TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/13 2001/12/0097

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Veröffentlicht am 13.03.2002
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §210 Abs4;
AVG §52;
BKUVG §101 Abs1;
BKUVG §108 Abs1;
BKUVG §108 Abs2;
BKUVG §108 Abs5;
DGO Graz 1957 §37a;
UFV Graz 1967 §44;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der W in S, vertreten durch Dr. Bernhard Grillitsch, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Schiffgasse 6/1, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 5. April 2001, Zl. Präs. K - 68/2001- 1, betreffend Versehrtenrente nach Dienstunfall (§ 37a DO-Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1947 geborene Beschwerdeführerin steht als Beamtin in handwerklicher Verwendung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin am 15. April 1985 im Dienst gestürzt ist und sich in diesem Zusammenhang eine Wirbelsäulenprellung zugezogen hat. Seitens des Amtsarztes wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % für die Dauer von acht Wochen, sodann von 0 % angenommen.

Weiters geht aus den Verwaltungsakten hervor, dass die Beschwerdeführerin am 12. Februar 1992 einen Auffahrunfall erlitten habe. Nach dem amtsärztlichen Gutachten sei daraus keine dauernde Minderung der Erwerbsfähigkeit resultiert. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang, dass weiter bestehende Kopfschmerzen der Beschwerdeführerin schon nach einem von ihr am 3. Jänner 1992 erlittenen Privatunfall aufgetreten seien.

Am 5. Oktober 1999 erlitt die Beschwerdeführerin neuerlich einen Dienstunfall, indem sie mit dem Kopf gegen die Armaturen eines Wasserspeichers stieß.

Im Zuge eines anhängigen Ruhestandsversetzungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin am 10. April 2000 durch Dr. H, einem Facharzt für Orthopädie, untersucht. In seinem auf Grund dieses Befundes erstatteten Gutachten vom 27. April 2000 erwähnte Dr. H als "Vorerkrankung" ausdrücklich den letztgenannten Dienstunfall und ordnete den von der Beschwerdeführerin insgesamt geschilderten Beschwerden aus fachorthopädischer Sicht folgende Diagnosen zu:

"1. Chronisch wiederkehrendes Cervicobrachialsyndrom links mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei deutlicher Bandscheibenschädigung C5 - C7, harten Bandscheibenvorwölbungen C5/C6 paramedian linksseitig bzw. C6/C7 konzentrisch, Foramenstenose C5 - C7 bds. und angedeuteter Retrolisthese C5/C6 (laut MR vom Februar 2000)

2.

Diskrete Seitverbiegung der Wirbelsäule

3.

Altersentsprechende Aufbrauch- und Abnützungserscheinungen des Achsenskelettes

              4.              Zustand nach Bandscheibenvorfall L5/S1 rechts - konservativ therapiert

              5.              Wiederkehrende Lendenwirbelsäulenschmerzen - ohne segmentale Nervenwurzelreiz- bzw. -kompressionssymptomatik

6.

Geringe Krampfadernbildung beide Beine

7.

Mäßiger Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus-Stellung der Großzehen - keine belastungsabhängigen Beschwerden"

Der Sachverständige gelangte zum Ergebnis, der Beschwerdeführerin seien aus fachorthopädischer Sicht nur mehr Arbeiten leichten Charakters im Gehen, Stehen und Sitzen unter Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Arbeitszeiten und Ruhepausen zumutbar. Hiebei seien Arbeiten in und aus gebückter Körperhaltung sowie vorgeneigter stehender und sitzender Zwangs(arbeits)haltung bei "gerechter" Verteilung auf ein Viertel eines Arbeitstages zu beschränken. Das Heben und Tragen leichter Lasten bis zu einem Gesamtgewicht von 5 kg sei zumutbar. Arbeiten mittelschweren und schweren Charakters mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten schieden aus. Auch Überkopf-Arbeiten seien zur Gänze auszuschließen.

Am 9. Juni 2000 richtete die Beschwerdeführerin eine Eingabe an die Dienstbehörde, in der es heißt wie folgt:

"Ich bin mit meiner Versetzung in den Ruhestand einverstanden. Jedoch ersuche ich in Folge um eine Wiederaufnahme des Verfahrens, sollte mir auf Grund der Dienstunfälle, die die Ursache meiner Behinderung sind, eine Versehrtenrente zustehen."

Über Auftrag des Personalamtes des Magistrates Graz erstattete Dr. H ein fachorthopädisches Ergänzungsgutachten zur Frage, ob und in welchem Umfang bei der Beschwerdeführerin bestehende Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit auf den Dienstunfall vom 5. Oktober 1999 rückführbar seien.

Zu dieser Frage führte Dr. H, ohne die Beschwerdeführerin neuerlich zu untersuchen, Folgendes aus:

"Das Unfallgeschehen betreffend liegt eine Ambulanzkarte der Chirurgischen Abteilung des LKH-Feldbach in Fotokopie vor, wo ein Behandlungsbeginn mit 11.10.1999 - 10,30 Uhr, mit der Diagnose Distorsion der Halswirbelsäule, Contusio capitis bestätigt wird, und als Verletzungsanamnese angegeben wird, sie habe sich vor einer Woche den Kopf angeschlagen und seither zunehmende Beschwerden. Im Röntgen der Halswirbelsäule werden keine frischen traumatischen Knochenverletzungen bei Streckhaltung der Halswirbelsäule festgestellt, zudem eine Osteochondrose C5/C6 (degenerative Bandscheibenerniedrigung).

Auf Grund vorliegender Parästhesien an beiden Armen, links verstärkt, wurde am 19.10.1999 im Institut für Neurophysiologie Feldbach ein EMG der linken oberen Extremität durchgeführt, und es fanden sich an der vorwiegend vom Segment C5 versorgten Muskulatur Zeichen einer chronisch-peripher-neurogenen Schädigung ohne akute Denervierungsaktivität.

Eine Magnetresonanz-Untersuchung der Halswirbelsäule vom 7.2.2000 (Diagnostikzentrum Graz) erbrachte eine Osteochondrose und Uncovertebralarthrose C5 - C7 mit vorwiegend harten Protrusionen C5/C6 paramedian linksseitig, akzentuiert bzw. C6/C7 konzentrisch. Duralsackimpression in beiden Segmenten. Foramenstenosen C5 - C7 bds. angedeutete Retrolisthese C5 gegenüber C6.

Der bereits im Vorgutachten angeführte Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule im Stehen konnte neben einem geringen Beckenschiefstand eine deformierende Spondylose in Höhe der Segmente L2 - S1 nachweisen.

Dr. Dominik - Feldbach bestätigt am 14.6.2000, dass bei Frau W seit Jahren unipolar verlaufende Affekteinbrüche mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Psychopharmaka-Therapie bestanden haben, und dass eine chronisch degenerative Erkrankung der Halswirbelsäule zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens im Oktober 1999 bereits bekannt war, und durch eine Magnetresonanz-Untersuchung im Februar des Folgejahres bestätigt worden ist. Im Wesentlichen waren die angeführten Befunde bei der Erstellung des Erstgutachtens bekannt.

Auf Grund der vorliegenden Befunde und der Unfallanamnese muss daher in Beantwortung der gestellten Fragen, aus fachorthopädischer Sicht festgestellt werden:

              1.              dass Frau W seit Jahren an Beschwerden von Seiten der Hals- und Lendenwirbelsäule laboriert, und diesbezüglich schon seit Jahren in Behandlung stand,

              2.              dass das Unfallgeschehen vom 5.10.1999 mit Schädelkontusion und Distorsion der Halswirbelsäule sowie nachfolgender cervikaler Wurzelreizsymptomatik zu einer temporären Verschlechterung und Akutifizierung eines bereits seit Jahren bestehenden Leidens geführt hat.

Diese Leidensverstärkung konnte erst durch wochenlange, konsequente medikamentöse und physikalische Maßnahmen gelindert werden, und hat daher ein Krankenstand vom 8.10. - 5.12.1999 bestanden.

              3.              Eine unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit ist unter Berücksichtigung der Kribbelparästhesien an den Händen für die Dauer von sechs Wochen mit 15 von 100 % zu veranschlagen."

Die vom Sachverständigen in diesem Gutachten erwähnte Bestätigung vom 14. Juni 2000 findet sich gleichfalls in den Verwaltungsakten.

Am 8. Februar 2001 erließ der Unfallfürsorgeausschuss der Landeshauptstadt Graz einen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Gemäß § 54 Abs. 1 der Unfallfürsorgesatzung 1967 (UFS 1967) hat der Unfallfürsorgeausschuss mit Sitzungsbeschluss vom 8.2.2001 festgestellt:

Der Unfall vom 5.10.1999, bei dem Frau W im Dienst beim Heraussuchen eines Putzmittels mit dem Kopf gegen die Armatur des Wasserspeichers schlug, wird gem § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO), LGBl. Nr. 30/1957, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 90 Abs 1 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200 vom 31.5.1967, als Dienstunfall anerkannt.

Der Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente wird gem § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO), LGBl. Nr. 30/1957, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 101 Abs 1 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200 vom 31.5.1967, abgewiesen."

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei am 5. Oktober 1999 im Dienst beim Heraussuchen eines Putzmittels mit dem Kopf gegen die Armatur eines Wasserspeichers geschlagen und habe sich dadurch eine Stauchung des Halswirbels zugezogen. Mit näherer Begründung führte die erstinstanzliche Behörde aus, dass es sich bei diesem Unfallgeschehen um einen Dienstunfall gehandelt habe.

Wie der Sachverständige Dr. H in seinem Gutachten vom 8. August 2000 ausgeführt habe, habe der Unfall lediglich zu einer temporären Verschlechterung und Akutifizierung eines bereits seit Jahren bestehenden Leidens geführt. Unter Berücksichtigung der Kribbelparästhesien an den Händen sei mit dieser temporären Akutifizierung eine unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Dauer von sechs Wochen im Ausmaß von 15 % entstanden. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin seit Jahren an Beschwerden seitens der Hals- und Lendenwirbelsäule laboriert und stehe aus diesem Grund schon lange in Behandlung. Eine chronisch degenerative Erkrankung der Halswirbelsäule sei bereits vor dem in Rede stehenden Dienstunfall bekannt gewesen.

Im Hinblick darauf, dass die Folgen des Dienstunfalles eine Minderung der Erwerbsfähigkeit für einen Zeitraum von unter drei Monaten mit sich gebracht hätten und diese Minderung überdies weniger als 20 % ausmache, lägen die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967 (im Folgenden: B-KUVG), nicht vor.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. In diesem Zusammenhang rügte sie insbesondere fehlende Feststellungen in Ansehung ihres Krankheitsbildes vor und nach dem gegenständlichen Unfall. Weiters vermisste sie Feststellungen darüber, ob und inwieferne sie unter Berücksichtigung der Chancen am allgemeinen Arbeitsmarkt zu einem Erwerb überhaupt noch fähig sei. Es sei zwar zutreffend, dass sie vor dem gegenständlichen Dienstunfall bereits unter Beschwerden seitens der Hals- und Lendenwirbelsäule gelitten habe, doch übersehe die belangte Behörde, dass der Dienstunfall vom 5. Oktober 1999 die Ursache für eine erhebliche Verschlechterung und Akutifizierung dieser Leiden gewesen sei. Sie leide insbesondere seither verstärkt an wiederkehrenden Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in die Hinterhauptschuppe, die linke Schulterregion und den linken Arm. Dieser könne überhaupt nur erschwert über die Horizontale gehoben werden. Weiters verspüre die Beschwerdeführerin einen brennenden Schmerz in den Fingern. Auch wiederkehrende Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlen in die rechte untere Extremität träten seit dem Unfallgeschehen vermehrt auf. Gerügt wurde überdies, dass eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durch Dr. H im Zusammenhang mit der Erstellung des Ergänzungsgutachtens nicht vorgenommen worden sei. Unter Anführung des vom Sachverständigen Dr. H in seinem Gutachten vom 27. April 2000 geschilderten Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin begehrte diese die Feststellung, ihre Erwerbsfähigkeit sei in Folge des Dienstunfalles vom 5. Oktober 1999 um mindestens 20 % auf Dauer gemindert.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 30/1957 (im Folgenden: DO-Graz), "idgF." in Verbindung mit § 31 der Unfallfürsorgesatzung der Landeshauptstadt Graz (im Folgenden: UFS Graz) und § 101 Abs. 1 B-KUVG, als unbegründet ab.

Die belangte Behörde gab ausführlich den Gang des Verfahrens sowie den Inhalt der Gutachten Dris. H vom 27. April 2000 und vom 8. August 2000 wieder.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 203 ASVG vertrat die belangte Behörde die Auffassung, in Ansehung der Minderung der Erwerbsfähigkeit sei abstrakt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen. Dabei komme der Beurteilung durch den medizinischen Sachverständigen zentrale Bedeutung zu. Dr. H habe in seinem schlüssigen Gutachten vom 8. August 2000 ausgeführt, das Unfallgeschehen vom 5. Oktober 1999 habe lediglich zu einer temporären Verschlechterung und Akutifizierung eines bereits seit Jahren bestehenden Leidens geführt. Eine unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit sei unter Berücksichtigung der Kribbelparästhesien an den Händen lediglich für die Dauer von sechs Wochen und im Ausmaß von 15 v.H. angenommen worden. Damit seien die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 B-KUVG für die Zuerkennung einer Versehrtenrente nicht gegeben, weil weder die in dieser Bestimmung festgelegte Mindestdauer noch das dort festgelegte Mindestausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit erreicht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Zuerkennung einer Versehrtenrente im Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 37a Abs. 1, 2, 3 und 6 DO-Graz, die Abs. 1, 2 und 6 in der Fassung LGBl. Nr. 49/1969, der dritte Absatz in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 37/1989, lauten:

"§ 37a

Unfallfürsorge

(1) Die Stadt hat für die Unfallfürsorge ihrer Beamten Sorge zu tragen.

(2) Die Mittel zur Bestreitung der Unfallfürsorge sind durch Beiträge der Stadt aufzubringen.

(3) Hinsichtlich der Leistungen der Unfallfürsorge gelten die Bestimmungen des Zweiten Teiles Abschnitt I und III sowie des Dritten Teiles Abschnitt II und die Übergangsbestimmungen zum Zweiten Teil des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967, in der Fassung BGBl. Nr. 115/1986 sinngemäß.

...

(6) Die für die Verwaltung erforderlichen Satzungen sind nach den in Abs. 4 bis 5 festgelegten Grundsätzen vom Gemeinderat zu erlassen."

Durch die am 13. Oktober 2000 ausgegebene Novelle LGBl. Nr. 65/2000 entfiel in § 37a Abs. 3 DO-Graz die Wortfolge "i.d.F. BGBl. Nr. 115/1986.".

Gemäß § 144a DO-Graz in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 65/2000 gelten Verweise in diesem Gesetz auf Bundesgesetze - soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist - als Verweise auf jene Fassungen, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen des Landtages in Kraft standen.

§ 101 und § 108 B-KUVG gehören zum Abschnitt III des Zweiten

Teiles dieses Gesetzes.

§ 101 B-KUVG in der Stammfassung lautet:

"§ 101. Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H."

In der Folge trat in Ansehung des § 101 durch die Novelle BGBl. Nr. 707/1976 insoweit eine Änderung ein, als ihm ein zweiter Absatz hinzugefügt wurde und der bisherige Wortlaut der Bestimmung die Absatzbezeichnung 1 erhielt.

Eine dem § 101 (Abs. 1) B-KUVG entsprechende Regelung enthält auch § 31 der gemäß § 37a Abs. 6 DO-Graz erlassenen UFS-Graz.

§ 108 Abs. 1, 2 erster Satz und 5 erster Halbsatz B-KUVG in der Stammfassung dieses Gesetzes lauten:

"§ 108. (1) Wird ein Versehrter neuerlich durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit geschädigt und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 v. H., so ist die Entschädigung aus diesen mehreren Versicherungsfällen nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 festzustellen, sofern die gesamte Minderung der Erwerbsfähigkeit auch nach allfälliger Berücksichtigung eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, einer anerkannten Schädigung nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, dem Heeresversorgungsgesetz beziehungsweise dem Opferfürsorgegesetz, BGBl. Nr. 183/1947, 20 v. H. erreicht.

(2) Spätestens vom Beginn des dritten Jahres nach dem Eintritt des neuerlichen Versicherungsfalles an ist die Rente nach dem Grade der durch alle Versicherungsfälle verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit festzustellen.

...

(5) Solange die Gesamtrente nach Abs. 2 nicht festgestellt ist, gebührt dem Versehrten unter den Voraussetzungen des Abs. 1 eine Rente entsprechend dem Grade der durch die neuerliche Schädigung allein verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit; ..."

§ 108 Abs. 1 B-KUVG in der nach wie vor in Kraft stehenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 115/1986 lautet auszugsweise:

"§ 108. (1) Wird ein Versehrter neuerlich durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit geschädigt und beträgt die durch diese neuerliche Schädigung allein verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 10 vH, so ist die Entschädigung aus diesen mehreren Versicherungsfällen nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 festzustellen, sofern die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit 20 vH (bei Mitberücksichtigung einer Berufskrankheit im Sinne des § 92 Abs. 3 50 vH) erreicht. Bei der Feststellung der Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit sind auch zu berücksichtigen:

..."

§ 108 Abs. 2 B-KUVG wurde in der Folge zwar durch die Novelle BGBl. Nr. 612/1987 neu gefasst. Der erste Satz dieser Bestimmung blieb jedoch inhaltlich unverändert. § 108 Abs. 5 erster Satz B-KUVG steht nach wie vor in der Stammfassung dieses Satzes in Kraft.

§ 44 UFS-Graz enthält dem § 108 Abs. 1 und 2 B-KUVG entsprechende Bestimmungen.

Auf Basis des Vorbringens der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 9. Juni 2000, wonach die von ihr erlittenen Dienstunfälle insgesamt die Ursache ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung gewesen seien, käme - unbeschadet der (von der belangten Behörde nicht geprüften) Frage des Zutreffens dieser Behauptung (vgl. dazu allerdings die Ausführungen des Amtsarztes zur Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Grund der 1985 und 1992 erlittenen Unfälle) - vorliegendenfalls theoretisch sowohl die Bemessung von Versehrtenrenten bezüglich der Unfälle vom 15. April 1985 und vom 12. Februar 1992 (allenfalls als Gesamtrente) ebenso in Betracht, wie die Bemessung einer Versehrtenrente für den am 5. Oktober 1999 erlittenen Dienstunfall alleine gemäß § 37a Abs. 3 DO-Graz, sei es in Verbindung mit § 101 (Abs. 1) B-KUVG, sei es in Verbindung mit § 108 Abs. 5 erster Halbsatz B-KUVG (der Umstand, dass sich in der UFS-Graz eine dem § 108 Abs. 5 erster Halbsatz B-KUVG entsprechende Bestimmung nicht findet, hinderte die sinngemäße Anwendung derselben durch die belangte Behörde nicht), oder aber auch die Bemessung einer Gesamtrente für alle drei Unfälle gemäß § 37a Abs. 3 DO-Graz in Verbindung mit § 108 Abs. 1 und 2 B-KUVG.

Vorliegendenfalls hat die erstinstanzliche Behörde, wie sich sowohl aus der ausschließlichen Bezugnahme auf den Unfall vom 5. Oktober 1999 im Spruch ihres Bescheides, als auch aus der Begründung desselben ergibt, lediglich über die Frage der Gebührlichkeit einer Versehrtenrente allein auf Grund des Unfalles vom 5. Oktober 1999 abgesprochen. Die Frage, inwieweit der Beschwerdeführerin aus den Unfällen vom 15. April 1985 bzw. vom 12. Februar 1992 Ansprüche auf Versehrtenrente zustehen, war nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides. Ebenso wenig wurde in diesem Bescheid über die Frage einer Gesamtrente auf Grund aller drei genannten Unfälle abgesprochen.

Die erstinstanzliche Behörde hat der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 9. Juni 2000 also die Deutung unterlegt, dass damit auch die Zuerkennung einer (gesonderten) Versehrtenrente aus Anlass des Unfalles vom 5. Oktober 1999 angestrebt wird.

Dieser Deutung ist die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht entgegen getreten, sondern verstärkt sie sogar dadurch, dass sie ausführt, sie begehre die Feststellung, die Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit infolge des Dienstunfalles vom 5. Oktober 1999 betrage mindestens 20 %.

Durch die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin hat auch die belangte Behörde inhaltlich lediglich über die Frage entschieden, ob der Beschwerdeführerin auf Grund des Unfalles vom 5. Oktober 1999 eine (gesonderte) Versehrtenrente zuzuerkennen ist.

Als Rechtsgrundlage für die gesonderte Zuerkennung einer Versehrtenrente auf Grund des Unfalles vom 5. Oktober 1999 käme auf Basis der Annahme, die vor dem Unfall vom 5. Oktober 1999 bestandene Minderung der Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei nicht auf die in Rede stehenden Dienstunfälle aus den Jahren 1985 und 1992 zurückzuführen, lediglich § 101 (Abs. 1) B-KUVG in Verbindung mit § 37a Abs. 3 DO-Graz bzw. § 31 UFS-Graz in Betracht. Diese Bestimmungen setzten aber jedenfalls voraus, dass durch den Unfall vom 5. Oktober 1999 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit für einen drei Monate übersteigenden Zeitraum verursacht worden wäre.

Ginge man demgegenüber von den Behauptungen der Beschwerdeführerin aus, die vor dem Unfall vom 5. Oktober 1999 bestandene Minderung der Erwerbsfähigkeit wäre auf die Dienstunfälle aus 1985 und 1992 zurückzuführen, so könnte als Rechtsgrundlage auch für die Zuerkennung einer abgesonderten Rente aus dem Unfall vom 5. Oktober 1999 § 108 Abs. 5 erster Halbsatz B-KUVG in Verbindung mit § 37a Abs. 3 DO-Graz erwogen werden. Diese Bestimmung stellt nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut aber nicht wie § 101 (Abs. 1) B-KUVG darauf ab, dass die neuerliche Schädigung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Dauer von über drei Monaten verursacht hat.

Im Hinblick darauf, dass der hier allenfalls sinngemäß anzuwendende § 108 Abs. 5 erster Halbsatz B-KUVG dem § 210 Abs. 4 erster Halbsatz ASVG entspricht, kann vorliegendenfalls auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der letztgenannten Bestimmung des ASVG zurückgegriffen werden.

In diesem Zusammenhang hat der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Oktober 1999, Zl. 10 Ob S 207/99, Folgendes ausgeführt:

"Voraussetzung für den Zuspruch einer Gesamtrente nach § 210 Abs 1 ASVG wäre aber, dass die durch den Arbeitsunfall allein verursachte MdE auf Dauer wenigstens 10 vH betragen würde. Es wäre völlig uneinsichtig, dem Kläger, der wegen einer Berufskrankheit eine Versehrtenrente von 20 vH bezieht, wegen eines dazugekommenen Arbeitsunfalls eine höhere Rente zuzusprechen, obwohl dieser Arbeitsunfall keinerlei MdE hervorgerufen hat. In Frage käme daher nur der Zuspruch einer Versehrtenrente nach dem Grade der durch den Arbeitsunfall allein verursachten MdE; diese Rente in Höhe von 20 vH könnte allerdings nur für die Dauer von zwei Monaten zuerkannt werden und würde damit den dargestellten Grundsätzen einer dreimonatigen Mindestberentung (§ 203 Abs 1 iVm § 183 Abs 1 ASVG) widersprechen. Dass im § 210 Abs 4 ASVG eine Mindestdauer der MdE nicht genannt ist, muss dabei unerheblich bleiben, weil diese Bestimmung nicht isoliert, sondern im systematischen Zusammenhang mit den anderen, die Versehrtenrente und Gesamtrente behandelnden Bestimmungen zu sehen ist."

Für den vorliegenden Fall folgt aus diesen Ausführungen des Obersten Gerichtshofes, dass auch die Zuerkennung einer gesonderten Versehrtenrente auf Grund des Unfalles vom 5. Oktober 1999 an die Beschwerdeführerin auf Basis des § 108 Abs. 5 erster Halbsatz B-KUVG in Verbindung mit § 37a Abs. 3 DO-Graz jedenfalls vorausgesetzt hätte, dass die durch diesen Unfall verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit länger als drei Monate gedauert hätte. Im Übrigen wäre in sinngemäßer Anwendung der zitierten Rechtsprechung auch die Zuerkennung einer Gesamtrente unter Einbeziehung des letztgenannten Dienstunfalles gemäß § 108 Abs. 1 und 2 B-KUVG in Verbindung mit § 37a Abs. 3 DO-Graz bzw. gemäß § 44 UFG-Graz an diese Voraussetzung gebunden.

Vorliegendenfalls hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H die Feststellung getroffen, die durch den Unfall vom 5. Oktober 1999 gegenüber dem Zustand der Beschwerdeführerin vor diesem Unfall verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe lediglich für die Dauer von sechs Wochen bestanden. Diese Feststellung alleine wäre daher geeignet, die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung einer gesonderten Versehrtenrente für diesen Unfall zu tragen.

Diese Überlegungen vorausgeschickt ist dem Beschwerdevorbringen im Einzelnen wie folgt zu entgegnen:

Wenn die Beschwerdeführerin Feststellungen darüber vermisst, welche Tätigkeiten sie auf Grund ihres Gesundheitszustandes nach dem Unfall vom 5. Oktober 1999 konkret noch habe erbringen können und welche Chancen für sie am allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden hätten, so ist ihr entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Arbeitsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin nach dem 5. Oktober 1999 im Einklang mit dem Gutachten Dris. H vom 27. April 2000 ohnedies festgestellt hat. Entscheidend ist aber, dass die durch den zuletzt genannten Unfall verursachten zusätzlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin überhaupt nur sechs Wochen lang anhielten (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 94/12/0030).

Wenn die Beschwerdeführerin darüber hinaus zwar einräumt, an Vorbeschwerden gelitten zu haben, jedoch darauf verweist, der Unfall vom 5. Oktober 1999 habe zu einer erheblichen Verschlechterung und Akutifizierung derselben geführt, sie leide seit dem gegenständlichen Unfall verstärkt an wiederkehrenden Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung in die Hinterhauptschuppe, die linke Schulterregion und den linken Arm, welcher auch nur erschwert über die Horizontale gehoben werden könne, so ist ihr zu entgegnen, dass der medizinische Sachverständige zum Ergebnis gelangte, die Verschlechterung und Akutifizierung der Leiden der Beschwerdeführerin durch den Unfall vom 5. Oktober 1999 sei zeitlich mit sechs Wochen befristet gewesen. Insofern in dem wiedergegebenen Beschwerdevorbringen eine Bestreitung der Richtigkeit dieser Schlussfolgerung des medizinischen Sachverständigen liegt, ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, dass einem schlüssigen Sachverständigengutachten nicht mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher Ebene in tauglicher Art und Weise entgegengetreten werden kann (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Rz 238 zu § 52 AVG wiedergegebene Judikatur). Insbesondere kann für die Frage der unfallskausalen Dauer einer Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht die Selbsteinschätzung des Verunfallten maßgeblich sein.

Auch teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, Dr. H hätte sie vor Erstellung seines Gutachtens neuerlich persönlich untersuchen müssen. Zum einen hat Dr. H den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin (nach dem Unfall vom 5. Oktober 1999) im Ruhestandsversetzungsverfahren befundet. Die Beschwerdeführerin hat im Zuge des Verwaltungsverfahrens keine wesentliche Änderung ihres Gesundheitszustandes zwischen ihrer am 10. April 2000 erfolgten Befundung durch Dr. H und der Erstellung des Ergänzungsgutachtens behauptet. Zum anderen verlangt keine gesetzliche Bestimmung, dass der Sachverständige nur auf Grund eines persönlich erhobenen Befundes sein Gutachten abzugeben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2000/12/0058). Der Sachverständige war daher vorliegendenfalls nicht daran gehindert, sein Gutachten (neben dem persönlich erhobenen Befund) auch auf die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin und in diesem Zusammenhang insbesondere auch auf die ärztliche Bestätigung des Dr. Dominik vom 14. Juni 2000 zu stützen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 13. März 2002

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Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001120097.X00

Im RIS seit

03.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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