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E3L E06202020;Norm
31992L0121 Großkreditüberwachungs-RL Art4 Abs4;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/17/0111 E 18. März 2002Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der I Bank, vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 2/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 14. Mai 1997, Zl. 23 5456/4-V/13/97, betreffend Vorschreibung von Pönalezinsen gemäß § 97 Abs. 1 Z 6 BWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Finanzen) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.119,47 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Beschwerdeführerin (die nach einer Übertragung gemäß § 2 ff Umwandlungsgesetz Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Beschwerdeführerin ist) Zinsen gemäß § 97 Abs. 1 Z 6 des Bankwesengesetzes - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, für die Überschreitung der Großveranlagungsgrenzen bei näher genannten Kreditnehmern in den Monaten August, September, Oktober und November 1996 gemäß § 27 Abs. 5 BWG vorgeschrieben. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin war eine im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien mit der Berechtigung zum Betrieb von Bankgeschäften, also ein Kreditinstitut im Sinne des BWG. Die belangte Behörde ging davon aus, dass auf Grund der Beteiligungsverhältnisse an einer Leasinggesellschaft (I GmbH) eine Kreditinstitutsgruppe vorliege. Aus § 103 Z 21 BWG iVm § 107 Abs. 5c BWG ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Anrechenbarkeit der Dotationseinlagen für Kreditinstitutsgruppen erst ab 1. Juli 1997 gesetzlich für zulässig erklärt habe.
Die Beschwerdeführerin vertrat demgegenüber im Verwaltungsverfahren die Auffassung, dass die Übergangsvorschrift des § 103 Z 21 lit. c BWG anwendbar sei und die vorhandenen Dotationseinlagen im gesetzlich zulässigen Ausmaß den Eigenmitteln hinzugezählt werden könnten.
Die Beträge der anrechenbaren konsolidierten Eigenmittel der Kreditinstitutsgruppe, wie sie von der belangten Behörde angenommen wurde (Beschwerdeführerin mit ihrer Leasingtochter), und die jeweiligen Überschreitungsbeträge waren bzw. sind nicht strittig.
Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 30. November 1998, B 1600/97-11, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass - soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre - ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes angesichts der Freiheit des Gesetzgebers bei der Einschätzung und Wertung von Risken die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, dass sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Mit Beschluss vom 23. Februar 1999, B 1600/97-13, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde über nachträglichen Antrag im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht aus § 97 Abs. 1 Z 6 BWG geltend gemacht, nur dann zur Zahlung von Pönalezinsen herangezogen zu werden, wenn die Großveranlagungsgrenzen gemäß § 27 iVm § 103 BWG auch unter Beachtung der Erhöhung der anrechenbaren Eigenmittel im Sinne der §§ 23 und 24 BWG um 10,5 % der Summe der Aktiven (§ 103 Z 21 BWG) überschritten werden, ferner im Recht, dass - sollte überhaupt eine Überschreitung von Großveranlagungsgrenzen vorliegen - der Jahreszinssatz von 2 vH auf 365 Tage aufgeteilt (dividiert) und dann die Zinsenbelastung durch die Multiplikation mit 30 errechnet werde, ferner im Recht auf Behandlung als Kreditinstitut ohne Zugehörigkeit zu einer Kreditinstitutsgruppe, dann im Recht auf bloß allmähliche Herabsetzung der Kreditobergrenzen gemäß Art. 6 iVm Art. 4 der Richtlinie 92/121/EWG, insbesondere auf Einhaltung der Art. 6 Abs. 1 und 6 Abs. 2 dieser Richtlinie, und schließlich hilfsweise "im Recht auf sorgfältige Berücksichtigung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens und Zugrundelegung eines Betrages an Pönalezinsen (= 2 % der Bemessungsgrundlage iSd § 97 Abs. 1 Z 6 BWG) von mehr als 1,911.892,90 Schilling". (Der zuletzt erwähnte Betrag von S 1,911,892,50 ist nach den Ausführungen in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof jener Betrag, der sich nach den Berechnungen der Beschwerdeführerin ergibt, wenn man unter Anerkennung der Rechtsposition der belangten Behörde, es liege eine Kreditinstitutsgruppe vor und die Berücksichtigung der Dotationseinlagen für den maßgeblichen Zeitraum sei nicht möglich, die Pönalezinsen entsprechend der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin mittels Division durch 365 und nicht durch 360, wie sie von der belangten Behörde vorgenommen worden war, errechnet; gemeint dürfte also sein, dass die Verletzung im Recht, dass nicht mehr als S 1,911.892,90 - die Angabe hinsichtlich der Groschen scheint ein Redaktionsversehen zu sein - vorgeschrieben werden, geltend gemacht werde).
Die Beschwerdeführerin wendet sich einerseits gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde, eine Anrechnung der Dotationseinlagen sei bei Kreditinstitutsgruppen vor dem 1. Juli 1997 nicht möglich, sieht einen Verfahrensmangel darin, dass keine Feststellungen zur Eigenschaft der Leasingtochter der Beschwerdeführerin als Kreditinstitut getroffen wurden, sodass auch nicht ordnungsgemäß festgestellt sei, ob überhaupt eine Kreditinstitutsgruppe vorliege, und wendet sich gegen die Art der Berechnung der Pönalezinsen (im Wege einer Division durch 360 an Stelle von 365).
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die Beschwerdeführerin hat eine Replik zur Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin ist - nach ihrem eigenen Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof - auf Grund einer Umwandlung durch Übertragung auf den Hauptgesellschafter nach § 2 Abs. 1 Umwandlungsgesetz, Art. XIV des BG BGBl. Nr. 304/1996, Rechtsnachfolgerin des Kreditinstituts, welchem die Zinsen gemäß § 97 Abs. 1 Z 6 BWG vorgeschrieben wurden und welches die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat. Gemäß § 2 Abs. 2 Umwandlungsgesetz geht mit der Eintragung der Umwandlung das Vermögen der Kapitalgesellschaft einschließlich der Schulden auf den Hauptgesellschafter über. Die dargestellte Regelung ist ihrem Wortlaut nach nicht auf zivilrechtliche Rechtsbeziehungen der übertragenden Gesellschaft beschränkt. Mangels einer gegenteiligen Anordnung ist davon auszugehen, dass durch die in § 2 Abs. 2 Umwandlungsgesetz angeordnete Universalsukzession auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen oder Rechte auf den Hauptgesellschafter übergehen (vgl. für den Fall einer Verschmelzung nach dem Genossenschaftsverschmelzungsgesetz, BGBl. Nr. 223/1980 idF BGBl. Nr. 131/1981, gleichfalls betreffend die Rechtsnachfolge in die Schuldnerposition bei Pönalezinsen - also öffentlich-rechtlichen Geldleistungsverpflichtungen - das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2000, Zl. 95/17/0138). Wie im zitierten Fall ist auch im vorliegenden Fall die Gesellschaft durch die Übertragung auf den Hauptgesellschafter untergegangen.
Die Beschwerdeführerin ist daher in die Rechtsstellung des Kreditinstituts, dem die Zinsen vorgeschrieben worden sind, auch als Beschwerdeführerin dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit den Rechten und Pflichten, wie sie zum Zeitpunkt des Rechtsübergangs (Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof war noch Namens der Rechtsvorgängerin erhoben worden) bestanden haben, eingetreten.
2. Zur Anwendbarkeit des § 103 Z 21 BWG idF BGBl. Nr. 445/1996:
2.1. Die belangte Behörde ist grundsätzlich im Recht, wenn sie unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung im Bankwesengesetz davon ausgegangen ist, dass eine Berücksichtigung von Dotationseinlagen bei Kreditinstitutsgruppen vom Gesetzgeber erst für die Zeit nach dem 1. Juli 1997 angeordnet wurde.
2.2. Wie sich aus den vorgelegten Akten ergibt, war die Auslegung des BWG in seiner Stammfassung, BGBl. Nr. 532/1993, in der hier maßgeblichen Frage der Berücksichtigung von Dotationseinlagen für die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Anwendung des § 27 BWG für Kreditinstitutsgruppen innerhalb des Bundesministeriums für Finanzen umstritten. Entsprechende Positionen für die Dotationseinlage wurden in die zweite und dritte Monatsausweisverordnung (und zwar auch für Kreditinstitutsgruppen) aufgenommen.
Im Hinblick auf die im Jahr 1996 erlassene Novelle zum BWG, BGBl. Nr. 445/1996 (die im August 1996 kundgemacht wurde und deren Bestimmungen zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft traten), vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass eine Berücksichtigung von Dotationseinlagen gemäß § 103 Z 21 lit. c sublit. bb BWG in der Stammfassung für Kreditinstitutsgruppen bis zum 30. Juni 1997 nicht in Betracht komme, weil der Gesetzgeber eine solche Berücksichtigung nach § 107 Abs. 5c BWG erst ab 1. Juli 1997 angeordnet habe.
2.3. § 103 Z 21 lit. c BWG in der Stammfassung lautete:
"c) Für
aa)
Zweigniederlassungen von ausländischen Kreditinstituten und
bb)
Kreditinstitute, die sich zumindestens 74 vH im Besitz eines oder mehrerer Kreditinstitute im Sinne von § 2 Z 20 lit. b und c sowie Z 21 befinden,
deren Bilanzsumme zu höchstens 25 vH aus gemäß § 93 sicherungspflichtigen Einlagen besteht und die bis zum 31. Dezember 1993 zum Betrieb von Bankgeschäften gemäß § 4 KWG berechtigt waren, gilt folgende Regelung: Zusätzlich zu der Bemessungsgrundlage gemäß § 22 Abs. 2 für die Errechnung der Grenze der einzelnen und der Gesamtheit aller Großveranlagungen kann bis zum 31. Dezember 1998 höchstens 10,5 vH. der Aktivposten gezählt werden, sofern in dieser Höhe Dotationseinlagen bestehen. Dotationseinlagen sind Einlagen, die der Zweigniederlassung oder dem Kreditinstitut von den an ihr beteiligten in sublit. aa genannten Kreditinstituten bzw. aus deren Kreditinstitutsgruppe oder Hauptniederlassungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Dotationseinlagen sind nur insoweit zu berücksichtigen, als die Zweigniederlassung oder das Kreditinstitut, die die Großveranlagung vornehmen, die Dotationseinlage mindestens zur Hälfte in Guthaben bei der Oesterreichischen Nationalbank, in Scheckguthaben bei der Österreichischen Postsparkasse oder in Form von mündelsicheren Anlagen (§§ 230 ff. ABGB) halten und im Falle von sublit. bb über eine Patronatserklärung der an ihr beteiligten Kreditinstitute verfügen."
Mit der genannten Novelle BGBl. Nr. 445/1996 wurde § 103 Z 21 lit. c zu § 103 Z 21 lit. a und im Einleitungssatz vor dem Doppelpunkt ("... gilt folgende Regelung":) um die Wortfolge "sowie für deren Kreditinstitutsgruppe" ergänzt.
2.4. In der Regierungsvorlage zur BWG-Novelle 1996 (94 BlgNR, XX. GP, 47) wird zu § 103 Z 21 (Z 98 der Regierungsvorlage) zu lit. a Folgendes ausgeführt:
"Entspricht der bisherigen lit. c mit der Maßgabe, dass die Dotationseinlagen auch für die inländische Kreditinstitutsgruppe anrechenbar sind. Weiters wurde der Verweis auf die Bemessungsgrundlage redaktionell berichtigt."
Gemäß § 107 Abs. 5c BWG in der Fassung der BWG-Novelle BGBl. Nr. 445/1996 trat § 103 Z 21 in der Fassung dieser Novelle mit 1. Juli 1997 in Kraft.
2.5. Angesichts dieser Rechtsentwicklung kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht von der Anwendbarkeit des § 103 Z 21 BWG idF BGBl. Nr. 445/1996 auf den Beschwerdefall ausgegangen ist. Es kann auch jedenfalls für den Zeitraum nach Kundmachung der BWG-Novelle 1996 nicht davon ausgegangen werden, dass etwa eine planwidrige Lücke vorgelegen wäre.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtslage sind aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens nicht entstanden. Auch der Verfassungsgerichtshof hatte die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
3. Berechtigt ist die Beschwerde jedoch im Hinblick auf das Vorbringen zur Berechnung der Pönalezinsen:
§ 97 Abs. 1 Z 6 BWG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 445/1996 (vgl. § 107 Abs. 5c BWG idF BGBl. Nr. 445/1996) lautete:
"§ 97. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat den Kreditinstituten für folgende Beträge Zinsen vorzuschreiben:
1.
...
6.
2 vH der Überschreitung der Großveranlagungsgrenzen gemäß § 27 Abs. 5, gerechnet pro Jahr, für 30 Tage;"
Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Höhe der Zinsenbeträge im Verwaltungsverfahren außer Streit gestanden sei und es sich daher um eine unzulässige Neuerung handle, so geht dieser Einwand insofern ins Leere, als die Frage, welche Sanktion bei dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt zu verhängen ist, eine Rechtsfrage darstellt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren die Rechtsansicht der als erste Instanz agierenden belangten Behörde bekannt gegeben wurde und inwieweit die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren überhaupt gehalten gewesen wäre, gegen die von der belangten Behörde dem Bescheid voraussichtlich zu Grunde gelegte Rechtsansicht Einwendungen zu erheben (aus einer im vorgelegten Akt ersichtlichen Einsichtsbemerkung einer Abteilung des Bundesministeriums für Finanzen zum Erledigungsentwurf ist ersichtlich, dass von dieser Abteilung "die Bemessungsgrundlagen und die Berechnung des Pönales" nicht geprüft worden seien; aus den im Akt erliegenden Übersichten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Berechnung; inwieweit der Beschwerdeführerin klar gewesen sein sollte, dass die belangte Behörde das Jahr mit 360 Tagen ansetzen werde, ist daher nicht nachvollziehbar). Das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot betrifft ausschließlich Tatsachenvorbringen bzw. solches Rechtsvorbringen, welches die Ergänzung der Sachverhaltsgrundlagen zur Folge hätte.
Es liegt daher insofern kein dem Neuerungsverbot unterliegendes Vorbringen vor.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Berechnung der Zinsen nicht näher begründet. Auch in der Gegenschrift geht die belangte Behörde - sieht man von dem Vorwurf an die Beschwerdeführerin ab, es sei nicht ersichtlich, wie sie auf den Betrag von "S 1.163.068,--" komme - nicht konkret auf die Berechnung der Höhe der Zinsen ein (da sie die Auffassung vertritt, es liege insofern eine unzulässige Neuerung vor). In der Gegenschrift im hg. Verfahren zur Zl. 99/17/0111 hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, aus § 97 Abs. 1 Z 6 BWG ergebe sich, dass der Divisor 360 sei.
Der Beschwerdeführerin ist dahingehend zu folgen, dass in § 97 BWG keine Regelung darüber enthalten ist, ob bei der Berechnung der Zinsen, die "2 vH gerechnet pro Jahr" ausmachen, das Jahr mit 360 oder 365 Tagen anzusetzen ist.
Gerade mangels einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Berechnung der Zinsen "für 30 Tage" das Jahr (zu Lasten des Kreditinstitutes) mit 360 Tagen angenommen werden könnte. Eine den Wortlaut berücksichtigende Interpretation muss vielmehr zum Ergebnis kommen, dass die Zinsberechnung mathematisch genau zu erfolgen hat. Eine allfällige Vereinfachungsregel wäre vom Gesetzgeber ausdrücklich zu normieren (vgl. auch Stahr, Alles über Zinsen, SWK 1984, D 5). Auch Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie vermögen die Annahme der Notwendigkeit einer solchen Vereinfachungsregel nicht zu rechtfertigen.
Im Übrigen lässt sich auch aus dem Umstand, dass nach § 97 Abs. 1 Z 6 BWG die Zinsen "für 30 Tage" vorzuschreiben sind, nicht ableiten, dass der Gesetzgeber bei der konkreten Berechnung der vorzuschreibenden Zinsen zu Lasten des Kreditinstitutes eine vereinfachende Berechnung unabhängig von der genauen Anzahl der Tage eines Jahres zulassen wollte. Da die Feststellung der Über- oder Unterschreitung der Großkreditgrenzen monatlich erfolgt und die Zinsenvorschreibung für diesen "Überschreitungszeitraum" (ungeachtet der Frage, wie lange die Überschreitung in dem betreffenden Monat konkret bestand) erfolgen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1999, Zl. 96/17/0006), bedeutet die Anordnung, dass für 30 Tage vorzuschreiben sei, eine Pauschalierung in der Hinsicht, dass es nicht darauf ankommt, wie viele Tage der Monat, für welchen die Überschreitung bestand, genau hat. Diese Vereinfachungsregel schlägt daher zu Gunsten des Kreditinstitutes aus, wenn der Monat, in dem die Überschreitung erfolgte, 31 Tage hatte (und bedeutet nur für den Februar einen Nachteil für das Kreditinstitut gegenüber der konkreten Berechnung). Es kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass (gleichsam im Gegenzug) bei der Berechnung der Zinsen (pro Tag) zu Lasten des Kreditinstitutes das Jahr mit 360 Tagen angesetzt werden könnte.
Sofern sich die belangte Behörde für ihre Auffassung auf § 32 Abs. 7 BWG gestützt haben sollte, dem zufolge bei der Berechnung der Verzinsung der Einzahlungen der Monat zu 30 Tagen und das Jahr zu 360 Tagen zu rechnen ist, ist darauf hinzuweisen, dass aus dieser für die Verzinsung der Spareinlagen erlassenen Vorschrift nicht geschlossen werden kann, der Gesetzgeber habe dieselbe Regel auch für die Berechnung der Zinsen nach § 97 BWG angewendet wissen wollen. Aus der ausdrücklichen Regelung in § 32 Abs. 7 BWG kann vielmehr geschlossen werden, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Anwendung der im kaufmännischen Verkehr bestehenden Usance, das Jahr zu 360 Tagen zu rechnen (vgl. Stahr, SWK 1984, D 5), im Bereich des Bankwesengesetzes nicht selbstverständlich zum Tragen komme, zumal mangels entgegenstehender ausdrücklicher Regelung im Streitfall bei gerichtlicher Entscheidung im Allgemeinen bei der Zinsberechnung das Jahr zu 365 Tagen angesetzt wird (vgl. ebenfalls Stahr, a. a.O.). Wenn der Gesetzgeber eine ausdrückliche Anordnung in § 32 Abs. 7 BWG hinsichtlich der Berechnung des Jahres mit 360 Tagen getroffen hat, eine solche aber in § 97 BWG unterließ, verbietet sich eine Auslegung der in Rede stehenden öffentlich-rechtlichen Sanktionsnorm zu Lasten der Rechtsunterworfenen, der zufolge das Jahr mit 360 Tagen zu rechnen wäre.
4. Gemäß den Erwägungsgründen der Richtlinie 92/121/EWG (Großkreditrichtlinie) ist es "wichtig, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, strengere Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen einzuführen." Dementsprechend sieht Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten strengere als die in den Abs. 1, 2 und 3 des Art. 4 vorgesehenen Obergrenzen vorsehen können. Für diese Abweichungen sind keinerlei Voraussetzungen in der Richtlinie normiert. Wenn in Art. 6 der Richtlinie für den Fall des Überschreitens der Obergrenzen nach der Richtlinie Übergangsvorschriften vorgesehen sind, bedeutet dies im Kontext der Richtlinie, dass den Mitgliedstaaten ein Ermessen eingeräumt ist, die Einhaltung der Vorschriften der Richtlinie bis spätestens zu den in Art. 6 genannten Zeitpunkten sicherzustellen. Im Hinblick auf die Möglichkeit, strengere Vorschriften vorzusehen, besteht jedoch keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, von der Ermächtigung der allmählichen Rückführung Gebrauch zu machen. Die Vorschriften der Richtlinie sind daher nicht "unbedingt" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen, unter denen eine unmittelbare Anwendung von Richtlinien in Betracht kommt (vgl. u.a. die Urteile vom 9. September 1999, Rs C-374/97, Feyrer, oder vom 25. Februar 1999, Rs C-131/97, Carbonari u.a., Slg. 1999, I-1103, Rdnr. 46). Die von der Beschwerdeführerin vermeinte Notwendigkeit der Anwendung der Richtlinie in Verdrängung der innerstaatlichen Bestimmung kommt daher nicht in Betracht.
5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
6. Auf das Beschwerdevorbringen betreffend die Frage, ob eine Kreditinstitutsgruppe vorliegt, war daher nicht weiter einzugehen.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde mit der Frage auseinander zu setzen haben, ob die beschwerdeführende Partei Teil einer Kreditinstitutsgruppe gewesen sei.
7. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
8. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Der Ersatz für den Stempelgebührenaufwand (eine Replik zweifach, ein Firmenbuchauszug) und die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war nach § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. Nr. 72/2000, in Höhe von EUR 211,47 zuzusprechen.
Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den gesondert geltend gemachten Stempelgebührenaufwand für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, dessen Ersatz im VwGG nicht vorgesehen ist. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass ein Ersatz unter dem Titel von Umsatzsteuer neben den Pauschalsätzen der genannten Verordnung des Bundeskanzlers nicht zusteht.
Wien, am 18. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999170136.X00Im RIS seit
09.07.2002Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008