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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des I, geboren 1979, vertreten durch Dr. Günter Zeindl, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Schmerlingstraße 4/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 17. Jänner 2002, Zl. III 4033-7/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 17. Jänner 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, den Beschwerdeausführungen zufolge ein "bosnischer Kroate", gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Innsbruck mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil vom 8. Februar 2001 wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch, teilweise in der Begehungsform der Beitragstäterschaft, nach den §§ 127, 128 Abs. 2, § 129 Z. 1 und 2, § 130 zweiter Satz erster und zweiter Fall, § 12 dritte Alternative StGB und wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wovon 14 Monate bedingt nachgesehen worden seien, verurteilt worden. Der Sachverhalt ergebe sich aus dem dem Bescheid in Ablichtung beigeschlossenen Urteilsspruch des Landesgerichtes Innsbruck. Danach sei der Beschwerdeführer für schuldig erkannt worden,
I. gemeinsam mit mehreren Mittätern anderen fremde bewegliche Sachen in einem S 500.000,-- übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen zu haben, wobei der Beschwerdeführer die schweren Diebstähle und die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begangen habe, sich durch deren wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
A) zwischen 8. und 10. Juli 2000 in Innsbruck einem Verfügungsberechtigten der Firma M. diverse Mobiltelefone samt Zubehör im Wert von ca. S 800.000,-- durch Einbruch und Einsteigen in ein Gebäude,
B) 1. am 3./4. Juli 2000 in Innsbruck dem O.L. eine Stereoanlage, einen Alukoffer mit 100 Musik-CDs, Bargeld, Zigaretten, diverse Getränke, Handschellen und ein Ladegerät im Gesamtwert von ca. S 30.000,-- durch Einbruch in ein Gebäude und teilweise durch Aufbrechen eines Behältnisses (Dartautomat), wobei der Beschwerdeführer als Aufpasser fungiert habe, sowie dem F.L. diversen Silberschmuck und Uhren im Gesamtwert von ca. S 60.000,-- durch Aufbrechen eines Behältnisses (Schaukasten),
2. am 1./2. Juli 2000 in Innsbruck einem Verfügungsberechtigten der Firma F. Bargeld und Fanartikel, Turnschuhe, T-Shirts, Uhren, Trainingsanzüge und andere Waren durch Einbruch und Einsteigen in einen Verkaufs-LKW, wobei der Beschwerdeführer als Aufpasser fungiert habe,
C) am 8./9. Juni 2000 in Innsbruck der L.S. eine Stereoanlage, einen Plattengriller, diverse Zigaretten und Süßigkeiten im Wert von ca. S 8.300,-- durch Einbruch und Einsteigen in einen Kiosk,
II. im Sommer 2000 in Innsbruck einen von einem anderen gestohlenen Walkman im Wert von ca. S 1.000,-- an sich gebracht zu haben.
Bei der Strafbemessung seien erschwerend das professionelle Vorgehen durch längere Planung und arbeitsteiliges Vorgehen, die Begehung der Taten in Gesellschaft von Mittätern, die Verursachung von Sachschäden bei Einbruchsdiebstählen, die mehrfache Qualifikation des schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis des Beschwerdeführers, die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung, sein Alter unter 21 Jahren, der Umstand, dass er strafbare Handlungen selbst beendet habe, und der Verlust der Arbeitsstelle auf Grund der bekannt gewordenen Straftaten gewertet worden.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers deutlich seine negative Einstellung zur Rechtsordnung zeige, wodurch der Eindruck entstehe, dass er nicht gewillt sei, Rechtsvorschriften in erforderlicher Weise zu achten und sein Verhalten den Gesetzen anzupassen. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet stelle eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, und es sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrG erfüllt.
Ein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Dieser mache das Aufenthaltsverbot im Grund dieser Gesetzesbestimmung jedoch nicht unzulässig. Im Hinblick auf die sich in seinem Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer, z.B. auf Vermögen) dringend geboten. Seine privaten und familiären Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wögen schwer. So halte er sich seit 1992 erlaubt in Österreich auf und arbeite seit Jahren behördlich erlaubt als Bäcker in einer Bäckerei in Tirol. Eine intensive familiäre Bindung habe er zu seinen Eltern und seiner 19-jährigen Schwester, die hier gut integriert seien und mit denen er in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Das Gewicht seiner privaten und familiären Interessen werde durch seine Volljährigkeit und durch die Beeinträchtigung der sozialen Komponente seiner Integration infolge seiner schweren Vermögensstraftaten gemindert. Diese Interessen wögen höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, weshalb diese Maßnahme auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei. Der Schutz der Rechte anderer, z.B. des Vermögens, habe ein großes öffentliches Gewicht.
Ein Aufenthaltsverbots-Verbotsgrund gemäß den §§ 38, 35 FrG komme nicht zum Tragen. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 leg. cit. und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, nämlich der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, sei das Verstreichen von fünf Jahren vonnöten.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine, nicht bereits im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG berücksichtigten Umstände vorlägen, könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. Abstand genommen werden. Seinem Berufungsvorbringen, dass er als "bosnischer Flüchtling" keine Möglichkeit mehr hätte, nach Bosnien zurückzukehren, und dass er dort keinen Anschluss mehr hätte, sei zu entgegnen, dass ein Aufenthaltsverbot nicht anordne, wohin der Fremde auszureisen habe und dass er allenfalls abgeschoben werde; im Übrigen werde dazu auf die §§ 75, 56 Abs. 2 FrG hingewiesen. Maßgeblich sei das in Österreich geführte Privat- und Familienleben und nicht, ob der Fremde in einem anderen Staat Anschluss habe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Sachverhaltsfeststellungen und wendet sich auch nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 zweiter Fall FrG erfüllt sei. Gegen diese Beurteilung bestehen keine Bedenken. Ferner begegnet auch die - in der Beschwerde gleichfalls unbekämpft gebliebene - Auffassung der belangten Behörde, dass angesichts des dieser Verurteilung zu Grunde liegenden wiederholten Fehlverhaltens die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
2. Die Beschwerde bekämpft indes den angefochtenen Bescheid im Licht des § 37 Abs. 1 und 2 FrG und bringt vor, dass von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes hätte Abstand genommen werden müssen, weil die im angefochtenen Bescheid festgestellten dem privaten und familiären Bereich des Beschwerdeführers zugehörigen Umstände in den Vordergrund träten. Dazu komme, dass seine Familie auf Grund des Krieges in Bosnien ihr Heimatland habe verlassen müssen und er dort keine verwandtschaftlichen Bindungen mehr habe. Er sei in Österreich aufgewachsen, habe de facto die Hälfte seines Lebens hier verbracht, beherrsche die deutsche Sprache in Wort und Schrift, gehe einer geregelten Beschäftigung nach und sei sozial voll integriert. Ferner sei auch das Strafgericht davon ausgegangen, dass die Verhängung einer weitgehend bedingten Freiheitsstrafe über ihn ausreichend sei.
3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1992, seine berufliche Tätigkeit, die daraus ableitbare Integration und seine intensive familiäre Bindung zu seinen Eltern und seiner 19-jährigen Schwester, mit denen er in einem gemeinsamen Haushalt lebt, zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Sie hat jedoch - unter gebührender Bedachtnahme auf diese Interessenlage - auch den Standpunkt vertreten, dass diese Maßnahme zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (nämlich zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer) dringend geboten und nach § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei. Dieser Auffassung ist beizupflichten, hat doch der Beschwerdeführer durch seine wiederholt verübten Vermögensstraftaten, insbesondere die schweren Einbruchsdiebstähle, wobei er überdies gewerbsmäßig, d.h. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, vorgegangen ist, deutlich zu erkennen gegeben, dass er offensichtlich nicht gewillt ist, die Rechte anderer und die österreichischen strafrechtlichen Vorschriften zu respektieren.
Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Wenngleich die für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden persönlichen Interessen beträchtlich sind, kommt ihnen doch kein größeres Gewicht zu als dem durch sein Fehlverhalten nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Dabei war zu berücksichtigen, dass die aus seinem Aufenthalt in Österreich erreichte Integration in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch seine mehrfachen Straftaten beeinträchtigt wurde. Dem Beschwerdeeinwand, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine persönlichen Beziehungen habe, ist zu erwidern, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass er in ein bestimmtes Land (etwa nach Bosnien-Herzegowina) auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Im Übrigen sind von ihm die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen. Ferner geht der Beschwerdehinweis auf die strafgerichtlichen Erwägungen betreffend die im Urteil vom 8. Februar 2001 ausgesprochene teilweise bedingte Strafnachsicht fehl, hatte doch die belangte Behörde ihre Beurteilung unabhängig von den die Strafbemessung und die bedingte Nachsicht der Strafe begründenden Erwägungen des Gerichtes ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes zu treffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 98/18/0422, mwN).
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 12. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180033.X00Im RIS seit
27.05.2002