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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG-GV 1997 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Mag. A. Traumüller-Haynaly, Rechtsanwältin in 8045 Graz, Schöckelbachweg 43, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 21. Juni 2001, Zl. 11 - 39 - 1512/01 - 1, betreffend Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen das auf § 32 Abs. 1 Führerscheingesetz gestützte Lenkverbot (laut Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides) richtet, als unbegründet abgewiesen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz wird der Entscheidung über die Beschwerde, soweit sie sich gegen das auf § 59 Abs. 1 lit. a StVO 1960 gegründete Lenkverbot (laut Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides) richtet, vorbehalten.
Begründung
Der im Jahr 1914 geborene Beschwerdeführer besitzt seit 1995 wegen des Mangels seiner gesundheitlichen Eignung keine Lenkberechtigung mehr. Auf Grund von Bedenken gegen seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10. April 2000 die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens innerhalb von vier Monaten aufgetragen. Nach Verstreichen dieser Frist wurde ihm mit Bescheid vom 16. August 2000 die "Erlaubnis" zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen "entzogen".
Am 4. April 2001 unterzog sich der Beschwerdeführer bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle Dr. S. in Graz einer Untersuchung. In der darüber erstatteten Stellungnahme vom 18. April 2001 werden die Testverfahren beschrieben und ausgeführt, dass bei einer Reihe von Verfahren der Test trotz dreimaliger Einschulung abgebrochen werden musste. Die Prüfung der Schnelligkeit der Beobachtung erbrachte ein deutlich unter der Norm liegendes Ergebnis. Auch die Überblicksgewinnung wurde als inadäquat festgestellt. In der Zusammenfassung der Stellungnahme wird Folgendes ausgeführt:
"Der Proband K. P. , geboren am 06.11.1914, erbrachte bei der verkehrspsychologischen Untersuchung am 04.04.2001 in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen der Konzentrationsfähigkeit, der Sensomotorik (Zweihandkoordination), der Beobachtungsfähigkeit, des Reaktionsverhaltens inklusive der reaktiven Belastbarkeit und der kognitiv-intellektuellen Grundfunktionen inklusive der Merkfähigkeit entweder völlig inadäquate oder deutlich unter der Norm reduzierte Ergebnisse. Mehrheitlich war eine reguläre Testdurchführung gar nicht möglich, da es dem Probanden nicht gelang, sich auf die einzelnen Testverfahren einzustellen, trotzdem die Eingewöhnungs- bzw. Instruktionsphase - unüblicherweise - jeweils dreimal durchgezogen wurde. Der Proband wirkte völlig überfordert- z.T. zerfahren - durch die Testsituation, blieb aber im realitätsfernen Glauben, er hätte ohnehin ausreichend gut abgeschnitten.
Auf Grund der Testergebnisse besteht beim Probanden keine ausreichende Eignung mehr, mit einem mit einem Motor betriebenen Fahrzeug am öffentlichen Verkehr teilzunehmen bzw. ein öffentliches Straßennetz damit zu benützen."
Im Gutachten der Amtsärztin vom 4. Mai 2001 wurde der Beschwerdeführer als verlangsamt, nicht einsichtig und perseverierend bezeichnet. Er zeige deutliche Leistungseinbußen in allen Bereichen. Es liege ein deutlicher cerebraler Abbau vor, ohne Einsicht in eigene Defizite. Der Beschwerdeführer sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen aller Klassen und von Motorrädern nicht geeignet.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2001 verbot die Bezirkshauptmannschaft Weiz dem Beschwerdeführer gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1, § 8 Abs. 3 Z. 4 und § 3 Abs. 1 Z. 3 Führerscheingesetz - FSG das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen (Spruchpunkt 1.). Gemäß § 59 Abs. 1 lit. a StVO 1960 wurde dem Beschwerdeführer das Lenken sämtlicher motorbetriebenen Fahrzeuge verboten, die ohne besondere Berechtigung gelenkt werden dürfen, wobei unter dieses Verbot insbesondere auch Zugmaschinen, mit denen eine Fahrgeschwindigkeit von 10 km/h nicht überschritten werden kann, fallen (Spruchpunkt 2.). In der Begründung dieses Bescheides stützte sich die Behörde auf die oben genannte verkehrspsychologische Stellungnahme vom 18. April 2001 und das darauf basierende Gutachten der Amtsärztin vom 4. Mai 2001. Der Beschwerdeführer weise Leistungsmängel auf, die nicht kompensierbar seien und die ihn zum Lenken von Fahrzeugen aller Art auf der Straße absolut ungeeignet machten.
Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Vorweg sei festgehalten, dass sich das vorliegende Erkenntnis nur auf das gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG ausgesprochene Lenkverbot bezieht. Soweit die Beschwerde das nach § 59 Abs. 1 lit. a StVO 1960 ausgesprochene Lenkverbot bekämpft, wird über die Beschwerde gesondert von dem dafür zuständigen Senat entschieden werden.
Gemäß § 32 Abs. 1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig sind oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 1, 26 und 29 Abs. 1 bis 3 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges
1.
ausdrücklich zu verbieten,
2.
nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden oder
3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.
Das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges entgegen einer behördlichen Verfügung nach Z. 1, 2 oder 3 ist unzulässig. Eine solche Verfügung ist aufzuheben, wenn der Grund für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist.
Auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens, das sich auf die verkehrspsychologische Stellungnahme stützen konnte, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer gesundheitlich nicht mehr geeignet ist, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, und dass er als Lenker eines derartigen Kraftfahrzeuges die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährden werde.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, diesbezüglich einen Verfahrensfehler oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung der belangten Behörde darzutun. Soweit der Beschwerdeführer seine jahrzehntelange verdienstvolle Tätigkeit als Bürgermeister ins Treffen führt, ist ihm zu erwidern, dass diese Tätigkeit und auch das langjährige Lenken von Kraftfahrzeugen in der Vergangenheit nichts über seine derzeitige gesundheitliche Eignung zum Lenken derartiger Kraftfahrzeuge aussagen. Mit seinen Ausführungen, es sei ihm auf Grund seines Alters nicht möglich gewesen, einzelne Testaufgaben zu bewältigen, tut der Beschwerdeführer keine Gründe dar, die die Verwertung der verkehrspsychologischen Stellungnahme im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen der FSG-GV unzulässig gemacht hätten.
Verkehrspsychologische Tests sind darauf angelegt, bei Probanden alters- und übungsbedingt erwachsende Schwierigkeiten im Umgang mit Testgeräten zu berücksichtigen und auszugleichen (siehe dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0138 und Zl. 2000/11/0152, jeweils mwN).
Im Hinblick auf die Schwere der beim Beschwerdeführer festgestellten Mängel seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit und die davon beim Lenken von Kraftfahrzeugen ausgehende Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bestand auch nicht die Möglichkeit, ihm das Lenken der genannten Kraftfahrzeuge unter örtlichen Beschränkungen zu gestatten.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz war im Hinblick auf § 50 VwGG der Entscheidung über die Beschwerde, soweit sie sich gegen das auf § 59 Abs. 1 lit. a StVO 1960 gegründete Lenkverbot richtet, vorzubehalten.
Wien, am 26. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001110252.X00Im RIS seit
17.05.2002