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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §891;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatpräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Manfred Winkler, Rechtsanwalt in Wien III, Henslerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. März 2001, GZ. RV 901- 09/99, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdeergänzung ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer schloss am 2. September 1997 über ein von ihm gemietetes Geschäftslokal (Magazin samt Lager bzw. Büro) für die Dauer von fünf Jahren mit einer GmbH einen Untermietvertrag. Die Vertragsurkunde wurde von beiden Teilen unterzeichnet und dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) zur Vergebührung angezeigt.
Im Punkt VIII. des Vertrages wurde vereinbart, dass die Untermieterin, die mit der Errichtung des Vertrages verbundenen Kosten und Gebühren trägt.
Daraufhin wurde mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 der Untermieterin Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG vorgeschrieben.
Da das Finanzamt in der Folge davon ausging, dass die Gebührenschuld bei der Untermieterin offenbar uneinbringlich ist, wurde mit Bescheid vom 9. Juli 1999 die Gebühr dem Beschwerdeführer als Gesamtschuldner vorgeschrieben.
In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf Punkt VIII. des Untermietvertrages.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie sich auf § 28 Abs. 1 GebG und § 6 BAO stützte und davon ausging, sie hätte nach Uneinbringlichkeit der Gebührenschuld beim Untermieter gar keinen Ermessensspielraum mehr gehabt, sondern vielmehr für die Erhebung und Einbringung der ausstehenden Abgabe sorgen müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ermessensentscheidung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit verletzt, weiters in seinem Recht auf Bemessung der Gebühr nach der tatsächlichen Benützung des Bestandobjektes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a GebG sind zur Entrichtung der Gebühr bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist, die Unterzeichner der Urkunde verpflichtet.
Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind gemäß § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses hängt es gemäß § 891 zweiter Satz ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem Einzigen fordern will. Der Gläubiger kann daher jeden der Mitschuldner nach seinem Belieben in Anspruch nehmen, bis er die Leistung vollständig erhalten hat. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht daher der Abgabenbehörde - dem Gläubiger - die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen hat (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren in Ergänzung H 11 H Abs. 3 zu § 28 GebG referierte hg. Judikatur).
Haften für eine Abgabenschuld zwei oder mehrere Gesamtschuldner, so wird sich die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte (Fellner, a.a.O. 12 H Abs. 1).
Liegen Umstände vor, die eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe erkennen lassen, wird die Vorschreibung an den Gesamtschuldner, der nach dem Innenverhältnis die Abgabe nicht tragen sollte, nahe liegen (Fellner, a.a.O. 12 H Abs. 2). Die Vorschreibung an einen der Gesamtschuldner ist auch dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist (Fellner, a. a.O. 12 H Abs. 2).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweisen sich die Beschwerdeargumente nicht als stichhältig. Die Beschwerde vermeint nämlich, es wäre Sache der Abgabenbehörde gewesen, die Gesellschafter der im Firmenbuch noch immer eingetragenen Untermieterin hinsichtlich des laut Firmenbuchstandes nicht einbezahlten Betrages der Stammeinlagen (im Ausmaß von S 250.000,--) persönlich heranzuziehen. Aus diesem Grund sei der Annahme der belangten Behörde, die Forderung sei bei der Untermieterin uneinbringlich, unrichtig.
Der Beschwerdeführer übersieht bei dieser Argumentation grundlegend, dass Gesellschafter einer GmbH auch im Umfange einer noch nicht einbezahlten Stammeinlage den Gläubigern der Gesellschaft gegenüber keineswegs auf Grund ihrer Gesellschafterposition haften. Ein Gläubiger der Gesellschaft muss sich vielmehr, um die Forderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter auf Zahlung der restlichen Stammeinlage zu realisieren, des Instrumentes der Forderungsexekution gemäß §§ 290 ff EO bzw. §§ 80 ff AbgEO bedienen, das heißt, sich die Forderung der GmbH gegen den Gesellschafter auf Zahlung der restlichen Stammeinlage pfänden und überweisen lassen und gegebenenfalls dann gegen den Gesellschafter mit Drittschuldnerklage vorgehen (vgl. dazu zB Koppensteiner, GmbH-Gesetz, Kommentar2 Rz 24 zu § 63 und Rz 6 zu § 64 GmbHG, sowie OGH HS 11515 = EvBl 1979/206 = JBl 1980, 206 = SZ 252/37 = GesRz 1979, 172). Erst nach Schaffung eines Exekutionstitels gegen den Gesellschafter als Drittschuldner ist dann ein exekutiver Zugriff auf den Gesellschafter durch den Überweisungsgläubiger zulässig.
Das ist aber insgesamt ein Vorgang, bei dem von einer raschen Einbringung ohne Schwierigkeiten im Sinne der oben erwähnten Rechtsprechung von vornherein nicht mehr gesprochen werden kann.
Da die Beschwerde gegen die von der belangten Behörde angenommene Uneinbringlichkeit der Forderung bei der Untermieterin als einziges Argument den Zugriff auf die nach dem Firmenbuchstand (der im Übrigen gar nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen muss; vgl. Koppensteiner a.a.O. Rz 15 zu § 9 und Rz 6 zu § 64 GmbHG) nicht einbezahlte Stammeinlage der Gesellschafter ins Treffen führt, ergibt sich schon aus dem Beschwerdeinhalt, dass der belangten Behörde in diesem Zusammenhang nicht der Vorwurf verfehlter Ermessensübung gemacht werden kann. Dass die Forderung aus anderen Gründen bei der Untermieterin rasch und ohne Schwierigkeiten einbringlich wäre, behauptet nicht einmal die Beschwerde.
Insoweit sich die Beschwerde in weiterer Folge gegen die Heranziehung der Vertragsdauer von fünf Jahren als Bemessungsgrundlage wendet und dazu behauptet, die Untermieterin habe das Objekt "nicht bzw. extrem kurzfristig" genutzt, ist sie (sofern es sich bei diesem Vorbringen gemessen an dem von der Beschwerde geschilderten Sachverhalt nicht ohnehin um eine unerhebliche Neuerung handelt) auf Folgendes zu verweisen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr nach dem Wert im Allgemeinen von 1 v.H.
Abs. 3 leg. cit. lautet:
"(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem 18-fachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom 1. Satz sind die Bestandverträge über Gebäude oder Gebäudeteile die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbstständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen."
Die Vertragsdauer stellt - wenn der Preis nicht in einer einmaligen Leistung besteht - neben dem vereinbarten Preis, also dem Bestandzins einschließlich der vereinbarten Nebenleistungen, das zweite Element zur Feststellung des Wertes des Bestandvertrages im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG dar. Der Wert ergibt sich aus dem Bestandzins und der Bestanddauer (vgl. dazu die bei Fellner, a.a.O. Ergänzung L, 33 L zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Judikatur).
Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die Gebühr von der ausdrücklich rechtsgeschäftlich vereinbarten Dauer und nicht ausgehend von der tatsächlichen Dauer zu entrichten (vgl. dazu die bei Fellner, a.a.O. 34 L. Abs. 2 zu § 33 TP 5 GebG angeführte hg. Rechtsprechung). Das hat nicht nur für die tatsächliche Fortsetzung eines Bestandverhältnisses über die urkundlich vereinbarte Dauer hinaus, sondern auch für die tatsächliche Verkürzung zu gelten. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 17 Abs. 5 GebG, wonach u.a. die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die einmal entstandene Gebührenschuld nicht aufheben. Da es nach dieser Bestimmung unbeachtlich ist, ob ein beurkundetes Rechtsgeschäft in weiterer Folge überhaupt aufrecht erhalten oder ausgeführt wird (vgl. dazu die bei Fellner, a.a.O. 16 H. letzter Abs. und Erg. H 17 H 1. Abs. zu § 17 GebG referierte hg. Judikatur), ist es im vorliegenden Fall auch unmaßgeblich, ob die Untermieterin das Objekt überhaupt benützt hat bzw. nur kurzfristig.
Da sich sohin schon aus dem Beschwerdeinhalt ergab, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte diese Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Mit Rücksicht auf die Entscheidung nach § 35 Abs. 1 VwGG konnte ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 532, letzter Absatz und 533, erster Absatz, referierte hg. Rechtsprechung).
Wien, am 28. Februar 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001160606.X00Im RIS seit
08.07.2002Zuletzt aktualisiert am
23.01.2015