehörde Belege über seine persönliche Stellung oder über seine persönliche Befähigung vorzulegen. Die Aufsicht über den Masseverwalter sei nämlich durch das Konkursgericht auszuüben und nicht durch die Gewerbebehörde. Als Rechtsanwältin könne die beschwerdeführende Partei auch niemals selbst als gewerberechtliche Geschäftsführerin tätig sein. Die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sei im Übrigen im vorliegenden Fall nicht geboten oder notwendig, weil "die Gewerbebefugnis des Gewerbeinhabers parallel zum Fortbetriebsrecht des Masseverwalters läuft". Aus diesem Grunde seien für die Anzeige des Fortbetriebes auch die Bestimmungen des § 339 Abs. 2 GewO 1994 nicht anwendbar.
Gemäß § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1994 steht das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), dem Masseverwalter für Rechnung der Konkursmasse zu.
Wenn das Fortbetriebsrecht nicht einer natürlichen Person zusteht, die das Vorliegen der für die Ausübung des betreffenden Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen nachweist oder der die etwa erforderliche Nachsicht (§§ 26 bis 28) erteilt wurde, ist vom Fortbetriebsberechtigten gemäß § 41 Abs. 4 GewO 1994 ohne unnötigen Aufschub ein Geschäftsführer (§ 39) zu bestellen. Kann der Fortbetriebsberechtigte den für die Ausübung des betreffenden Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erbringen, so kann die Behörde (§ 346 Abs. 1) über seinen Antrag die Bestellung eines Geschäftsführers nachsehen, wenn mit der Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer keine Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sind.
Das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters entsteht gemäß § 44 GewO 1994 mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gewerbeinhabers. Der Masseverwalter hat jedoch den Fortbetrieb ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs. 2). Das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters endet mit der Aufhebung des Konkurses.
Gemäß § 345 Abs. 2 GewO 1994 sind u.a. die Anzeigen gemäß den §§ 42 bis 44 (Fortbetriebe) bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.
Gemäß § 345 Abs. 7 GewO 1994 sind u.a. den Anzeigen gemäß Abs. 2 die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Maßnahme oder Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, erforderlichen Belege anzuschließen. Betrifft die Anzeige die Tätigkeit einer natürlichen Person, so sind jedenfalls die Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 1 anzuschließen. Betrifft eine solche Anzeige die Tätigkeit als Pächter oder als Geschäftsführer oder als Filialgeschäftsführer, so sind überdies die Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 2 und 3 anzuschließen.
Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 1 GewO 1994 sind Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen, Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 2 die Bescheinigung über die im Strafregister enthaltenen Verurteilungen oder darüber, dass das Strafregister keine solche Verurteilungen enthält (Strafregisterbescheinigung) und Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 3 sind Belege über den Befähigungsnachweis oder ein Bescheid über die erteilte Nachsicht bzw. die Anzeige der erfolgten Bestellung eines Geschäftsführers.
Gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1994 hat die Behörde, wenn durch dieses Bundesgesetz vorgeschriebene Anzeigen erstattet wurden, obwohl hiefür die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, - unbeschadet eines Verfahrens nach den §§ 366 ff - dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.
Gemäß § 367 Z. 9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Fortbetriebsrecht für ein Gewerbe ausübt, ohne die gemäß § 41 Abs. 4 erforderliche Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt zu haben.
Gemäß § 368 Z. 9 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Anzeigen gemäß § 44 über den Fortbetrieb von Gewerben nicht erstattet hat.
Aus diesen Bestimmungen folgt zunächst, dass das Fortbetriebsrecht des Masseverwalters zwar mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Gewerbeinhabers entsteht (§ 44 GewO 1994), die Ausübung dieses Rechtes durch den Masseverwalter es jedoch erfordert, dass dieser die gewerberechtlich vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen für die Ausübung des betreffenden Gewerbes entweder selbst (gegebenenfalls im Wege der Nachsicht) erfüllt, oder einen Geschäftsführer bestellt, wobei für den Fall, dass ein vorgeschriebener Befähigungsnachweis vom fortbetriebsberechtigten Masseverwalter nicht erbracht werden kann, die Bestellung eines Geschäftsführers nachgesehen werden kann (vgl. § 41 Abs. 4 GewO 1994). Erbringt daher der Masseverwalter den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht, wurde eine Nachsicht im Sinne des § 28 GewO 1994 nicht erteilt und auch die Bestellung eines Geschäftsführers im Sinne des § 41 Abs. 4 GewO 1994 nicht nachgesehen, darf das Fortbetriebsrecht erst ausgeübt werden, wenn ein Geschäftsführer (§ 39) bestellt und der Behörde angezeigt wurde. Solange in einem solchen Fall ein Geschäftsführer (§ 39) nicht bestellt und der Behörde angezeigt wurde, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für den Fortbetrieb nicht gegeben (vgl. § 367 Z. 9 GewO 1994). Die Behörde hat dies gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1994 bescheidmäßig festzustellen und die Ausübung des Fortbetriebsrechtes zu untersagen.
Die beschwerdeführende Partei behauptet weder, dass sie den Befähigungsnachweis für das Gastgewerbe erbracht hat, noch dass ihr eine Nachsicht erteilt oder die Bestellung eines Geschäftsführers nachgesehen worden wäre. Sie behauptet vielmehr, der Masseverwalter sei berechtigt, das Fortbetriebsrecht auszuüben, ohne einen Befähigungsnachweis zu erbringen.
Diese Auffassung ist, wie dargelegt, unzutreffend. Soweit die beschwerdeführende Partei weiters vorbringt, sie könne als Rechtsanwältin niemals selbst gewerberechtliche Geschäftsführerin sein, verkennt sie, dass der fortbetriebsberechtigte Masseverwalter nicht als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig wird, sondern als Gewerbetreibender (vgl. § 38 Abs. 2 GewO 1994) mit denselben Rechten, wie sie dem Gewerbeinhaber, über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, auf Grund seiner Gewerbeberechtigung zugestanden sind (vgl. § 41 Abs. 1 GewO 1994).
Hingegen ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Feststellung, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Fortführung des Handelsgewerbes seien nicht gegeben und gegen die Untersagung des Fortbetriebes dieses Gewerbes wendet, berechtigt. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Verpflichtung des § 345 Abs. 7 GewO 1994, der Anzeige die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Fortbetriebsrechtes erforderlichen Belege, "jedenfalls die Belege gemäß § 339 Abs. 3 Z. 1" anzuschließen, nicht bereits durch die Vorlage des Gerichtsbeschlusses über die Bestellung zum Masseverwalter entsprochen ist. Selbst wenn dies nämlich nicht der Fall sein sollte, so liegt in der Nichtvorlage der erwähnten Belege für sich alleine noch kein Grund für die Annahme, die für die Ausübung des Fortbetriebsrechtes geforderten gesetzlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Zwar hat der fortbetriebsberechtigte Masseverwalter den Fortbetrieb bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, wobei die Anzeige "ohne unnötigen Aufschub" zu erfolgen hat(vgl. § 44 GewO 1994). Es ist allerdings nicht geboten, die Anzeige vor oder bei Aufnahme des Fortbetriebes zu erstatten. Anders als eine erforderliche Geschäftsführerbestellung zählt die Anzeige daher nicht zu den Voraussetzung für die Ausübung des Fortbetriebsrechtes. Vielmehr kann mit dem Fortbetrieb begonnen und anschließend - ohne unnötigen Aufschub - die Anzeige erstattet werden. Eine nicht oder nur mangelhaft erstattete Anzeige gemäß § 44 GewO 1994 ermächtigt die Behörde im Grunde des § 345 Abs. 9 GewO 1994 aber weder zur Feststellung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Fortbetriebsrechtes nicht gegeben seien, noch zur Untersagung des Fortbetriebes.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher im spruchgemäß umschriebenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000040214.X00Im RIS seit
21.05.2002Zuletzt aktualisiert am
31.10.2009