Index
L85003 Straßen Niederösterreich;Norm
LStG NÖ 1979 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Gottfried Pfeffer in Breitenstein, vertreten durch Dr. Johannes Ehrenhöfer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Str. 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Juni 1999, Zl. RU1-V-93051/02, betreffend Feststellung der Öffentlichkeit einer Privatstraße (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Breitenstein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde führte am 25. November 1992 von Amts wegen eine Verhandlung durch, deren Gegenstand die Klärung der Merkmale der Öffentlichkeit jener Privatstraße bildete, welche einen Teil einer Verbindung zwischen dem Ortszentrum Breitenstein und dem Ortsteil Klamm schafft. Die Privatstraße besteht aus den Wegparzellen (von Breitenstein in Richtung Klamm) Nr. 446/2, die im Eigentum des Beschwerdeführers steht, Nr. 466/3, die im Eigentum der NÖ Gebietskrankenkasse steht, und Nr. 466/4, 1138, .43 und 1139/1, die im Eigentum des Beschwerdeführers stehen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 1992 stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Straßenbehörde erster Instanz fest:
"1. Der Privatstraße der Hermine und des Gottfried Pfeffer (=Beschwerdeführer), beginnend beim Haus Nr. 189 und endend beim Haus Nr. 37 (Wegparzellen ...) kommen gemäß § 2 Abs. 1 NÖ Landesstraßengesetz, LGBl. 8500-0, die Merkmale der Öffentlichkeit zu.
2. Die unter Z. 1 bezeichnete Straße dient dem Fußgängerverkehr, dem Radfahr- und dem Fahrzeugverkehr (auch mit Fahrzeugen zur Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe).
3. Die Verhandlungsschrift vom 25.11.1992 liegt dem Bescheid bei und bildet hinsichtlich der Erklärungen sowie des Gutachtens des straßenverkehrstechnischen Sachverständigen einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides.
4. Die in der Natur bereits vorhandenen Absperrungen bzw. die aufgestellten Fahrverbotstafeln sind aus den unter Z. 1 bis 3 genannten Gründen und unter Hinweis auf § 5 des NÖ Landesstraßengesetzes zu entfernen."
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung blieb ebenso erfolglos wie seine Vorstellung; auf Grund seiner Beschwerde wurde vom VwGH mit Erkenntnis vom 28. März 1995, Zl. 93/05/0210, der diesbezügliche Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juli 1993 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die Vorstellungsbehörde die vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Verfahrensmängel des gemeindebehördlichen Verfahrens nicht wahrgenommen hatte.
Vom Beschwerdeführer war einerseits das Bestehen eines 30- jährigen Gemeingebrauches bestritten, andererseits waren langjährige Behinderungen des Gemeingebrauches behauptet worden. Der Verwaltungsgerichtshof gelangte in Anwendung des § 1488 ABGB zum Ergebnis, dass der Gemeingebrauch dann nicht mehr festgestellt werden könne, wenn Widersetzungsmaßnahmen mindestens 3 Jahre lang vor der Einleitung des Verfahrens (hier: vor der Verständigung über die Einleitung des Verfahrens, den Beschwerdeführern zugestellt am 16. Oktober 1992) gesetzt worden waren. Wenn feststehe, dass diese 3-Jahresfrist noch nicht verstrichen sei, müsste der Gemeingebrauch durch volle 30 Jahre zuvor stattgefunden haben. Zur Klärung dieser Fragen hätten die vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen vernommen werden müssen; allerdings wies der Verwaltungsgerichtshof auch darauf hin, dass der Benützung durch Anrainer keine Relevanz zukomme, weil diese nicht den gesetzlichen Tatbestand "jedermann" erfüllten. Wörtlich wurde für das weitere Verfahren ausgeführt:
"Im fortgesetzten Verfahren wird darauf zu achten sein, dass durch Aufnahme weiterer Zeugenbeweise und durch eine sorgfältige Beweiswürdigung geklärt wird, wann welche Hinderungsmaßnahmen gesetzt wurden und ob die Benützung 30 Jahre zuvor ununterbrochen von jedermann erfolgte. Sollten sich nur Behinderungen durch Weidezäune zu bestimmten Zeiten herausstellen, vermögen diese Behinderungen den Gemeingebrauch möglicherweise nicht zu unterbrechen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich im Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0122, ausgeführt, es entspreche der Lebenserfahrung, dass Weidezäune vor allem dazu dienen, die Tiere am Entweichen zu hindern, nicht aber auch die allgemeine Benützung des über die Weide führenden Weges einer Beschränkung zu unterwerfen. Es muss also geklärt werden, für welche Verkehrsmittel die Weidezäune ein Hindernis waren und ob sie ohne weiters von jedermann geöffnet werden konnten, sodass allenfalls eine effektive Hinderung der Benützung nicht gegeben war."
Aber auch zur Frage des weiteren Merkmales der Befriedigung eines notwendigen Verkehrsbedürfnisses sah der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren als mangelhaft an:
"Eine Verkürzung um 800 m mag für Fußgänger, Radfahrer und wohl auch Traktoren ein Verkehrsbedürfnis rechtfertigen; bei motorisierten Fahrzeugen stellt sich aber die Frage, ob bei einer rund 5 km langen Strecke diese Verkürzung wirklich durch die damit verbundenen Nachteile (Breite nur 3 m, lange Strecken keine Ausweichmöglichkeiten, Schotteroberfläche) nicht kompensiert wird. Jedenfalls kann die zeitliche Komponente nicht unberücksichtigt bleiben, weil ein notwendiges Verkehrsbedürfnis nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht anzunehmen ist, wenn eine andere kaum längere taugliche Verkehrsverbindung zur Verfügung steht (hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 84/05/0064, m.w.N.). "Tauglich" ist aber eine Verbindung wohl nur dann, wenn sie zumindest in derselben Zeit bewältigt werden kann, wie die (entfernungsmäßig) längere Alternativstrecke."
Nach dem auf Grund dieses Erkenntnisses ergangenen aufhebenden Bescheid der belangten Behörde führte die Berufungsbehörde am 3. November 1995 eine Verhandlung durch, bei der insgesamt 13 Zeugen einvernommen wurden. Zusammen gefasst haben diese Zeugen, wie in einem späteren Berufungsbescheid dargestellt, Folgendes ausgesagt:
"Pfeffer Ingrid
Seit ca. 10 bzw. 15 Jahren sind Absperrungen vorhanden. Sie kann sich nicht erinnern, dass jemals ein Schild mit "Durchfahrt verboten" oder "Durchfahrt bis auf Widerruf gestattet" angebracht war. Ihr ist nicht bekannt, dass ein bestimmter Personenkreis von der Benützung des Weges ausgeschlossen ist. Absperrungen und Beanstandungen fanden ca. 10 bis 11 mal pro Jahr durch die Zeugin statt. Die Fahrverbotstafeln stehen seit ca. 13 bis 14 Jahren.
Gendarmerieposten (Helmut Auer)
Bei den Dienstfahrten waren nie Absperrungen vorhanden. Seit 1973 werden sporadisch Kontrollfahrten während des Außendienstes auf dem gegenständlichen Weg vorgenommen (ca. 1x monatlich).
Pfeffer Monika
Sie gibt an, dass seit ca. 1982 das Verkehrszeichen "Fahrverbot" mit Aufschrift "Privatweg" angebracht war. Der Weg wird von Anrainern benützt. Von ihr wurden auch schon Fahrzeuge angehalten und die Benützung des Weges untersagt. Diese haben umgedreht und sind zurückgefahren. Es ist auch vorgekommen, dass nicht jeder Straßenbenützer aufgehalten werden konnte. Teilweise wurden die Luken nach Benützung wieder geschlossen, manchmal auch nicht. Es wurde der Weg aber auch durch den Traktor und Pkw's im Hofbereich derart verstellt, dass eine Durchfahrt nicht möglich war.
Egger Johann
Vor ca. 10 Jahren wurde der Weg zweimal befahren, wobei dieser jedesmal mit Holzstangen versperrt war. Die Benützung des Weges wurde mir nicht untersagt. Seit ein paar Jahren benütze ich den Weg ca. 2x im Jahr, wobei mir keine Absperrungen auffielen.
Probst Erich
In der Zeit von 1980-1985 waren mir zwei Absperrungen bekannt. Ob Fahrverbotstafeln vorhanden waren, kann ich mich nicht erinnern. Einmal war eine Absperrung geschlossen, die ich öffnete, danach wieder schloss und meinen Weg fortsetzte. Ich benütze den Weg, da ich die Erlaubnis von Herrn Pfeffer habe. Ich habe auch beobachtet, dass dort andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Autofahrer den Weg benützen.
Prasch Peter
Soweit ich mich erinnern kann, waren Absperrungen vorhanden. Ich fahre ca. 10 x im Jahr diesen Weg und habe diese Absperrungen nie als Problem angesehen, da sie für den Weidebetrieb notwendig sind und leicht zu öffnen und zu schließen waren. Als Wassermeister wird der Weg benützt, da er vom Hochbehälter Klamm zum HB Breitenstein der kürzeste Weg ist. Bei der Benützung in den Sommermonaten waren die Weideabsperrungen 2-3x geschlossen.
Handler Friedrich
In der Zeit 1980-1981 wollte ich den Weg öfters benutzen, es wurden jedesmal Absperrungen vorgefunden (Traktor, andere Fahrzeuge, Gatter, Schotterhaufen), sodass ich umkehren musste. Seit dieser Zeit benutze ich diesen Weg nicht mehr. Insgesamt musste ich ca. 10x umdrehen.
Polleres August
Bei der Benützung des Weges waren des Öfteren Absperrungen vorhanden. Wenn abgesperrt war, musste ich mein Fahrzeug wenden und zurückfahren. Um nach Breitenstein zu gelangen, fahre ich durch den Adlitzgraben.
Hirsch Christine
1986 und 1987 wollte ich mehrmals von Breitenstein nach Klamm zum Friedhof fahren. Beim Haus Pfeffer versperrten mir Balken bzw. Fahrzeuge den Weg. Ich musste umkehren und über den Adlitzgraben nach Klamm fahren. Bei der Benützung des Weges fielen mir keine Verkehrszeichen oder Tafeln auf.
Weinzettl Barbara
Vor dem Haus Pfeffer war eine Absperrung vorhanden. Ich erinnere mich, diesen Weg bis zum Jahre 1959 regelmäßig selbst benützt zu haben, um nach Gloggnitz zu gelangen. Weiters erinnere ich mich, dass mein Sohn den Weg 1964-1980 uneingeschränkt benutzt hatte. Auch ich fuhr öfters mit, kann mich an keine Absperrungen in dieser Zeit erinnern. Ab 1989/90 konnten auch andere Familienmitglieder nicht durchfahren. Bis zu dieser Zeit klappte die Durchfahrt klaglos
Gschweidl Peter
Im Jahr 1987 versperrte mir beim Anwesen eine Holzschranke den Weg. Auch der Traktor stand im Hof, und wäre ich an diesem nicht vorbeigekommen. Weitere Absperrungen sind mir nicht aufgefallen. Ich fuhr dann über Breitenstein und über die Adlitzgräben nach Schottwien.
Ehrenhöfer Reinhard
Im Jahr 1987 oder 1988 fuhr ich den Weg ca. 10 x mit dem Motorrad. Jedesmal war der Weg bei der Hofeinfahrt mit Holzstangen versperrt. Diesen Weg benutze ich aus rein privaten Gründen.
Auer Blasius
Ich habe als Gerneindearbeiter bis zum Jahre 1984 auf Anweisung des Bürgermeisters den Weg instandgesetzt. Meines Wissens sind bis zu diesem Zeitpunkt keine Absperrungen vorhanden gewesen. Es konnte jedermann zu jeder Zeit diesen Weg ungehindert benutzen, da die Gemeinde den Weg instandhielt. Mir fielen auch keine Fahrverbotstafeln zu diesem Zeitpunkt auf."
In weiterer Folge erstattete der Amtssachverständige der belangten Behörde, Abteilung Verkehrstechnik, nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 1. Juli 1996 ein verkehrstechnisches Gutachten. Der Sachverständige führte aus, dass die Wegverbindung über den "Pfefferhof" bzw. die Alternativstrecke über den Adlitzgraben im Wesentlichen eine Verbindung zwischen Breitenstein im Westen und Klamm/Schottwien im Osten darstellte. Für die Ermittlung von Entfernungen wurden Kreuzungen als Bezugspunkte gewählt, sodass der Sachverständige zu drei Bezugspunkten im Osten und zu sieben Bezugspunkten im Westen gelangte. Zusammenfassend gelangte der Gutachter zu nachstehendem Ergebnis:
"Als Extremwerte für die Entfernung und damit den Zeitbedarf zeigen sich im Maximum die beiden Bezugspunkte jeweils unmittelbar außerhalb des verfahrensgegenständlichen Weges, in der Ermittlung als Pfeffer West und Pfeffer Ost bezeichnet. Im Minimum liegen die beiden Bezugspunkte Kreuzung Richtung Schottwien und Kreuzung Richtung westlicher Teil des Adlitzgrabens.
Die detaillierte Auswertung der Entfernungen innerhalb der verschiedenen Siedlungsgebiete der Gemeinde Breitenstein nach Tabelle l zeigt, dass je nach gewähltem Bezugspunkt die Benützung des Weges über den Pfefferhof eine Verkürzung um bis zu 4,6 km bedeutet. Lediglich in der Verkehrverbindung zwischen dem westlichen Teil des Adlitzgrabens und Schottwien ergibt sich eine Wegverlängerung um 0,4 km.
Für die verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen ergibt sich in Abhängigkeit der erreichbaren Geschwindigkeiten daraus ein Zeitbedarf, der in den Tabellen 2-5 dargestellt ist. Die Extremwerte, wie oben beschrieben, liegen nach dem gewählten Ermittlungsverfahren für Fußgänger zwischen 63,9 Minuten Wegverlängerung und 5,5 Minuten Wegverkürzung. Für Radfahrer liegen die Werte zwischen 30,7 Minuten Verlängerung und 2,7 Minuten Verkürzung. Die Spanne bei Traktoren liegt zwischen 19,2 Minuten mehr und 1,7 Minuten weniger Zeitaufwand. Im reinen PKW-Verkehr ergeben sich Werte zwischen 4,8 Minuten Mehraufwand und 5,2 Minuten Verkürzung bei Wahl der Alternativstrecke über den Adlitzgraben. In Abhängigkeit des anzuwendenden Wertmaßstabes für den Zeitaufwand kann somit die Zumutbarkeitsgrenze festgelegt werden."
Nachdem eine Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. November 1997 mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 1998 aufgehoben worden war, entschied der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 2. Dezember 1998 neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Dezember 1992. Der Berufung wurde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Ausgehend von den Zeugenaussagen, insbesondere der Zeugen, die am 25. November 1992 einvernommen worden waren, stellte die Berufungsbehörde fest, dass der Weg seit mindestens 30 Jahren von jedermann genützt worden sei. Die Benützung sei auch durch Pkw-Fahrer sowie Moped- und Motorradfahrer und durch landwirtschaftliche Fahrzeuge erfolgt. Weiters wurde festgestellt, dass vor dem 6. Oktober 1989 keine Hinderungsmaßnahmen gesetzt worden wären, die eine nachhaltige Wegbenützung gehindert hätten. Es hätte vor dem 16. Oktober 1989 zwar Absperrungen mit Holzstangen gegeben, diese von den Zeugen als "Luken" bezeichneten Absperrungen hätten jedoch jederzeit von jedermann geöffnet werden können. Bezüglich des dringenden Verkehrsbedürfnisses stellte der Gemeinderat fest, dass die Alternativstrecke über den Adlitzgraben für Radfahrer und Fußgänger einen unzumutbaren Zeitaufwand bewirken würde; bezüglich der Autofahrer sei der Zeitaufwand nicht mehr so groß, es liege aber auch hier ein Zeitaufwand vor. Damit seien die Voraussetzungen des § 2 NÖ Landesstraßengesetz gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Zu der von der Berufungsbehörde vorgenommenen Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, auch aus dem scheinbar die Aussage des Vorstellungswerbers stützenden Zeugenaussagen von Personen, welche dem Vorstellungswerber nicht nahe stünden, sei lediglich abzuleiten, dass die vor dem Jahr 1989 durchgeführten Absprerrmaßnahmen ausschließlich dem Weidebetrieb bzw. der landwirtschaftlichen Tätigkeit gedient hätten und daher nur vorübergehender Natur gewesen seien. Der Umstand, dass der Betrieb des Beschwerdeführers als Labestation in Tourismusprospekten angeboten werde, sei ein zwingender Hinweis, dass zumindest für den Wanderbetrieb der Privatstraße Merkmale der Öffentlichkeit zukämen. Unstrittig stelle die Verbindung über den Adlitzgraben im Hinblick darauf, dass es sich dabei um eine staubfrei befestigte Landesstraße handle, in einem besseren Zustand, als die gegenständliche Privatstraße. Wenn auch in Bezug auf den Pkw-Verkehr die Zeitersparnis nicht so groß sei, sei ein öffentliches Verkehrsbedürfnis deshalb gegeben, weil mindestens fünf erhaltenswerte Gebäude im Grünland erschlossen würden. Als weiteres Indiz für das Vorliegen eines allgemeinen Verkehrsbedürfnisses könne angeführt werden, dass über die gegenständliche Privatstraße auch der Verkehr zum Erholungsheim der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse abgewickelt werde und dass auch die ÖBB auf die Benützung dieser Straße angewiesen sei. Daher komme auch der Tatsache Bedeutung zu, dass im Jahr 1988 zwischen dem Vorstellungswerber, der ÖBB, der NÖ Gebietskrankenkasse, einem weiteren Privatinteressenten und der Gemeinde ein Erhaltungsübereinkommen über die gegenständliche Straße abgeschlossen worden sei, wobei die gemeinsame Benutzung dieser Straße vereinbart worden sei. Ein solches Nutzungs- und Erhaltungsübereinkommen wäre nicht zu Stande gekommen, wenn die freiwillig diesem Übereinkommen beigetretenen Parteien hätten damit rechnen müssen, dass ein Mitunterzeichner ein Jahr später sämtliche andere Nutzer von der Benützung dieser Straße ausschließen würde. Das Übereinkommen sei seit über 10 Jahren noch aufrecht.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides galt noch
das NÖ Landesstraßengesetz, dessen § 2 lautet:
"Privatstraßen; Merkmale der Öffentlichkeit
(1) Eine Privatstraße gilt als öffentliche Straße, wenn sie mindestens 30 Jahre lang ununterbrochen von jedermann ohne ausdrückliche Bewilligung zur Befriedigung eines notwendigen Verkehrsbedürfnisses benützt wird.
(2) Über die Frage, ob einer Privatstraße (Brücke, Straßenbauwerk) die Merkmale der Öffentlichkeit zukommen, entscheidet auf Begehren eines Beteiligten oder von Amts wegen die Behörde auf Grund einer örtlichen Verhandlung.
(3) In dem gemäß Abs. 2 zu erlassenden Bescheid ist festzustellen, für welche Arten des öffentlichen Verkehrs (Fahrzeug-, Reit-, Radfahr-, Fußgängerverkehr) die Straße dient. Beteiligte, die privatrechtliche Einwendungen erhoben haben, sind auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen, soferne hierüber ein gütliches Übereinkommen nicht erzielt werden konnte."
Ausgehend von den Vorgaben im Vorerkenntnis, wonach eine Benützung durch volle 30 Jahre unmittelbar vor den (hier unbestrittenermaßen feststehenden) Hinderungshandlungen erfolgt sein musste, kam es zunächst auf die Klärung der Frage an, ob seit dem 16. Oktober 1989 durchgehend die Wegbenützung gehindert wurde. Im Falle der Verneinung dieser Frage war weiters zu prüfen, ob durch volle 30 Jahre hindurch unmittelbar zuvor eine Benützung durch jedermann erfolgt sei.
Der Beschwerdeführer bekämpft die diesbezüglichen Feststellungen der Berufungsbehörde damit, dass die Beweiswürdigung unschlüssig, geradezu aktenwidrig sei.
Der Verwaltungsgerichtshof sah leicht entfernbare Absperrungen im Interesse der Landwirtschaft, wie Weidezäune, als nicht geeignet an, den Gemeingebrauch zu unterbrechen, weshalb es auf die von mehreren Zeugen genannten Holzstangen bzw. "Luken" nicht ankam, da sie, wie sich aus der Aussage des Zeugen Peter Prasch ergibt, dem Weidebetrieb dienten. Fahrverbotstafeln können demgegenüber sehr wohl unterbrechend wirken (hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 98/06/0137; vgl. in diesem Zusammenhang Schubert in Rummel, Kommentar zum ABGB II2, Rz. 2 zu § 1488 ABGB). Die Berufungsbehörde führte in ihrer Beweiswürdigung zu den Verbotstafeln aus, dass der Mehrheit der Aussagen Glauben geschenkt werde. Nur Ingrid, Monika Pfeffer und Johann Egger hätten das Vorhandensein von Fahrverbotstafeln über 10 Jahre bestätigt, die anderen 10 Zeugen hätten diesbezüglich keine Wahrnehmung abgeben können. Demgegenüber verweist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Aussagen Gschweidl, Ehrenhöfer, Polleres und Handler, die Fahrverbotstafeln vor 1989 (insbesondere 1987) beobachtet haben (die Aussage Prasch, dass es seit 5 Jahren, also seit 1990 Fahrverbotstafeln gegeben hätte, stützt den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht).
Überhaupt nicht eingegangen ist die Berufungsbehörde auf Behinderungen durch einen quer über die Fahrbahn aufgestellten Traktor, welche von einer Reihe von Zeugen bestätigt wurden. Damit war jedenfalls der Verkehr mit Kraftfahrzeugen behindert; im Gegensatz zu den Holzstangen bzw. "Luken" lässt sich ein Traktor nicht ohne Weiteres entfernen, sodass auch solche Hinderungsmaßnahmen zumindest bezüglich des Pkw-Verkehrs als geeignet anzusehen waren (zumal mehrere Zeugen ausgesagt haben, dass sie dadurch zum Umdrehen veranlasst wurden).
Nachvollziehbar wäre nach dem durchgeführten Beweisverfahren eine Feststellung gewesen, dass jedenfalls der PKW-Verkehr der Nichtanrainer durch mehr als 3 Jahre vor dem 16. Oktober 1989 an der Durchfahrt gehindert war.
Indem die Berufungsbehörde mehrere Aussagen zu den Fahrverbotstafeln unberücksichtigt ließ und andererseits auf die Behinderung durch landwirtschaftlichen Fahrzeuge überhaupt nicht einging, kann ihre Beweiswürdigung der auch vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Schlüssigkeitsprüfung nicht standhalten. Dies hätte die belangte Behörde aufgreifen müssen.
Als schlüssig ist allerdings die Beweiswürdigung der Berufungsbehörde anzusehen, wonach vor dem 16. Oktober 1989 ein 30- jähriger Gebrauch durch den übrigen Verkehr (Nicht-PKW-Verkehr) stattgefunden hat. Der Beschwerdeführer verweist wohl zu Recht darauf, dass unmittelbare Anrainer durch ihre Benützung nicht das Tatbestandsmerkmal "jedermann" erfüllten (siehe dazu auch das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 2000, in welchem ausgeführt wurde, dass durch das Befahren des Weges durch Servitutsberechtigte ein Gemeingebrauch nicht begründet werden kann).
Dazu wird im Berufungsbescheid ausgeführt, die Zeugen, die am 3. November 1995 vernommen worden waren, hätten hinsichtlich der Dauer der Benützung des Weges keine Aussagen gemacht; nur der Gendarmerieinspektor Helmut Auer hätte angegeben, dass seit 1973 Kontrollfahrten durchgeführt worden seien und die 1920 geborene Zeugin Barbara Weinzettl hätte angegeben, dass der Weg von ihren Eltern schon seit 1949 benützt worden sei und auch sie den Weg benütze, um nach Gloggnitz und nach Klamm zu gelangen, ihr Sohn benütze den Weg seit 1964. Daraus schloss die Berufungsbehörde, dass eine mindestens 30-jährige Nutzung des Weges zu erkennen sei, die uneingeschränkt bis 1990 möglich gewesen sei.
Der Beschwerdeführer bekämpft insbesondere die Feststellung, dass der Weg seit 30 Jahren mit allen Arten von Fahrzeugen benützt worden sei. Im Berufungsbescheid wurde gar nicht der Versuch unternommen, anhand einzelner Beweisergebnisse diese Feststellung zu begründen. Der Beschwerdeführer zeigt durch eine penible Darstellung aller Aussagen auf, dass dafür kein eindeutiges Beweisergebnis vorliegt. Auch die belangte Behörde räumt nur ein, dass "zumindest für den Wanderbetrieb" der Privatstraße Merkmale der Öffentlichkeit zukämen; jedenfalls lässt sich die getroffene Feststellung bezüglich aller Verkehrsmittel anhand des durchgeführten Beweisverfahrens nicht nachvollziehen. Auch dies hätte die belangte Behörde wahrnehmen müssen.
Schließlich begegnet die Beurteilung der Tauglichkeit der Verkehrsverbindung im Hinblick auf die vorhandene Alternativstrecke durch den Adlitzgraben erheblichen Bedenken. Während für den Fußgänger- und Fahrradverkehr und den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen eine eindeutige Verkürzung vorliegt, beträgt der Unterschied beim Pkw-Verkehr je nach Wahl der Ausgangs- und Endpunkte zwischen einer Verkürzung von 4,8 min bis zu einer Verlängerung um 5,2 min. Ausgehend davon, dass der Anrainerverkehr keine Rolle spielt, ist unter diesen Voraussetzungen ein Verkehrsbedürfnis nicht zu bejahen. Die fünf erhaltungswürdigen Gebäude im Grünland, auf die die belangte Behörde in diesem Zusammenhang besonders hinweist, schaffen noch kein Verkehrsbedürfnis für "jedermann". Völlig unverständlich ist der Hinweis der belangten Behörde, dass das seit 10 Jahren bestehende Nutzungs- und Erhaltungsübereinkommen nicht zu Stande gekommen wäre, wenn die freiwillig diesem Übereinkommen beigetretenen Parteien hätten damit rechnen müssen, dass einer der Mitunterzeichner ein Jahr später sämtliche anderen Nutzer von der Benützung der Straße ausschließen würde. Wenn bezüglich des Pkw-Verkehrs die Feststellung der Öffentlichkeit der Privatstraße nicht erfolgt, hat dies keinerlei Einfluss auf das bestehende Nutzungs- und Erhaltungsübereinkommen.
Da die belangte Behörde einerseits ihrer Entscheidung Tatsachenfeststellungen zu Grunde gelegt hat, die auf Grund einer unschlüssigen Beweiswürdigung getroffen wurden, andererseits rechtlich vorrangig auf die Bedürfnisse der Anrainer und nicht auf ein Verkehrsbedürfnis der Allgemeinheit Bedacht genommen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 im Rahmen des vom Beschwerdeführer gestellten Begehrens.
Wien, am 27. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999050182.X00Im RIS seit
22.05.2002