TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/26 2001/11/0191

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
44 Zivildienst;

Norm

VwGG §34 Abs1 impl;
ZDG 1986 §18;
ZDG 1986 §19 Abs3;
ZDG 1986 §20;
ZDG 1986 §7 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Michael Hiller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 2001, Zl. 236 802/4-IV/3/b/01, betreffend Unterbrechung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1981 geborene) Beschwerdeführer ist zivildienstpflichtig. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juli 2000 wurde er mit Wirkung vom 2. Oktober 2000 bis 30. September 2001 der K. Schule zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Bei dieser Einrichtung hatte er Hilfsdienste zu leisten.

Mit Schreiben vom 30. März 2001 teilte der Rechtsträger der K. Schule der belangten Behörde mit, dass zum Aufgabenbereich des Beschwerdeführers hauptsächlich die Mithilfe im Küchenbetrieb (Gemüse- und Salatputzen, Geschirrwaschen) und diverse Reinigungsarbeiten im gesamten Schulhaus gehörten. Der Beschwerdeführer leide laut ärztlichem Attest an einem therapieresistenten Handekzem, weshalb von einer weiteren Tätigkeit im Küchenbereich abgeraten werde. Da der Beschwerdeführer nur in den genannten Bereichen eingesetzt werden könne, werde um eine rasche Versetzung ersucht.

Die belangte Behörde ersuchte mit Schreiben vom 3. April 2001 den Magistrat der Stadt Wien, MA 15 - Gesundheitsabteilung, um Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zur weiteren Dienstleistung.

Im amtsärztlichen Gutachten vom 24. April 2001 wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei wegen eines Handekzems in regelmäßiger ärztlicher Behandlung. Da dieses Ekzem wahrscheinlich durch äußere Einflüsse bedingt sei, müsse der Beschwerdeführer den Kontakt mit Reinigungs- und organischen Lösungsmitteln unbedingt vermeiden. Die Verwendung von Seife sei auf ein Minimum zu beschränken. Tätigkeiten, die das Tragen von Schutzhandschuhen erforderten, seien nicht zumutbar. Der Beschwerdeführer sei im Rahmen des Zivildienstes unter Berücksichtigung im Einzelnen aufgezählter Einschränkungen einsetzbar. Unter den Einschränkungen wird u.a. angeführt, dass das Heben und Tragen von schweren Lasten (über 20 kg) nicht zumutbar sei, zum Heben und Tragen von mittelschweren Lasten (zwischen 10 und 20 kg) könne der Beschwerdeführer fallweise herangezogen werden.

Mit Schreiben vom 27. April 2001 übersandte die belangte Behörde dem Rechtsträger der K. Schule das amtsärztliche Gutachten und ersuchte um Mitteilung, inwieweit der Beschwerdeführer auf Grund der bekannten Sachlage (Leistungseinschränkung, Dienstfähigkeit gegeben) zum Dienst in der K. Schule noch weiter verwendet werden könne.

Der Rechtsträger der K. Schule antwortete mit Schreiben vom 2. März 2001 und erklärte, dass auf Grund des übermittelten amtsärztlichen Gutachtens von einer weiteren Verwendung des Beschwerdeführers als Zivildiener abgesehen werden müsse. Es könnten keine Arbeitsplätze für Zivildiener angeboten werden, für die nicht mindestens eine der Einschränkungen (Kontakt mit Reinigungsmitteln, Tragen von Kindern mit mehr als 20 kg Körpergewicht) zutreffen würde.

Nach dem Inhalt eines in den Akten der belangten Behörde befindlichen Aktenvermerkes vom 4. Mai 2001 wurden am 3. Mai 2001 acht Einrichtungen "zwecks eventueller Versetzung kontaktiert". In Kenntnis des Sachverhaltes "wurden von den Vorgesetzten bei den Einrichtungen von einer Versetzung Abstand genommen".

Am 4. Mai 2001 wurde von der belangten Behörde mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen, die folgenden Inhalt hat:

"Mit Eingabe vom 02.05.2001 teilte die Einrichtung im wesentlichen mit, dass in Kenntnis des Gutachtens vom 24.04.2001 eine weitere Verwendung bei der Einrichtung nicht mehr möglich sei.

Nach Kontaktierung diverser Einrichtungen (siehe beiliegenden Aktenvermerk) teilte der ZDL mit: 'Der Sachverhalt bzw. die damit verbundene Rechtslage zum ZDG bezüglich der weiteren Verfügung wurde mir am 04.05.2001 zur Kenntnis gebracht. Rechtsauskunft zum ZDG wurde mir gegeben. Ansonsten möchte ich nichts sagen.'

Die bevorstehende Verfügung wurde für 07.05.2001 vereinbart."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 18 Z. 3 i.V.m.

§ 19 Abs. 3 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG der Zivildienst des Beschwerdeführers mit Wirkung vom 7. Mai 2001 unterbrochen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, in Kenntnis des Sachverhaltes seien mehrere Einrichtungen (entsprechend dem Aktenvermerk vom 4. Mai 2001) "zwecks eventueller Versetzung kontaktiert" worden. Von einer diesbezüglichen Verfügung sei Abstand genommen worden.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe der Beschwerdeführer den vorliegenden Sachverhalt bestätigt und sich mit der bevorstehenden Verfügung der Unterbrechung mit Wirksamkeitszeitpunkt 7. Mai 2001 einverstanden erklärt. Dies habe Anlass zum Einschreiten von Amts wegen geboten. Da auf Grund des geschilderten Sachverhaltes die Nichteignung des Beschwerdeführers für die Tätigkeiten in der K. Schule offensichtlich gewesen sei, Rechtsträger geeigneter Einrichtungen, die für den Zuweisungstermin Oktober 2000 der belangten Behörde Bedarf an Zivildienstleistungen gemeldet gehabt hätten, auf Grund des zitierten Sachverhaltes die gemäß § 20 ZDG geforderte Zustimmung für eine Versetzung zu einer geeigneten anderen Einrichtung zur weiteren Leistung des ordentlichen Zivildienstes verweigert hätten und im Rahmen dieses Verfahrens dem Rechtsträger gemäß § 20 ZDG Parteistellung zukomme, sei eine Versetzung nicht möglich gewesen. Da gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. § 18 Z. 3 ZDG der Zivildienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen sei, "wenn der Bedarf zu den von ihm geforderten Dienstleistungen nicht gegeben ist und Rechtsträger geeigneter anderer Einrichtungen die gem. § 20 ZDG erforderliche Zustimmung zu einer Versetzung im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt verweigerten, die Grundlage für eine Verfügung gemäß § 18/3 ZDG entzogen war und das Ermittlungsverfahren das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ergeben hat", sei spruchgemäß zu verfügen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG von Bedeutung:

"§ 7. (1) ...

(4) Der ordentliche Zivildienst ist, von den im Abs. 3 und in § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 3, § 19a Abs. 5 und § 19b geregelten Ausnahmefällen abgesehen, ohne Unterbrechung zu leisten.

...

§ 17. Der Bundesminister für Inneres hat den Zivildienstpflichtigen zu einer anderen Dienstleistung in derselben Einrichtung zu verpflichten, wenn

1. seine Eignung für die bisherige Dienstleistung nicht mehr gegeben ist,

2. die Einrichtung keinen Bedarf mehr an seinen Dienstleistungen der bisherigen Art hat oder

3. den Interessen des Zivildienstes durch eine andere Art der Dienstleistung besser entsprochen wird.

§ 18. Der Bundesminister für Inneres hat den Zivildienstpflichtigen einer anderen Einrichtung zuzuweisen, wenn

...

3. die Eignung des Zivildienstpflichtigen für die Dienstleistungen nicht mehr gegeben ist, sofern eine Verfügung nach § 17 Z. 1 nicht in Betracht kommt,

...

§ 19. (1) Die Verfügungen nach den §§ 17 und 18 sind vom Bundesminister für Inneres von Amts wegen, auf Antrag des Zivildienstpflichtigen oder auf Antrag des Rechtsträgers der Einrichtung zu treffen.

(2) In Zweifelsfällen des § 17 Z 1 und § 18 Z. 3 hat die für den Aufenthaltsort des Zivildienstleistenden zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen des Bundesministers für Inneres ein amtsärztliches Gutachten einzuholen und sich über die gesundheitliche Eignung zur weiteren Dienstleistung zu äußern. Im Falle einer Dienstunfähigkeit (§ 19a Abs. 1) hat das Gutachten auch deren Beginn und voraussichtliche Dauer anzugeben.

(3) Wenn im Falle des § 18 die Voraussetzungen der Z. 1, 2 oder 3 vorliegen, eine geeignete andere Einrichtung aber nicht zu finden ist, hat der Bundesminister für Inneres den Dienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen. Für die verbleibende Dienstzeit hat sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.

§ 20. In den Verfahren nach diesem Abschnitt kommt nicht nur dem Zivildienstpflichtigen, sondern auch dem Rechtsträger der Einrichtung Parteistellung zu."

Aus § 7 Abs. 4 ZDG ergibt sich der Anspruch des Zivildienstpflichtigen, den ordentlichen Zivildienst - abgesehen von den in dieser Gesetzesstelle genannten Ausnahmen - ohne Unterbrechung zu leisten. Durch eine rechtswidrige Unterbrechung des Zivildienstes wird er in diesem Recht verletzt (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1988, Slg. Nr. 12.688/A, und vom 21. Mai 1996, Zl. 95/11/0386).

Auf Grund der Ergebnisse des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere des amtsärztlichen Gutachtens und der Mitteilung des Rechtsträgers der K. Schule, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines Handekzems für die Hilfsdienste in der K. Schule nicht mehr geeignet war und eine Verfügung gemäß § 17 Z. 1 ZDG nicht in Betracht kam. Es lagen somit die Voraussetzungen für die Zuweisung des Beschwerdeführers zu einer anderen Einrichtung gemäß § 18 Z. 3 leg. cit. vor. Die belangte Behörde hat jedoch keine derartige Verfügung getroffen, sondern mit dem angefochtenen Bescheid den Zivildienst des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 3 ZDG unterbrochen, weil die ihrer Auffassung nach zufolge § 20 ZDG erforderliche Zustimmung des Rechtsträgers einer anderen Einrichtung nicht erteilt worden sei. Sie hat damit die Rechtslage verkannt, weil es für die Unterbrechung nach § 19 Abs. 3 leg. cit. allein darauf ankommt, dass eine geeignete andere Einrichtung nicht zu finden ist, nicht aber, ob der Rechtsträger der geeigneten anderen Einrichtung der Zuweisung gemäß § 18 leg. cit. zugestimmt hat oder nicht. Ein derartiges Zustimmungsrecht des Trägers einer Einrichtung zur Zuweisung einer bestimmten Person ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde aus der im § 20 leg. cit. eingeräumten Parteistellung des Rechtsträgers nicht ableitbar.

Soweit in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das am 4. Mai 2001 erklärte Einverständnis des Beschwerdeführers zur Unterbrechung des Zivildienstes Bezug genommen wird, handelt es sich dabei um eine aktenwidrige Feststellung. Ein Einverständnis des Beschwerdeführers zur Unterbrechung ist der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 4. Mai 2001 nicht zu entnehmen. Es kann daher dahinstehen, welche Bedeutung einer Zustimmung des Zivildienstpflichtigen zu einer beabsichtigten Unterbrechung des Zivildienstes bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines diesbezüglichen Bescheides zukommen könnte.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2002

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001110191.X00

Im RIS seit

21.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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