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50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;Norm
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des J A in L, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 3. Mai 2001, Zl. KUVS-K2-279/7/2001, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 29. August 2000 gegen 20.15 Uhr ein nach den Kennzeichen bestimmtes Sattelkraftfahrzeug von Italien kommend in Richtung Deutschland gelenkt, ohne als Fahrer dieses Sattelkraftfahrzeuges auf dieser im Hoheitsgebiet Österreichs durchgeführten Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterverkehr - wie das am 29. August 2000 gegen 20.15 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn (A 2) in Thörl-Maglern, Gemeinde Arnoldstein, Bezirk Villach, auf Höhe des Parkplatzes ÖAMTC festgestellt worden sei - ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten, die in der erforderlichen Anzahl auf der Ökokarte aufgeklebt und durch Unterschrift oder Stempel entwertet sein müssten, für die betreffende Fahrt (Ökokarte) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermögliche und als "Umweltdatenträger" ("Ecotag") bezeichnet werde, oder die "in Art. 13" angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich "um eine Fahrt gemäß Anhang C" handle, für die keine Ökopunkte benötigt würden, oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handle, und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet sei, dass dieser für diesen Zweck eingestellt sei, mitzuführen, und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, da er weder eine Ökokarte noch einen Umweltdatenträger verwendet noch Nachweise für eine ökopunktbefreite Fahrt mitgeführt und vorgelegt habe, zumal er bei der Einreise in das Bundesgebiet nicht die "Ökospur" benutzt habe, wodurch eine automatische Entwertung von Ökopunkten im elektronischen Ökopunktesystem mittels des im Kraftfahrzeug installierten Umweltdatenträgers nicht ermöglicht worden sei. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 iVm § 1, § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, und Art. 15 und Art. 24 Abs. 4 BGBl 823/1992 und Art. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 und Art 14 der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission vom 21. März 2000 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe im Betrag von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 VStG aufgetragen, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens weitere 20 % der verhängten Geldstrafen, sohin S 4.000,-- (EUR 290,69), binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution dem Land Kärnten zu leisten.
Begründend wurde im angefochtenen Bescheid unter anderem Folgendes ausgeführt: Der Beschwerdeführer habe zu dem oben genannten Zeitpunkt in Österreich von Italien kommend in Richtung Deutschland im Zuge einer Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterverkehr das genannte Sattelkraftfahrzeug gelenkt. Die Ladung habe aus Metallteilen bestanden, die in "San Giorgio di Nogaro (Udine)" geladen worden seien und für die "E in Chalon S. Saone, Frankreich" bestimmt gewesen seien. Bei der genannten Zollkontrolle habe ein Kontrollorgan festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit dem Sattelkraftfahrzeug, in dem ein Ecotag eingebaut gewesen sei, offensichtlich das elektronische Abbuchungssystem dadurch umfahren gehabt habe, dass er die PKW-Spur benutzt habe. Dadurch sei eine automatische Entwertung von Ökopunkten nicht erfolgt, der Beschwerdeführer habe auch keine Ökokarte vorweisen können. Die getroffenen Feststellungen stützten sich auf die Angaben des Beschwerdeführers, die Zeugenaussage des Kontrollorgans in der öffentlichen mündlichen Verhandlung und "den Gesamtakt". Der einvernommene Zeuge habe den Sachverhalt überzeugend und widerspruchsfrei dargelegt. "An der Richtigkeit des Gesamtaktes" hätten keine Bedenken bestanden. Der Beschwerdeführer habe sich im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass dies seine erste Fahrt über den Grenzübergang Arnoldstein gewesen wäre, er würde regelmäßig über die Grenzübergänge Kiefersfelden und Brenner fahren, wo es keine eigene Ökospur gebe. Die LKW-Spur wäre vollkommen mit LKW verstellt gewesen. Er wäre hinter drei anderen LKW nachgefahren. Der LKW, der unmittelbar vor ihm gefahren wäre, wäre geradeaus weiter gefahren, er sei diesem nachgefolgt. Die Hinweisschilder auf der Autobahn bezüglich der Ökospur hätte er im Stau in der Dunkelheit übersehen. Der Fahrzeughalter hätte über genügend Ökopunkte verfügt, die im selben Jahr gar nicht hätten aufgebraucht werden können, weder für den Fahrzeughalter noch für den Beschwerdeführer hätte eine Veranlassung bestanden, die Ökopunktepflicht zu umgehen. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Lenker eines Kraftfahrzeuges im Zuge einer Transitfahrt bei der Einreise nach Österreich im Fall der beabsichtigten Benutzung des Umweltdatenträgers verpflichtet sei, sich jedenfalls so zu verhalten, dass eine automatische Abbuchung von Ökopunkten tatsächlich vorgenommen werden könne. Dazu zähle auch, dass eine für die Benutzung des Umweltdatenträgers vorgesehene Fahrspur benützt werde. Dem Beschwerdeführer wäre es bei gehöriger Aufmerksamkeit durchaus möglich gewesen zu erkennen, auf welcher Fahrspur die Abbuchung von Ökopunkten erfolge. Vor dem Eintritt in das Hoheitsgebiet Österreichs seien entsprechende Hinweisschilder angebracht, die auf die "Ökospur" hinwiesen. Der Beschwerdeführer hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, welche Spur vor ihm fahrende LKW benützen, sondern er wäre verpflichtet gewesen, sich mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut zu machen, zumal es sich um seine erste Fahrt über diesen Grenzübergang gehandelt habe. Als Verkehrsteilnehmer hätte er die Hinweisschilder aufmerksam beobachten müssen. Weiters sei für den Beschwerdeführer mit seinem Hinweis, dass der Fahrzeughalter über genügend Ökopunkte verfügt hätte und für ihn daher keine Veranlassung bestanden hätte, die Ökopunktepflicht zu umgehen, nichts zu gewinnen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Auffassung der belangten Behörde, dass er die im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Transitfahrt durchgeführt habe, lässt der Beschwerdeführer unbekämpft. Wenn die belangte Behörde angenommen hat, dass auf dem Boden der (zutreffend) herangezogenen Rechtslage für diese Transitfahrt Ökopunktepflicht bestand, ist dies - entgegen der bloßen Behauptung in der Beschwerde, dass eine solche Pflicht nicht bestanden habe - nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal im Beschwerdefall Anhaltspunkte für eine Ausnahme von dieser Pflicht nicht gegeben sind. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe "vorsorglich eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und Ökopunkte entwertet bzw. die Abbuchung der Ökopunkte durch das mitgeführte funktionstüchtige Ecotag-Gerät veranlasst", entfernt sich von dem von der belangten Behörde festgestellten und gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugrunde zu legenden Sachverhalt. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass der belangte Behörde bei der Feststellung dieses Sachverhalts Mängel unterlaufen wären. Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des ihm zur Last gelegten Delikt verwirklicht hat, nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223).
2.2. Bei der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die Ansicht der belangten Behörde, sein im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen vermöge ihn nicht zu exkulpieren, nicht zuträfe. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag solches nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Verfahrensrügen, die belangte Behörde habe die Einvernahme des Fahrzeughalters im Rechtshilfeweg nicht durchgeführt, aus der sich ergeben hätte, dass der Beschwerdeführer ein äußerst genauer und umsichtiger Fahrer sei, dem bisher noch keine Fahrlässigkeiten anzulasten gewesen seien, als nicht zielführend.
2.3. Die Rüge, die belangte Behörde habe es gebilligt, dass der von ihr als Zeuge einvernommene Zollwachbeamte vor seiner Aussage seine Erinnerung durch Einsicht in die von ihm verfasste schriftliche Anzeige genommen habe, geht schon deswegen fehl, weil es die Beschwerde unterlässt, die Relevanz dieses von ihr behaupteten Verfahrensmangels darzutun.
2.4. In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:
"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der Ausspruch über die im Beschwerdefall gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verhängte Mindeststrafe von S 20.000,-- als inhaltlich rechtswidrig.
2.5. Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 509/2001.
Wien, am 27. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001030186.X00Im RIS seit
27.05.2002