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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §7 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der MN in W, vertreten durch Mag. Rainer Rienmüller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat I, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 16. Juni 2000, Zl. RV/137- 10/99, betreffend Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 7. Mai 1999 wurde die Beschwerdeführerin des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt und bestraft, weil sie im Bereiche eines näher genannten Finanzamtes vorsätzlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1990 in Höhe von S 1,153.879,--, Jänner bis Dezember 1991 in Höhe von S 457.938,-- und für Jänner bis Dezember 1993 in Höhe von S 40.039,-- nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet habe. Die Beschwerdeführerin habe - so die Feststellungen des Spruchsenatserkenntnisses - einen Elektrogroßhandel betrieben und in dessen Rahmen Elektrogeräte importiert, die sie in der Zollfreizone gelagert habe. Die importierten Waren seien in den Jahren 1990 und 1991 ins In- und Ausland verkauft worden, wobei die Beschwerdeführerin ihre Lieferungen innerhalb der Zollfreizone als nicht steuerbare Umsätze behandelt habe, obwohl Zollfreilager und Transitlager umsatzsteuerrechtlich Inland seien, sodass Lieferungen in der Zollfreizone an Inländer steuerpflichtige Umsätze und Lieferungen an Ausländer steuerfreie Umsätze darstellten. Die Beschwerdeführerin habe in den Jahren 1990 und 1991 jene Geschäfte, mit denen sie Waren aus dem Zollfreilager (zumindest zunächst) an Inländer ausgeliefert habe, der Umsatzbesteuerung nicht unterzogen, wodurch Umsatzsteuervorauszahlungen für das Jahr 1990 in Höhe von S 1,153.879,-- und für 1991 in Höhe von S 457.938,-- nicht zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt entrichtet worden seien. Wenn der jeweilige inländische Erwerber die Ware kurz darauf ins Ausland verkauft habe, könne dies daran nichts ändern. Dass die Beschwerdeführerin der Ansicht gewesen sei, was zollfrei sei, sei auch nicht umsatzsteuerpflichtig, stelle keinen entschuldigenden Rechtsirrtum dar, weil einer erfahrenen Geschäftsfrau wie der Beschwerdeführerin das Bedenkliche ihrer Rechtsmeinung habe erkennbar sein müssen. Die Umsatzsteuererklärung der Beschwerdeführerin für das Jahr 1993 habe eine Abgabennachforderung von S 515.993,-- aufgewiesen, welche sich auf eine durch die abgabenrechtliche Prüfung vorgenommene Erhöhung der Umsätze ebenso wie auf eine Verminderung der Einfuhrumsatzsteuer gegründet habe. Im Umfang einer Verkürzung von S 475.936,06 beruhe die unrichtige Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze der Beschwerdeführerin auf einer ihr nicht vorwerfbaren Unkenntnis einer Gesetzesänderung, während die unrichtige Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze im übrigen Umfang des Betrages von S 40.039,54 der Beschwerdeführerin anzulasten sei.
In ihrer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin gegen den die Jahre 1990 und 1991 betreffenden Tatvorwurf mit dem Vorbringen, stets darauf hingewiesen zu haben, dass sämtliche Waren ins Ausland gelangt seien. Soweit es der Beschwerdeführerin möglich gewesen sei, seien die Ausfuhrbescheinigungen erbracht oder sei angeboten worden, sämtliche Betriebsunterlagen zu sichten, aus denen sich erschließen lasse, dass alle Waren ins Ausland geliefert worden seien. Für solche Fälle sei auch der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren beigezogene Betriebsprüfer in seiner Stellungnahme zum Ergebnis gelangt, dass in jenen Fällen, in welchen kein vom Umsatzsteuergesetz geforderter Ausfuhrnachweis gefunden worden sei, jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass die Ware tatsächlich ins Ausland gelangt sei, ein finanzstrafrechtlicher Vorwurf nicht gerechtfertigt sei. Dem Beweisantrag auf Sichtung sämtlicher Betriebsunterlagen sei der Betriebsprüfer aber nicht nachgekommen und habe sich stattdessen auf die Vermutung beschränkt, dass es nach dem Gesamtbild der ermittelten Verhältnisse eher wahrscheinlich sei, dass keine Ausfuhren getätigt worden seien. Hätte der Betriebsprüfer sämtliche Unterlagen gesichtet, wäre festgestanden, dass sämtliche Waren ins Ausland geliefert worden seien, sodass keine steuerbaren Umsätze vorlägen und der Beschwerdeführerin aus dem Umstand der Fakturierung an eine inländische Firma kein finanzstrafrechtlicher Vorwurf gemacht werden könne. Es werde daher der Antrag gestellt, den Betriebsprüfer ergänzend zu beauftragen, nicht nur das Erscheinungsbild des (jeweiligen) geschäftlichen Vorganges zu beurteilen, sondern den tatsächlichen Weg der Waren ins Ausland nachzuvollziehen. Es habe der Spruchsenat auch den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsirrtum verfehlter Weise nicht als entschuldbar erkannt. Die Beschwerdeführerin habe bei sämtlichen Warenlieferungen die Kontrolle darüber gehabt, dass diese tatsächlich ins Ausland erfolgt seien, weil sie ansonsten entsprechende Rückmeldungen von der beauftragten Spedition erhalten hätte. Aus dem Fehlen solcher Rückmeldungen sei zu schließen, dass sämtliche Waren tatsächlich aus dem Zollfreilager ins Ausland geliefert worden seien. Ob ein österreichischer Zwischenverkäufer ins Ausland geliefert habe, sei unerheblich, weil die Beschwerdeführerin für diesen Fall habe darauf vertrauen dürfen, dass keine Umsatzsteuer zu verrechnen sei. Ein allfälliger Irrtum in diesem Punkt sei der Beschwerdeführerin nicht vorwerfbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Entgegen dem Berufungsvorbringen bringe die Vorgangsweise des Betriebsprüfers, nicht nur die gesetzeskonform belegten Auslandsgeschäfte, sondern auch jene Einzelverkäufe finanzstrafrechtlich von der Verpflichtung zur Umsatzbesteuerung auszunehmen, die "gewisse Affinitäten zu Einzelverkäufen mit unstrittigem Auslandsbezug" aufgewiesen hätten, keine "Infirmität der Wahrheitsfindung", sondern vielmehr das evidente abgabenbehördliche Bemühen zum Ausdruck, "einzelne problematische Konstellationen von der verfahrensgegenständlichen Anschuldigung auszunehmen". Bei den vom Beweisantrag berührten Geschäftsunterlagen handle es sich der Aktenlage nach um Konvolute, die völlig ungeordnet in Speditionsverwahrung lagerten und lediglich mit vorweg nicht abschätzbarem Arbeitsaufwand zu sichten und - soweit überhaupt möglich - zu systemisieren wären. Hinzu komme, dass die Inanspruchnahme umsatzsteuerfreier Verkaufsgeschäfte an die Erbringung nach § 7 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972 geeigneter Ausfuhrnachweise geknüpft sei und demnach eine Nachweisinitiative des Abgabenpflichtigen voraussetze. Dass ein derartiger Nachweis bei entsprechend realem Hintergrund regelmäßig unschwer zu erbringen sei, liege auf der Hand. Im Umfang der unbestrittenen Auslandsgeschäfte habe der gesetzlich erforderliche Ausfuhrnachweis nach den abgabenbehördlichen Ermittlungen auch der Beschwerdeführerin keine wie immer gearteten Schwierigkeiten bereitet. Entgegen der in der Berufung vorgetragenen Auffassung übersteige es aber den "von den einschlägigen Verfahrensgesetzen gesteckten Obliegenheitsrahmen finanzstrafbehördlicher Wahrheitsfindung", nach Art einer - von der Beschwerdeführerin aus welchen Gründen auch immer selbst unterlassenen - Erkundung global ohne jedweden konkreten Hinweis angebotene ungeordnete Konvolute von Geschäftsunterlagen daraufhin zu sondieren, ob sich daraus für die Steuerpflichtige günstigere Schlussfolgerungen ziehen ließen. Es sei der Beweisantrag, dessen Begründung keinen - nach Lage des Falles von selbst nicht einsichtigen - Aufschluss darüber gebe, aus welchen Gründen es der Beschwerdeführerin verwehrt gewesen sein sollte, angeblich vorhandene Ausfuhrnachweise aus den Geschäftsunterlagen nicht selbst auszugliedern und entsprechend zu präsentieren, abzuweisen gewesen. Dass der Spruchsenat ein "finanzstrafrechtlich beachtliches Vertrauen" der Beschwerdeführerin auf eine rechtliche Gleichstellung zwischen Zollfreiheit und Umsatzsteuerfreiheit abgelehnt habe, begegne bei der belangten Behörde keinen Bedenken.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.
Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer, wobei die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt.
§ 1 Abs. 2 UStG 1972 bezeichnet als Inland das Bundesgebiet und als Ausland das Gebiet, das hienach nicht Inland ist.
Von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 (und 2) UStG 1972 fallenden Umsätzen sind nach § 6 Z. 1 leg. cit. die Ausfuhrlieferungen (§ 7) steuerfrei.
§ 7 UStG 1972 regelt die Ausfuhrlieferung und bestimmt in seinem ersten Absatz die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Ausfuhrlieferung vorliegt. Eine solche Ausfuhrlieferung liegt vor, wenn
1. der Unternehmer das Umsatzgeschäft, das seiner Lieferung zu Grunde liegt, mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen hat,
2. der Gegenstand in Erfüllung dieses Umsatzgeschäftes in das Ausland befördert oder versendet worden ist, wobei über die erfolgte Ausfuhr ein Ausfuhrnachweis erbracht werden muss, und
3. diese Voraussetzungen buchmäßig im Sinne des § 18 Abs. 8 UStG 1972 nachgewiesen sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt klar gestellt hat, sind Ausfuhrnachweis und buchmäßiger Nachweis im Sinne des § 7 UStG 1972 materiell-rechtliche Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit der Ausfuhrlieferung. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, dann ist die Steuerfreiheit selbst dann zu versagen, wenn die übrigen sachlichen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 22. September 1999, 94/15/0183, vom 23. Oktober 1997, 96/15/0154, jeweils mit weiteren Nachweisen, sowie ergänzend auch das hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, 93/15/0024).
Dass die Beschwerdeführerin Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im ihr vorgeworfenen Umfang im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet hat, bestreitet sie nicht, wie sie auch zu keiner Zeit behauptet hat, dass der zuständigen Abgabenbehörde zu den maßgeblichen Zeitpunkten im Sinne der genannten Bestimmung die Höhe des jeweils geschuldeten Betrages bekannt gegeben worden wäre. Während sich ein Vorbringen der Beschwerdeführerin zu dem das Jahr 1993 betreffenden Tatvorwurf vor dem Verwaltungsgerichtshof ebenso wenig findet wie in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis, tritt sie der Annahme der Verwirklichung des Tatbildes des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, bezogen auf die Tatvorwürfe für den Zeitraum der Jahre 1990 und 1991 mit dem Argument entgegen, eine Vorauszahlung an Umsatzsteuer wäre auch in dem ihr vorgeworfenen Umfang zufolge Vorliegens gemäß § 6 Z. 1 UStG 1972 steuerfreier Ausfuhrlieferungen gar nicht zu entrichten gewesen. Diese Rechtsauffassung liegt erkennbar der Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin zu Grunde, mit welcher sie der belangten Behörde vorwirft, ihrem Beweisantrag nicht nachgekommen zu sein, der darauf gerichtet war, dem näher genannten Betriebsprüfer aufzutragen, "sämtliche Unterlagen zu sichten und den Weg der Waren ins Ausland nachzuvollziehen". Bei Aufnahme des Beweises wäre festgestanden, dass nicht nur die "gesetzeskonform belegten Auslandsgeschäfte, sondern auch alle anderen Verkäufe finanzstrafrechtlich von der Verpflichtung zur Umsatzbesteuerung auszunehmen" gewesen seien.
Ohne dass es einer Beurteilung der von der belangten Behörde einschlussweise in Abrede gestellten verfahrensrechtlichen Tauglichkeit dieses von der Beschwerdeführerin gestellten Beweisantrages bedarf, ist dem gerügten Verfahrensmangel aus rechtlichen Gründen schon die Relevanz abzusprechen. Die Beschwerdeführerin verkennt die Rechtslage, wenn sie meint, auch "nicht gesetzeskonform belegte Auslandsgeschäfte" wären schon allein deswegen als steuerfreie Ausfuhrlieferungen zu behandeln gewesen, weil die Ware ihren Weg tatsächlich ins Ausland genommen habe. Zufolge der Normierung des Ausfuhrnachweises als materiellrechtlicher Voraussetzung des Vorliegens einer umsatzsteuerfreien Ausfuhrlieferung (siehe die oben wiedergegebene Judikatur) widerspricht die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Rechtsauffassung dem Gesetz. Die Erweislichkeit eines tatsächlichen Gelangens der betroffenen Waren ins Ausland auf dem Wege einer Durchführung der der Beschwerdeführerin vorschwebenden behördlichen Ermittlungstätigkeit hätte zur Umsatzsteuerfreiheit der betroffenen Geschäfte schon mangels Vorliegens von Ausfuhrnachweisen noch nicht führen können und hätte deshalb an der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen aus solchen Geschäften nichts geändert.
Es macht die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof allerdings auch geltend, das Fehlen einer Umsatzsteuerfreiheit der von ihr getätigten Geschäfte im vom Schuldvorwurf betroffenen Umfang zufolge eines Rechtsirrtums nicht erkannt zu haben. Dieser Rechtsirrtum habe zum einen darin bestanden, dass die Beschwerdeführerin gemeint habe, was zollfrei sei, sei auch nicht umsatzsteuerpflichtig, zu welcher Ansicht sie nach einem von ihr im Berufungsverfahren erstatteten, von der belangten Behörde aber nicht geprüften Vorbringen auch durch Auskünfte von Organen der Abgabenverwaltung veranlasst worden sei; ihr Rechtsirrtum habe zum anderen aber auch in der Annahme bestanden, die Lieferung der betroffenen Waren ins Ausland würde in jedem Fall einer Umsatzsteuerpflicht entgegenstehen. Hätte sich die Behörde in richtiger rechtlicher Beurteilung "mit der Irrtumsproblematik vollständig auseinander gesetzt", dann hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass der Beschwerdeführerin ihr Irrtum nicht vorgeworfen werden könne, meint die Beschwerdeführerin.
Nach § 9 FinStrG wird dem Täter weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief.
Die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, deren die Beschwerdeführerin schuldig erkannt wurde, setzt vorsätzliches Handeln voraus. Eine Strafbarkeit der Beschwerdeführerin nach dieser Gesetzesstelle kam daher im Zusammenhang mit dem von ihr geltend gemachten Rechtsirrtum nur dann in Betracht, wenn die Beschwerdeführerin dem behaupteten Rechtsirrtum tatsächlich nicht unterlegen war. Dass ein solcher Irrtum unentschuldbar gewesen wäre, hätte rechtlich zur Folge gehabt, dass ihr nur Fahrlässigkeit hätte zugerechnet werden dürfen, welche Schuldform aber für die Verwirklichung des Tatbildes nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in subjektiver Hinsicht nicht ausreichte.
Dem angefochtenen Berufungsbescheid lassen sich nachvollziehbare Sachverhaltsfeststellungen zur Frage, ob die Beschwerdeführerin zu den relevanten Tatzeiträumen der Jahre 1990 und 1991 einem Rechtsirrtum der von ihr dargestellten Art unterlegen war, nicht entnehmen, weil die von der belangten Behörde gebrauchte Formulierung einer Unbedenklichkeit der Verneinung eines "finanzstrafrechtlich beachtlichen Vertrauens" der Beschwerdeführerin nicht klarstellt, ob die belangte Behörde davon ausging, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich nicht irrte, oder davon, dass die Beschwerdeführerin irrte, ihr Irrtum aber nicht entschuldbar war. Sollten sich die betroffenen Ausführungen der Begründung des angefochtenen Bescheides dahin verstehen lassen, dass die belangte Behörde zur subjektiven Tatseite den gleichen Sachverhalt wie der Spruchsenat feststelle, dann wäre damit für die Position der Behörde im Ergebnis auch nichts zu gewinnen. Zum einen hätte sich die belangte Behörde mit dem von der Beschwerdeführerin erhobenen Irrtumseinwand erst recht wieder nur im Umfang der Gleichhaltung von Zollfreiheit mit Umsatzsteuerfreiheit befasst, während die Beschwerdeführerin doch auch vorgetragen hatte, in der Annahme, eine letztendliche Warenlieferung ins Ausland würde jedenfalls zur Umsatzsteuerfreiheit führen, gegebenenfalls geirrt zu haben, und an dieser irrigen Ansicht auch in der Beschwerdeschrift noch festzuhalten scheint. Zum anderen ist auch die zur Frage eines Irrtums in der Annahme der Gleichstellung von Zollfreiheit mit Umsatzsteuerfreiheit getroffene Feststellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mehrdeutig. So heißt es in den Gründen dieses Straferkenntnisses zunächst, dass der geltend gemachte Rechtsirrtum die Beschwerdeführerin nicht entschuldigen könne, weil er ihr vorwerfbar sei. Dies hätte allerdings, wie bereits dargelegt, eine Bestrafung der Beschwerdeführerin nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht mehr erlaubt. Im Anschluss daran findet sich im erstinstanzlichen Straferkenntnis die Ausführung, eine erfahrene Geschäftsfrau wie die Beschwerdeführerin habe zumindest das Bedenkliche an ihrer Rechtsmeinung erkannt und dabei ernstlich mit der Möglichkeit gerechnet und sich damit abgefunden, dass diese Ansicht unrichtig sei, woraus die Erstbehörde dann folgerte, dass die Beschwerdeführerin mit bedingtem Vorsatz die betroffenen Geschäftsvorfälle nicht als umsatzsteuerpflichtig behandelt habe. Abgesehen davon, dass im erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht offen gelegt wird, aus welchen Erwägungen der Spruchsenat zu dieser Feststellung kam, fehlt es dieser Feststellung im Kontext mit den vorangehenden Ausführungen über die Unentschuldbarkeit "des Irrtums" an der erforderlichen Eindeutigkeit ihres Inhaltes.
Es fehlen dem angefochtenen Bescheid damit im Ergebnis verlässliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite, aus denen sich entnehmen ließe, ob die Beschwerdeführerin zu den relevanten Tatzeiträumen der Jahre 1990 und 1991 einem der von ihr behaupteten Rechtsirrtümer unterlegen war oder nicht. Irrte die Beschwerdeführerin, dann war sie nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG im Grunde des § 9 FinStrG auch dann nicht strafbar, wenn ihr Irrtum unentschuldbar war. Ließe sich in Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin feststellen, dass sie den von ihr behaupteten Irrtümern tatsächlich nicht unterlegen war, stünde der Annahme vorsätzlichen Handelns im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nichts entgegen.
Da der Sachverhalt im aufgezeigten Umfang somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2000130197.X00Im RIS seit
03.07.2002