TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/19 2002/05/0064

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Veröffentlicht am 19.03.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Dezember 2001, Zl. 632225/5-II/D/9/01-bek, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Windigsteig, 2. Edith Popp in Wien XVI, Wurlitzergasse 15/12), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die am 16. September 1957 in Windigsteig geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte ist mit Hauptwohnsitz in Windigsteig gemeldet.

Von 1976 bis 29. März 1991 war die Zweitmitbeteiligte mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet. Seit 3. April 1991 ist sie in Wien mit Nebenwohnsitz gemeldet. Sie ist berufstätig und tritt den Weg zum Arbeitsplatz von Montag bis Donnerstag grundsätzlich von der Wiener Unterkunft aus an. Ihr Ehemann ist in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet, an derselben Adresse ist die 25 Jahre alte, verheiratete Tochter mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in Windigsteig ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten ohne Gegenschrift vorgelegt. Die Zweitmitbeteiligte hat eine Stellungnahme eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da die Zweitmitbeteiligte in Wien berufstätig ist und der Ehegatte sowie die verheiratete Tochter in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, kann die Beziehung zu Windigsteig bei objektiver Betrachtungsweise jedenfalls noch nicht als derart intensiv angesehen werden, dass daraus ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen entsteht.

Im Hinblick auf die im Beschwerdefall bestehende aufrechte Ehe und die mit dem Ehemann bestehende Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in der Wohnung in Wien ist allein die Bundeshauptstadt als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Zweitmitbeteiligten anzunehmen, weil auch unter Bedachtnahme auf Art. 8 MRK (Achtung des Familienlebens) eine derartige familiäre und wirtschaftliche Beziehung als so intensiv angesehen werden muss, dass ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen an einem anderen Ort auszuschließen ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932, sowie vom 11. Dezember 2001, Zl. 2001/05/0931).

Das Reklamationsverfahren ist, wie sich aus § 1 MeldeG unzweifelhaft ergibt, gegenwartensbezogen ("... dort weiterhin den Hauptwohnsitz hat"); es kommt also nicht auf beabsichtigte Veränderungen (hier: die Aufgabe der Wiener Wohnung) an, da jederzeit eine neue Meldung erfolgen kann bzw. muss (hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1163).

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 19. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050064.X00

Im RIS seit

13.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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