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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des S, geboren 1973, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Jänner 2001 (richtig: 2002), Zl. SD 10/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Jänner "2001" (im Hinblick auf die Geschäftszahl und das im Spruch des Bescheides genannte Datum des erstinstanzlichen Bescheides (14. November 2001) richtig: 2002) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit Anfang Mai 1992 in Österreich. Nach Vorlage von Verpflichtungserklärungen seiner Tante habe er Sichtvermerke und im Anschluss daran Aufenthaltsbewilligungen zum Zweck der unselbstständigen Erwerbstätigkeit erhalten. Zuletzt, und zwar am 11. September 1998, habe er auf Grund seiner am 15. August 1997 in Mazedonien erfolgten Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit EWR-Bürger" erhalten.
Am 5. Oktober 2000 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten (davon zehn Monate unbedingt) verurteilt worden. Einer dagegen erhobenen Berufung sei vom Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 11. Juni 2001 keine Folge gegeben worden. Wie aus den Entscheidungsgründen hervorgehe, habe er im Jänner 1999 seine Ehegattin mit Gewalt zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines aktiven Oralverkehrs, genötigt, indem er sie an den Haaren gepackt, ins Schlafzimmer gezerrt, auf das Bett geworfen und ihre Hände so fest auf das Bett gedrückt habe, dass sie sich nicht habe wehren können. Des Weiteren habe er sie im Juni 1999, wiederum mit Gewalt, zur Duldung des Beischlafs und eines Analverkehrs gezwungen, indem er sie zu Boden geworfen und mit dem Gesicht zu Boden gedrückt habe. Den Entscheidungsgründen des Oberlandesgerichtes Wien sei zudem zu entnehmen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers aus Angst vor seinen Gewalttätigkeiten und wegen ihrer gesellschaftlichen Isoliertheit in Österreich es nicht gewagt habe, Anzeige zu erstatten oder bei einer dritten Person Hilfe zu suchen. Erst nach einer neuerlichen sexuellen Misshandlung sowie Beschimpfungen und Drohungen durch den Beschwerdeführer sei sie in ein Frauenhaus geflüchtet. Schon das Landesgericht für Strafsachen Wien habe festgestellt, dass der Beschwerdeführer des Öfteren in Gegenwart seiner Frau mit seiner Freundin telefoniert, über Sexspiele gesprochen und seine Ehegattin dadurch psychisch unter Druck gesetzt habe, indem er etwa geäußert habe, sie wäre sein Eigentum und er könnte mit ihr machen, was er wollte.
In seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2001 (somit noch vor Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides vom 14. November 2001) habe der Beschwerdeführer festgehalten, von seiner Ehegattin geschieden zu sein. Auch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe er ausgeführt, zwischenzeitig von seiner Frau geschieden zu sein und derzeit in Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die er zu heiraten beabsichtigte, zu leben. Angesichts der von ihm vorgebrachten Tatsache, bereits von seiner deutschen Ehegattin geschieden zu sein, gälten daher für ihn nicht mehr die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 FrG).
Auf Grund der vorliegenden Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht. Im Hinblick auf das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers könne kein Zweifel daran bestehen, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß gefährde. Durch sein strafbares Verhalten habe er seine mangelnde Verbundenheit mit den in Österreich geschützten rechtlichen Werten und - wie seine Verurteilung zeige - seine Bereitschaft zu erkennen gegeben, auch vor Gewaltanwendung nicht zurückzuschrecken. Das seiner Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten liege noch viel zu kurz zurück, um auf Grund des bisher verstrichenen Zeitraums eine wesentliche Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für die besagten öffentlichen Interessen annehmen zu können. Abgesehen davon biete er auch keine Gewähr dafür, in einer ähnlichen Situation nicht abermals mit Gewalt vorzugehen, weshalb derzeit für ihn keine positive Verhaltensprognose getroffen werden könne. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn sei sohin (auch) im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 oder 38 leg. cit. - gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes, wenn er noch mit einer deutschen Ehegattin verheiratet gewesen wäre, auch im Grund des § 48 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer habe angegeben, nunmehr geschieden zu sein und sich mit einer österreichischen Staatsbürgerin in Lebensgemeinschaft zu befinden. Aus seiner ersten Ehe stamme ein minderjähriges Kind, für das er sorgepflichtig sei. Sein Sohn lebe bei seiner geschiedenen Frau, wobei der Beschwerdeführer für ihn EUR 181,68 (offensichtlich gemeint: monatlich) an Unterhalt bezahle. Der seit Mai 1992 in Österreich lebende Beschwerdeführer habe seinen Angaben zufolge seit 1994 durchgehend in Österreich bei verschiedenen Unternehmen gearbeitet und sei zuletzt bei einem Bauunternehmen mit einem monatlichen Nettolohn von EUR 1017,42 beschäftigt gewesen. Er habe angegeben, im Jahr 1997 bei einer Bank einen Kredit von ATS 200.000,-- aufgenommen zu haben, wobei die monatliche Rückzahlungsrate ATS 5.000,-- betragen würde und er seit zwei Jahren keine Raten mehr beglichen hätte. Diesbezüglich sei ein Lohnpfändungsverfahren anhängig. In seiner Berufung habe er ausgeführt, derzeit jahreszeitlich bedingt arbeitslos zu sein. Vor diesem Hintergrund sei mit dem vorliegenden Aufenthaltsverbot ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit Dritter und zur Verhinderung strafbarer Handlungen) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Das seiner Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten lasse eine offenkundige Geringschätzung der durch strafrechtliche Vorschriften geschützten Grundwerte erkennen.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration Bedacht zu nehmen. Die sich daraus und aus den privaten und familiären Beziehungen ergebende Integration werde jedoch in der für sie wesentlichen Komponente durch seine Straftaten ganz erheblich gemindert. Den - solcherart geminderten -
persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse am Schutz der körperlichen Unversehrtheit Dritter und an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie wögen nicht schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen, zumal er bereits seit zwei Jahren keinen Kontakt zu seiner ehemaligen Ehegattin habe und den Sohn nicht sehen dürfe. Den Kontakt zu seiner Lebensgefährtin könne er - wenn auch eingeschränkt - dadurch aufrechterhalten, dass er von ihr im Ausland besucht werde. Ebenso könne er seinen Sorgepflichten und finanziellen Verpflichtungen - wenn auch hier eingeschränkt - vom Ausland aus nachkommen.
Die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen des FrG (§§ 35, 38) stünden der vorliegenden Maßnahme nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund und auf Grund des Fehlens besonderer berücksichtigungswürdiger Umstände könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.
In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers erscheine die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Befristung gerechtfertigt und könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt in Österreich, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und wendet sich auch nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Gegen diese Beurteilung bestehen angesichts der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe keine Bedenken. Ferner begegnet auch die - von der Beschwerde ebenso unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass angesichts des dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
2. Die Beschwerde bringt indes vor, dass der Beschwerdeführer seit Juni 1992 in Österreich lebe, über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung verfügt habe und hier seit 1994 durchgehend gearbeitet habe. Er befinde sich nach wie vor in Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die er zu heiraten beabsichtige, und es sei seine Integration in Österreich als wesentlich und erheblich zu bezeichnen, weshalb die Verhängung des Aufenthaltsverbots weder geboten noch zulässig erscheine.
3. Dieses mit Blick auf § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG erstattete Vorbringen ist nicht zielführend.
Den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit dem Jahr 1992 (die belangte Behörde hat den Beginn seines Aufenthaltes nicht, wie die Beschwerde, im Juni 1992 sondern im Mai 1992 angenommen), seine Berufstätigkeit seit 1994 und die Erteilung einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung an ihn sowie seine Geldunterhaltsverpflichtung gegenüber seinem aus seiner geschiedenen Ehe stammenden Sohn hat die belangte Behörde ohnedies berücksichtigt und daher - unter Einbeziehung des von ihm vorgebrachten Umstandes, dass er sich nunmehr in Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin befinde - zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Ebenso zutreffend ist sie jedoch zur Auffassung gelangt, dass das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot im Licht dieser Gesetzesbestimmung zulässig sei, liegt ihm doch zur Last, seine frühere Ehegattin - mehrfach - vergewaltigt zu haben, welches Verbrechen als schwere und besonders verwerfliche strafbare Handlung gegen die Sittlichkeit (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 98/18/0338, mwN) das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt.
Von daher erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Interessenabwägung als unbedenklich, dies auch unter Berücksichtigung des von der Beschwerde behaupteten Umstandes, dass der Beschwerdeführer beabsichtige, seine Lebensgefährtin, eine österreichische Staatsbürgerin, zu heiraten.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 12. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002180037.X00Im RIS seit
10.06.2002