TE Vfgh Beschluss 1999/3/10 V83/98

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Veröffentlicht am 10.03.1999
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Sbg BebauungsgrundlagenG §12, §13, §14

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Rückwidmung in Grünland mangels Antragslegitimation; Zumutbarkeit der Antragstellung auf Bauplatzerklärung für die Bebauung des Grundstücks des Antragstellers

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg hat am 8. Juli 1998 gemäß §21 Abs5 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 eine Flächenwidmungsplanänderung beschlossen, welche mit Bescheid vom 28. Juli 1998 von der Salzburger Landesregierung aufsichtsbehördlich genehmigt wurde. Die Kundmachung erfolgte gemäß §19 Abs1 des Salzburger Stadtrechtes durch Auflegung zur öffentlichen Einsicht der planlichen Darstellung und durch Kundmachung im Amtsblatt am 17. August 1998.

Gegen diese Verordnung wendet sich der Antragsteller mit einem "Individualantrag gemäß Art139 B-VG", in dem er die kostenpflichtige Aufhebung der "Verordnung, nämlich die Neuaufstellung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Salzburg (Flächenwidmungsplan 1997 - FWP 1997) kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg vom 17.8.1998, Folge 15/98, Seite 2, Z9/00/74223/94/349 vom 3.8.1998 einschließlich der dazu gehörigen planlichen Darstellung ON 347", soweit als gesetzwidrig beantragt, als sie "die Grünlandwidmung des Grundstückes des Beschwerdeführers 255/6, KG Morzg, Bezirksgericht Salzburg, betrifft".

2. Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller aus:

"Der Antragsteller ist österreichischer Staatsbürger und grundbücherlicher Eigentümer des genannten Grundstückes 255/6, KG Morzg, Bezirksgericht Salzburg.(Blg ./C). Er hat dieses Grundstück von Dr. Reinhard Willvonseder mit allen Rechten und Pflichten erworben. Auf dem Grundstück besteht eine Garage und liegt eine aufrechte Baugenehmigung für Errichtung einer Garage samt Nebengebäude mit 70 m2 vom 20.2.1950 vor, hinsichtlich derer die Bauvollendungsfrist zuletzt mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg 05/01/71177/94/25 bis 28.2.1999 verlängert wurde (Blg ./D und ./E).

Durch den angefochtenen Flächenwidmungsplan wird das genannte Grundstück zur Gänze als Grünland gewidmet. Eine über den bestehenden Baubescheid hinausgehende Bebauung des Grundstückes wird dadurch folglich ausgeschlossen, wozu darauf hinzuweisen ist, daß aufgrund des Baubescheides nur eine minimale und nicht mehr zeitgemäße Verbauung von etwa 70 m2 aufgrund des Bescheides vom 20.2.1950, Zahl VI/4/8430/49 möglich ist. Eine weitere Verbauung des Grundstückes mit einer zeitgemäßen Wohnung würde hingegen ausscheiden.

Durch den angefochtenen Flächenwidmungsplan wird daher ein unmittelbarer Eingriff in die Rechts(s)phäre des Antragstellers bewirkt, der nach Art und Ausmaß durch den Flächenwidmungsplan selbst bestimmt ist und die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell sondern aktuell beeinträchtigt. Es besteht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes: Der Antragsteller müßte nämlich um Bauplatzerklärung und Baugenehmigung ansuchen, welche natürlich aufgrund des Flächenwidmungsplanes in Verbindung mit §§12 Abs1 und 14 Abs1 lita Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz abgewiesen werden müßten. Für ein Ansuchen um Bauplatzerklärung erforderlich sind planliche und maßstabgerechte Darstellungen der zu schaffenden Bauplätze samt Einzeichnung der für ihre Aufschließung erforderlichen Verkehrsflächen, Nachweise der Möglichkeit der Herstellung einer entsprechenden Abwasser- und Energieversorgung, Abwasserbeseitigung und über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche, Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben einschließlich Höhenpunkte und Schichtenlinien. Da sohin kostspiel(ig)e Beilagen zu einem Bauansuchen angeschafft werden müßte, erweist sich der Umweg über Erwirkung eines entsprechenden - abweislichen - Bescheides für unzumutbar, sodaß der Individualantrag gegen den Flächenwidmungsplan zulässig ist (vgl. VfSlg. 8463, 8697, 9260 und 9361). Da sohin die baurechtliche den Antragsteller beeinträchtigende Wirkung des Flächenwidmungsplanes eines weiteren Konkretisierungsaktes nicht mehr bedarf, ist der Antragsteller jedenfalls durch die angefochtene Verordnung, soweit sie sein Grundstück betrifft, unmittelbar betroffen."

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).

2. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steht dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes zur Verfügung, indem er ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung des Grundstückes nach §13 Abs1 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) einbringt (vgl. VfSlg. 11317/1987, 12619/1991).

2.1. Nach §12 Abs1 BGG, LGBl. 69/1968 in der Fassung LGBl. 59/1997, dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Um die Bauplatzerklärung ist nach §13 Abs1 BGG

"bei der Baubehörde unter Beischluß folgender Unterlagen anzusuchen:

a) Amtlich beglaubigter vollständiger Grundbuchsauszug, der nicht älter als drei Monate sein darf;

b) Gegebenenfalls der Nachweis eines Rechtstitels, der für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes am Grundstück geeignet ist;

c) Planliche Darstellung (Maßstab 1:500) der zu schaffenden Bauplätze mit Einzeichnung der für ihre Aufschließung erforderlichen Verkehrsflächen;

d) Nachweis der Möglichkeit der Herstellung einer entsprechenden Wasser- und Energieversorgung sowie Abwasserbeseitigung und Angaben über die Bodenbeschaffenheit der Grundfläche;

e) Darstellung des natürlichen Geländes mit den erforderlichen Höhenangaben (Höhenpunkte, Schichtenlinien)."

Nach §13 Abs2 BGG hat der Grundeigentümer, soweit es wegen einer besonderen Lage der Grundfläche erforderlich erscheint, auf Verlangen der Baubehörde das Ansuchen durch Vorlage weiterer, in der Bestimmung angeführter Unterlagen, zu ergänzen.

Die Bauplatzerklärung ist nach §14 Abs1 BGG zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies ist der Fall, wenn die Bebauung der Grundfläche unter anderem dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde (lita). Die Beurteilung, ob eine vom Antragsteller beabsichtigte Bebauung seiner Grundstücke dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde, ist jedenfalls aufgrund der nach §13 Abs1 BGG vorzulegenden Unterlagen möglich.

2.2. Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, daß er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen läßt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt.

2.3. Trotz der Novellen zum Salzburger BGG, die zwar die Antragserfordernisse zur Bauplatzerklärung erhöht haben, sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt, von seiner ständigen Judikatur abzurücken (siehe dazu das Erkenntnis VfSlg. 13945/1994 (Flächenwidmungsplan der Gemeinde Anthering), das zu §13 Abs1 BGG idF LGBl. 99/1992 erging, der dieselben Antragserfordernisse wie die Fassung LGBl. 59/1997 enthielt).

3. Dem Antragsteller ist es zumutbar, ein Ansuchen um Bauplatzerklärung für die Bebauung seines Grundstückes einzubringen, weil einerseits die vorzulegenden Unterlagen wesentlich leichter beschafft werden können, als jene, die im förmlichen Baubewilligungsverfahren gemäß §4 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. 40/1997, vorzulegen sind, und andererseits ein Individualantrag gemäß Art139 B-VG als bloß subsidiäres Rechtsmittel zur Verfügung steht.

Dem Antragsteller steht es frei, gegen einen Bescheid, mit dem eine Bauplatzbewilligung - aus welchen Gründen immer - verweigert wird, nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser gemäß §14 Abs1 lita BGG präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, daß dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihm bekämpften Verordnung zu erreichen (VfSlg. 11318/1987, 12395/1990, 15004/1997).

4. Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung zurückzuweisen.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:V83.1998

Dokumentnummer

JFT_10009690_98V00083_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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