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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §1 Abs8 idF 2001/I/028;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 2000, Zl. 600.500/7-II/13/00, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Mauterndorf , 2. Horst Piereck in 5570 Mauterndorf, Markt 253), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 16. Oktober 1938 in Wien geborene verheiratete Zweitmitbeteiligte war als Bundesbediensteter in Wien beschäftigt und hatte von 1973 bis 4. März 1999 seinen Hauptwohnsitz in Wien. Seit diesem Tag ist er mit Hauptwohnsitz in der Marktgemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters (Mauterndorf) gemeldet; sein ehemaliger Hauptwohnsitz in Wien besteht als weiterer aktueller Wohnsitz.
Im Zuge des über Antrag des Beschwerdeführers eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gab der Zweitmitbeteiligte die Erklärung ab, nunmehr Pensionist zu sein und in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters den größeren Teil des Jahres in dem im Jahre 1965 erworbenen Einfamilien mit Garten zum Teil alleine, aber auch mit seiner Familie und zwar seiner Ehegattin, die in Wien noch berufstätig sei, und seinen Kindern (Tochter, geb. 1971, Sohn, geb. 1965) zu verbringen. Er habe in diesem Haus auch eine Ferienwohnung eingerichtet, die er sowohl in der Sommerals auch Wintersaison vermiete; dadurch sei seine ständige Anwesenheit erforderlich. Fallweise nehme er auch Unterkunft in der Wiener Mietwohnung, in welcher seine noch berufstätige Gattin als auch seine Tochter mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Seine wesentlichen gesellschaftlichen und kulturellen Beziehungen lägen in der Gemeinde des zweitmitbeteiligten Bürgermeisters bzw. im Land Salzburg.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - ausgehend von den Angaben des Betroffenen - den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in Mauterndorf ab. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren habe der Zweitmitbeteiligte in Wien familiäre, am Wohnsitz in Mauterndorf neben seinen familiären auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Anknüpfungspunkte; dort halte er sich auch überwiegend auf. Der Zweitmitbeteiligte habe Mauterndorf auch als seinen Hauptwohnsitz bezeichnet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen; die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen; der erstmitbeteiligte Bürgermeister beantraget Zuspruch von Kosten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im zulässigerweise eingeleiteten Reklamationsverfahren wird die bis dahin für den Hauptwohnsitz des Betroffenen ausschließlich maßgebliche "Erklärung" des Meldepflichtigen dahingehend "hinterfragt, ob der erklärte Hauptwohnsitz den in Art. 6 Abs. 3 B-VG (§ 1 Abs. 7 MeldeG) normierten objektiven Merkmalen entspricht" (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2001, G 139/00-10, u.a.). Die Lösung der im Reklamationsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage des Hauptwohnsitzes des Betroffenen hängt an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen". Bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales kommt es auf eine Gesamtschau an, bei welcher die Bestimmungskriterien des § 1 Abs. 8 MeldeG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2001), maßgeblich sind: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935 klargestellt, dass das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", das nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck kommt, nur in den Fällen den Ausschlag gibt, in denen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zwei oder mehrere "Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hervorgekommen sind. Das Reklamationsverfahren wird nur dann für den antragstellenden Bürgermeister erfolgreich sein, wenn der Betroffene ein "überwiegendes Naheverhältnis" an einem Ort behauptet, an dem er keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 7 MeldeG) hat, mag er dort auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 MeldeG haben.
Der Beschwerdeführer hat nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen seine überwiegenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensbeziehungen in Mauterndorf. Familiäre Beziehungen bestehen an beiden festgestellten Wohnsitzen. Die in § 1 Abs. 7 MeldeG genannten Lebensbeziehung zum früheren Hauptwohnsitz Wien bestehen daher nur mehr in untergeordneter Weise (auf das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0941, wird verwiesen).
Gegen die Annahme der belangten Behörde, der Zweitmitbeteiligte habe den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Mauterndorf, bestehen daher keine Bedenken, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Ein Anwendungsfall des § 47 Abs. 4 VwGG liegt nicht vor (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2001, Zl. 2001/05/0255).
Wien, am 27. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001050942.X00Im RIS seit
21.05.2002