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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schimetits, über die Beschwerde des AS in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 4. Juli 2001, Zl. 2-11.S/ 776 - 99/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 4. Oktober 1999 beantragte der Beschwerdeführer die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin. Er gab an, seit 29. Juli 1991 in der Steiermark zu leben bzw. - durch Vervollständigung des verwendeten Antragsvordruckes - seinen Hauptwohnsitz seit "29.07.1991" ununterbrochen in Österreich zu haben. In dem seinem Antrag angeschlossenen Lebenslauf führte er aus, nach der Matura im Wintersemester 1988 an der Fakultät für Betriebswirtschaft der Universität Kairo inskribiert und dort für zwei Jahre mit Erfolg studiert zu haben; am 8. Juli 1990 sei er nach Österreich gekommen und hier bis 1. Jänner 1991 geblieben; seit 29. Juli 1991 befinde er sich wieder in Österreich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag gemäß §§ 10 Abs. 4 Z 1 und 16 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) iVm § 39 leg. cit. ab. Dabei traf sie ua. folgende Feststellungen:
"Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Einbürgerungswerber seit 24. Februar 1989 seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat.
Der Staatsbürgerschaftswerber lebt seit 29. Juli 1991 in Österreich und hat somit noch keinen 10-jährigen Inlandswohnsitz."
Da der Beschwerdeführer noch nicht zehn Jahre seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich habe, sei zu prüfen gewesen, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliege. Einen solchen (insbesondere den Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration) habe das durchgeführte Ermittlungsverfahren jedoch nicht erbracht.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer verweist auf den Widerspruch in der Begründung des bekämpften Bescheides, wonach einerseits festgestellt wird, dass er seit 24. Februar 1989 seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik Österreich habe, und andererseits unmittelbar daran anschließend ausgeführt wird, er lebe seit 29. Juli 1991 in Österreich und habe somit noch keinen zehnjährigen Inlandswohnsitz. Dass dieser Widerspruch wesentlich ist, bedarf im Hinblick auf die Abweisung des gegenständlichen Begehrens nach § 10 Abs. 4 Z 1 StbG, im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Z 1 leg, cit. und im Hinblick auf das Datum der Erlassung des bekämpften Bescheides (9. Juli 2001) keiner näheren Erörterung.
In der Gegenschrift wird dazu lediglich "festgestellt", dass sowohl aus den persönlichen Angaben des Beschwerdeführers wie auch aus einem Bericht der Bundespolizeidirektion Graz ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer seit 29. Juli 1991 ununterbrochen in Österreich leben solle; unterbrechungsfreie Voraufenthalte seien weder behauptet noch nachgewiesen worden.
Diese gegenschriftlichen Ausführungen stehen mit der Aktenlage im Einklang. Dessen ungeachtet argumentiert die Beschwerde damit, dass ein zehnjähriger Wohnsitz vorliege bzw. dass die belangte Behörde "offensichtlich zu Unrecht den 10- jährigen Inlandsaufenthalt nicht festgestellt" habe. Die belangte Behörde ihrerseits hat weder einen Berichtigungsbescheid erlassen noch eine Erklärung für ihre widersprüchlichen Feststellungen geboten. Nicht zuletzt deshalb verbietet sich aber auch eine berichtigende Auslegung des bekämpften Bescheides dahingehend, dieser gehe allein von der Feststellung aus, dass der Beschwerdeführer (erst) seit 29. Juli 1991 in Österreich lebe. Schon im Hinblick auf die im Lebenslauf des Beschwerdeführers enthaltene Angabe, er sei am 8. Juli 1990 nach Österreich gekommen und hier (zunächst) bis 1. Jänner 1991 verblieben, ist nämlich nicht offensichtlich, welche Aufenthaltsdauer der behördlichen Willensbildung - wenn auch möglicherweise rechtsirrig - tatsächlich zugrunde lag.
Angesichts des vorliegenden Widerspruchs haftet dem angefochtenen Bescheid ein wesentlicher Begründungsmangel an, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 12. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001010389.X00Im RIS seit
21.05.2002