Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ZustG §25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in M, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 6. August 2001, Zl. Ib-277- 92/2001, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz versuchte, dem Beschwerdeführer ihren Bescheid vom 13. Juli 1999 betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung unter einer näher bezeichneten Anschrift in ihrem Zuständigkeitsbereich zuzustellen. Dieses Schriftstück wurde der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz von der Post am 15. Juli 1999 mit der Mitteilung rückgemittelt, dass der Beschwerdeführer verzogen sei. Eine fernmündliche Anfrage vom 29. Juli 1999 beim zuständigen Gemeindeamt ergab, dass der Beschwerdeführer nach W., N-Weg 5, im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Bregenz verzogen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz übersandte die Verwaltungsakten dieser Behörde.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz forderte den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17. August 1999 zur Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens auf. Der Zustellversuch an der angegebenen Adresse blieb erfolglos, weil der Beschwerdeführer nach Auskunft des Postamtes unbekannt verzogen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz ersuchte daraufhin den Gendarmerieposten W. um Durchführung der Zustellung bzw. für den Fall, dass sich der Beschwerdeführer an der angegebenen Adresse nicht aufhalte, um entsprechende Erhebungen.
Nach dem Bericht des Gendarmeriepostens W. an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 31. August 1999 war der Beschwerdeführer an der angegebenen Adresse (einer Pension) nicht mehr wohnhaft. Dies habe eine Nachschau und die Rücksprache mit der Pensionsinhaberin ergeben. Nach Auskunft des Meldeamtes habe sich der Beschwerdeführer am 20. Juli 1999 an eine näher bezeichnete Anschrift (im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz) abgemeldet. Dabei handle es sich allerdings nach der Auskunft des zuständigen Gendarmeriepostens um einen unbewohnten Rohbau.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz retournierte hierauf die Akten an die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz.
Deren neuerlicher Versuch, dem Beschwerdeführer einen Bescheid mit der Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung unter der ursprünglichen Adresse zuzustellen, scheiterte, weil der Beschwerdeführer von der genannten Adresse verzogen war. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz ersuchte den zuständigen Gendarmerieposten um Bekanntgabe der Wohnanschrift des Beschwerdeführers. Nach dem Bericht des Gendarmeriepostens G. vom 25. November 1999 an die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz war der Beschwerdeführer unter der (im Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Bregenz gelegenen) Anschrift in W. 22 wohnhaft und gemeldet. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz trat hierauf die Akten wiederum an die Bezirkshauptmannschaft Bregenz ab.
Am 21. September 1999 hatte vor dem Landesgericht Feldkirch die Hauptverhandlung gegen den Beschwerdeführer in einer Strafsache wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz stattgefunden. Dabei hatte der Beschwerdeführer angegeben, jetzt in M., W. 22, wohnhaft und gemeldet zu sein. Der Beschwerdeführer wurde wegen der genannten strafbaren Handlungen mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 21. September 1999, bestätigt durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 1. Dezember 1999, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hielt dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. Februar 2000 die genannte rechtskräftige Bestrafung vor. Sie versuchte, dieses Schreiben unter der Anschrift M., W. 22, zuzustellen. Diese Zustellung blieb erfolglos, weil der Beschwerdeführer nach der Mitteilung des zuständigen Postamtes von dieser Anschrift verzogen war. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz ersuchte hierauf den Gendarmerieposten H. um Zustellung des Schriftstückes und für den Fall, dass sich der Beschwerdeführer an der angegebenen Adresse nicht aufhalte, um entsprechende Erhebungen. Nach dem Bericht des Gendarmeriepostens H. vom 20. März 2000 war der Beschwerdeführer in M., W. 22, nicht mehr wohnhaft. Die aktuelle Anschrift sei nicht bekannt.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz verfügte hierauf die Zustellung des Schreibens vom 24. Februar 2000 durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz. Der Anschlag an der Amtstafel erfolgte am 5. April 2000.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2000 entzog die Bezirkshauptmannschaft Bregenz dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, § 7 Abs. 2 und 4 Z. 5 und § 25 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klassen B, F und G für die Zeit von 24 Monaten ab Zustellung des Bescheides. Auch hinsichtlich dieses Bescheides verfügte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz. Der Anschlag an der Amtstafel erfolgte am 10. Mai 2000.
Am 29. August 2000 wurde der Beschwerdeführer auf Grund einer vom Landesgericht Feldkirch verfügten Ausschreibung zur Verhaftung zum Vollzug der Freiheitsstrafe verhaftet und zur Verbüßung der Freiheitsstrafe in die Justizanstalt Feldkirch eingeliefert.
Am 18. Mai 2001 erschien der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Dabei wurde ihm die Ausfertigung des Bescheides vom 3. Mai 2000 übergeben. Ihm wurde mitgeteilt, dass der Bescheid auf Grund der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Der Beschwerdeführer teilte mit, dass er vor ca. zwei Wochen nach Verbüßung der achtmonatigen Freiheitsstrafe entlassen worden sei und dem Auftrag zur Ablieferung des Führerscheines in den nächsten Tagen nachkommen werde. Eine Ausfertigung der darüber errichteten Niederschrift wurde dem Beschwerdeführer durch postamtliche Hinterlegung am 6. Juni 2001 (Beginn der Abholfrist 7. Juni 2001) zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2001 erhob der Beschwerdeführer (vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter) Berufung gegen den Bescheid vom 3. Mai 2000. In dieser Berufung wird von einer Zustellung des Bescheides am 15. Mai 2001 ausgegangen und die Herabsetzung der festgesetzten Entziehungsdauer beantragt.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2001 wies die belangte Behörde darauf hin, dass der Bescheid vom 3. Mai 2000 durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz zugestellt worden sei. Die entsprechende Bekanntmachung sei vom 10. Mai 2000 bis 29. Mai 2000 an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Bregenz angeschlagen gewesen. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung als verspätet zurückzuweisen. Dem Beschwerdeführer werde die Möglichkeit gegeben, innerhalb von zwei Wochen dazu schriftlich Stellung sowie Akteneinsicht zu nehmen.
Auf dieses, dem Vertreter des Beschwerdeführers am 2. Juli 2001 zugestellte Schreiben erfolgte keine Reaktion.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß den §§ 63 Abs. 5 und 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Erstbehörde habe wiederholt versucht, den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu ermitteln. Da dies nicht möglich gewesen sei, habe sie in der Zeit vom 10. bis 29. Mai 2000 ein Schreiben an der Amtstafel angeschlagen, dass der zuzustellende Bescheid bei der Behörde liege. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Abs. 1 Zustellgesetz sei zulässig gewesen. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei unbekannt gewesen, es sei kein Zustellbevollmächtigter bevollmächtigt worden und es sei auch nicht nach § 8 Zustellgesetz vorzugehen gewesen. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides sei mit 25. Mai 2000 bewirkt worden. Die Berufung sei daher verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der für den Beschwerdefall maßgebende § 25 Zustellgesetz hat
folgenden Wortlaut:
"Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung
§ 25. (1) Zustellungen an Personen, deren Abgabestelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, können, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Anschlag an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Schriftstück bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfangnahme des Schriftstückes (§ 24) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind.
(2) Die Behörde kann die öffentliche Bekanntmachung in anderer geeigneter Weise ergänzen."
Eine Abgabestelle des Beschwerdeführers war der Bezirkshauptmannschaft Bregenz nicht bekannt. Ihr lagen Gendarmerieberichte darüber vor, dass der Beschwerdeführer an den nach der Aktenlage in Betracht kommenden Adressen nicht mehr aufhältig war und dass auch kein neuer Aufenthaltsort auszuforschen gewesen sei. Auch hinsichtlich der letzten, auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers im Strafverfahren vor dem Landesgericht Feldkirch (in der Hauptverhandlung vom 21. September 1999) bekannten Anschrift ergab sich auf Grund des Berichtes des zuständigen Gendarmeriepostens H., dass der Beschwerdeführer dort nicht mehr wohnhaft und eine neue Anschrift nicht bekannt war. Die belangte Behörde hat damit die nach der Aktenlage ihr zumutbaren Ermittlungen zur Ausforschung einer Abgabestelle des Beschwerdeführers durchgeführt, diese haben aber zu keinem Ergebnis geführt. Die Abgabestelle des Beschwerdeführers blieb unbekannt.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang im Hinblick auf seine rechtskräftige Verurteilung eine Anfrage bei den "entsprechenden Strafvollzugsanstalten des Landes Vorarlberg" vermisst, ist er darauf hinzuweisen, dass der Vorführungsbefehl des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. Jänner 2000 zum Vollzug der rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe wegen seines unsteten Aufenthaltes nicht vollzogen werden konnte. Die in der Folge verfügte Ausschreibung zur Verhaftung zum Vollzug der Freiheitsstrafe führte erst am 29. August 2000 zur Verhaftung und Einlieferung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt Feldkirch. Es ist daher nicht zu erkennen, welches Ergebnis eine Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vor der Erlassung des Bescheides vom 3. Mai 2000 bei den Strafvollzugsanstalten hätte erbringen können. Auch den Beschwerdeausführungen ist nicht zu entnehmen, von wann bis wann sich der Beschwerdeführer an bestimmten Orten aufgehalten haben und inwiefern der Behörde deren Ermittlung möglich gewesen sein soll. Soweit der Beschwerdeführer an anderen Stellen der Beschwerde behauptet, er sei während der Zeit der Zustellung des Bescheides vom 3. Mai 2000 durch öffentliche Bekanntmachung wegen Verbüßung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten im Gefangenenhaus des Landesgerichtes Feldkirch aufhältig gewesen, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese - erstmals in der Beschwerde aufgestellte - Behauptung aktenwidrig ist. Der Beschwerdeführer wurde nämlich - wie bereits erwähnt - erst am 29. August 2000 verhaftet und zur Verbüßung der Freiheitsstrafe von acht Monaten in die Justizanstalt Feldkirch eingeliefert. Die genannten Beschwerdebehauptungen sind auch nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Erstbehörde vom 18. Mai 2001 in Einklang zu bringen, wonach er erst vor ca. zwei Wochen aus der Haftanstalt entlassen worden sei, nachdem er die Freiheitsstrafe von acht Monaten verbüßt habe.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz hatte auch nicht nach § 8 Zustellgesetz vorzugehen, weil der Beschwerdeführer von dem auf Grund seiner rechtskräftigen Verurteilung gegen ihn eingeleiteten Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit keine Kenntnis hatte. Ihn traf daher nicht die Verpflichtung, eine Änderung der Abgabestellung gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz der Behörde bekannt zu geben. Da auch kein Zustellbevollmächtigter bestellt worden war und es sich bei dem Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung nicht um ein Strafverfahren handelt, stand der Zustellung des Bescheides durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz kein rechtliches Hindernis entgegen. Im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit dieser Zustellung war die mit Schriftsatz vom 29. Mai 2001 erhobene Berufung verspätet. Die Zurückweisung der Berufung erweist sich daher als nicht rechtswidrig. Ob die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist vorgelegen wären, brauchte nicht beurteilt zu werden, weil ein Wiedereinsetzungsantrag nach der Aktenlage nicht gestellt wurde und auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist. Im Hinblick darauf, dass es im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur um die Rechtzeitigkeit der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung geht, war auf die Beschwerdeausführungen, soweit sie die im erstinstanzlichen Bescheid vom 3. Mai 2000 festgesetzte Entziehungsdauer bekämpfen, nicht weiter einzugehen.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 26. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001110305.X00Im RIS seit
17.05.2002