TE Vfgh Beschluss 2007/12/5 B1210/07

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Veröffentlicht am 05.12.2007
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit
ZPO §146
ZustellG §17

Leitsatz

Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags gegen die Versäumung der Fristzur Stellung eines Verfahrenshilfeantrags; keine Glaubhaftmachungeines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses durch dieBehauptung des Nichterhalts der Hinterlegungsanzeige; Abweisung desVerfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit beim Verfassungsgerichtshof am 6. Juli 2007 eingelangtem Schriftsatz beantragt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen einen Bescheid des Bundesministers für Inneres und verbindet damit den versäumten Verfahrenshilfeantrag.

2. Seinen Wiedereinsetzungsantrag begründet der Einschreiter damit, dass er niemals eine Verständigung von der - am 5. März 2007 erfolgten - Hinterlegung des Bescheides des Bundesministers für Inneres erhalten habe. Er sei sohin an der rechtzeitigen Einbringung eines Verfahrenshilfeantrages (bzw. einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG) durch ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis, nämlich dadurch, dass er von der Zustellung des Bescheides ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt habe, gehindert worden.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen - Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

3.1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11.706/1988).

3.2. Die Zustellung des Bescheides erfolgte - wie sich aus dem vom Bundesminister für Inneres übermittelten Rückschein ergibt - rechtswirksam durch postamtliche Hinterlegung. Nachdem der Zustellversuch am 5. März 2007 erfolglos verlaufen war, wurde das Schriftstück beim Postamt hinterlegt. Eine Verständigung von der Hinterlegung wurde in das Hausbrieffach eingelegt. Da der Einschreiter nicht behauptet, dass er wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. §17 Abs3 Zustellgesetz), galt der hinterlegte Bescheid des Bundesministers für Inneres mit dem ersten Tag der Abholfrist am 6. März 2007 als zugestellt. Gemäß §17 Abs4 Zustellgesetz hat die Beschädigung oder die Entfernung der Verständigung auf die Gültigkeit der Hinterlegung keinen Einfluss.

Der Einschreiter bringt vor, von der Zustellung des Bescheides ohne sein Verschulden keine Kenntnis erlangt zu haben und macht damit das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses im Sinne von §146 ZPO geltend. Begründend führt der Einschreiter insbesondere aus, dass er bisher alle im Zuge des Verfahrens zugestellten Schriftstücke zügig behoben und beantwortet habe und bei der Entleerung seines Hausbriefkastens immer gewissenhaft vorgegangen sei; unter Umständen sei die Hinterlegungsanzeige auch durch fremde Personen beseitigt worden.

Das Aufzeigen einer bloßen Möglichkeit ohne substantiierte Behauptungen vermag einen Hinderungsgrund iSd §146 ZPO jedoch nicht darzutun. Da der Einschreiter nicht glaubhaft machen konnte, dass die Benachrichtigung von der Hinterlegung entweder nicht ordnungsgemäß angebracht oder durch dritte Personen entfernt wurde, war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abzuweisen.

4. Der unter einem eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war aufgrund der wegen der Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VfGG) offenbar aussichtslosen weiteren Rechtsverfolgung abzuweisen (§35 Abs1 VfGG iVm §63 Abs1 ZPO).

5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz VfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe, Zustellung, VfGH /Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1210.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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