TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/26 2001/11/0203

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Veröffentlicht am 26.02.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
44 Zivildienst;

Norm

VwGG §34 Abs1 impl;
ZDG 1986 §15 Abs2 Z2;
ZDG 1986 §15 Abs3;
ZDG 1986 §17 Z1;
ZDG 1986 §18 Z3;
ZDG 1986 §19 Abs3;
ZDG 1986 §20;
ZDG 1986 §23c;
ZDG 1986 §63;
ZDG 1986 §65;
ZDG 1986 §7 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des C in K, vertreten durch Mag. Dr. Reimer Bahr, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 2001, Zl. 241 561/3-IV/3/b/01, betreffend Unterbrechung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der (im Jahr 1981 geborene) Beschwerdeführer ist zivildienstpflichtig. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 2000 wurde er mit Wirkung vom 1. Februar 2001 bis 31. Jänner 2002 dem Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband Kärnten, zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Bei dieser Einrichtung hatte er Hilfsdienste zu leisten.

Mit Schreiben vom 2. Mai 2001 berichtete die Bezirksstelle Hermagor des Österreichischen Roten Kreuzes der Bezirkshauptmannschaft Hermagor, dass der Beschwerdeführer im März 2001 vier Tage unentschuldigt dem Dienst fern geblieben sei. Für den Krankenstand vom 2. April 2001 bis 1. Mai 2001 sei die Krankmeldung verspätet am 23. April 2001 abgegeben worden. Dem Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Hermagor lag eine Kopie des Schreibens der Bezirksstelle an den Landesverband Kärnten vom 18. April 2001 bei, in dem im Hinblick auf näher beschriebene Abwesenheiten des Beschwerdeführers vom Dienst um Prüfung des Sachverhaltes bzw. Vorladung des Zivildienstleistenden zur Abklärung der weiteren Vorgangsweise gebeten wurde.

Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 24. April 2001 ersuchte der Beschwerdeführer die belangte Behörde um Versetzung zu einer Dienststelle des Roten Kreuzes in der Stadt Salzburg oder in Wien.

Der Landesverband Kärnten des Österreichischen Roten Kreuzes ersuchte mit Schreiben vom 4. Mai 2001 die belangte Behörde, den Beschwerdeführer so rasch wie möglich abzuberufen. Auf Grund der durch näher bezeichnete Krankenstände und Abwesenheiten belegten Unzuverlässigkeit des Beschwerdeführers bestehe seitens des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Kärnten, weder die Möglichkeit noch die Bereitschaft, den Beschwerdeführer weiter einzusetzen.

Nach dem Inhalt eines in den Akten der belangten Behörde befindlichen Aktenvermerkes vom 31. Mai 2001 wurden in der Zeit vom 29. bis 31. Mai 2001 fünf näher genannte Einrichtungen "zwecks eventueller Versetzung kontaktiert". In Kenntnis des Sachverhaltes sei "von den jeweiligen Vorgesetzten die Zustimmung zu einer Versetzung verweigert" worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Z. 3 Zivildienstgesetz 1986 - ZDG der Zivildienst des Beschwerdeführers mit Wirkung vom 6. Juni 2001 unterbrochen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach dem Schreiben des Landesverbandes Kärnten des Österreichischen Roten Kreuzes seien trotz mehrerer Versuche, den Beschwerdeführer in einen sinnvollen Arbeitsablauf zu integrieren, auf Grund seiner häufigen Abwesenheiten immer wieder Probleme entstanden, die eine "Versetzung bzw. Abziehung notwendig machen würden". Dies habe Anlass zum Einschreiten von Amts wegen geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers während der Verpflichtung zur Dienstleistung sei von auffallender Sorglosigkeit seinen Pflichten gegenüber gekennzeichnet, sodass die Eignung zur Leistung des Dienstes bei einer Einrichtung auf dem Gebiet des Rettungswesens (ÖRK, Landesverband Kärnten) als nicht gegeben anzusehen und dem Antrag auf Veränderung der zuletzt verfügten Zuweisung zu entsprechen gewesen sei. Eine Verfügung gemäß § 17 ZDG (Änderung der Dienstleistung bei der gleichen Einrichtung) sowie eine solche nach § 18 ZDG (Zuweisung zu einer anderen geeigneten Einrichtung) sei mangels Zustimmung geeigneter Rechtsträger zu einer Versetzung derzeit nicht möglich. Am 31. Mai 2001 sei der Beschwerdeführer von der Notwendigkeit der getroffenen Verfügung in Kenntnis gesetzt worden und habe dagegen keinen Einwand erhoben.

Gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Z. 3 ZDG sei der Zivildienst zu unterbrechen, wenn die Eignung zur Erbringung der vom Zivildiener geforderten Dienstleistungen nicht gegeben sei und Rechtsträger geeigneter anderer Einrichtungen die gemäß § 20 ZDG erforderliche Zustimmung zu einer Versetzung im Hinblick auf die mangelnde Eignung verweigerten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG von Bedeutung:

"§ 7. (4) Der ordentliche Zivildienst ist, von den im Abs. 3 und in § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 3, § 19a Abs. 5 und § 19b geregelten Ausnahmefällen abgesehen, ohne Unterbrechung zu leisten.

...

§ 17. Der Bundesminister für Inneres hat den Zivildienstpflichtigen zu einer anderen Dienstleistung in derselben Einrichtung zu verpflichten, wenn

1. seine Eignung für die bisherige Dienstleistung nicht mehr gegeben ist,

2. die Einrichtung keinen Bedarf mehr an seinen Dienstleistungen der bisherigen Art hat oder

3. den Interessen des Zivildienstes durch eine andere Art der Dienstleistung besser entsprochen wird.

§ 18. Der Bundesminister für Inneres hat den Zivildienstpflichtigen einer anderen Einrichtung zuzuweisen, wenn

1. die Anerkennung der bisherigen Einrichtung als Träger des Zivildienstes widerrufen wurde (§ 4 Abs. 4),

2. die bisherige Einrichtung keinen Bedarf mehr an den Dienstleistungen des Zivildienstpflichtigen hat, sofern eine Verfügung nach § 17 Z. 2 nicht in Betracht kommt,

3. die Eignung des Zivildienstpflichtigen für die Dienstleistungen nicht mehr gegeben ist, sofern eine Verfügung nach § 17 Z. 1 nicht in Betracht kommt,

4. die bisherige Einrichtung von einem Streik oder einer Aussperrung betroffen wird oder

5. den Interessen des Zivildienstes durch die Dienstleistung bei einer anderen Einrichtung besser entsprochen wird.

....

§ 19. (1) Die Verfügungen nach den §§ 17 und 18 sind vom Bundesminister für Inneres von Amts wegen, auf Antrag des Zivildienstpflichtigen oder auf Antrag des Rechtsträgers der Einrichtung zu treffen.

(2) In Zweifelsfällen des § 17 Z. 1 und § 18 Z. 3 hat die für den Aufenthaltsort des Zivildienstleistungen zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über Ersuchen des Bundesministers für Inneres ein amtsärztliches Gutachten einzuholen und sich über die gesundheitliche Eignung zur weiteren Dienstleistung zu äußern. Im Falle einer Dienstunfähigkeit (§ 19a Abs. 1) hat das Gutachten auch deren Beginn und voraussichtliche Dauer anzugeben.

(3) Wenn im Falle des § 18 die Voraussetzungen der Z. 1, 2 oder 3 vorliegen, eine geeignete andere Einrichtung aber nicht zu finden ist, hat der Bundesminister für Inneres den Dienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen. Für die verbleibende Dienstzeit hat sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.

...

§ 20. In den Verfahren nach diesem Abschnitt kommt nicht nur dem Zivildienstpflichtigen, sondern auch dem Rechtsträger der Einrichtung Parteistellung zu."

Aus § 7 Abs. 4 ZDG ergibt sich der Anspruch des Zivildienstpflichtigen, den ordentlichen Zivildienst - abgesehen von den in dieser Gesetzesstelle genannten Ausnahmen - ohne Unterbrechung zu leisten. Durch eine rechtswidrige Unterbrechung des Zivildienstes wird er in diesem Recht verletzt (siehe dazu u. a. die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1998, Slg. Nr. 12.688/A, und vom 21. Mai 1996, Zl. 95/11/0386).

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Eignung des Beschwerdeführers für die bisherige Dienstleistung nicht mehr gegeben sei (§ 17 Z. 1 ZDG). Sie begründet dies damit, das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers während der Verpflichtung zur Dienstleistung sei durch auffallende Sorglosigkeit seinen Pflichten gegenüber gekennzeichnet, ohne allerdings Sachverhaltsfeststellungen dazu zu treffen, sodass nicht erkennbar ist, von welchem konkreten Sachverhalt sie in diesem Zusammenhang ausgeht. Dass der Beschwerdeführer zu den Hilfsdiensten, zu deren Leistung er zugewiesen worden war, nicht mehr in der Lage ist, kann auf Grund der Aktenlage nicht erkannt werden. Ein amtsärztliches Gutachten im Sinne des § 19 Abs. 2 ZDG wurde dazu nicht eingeholt.

Die belangte Behörde spricht mit der "auffallenden Sorglosigkeit" offenbar das ihr vom Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband Kärnten, bekannt gegebene grundlose Fernbleiben des Beschwerdeführers vom Dienst und die Nichtvorlage oder verspätete Vorlage von ärztlichen Bestätigungen über seine Erkrankungen an. Sie verkennt damit die Rechtslage, weil derartige Verfehlungen nicht die Eignung zur Dienstleistung beeinträchtigen. Die Behörde hat in Fällen, in denen der Zivildienstpflichtige vorsätzlich (oder grob fahrlässig) keinen Zivildienst geleistet hat, mit der Nichteinrechnung von Zeiten in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 15 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 ZDG vorzugehen. Im Übrigen sind das vorsätzliche Fernbleiben vom Dienst sowie die Verletzung von Anzeige- und Nachweispflichten gemäß § 23c ZDG Verwaltungsübertretungen gemäß § 63 bzw. § 65 ZDG. Die belangte Behörde hatte keinen Grund, den Wegfall der Eignung des Beschwerdeführers für die bisherigen Dienstleistungen im Sinne des § 17 Z. 1 ZDG anzunehmen. Es bestand demnach auch kein Anlass, die Zuweisung zu einer anderen Einrichtung gemäß § 18 Z. 3 ZDG zu versuchen. Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch darauf hingewiesen, dass die in diesem Zusammenhang gegebene Begründung der belangten Behörde, mangels Zustimmung der Rechtsträger anderer Einrichtungen habe die Versetzung nicht erfolgen können, verfehlt ist, weil die Zustimmung des Rechtsträgers nicht Voraussetzung für die Zuweisung eines bestimmten Zivildienstpflichtigen ist. Zur näheren Begründung wird diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag Zl. 2001/11/0191 hingewiesen.

In dem Schreiben, mit dem die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt hat, hat sie auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im Schreiben vom 24. April 2001 hingewiesen. Dieses Schreiben, das in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht einmal erwähnt wird, stellt keinen Grund für die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Verfügung dar. Der Versetzungswunsch des Beschwerdeführers (nach Salzburg oder Wien) berührt nämlich nicht die in § 19 Abs. 3 ZDG genannten Voraussetzungen gemäß § 18 Z. 1, 2 oder 3 ZDG.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2002

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001110203.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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