Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des ES in W, vertreten durch Dr. Franz Marschall, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 2. April 1998, Zl 15-87/1392/01, betreffend Einkommensteuer 1983 und 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde u.a. festgestellt, dass bei Bemessung der Einkommensteuer der Jahre 1983 und 1984 verdeckte Gewinnausschüttungen, welche anlässlich abgabenbehördlicher Prüfungen insbesondere bei der K. GmbH festgestellt worden seien, als Einkünfte aus Kapitalvermögen in Ansatz zu bringen seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen dem entsprechend erlassene Bescheide erhobene Berufung im beschwerdegegenständlichen Umfang abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe zwar in der Berufung bemängelt, dass ihm "im Bp-Verfahren" keine Gelegenheit geboten worden sei, sich gegen die "Höhe und Zuordnung" der verdeckten Gewinnausschüttungen zu äußern und Gegenbeweise vorzubringen, er habe es aber auch in der Berufung unterlassen, näher darzulegen, wem die verdeckten Gewinnausschüttungen seiner Meinung nach zugeflossen seien. Er habe diesbezüglich auch keinerlei Beweise angeboten und keine Anträge auf Verfahrensergänzungen, wie zum Beispiel die Befragung von Auskunftspersonen oder die Vernehmung von Zeugen, gestellt. Statt dessen habe er sich hauptsächlich der Argumente der Autoren eines in der SWK 1986, A I 281, erschienenen Artikels mit dem Titel "Beweislast der Gesellschafter über Nichtzufluss der vGA ist rechtswidrig" bedient. Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. April 1994, 92/13/0011 und 94/13/0094, über die Beschwerde der (oben angeführten) K. GmbH gegen die Haftungsbescheide betreffend Kapitalertragsteuer darauf verwiesen, dass die bei der Ermittlung einer Kapitalgesellschaft zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen keinen Niederschlag gefunden hätten, in der Regel als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten seien, und das von der GmbH allein vorgetragene Argument, vom zuständigen Finanzamt sei beim Alleingesellschafter kein entsprechendes steuerpflichtiges Vermögen festgestellt worden, als nicht stichhaltig bezeichnet. Aus dem Vorhandensein oder Fehlen von Vermögen zu einem für die Neuveranlagung zur Vermögensteuer maßgebenden Stichtag allein könnten keine Rückschlüsse auf das Zufließen oder Nichtzufließen von Schwarzumsätzen der Kapitalgesellschaft gezogen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die belangte Behörde habe es entgegen dem Prinzip der Amtswegigkeit unterlassen, Beweise hinsichtlich des Zuflusses der verdeckten Gewinnausschüttungen aufzunehmen. Zumindest die diesbezügliche Befragung des Beschwerdeführers wäre zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des Falles zweckdienlich gewesen. Der Beschwerdeführer räumt in der Folge zwar ein, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in einem Fall wie dem vorliegenden davon ausgegangen werden könne, dass die unter dem Titel verdeckte Gewinnausschüttung zugerechneten Mehrgewinne in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten seien. Unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 10. März 1982, 81/13/0072 (= Slg 5668/F), meint der Beschwerdeführer aber, dass "vor Zurechnung der angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung an den einzelnen Gesellschafter zu prüfen sein wird (!), ob und inwieweit er für die Vereinnahmung der gegenständlichen Beträge in Betracht kommt". Dementsprechend rügt der Beschwerdeführer in der Folge das Unterbleiben eines "zweckdienlichen Ermittlungsverfahrens" zur Frage, ob ein "Regel- oder Ausnahmefall" vorliegt.
Dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf:
Gemäß § 115 Abs 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Dieser Verfahrensgrundsatz schließt jedoch die Verpflichtung der Partei, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, nicht aus. Umfang und Intensität der amtswegigen Ermittlungspflicht sind sogar nur unter Bedachtnahme auf die korrespondierenden Pflichten der Partei bestimmbar. In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 30. September 1998, 94/13/0099).
Im Beschwerdefall ist die Behörde bei Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide den Sachverhaltsfeststellungen und der rechtlichen Beurteilung von Prüfungsorganen betreffend verdeckte Gewinnausschüttungen von Gesellschaften m.b.H. an den Beschwerdeführer gefolgt und hat dem entsprechend im Rahmen der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer der Jahre 1983 und 1984 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Ansatz gebracht. In der dagegen erhobenen Berufung legte der Beschwerdeführer zwar seine Rechtsansicht zur Frage der Beweislast im Zusammenhang mit der Zurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen dar, bestritt aber weder die Richtigkeit der zur Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung führenden Sachverhaltsfeststellungen noch die Richtigkeit dieser Beurteilung als solche, insbesondere aber konkret auch nicht den tatsächlichen Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttung an ihn. Unter diesen Umständen bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung für die Annahme, es könnte sich im Beschwerdefall um einen hinsichtlich der Zuflüsse der verdeckten Gewinnausschüttungen vom Regelfall (einer Zurechnung an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung) abweichenden Ausnahmefall handeln. Auf das oben zitierte hg Erkenntnis vom 10. März 1982 stützt sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang schon deshalb zu Unrecht, weil der Beschwerdeführer des damaligen Verfahrens sowohl das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung als auch (daraus folgend) den Zufluss entsprechender Beträge sachverhaltsbezogen bestritten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat damals zu Recht erkannt, dass es einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auch im (Berufungs-)Verfahren zur Erlassung des Einkommensteuerbescheides - selbst wenn die Körperschaft die vorgenommene Gewinnzuschätzung unter Rechtsmittelverzicht anerkannt habe - nicht verwehrt werden kann, alles vorzubringen, womit er vermeint dartun zu können, dass er eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht erhalten habe. Eine Verfahrensregel, wonach in jedem Fall zu prüfen sei, ob es sich um einen "Regel- oder Ausnahmefall" handelt, ist diesem Erkenntnis nicht zu entnehmen. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine erhöhte Mitwirkungspflicht desjenigen besteht, der ungewöhnliche - somit vom Regelfall abweichende - Verhältnisse behauptet (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 7. Juni 2001, 95/15/0049).
Soweit in der Beschwerde vorgetragen wird, bei Befragung hätte der Beschwerdeführer seine Zurückhaltung aufgegeben und eine namentlich genannte Person als diejenige genannt, die für die Vereinnahmung der gegenständlichen Beträge "in Betracht" komme, ist dieses Vorbringen schon im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot unbeachtlich.
Die (damit in Zusammenhang stehende) Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, Aussagen darüber zu treffen, wem die verdeckten Ausschüttungen zugekommen seien, ist überdies aus folgendem Grund verfehlt: Der Zufluss der verdeckten Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer war schon im erstinstanzlichen Verfahren als erwiesen angenommen worden. Der Beschwerdeführer hatte daher für den Fall der seiner Ansicht nach bestehenden Unrichtigkeit dieser Annahme sowohl Veranlassung als auch ausreichend Gelegenheit, dies im Rahmen der Berufung geltend zu machen.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 27. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1998130102.X00Im RIS seit
09.07.2002Zuletzt aktualisiert am
25.08.2011