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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Günter Orth in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 25. April 2001, Zl. MD-VfR - B VIII - 22/2000, betreffend Vorschreibung von Kosten im Bauauftragsverfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In einem Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 5. Oktober 2000 ist - wie sich aus dem vorgelegten Behördenakt ergibt - festgehalten worden, dass am Gebäude des Beschwerdeführers nachstehende Baugebrechen bestehen, die eine Gefahr für die körperliche Sicherheit bilden:
Der gesamt Putz und Teile des Ziegelmauerwerkes des straßenseitigen Erkers im Bereich des 2. und 3. Stockes lösen sich und drohen auf den Gehsteig vor dem Geschäftslokal im Erdgeschoss und den Stationsbereich der Straßenbahnlinie 46 zu stürzen. Ebenso sind Teile des Krönungsgesimses im Bereich der rechten Grundgrenze locker.
Folgende Sicherungsmaßnahmen wären zu treffen:
Errichten eines Schutzgerüstes über die gesamte Länge des gegenständlichen Gebäudes.
Am 6. Oktober 2000 erfolgte der baubehördliche Auftrag im Sinne des § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) an ein hiezu befugtes Unternehmen. Der Beschwerdeführer wurde von diesem Auftrag mit Mitteilung vom 10. Oktober 2000 verständigt.
Das beauftragte Unternehmen legte der Behörde nach Ausführung der Arbeiten eine Rechnung vom 18. Oktober 2000 über den Gesamtbetrag von S 72.456,-- (inklusive Mehrwertsteuer). Dieser Betrag wurde wie folgt aufgeschlüsselt:
"Pos 1) Einrichten der Baustelle, Antransport der gesamten erforderlichen Materialien mit einem LKW, sowie der benötigten Befestigungsmittel samt eines Stromaggregates, um die Durchführung der Arbeiten zu ermöglichen.
1,0 PA
5.520,00
5.520,00
Pos 2) Herstellen eines Passagenschutzgerüstes mit einer Länge von 16,00m, einer Breite von 4,00m und einer Höhe von ca. 6,5m entlang der gesamten Gebäudefront um Passanten vor herunterfallenden Gesimseteilen zu schützen.
Herstellen der Gerüstunterkonstruktion bestehend aus sechs Stk. Gespärren aus je zwei Stück 10/10 cm starken Stehern mit einer Höhe von 5,40 m, die mittels Querriegeln mit zimmermannsmäßigen Verbindungen sowie Zangen verbunden werden. Für die Standfestigkeit der Unterkonstruktion wurden die Gespärre untereinander mittels Auskreuzungen ausgesteift. Auf der Unterkonstruktion erfolgte die Montage eines Pfostenbelages mit einer Stärke von 5 cm.
Auf Pfostenbelag erfolgte die Montage einer umlaufenden Schutzblende mit einer Höhe von 1,00 m bestehend aus einer Riegelunterkonstruktion aus Kantholz 10/10 cm die außenseitig mit einer Schalung beplankt wurde.
Inkludiert ist weiters die Ausschwertung der Konstruktion sowie die Montage von Kopfbändern, um eine entsprechende Standsicherheit zu erzielen und das gesamte dafür notwendige Befestigungsmaterial.
1,00 PA
54.860,00
54.860,00
Zwischensumme
60.380,00
zuzügl. 20% MWSt
12.076,00
_________________
_________________
Rechnungsendbetrag
72.456,00"
Diese Kosten wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. November 2000 gemäß § 129 Abs. 6 BO unter Anschluss der oben wiedergegebenen Rechnung des beauftragten Unternehmens zur Bezahlung vorgeschrieben.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung, in welchem er vorbrachte, dass die vorgeschriebenen Kosten "unverhältnismäßig hoch" seien und das aufgestellte Schutzgerüst die Aufstellung eines normalen Fassadengerüstes behindere. Das Schutzgerüst sei "nur mit enormen Kosten für den Hauseigentümer zu entfernen, sodass sich insgesamt eine unzumutbare Belastung für den Hauseigentümer ergibt".
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung keine Folge gegeben. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass gemäß § 129 Abs. 6 BO die Behörde bei Gefahr im Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers anordnen kann. Im Verfahren über die Kosten sei nicht zu prüfen, ob die angeordneten Maßnahmen notwendig und zweckmäßig waren. Der Beschwerdeführer habe gegen die notstandspolizeiliche Maßnahme - ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - keine Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben. Es sei daher davon auszugehen, dass die Maßnahme nicht rechtswidrig in subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen habe. Zum Einwand des Beschwerdeführers, die vorgeschriebenen Kosten seien "verhältnismäßig hoch", sei zu bemerken, dass der Beschwerdeführer nicht geltend machen könne, die Kosten wären ohne Einschaltung der Behörde geringer gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer trägt im Wesentlichen vor, dass bei verfassungskonformer Interpretation des § 129 Abs. 6 BO nur angemessene Kosten vorgeschrieben werden dürften. Die belangte Behörde hätte jedoch zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen. Dem Beschwerdeführer sei es verwehrt gewesen, die Angemessenheit der vorgeschriebenen Kosten zu prüfen, da ihm lediglich eine Kopie der Rechnung des beauftragten Unternehmens vorgehalten worden sei, die zwar detailliert in zwei Positionen die erbrachten Leistungen nenne, das Entgelt für diese Positionen jedoch nur mit "1,00 PA" als Recheneinheit bestimme. Er vermute, dass "PA" auf ein Pauschalanbot hindeute, welches ihm jedoch nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) kann die Behörde bei Gefahr im Verzug auch ohne Anhörung der Partei die erforderlichen Verfügungen und Sicherungsmaßnahmen auf Gefahr und Kosten des Eigentümers eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage anordnen und sofort vollstrecken lassen.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der betroffenen Liegenschaft und des dazugehörigen Gebäudes.
Ob die Voraussetzungen des § 129 Abs. 6 BO vorgelegen haben und die von der Behörde dem ausführenden Unternehmen in Auftrag gegebenen Arbeiten demnach notwendig und zweckmäßig waren, kann im Verfahren über die Bezahlung der Kosten dieser Maßnahmen nicht mehr überprüft werden. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden nämlich die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (siehe hiezu auch § 2 Z. 2 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. Nr. 53/1990).
Unterlässt aber die von einem Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt betroffene Partei die Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Akt beim unabhängigen Verwaltungssenat, dann ist rechtlich davon auszugehen, dass ein solcher Verwaltungsakt gegenüber einem zur Maßnahmebeschwerde Befugten nicht in dessen subjektivöffentlichen Rechte rechtswidrig eingegriffen hat. Wurden daher die nach § 129 Abs. 6 BO durchgeführten notstandspolizeilichen Maßnahmen nicht vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft, dann kann die Frage ihrer Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit im Kostenersatzverfahren nicht mehr aufgerollt werden, weil insoweit eine Bindung der Behörde an die mangels Bekämpfung geltende Rechtmäßigkeit der notstandspolizeilichen Maßnahmen besteht, die auch deren Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes umfasst (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 10. Juni 1997, Zl. 96/07/0106, und vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0226). Es kann daher dahingestellt bleiben, welche Kosten dem Beschwerdeführer durch die Entfernung des Schutzgerüstes entstehen werden.
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde nicht mehr gegen die Kostenvorschreibung dem Grunde, sondern nur der Höhe nach.
Wenn auch der Verpflichtete hinnehmen muss, dass die Kosten der für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages erforderlichen und tatsächlich verrichteten Arbeiten höher sind, als sie bei Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten gewesen wären (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1963, Zl. 188/62), so kann der Verpflichte jedoch eine Kostenvorschreibung mit dem Vorbringen, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch, bekämpfen. Dabei hat er es jedoch nicht bei unsubstantiierten Behauptungen zu belassen, vielmehr muss er mit hinreichender Deutlichkeit darlegen, warum er die Auffassung vertritt, dass die durchgeführten als erforderlich feststehenden Arbeiten zu teuer in Rechnung gestellt worden sind. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1992, Zl. 91/10/0260).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zwar die Ansicht, dass eine Kostenvorschreibung so aufgeschlüsselt zu sein hat, dass dem Verpflichteten die Möglichkeit der Überprüfung eingeräumt ist, aber auch dass der Verpflichtete konkrete Umstände zur angeblichen Unangemessenheit anzugeben hat (vgl. hiezu das zur Frage der Kostenschätzung im Rahmen des Auftrages zur Kostenvorauszahlung ergangene, im Grundsatz auch hier anwendbare hg. Erkenntnis vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0219). Diese Möglichkeit war dem Beschwerdeführer durch die ihm zur Kenntnis gebrachte, eingangs wiedergegebene Rechnung des von der Behörde beauftragten Unternehmens eingeräumt.
Der Beschwerdeführer hat es jedoch weder im Administrativverfahren noch in der Beschwerde unternommen, konkrete Umstände anzugeben, welche die Unverhältnismäßigkeit der aufgetragenen Kosten dartun. Die summarischen Kostenangaben konnten den Beschwerdeführer nicht hindern, die Angemessenheit der Kosten zu überprüfen, da die in Rechnung gestellten Leistungen - wie oben schon ausgeführt - ausreichend detailliert angeführt sind. Es schadet daher nicht, dass die belangte Behörde auf die bereits in der Berufung aufgeworfene, aber bloß allgemein gehaltene Frage der Angemessenheit der aufgetragenen Kosten nicht eingegangen ist.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. Februar 2002
Schlagworte
Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001050304.X00Im RIS seit
21.05.2002Zuletzt aktualisiert am
29.11.2016