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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Oktober 2001, Zl. 602.378/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Deutsch Kaltenbrunn in 7572 Deutsch Kaltenbrunn, 2. Bettina Becker in 1120 Wien, Koflergasse 13/3 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Die am 21. März 1977 geborene, verheiratete Zweitmitbeteiligte ist berufstätig, befindet sich aber derzeit in Karenz. Mit Hauptwohnsitz hat sie sich in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters angemeldet, ihre Aufenthaltsdauer dort gab sie mit 220 Tagen im Jahr an. Nachdem sie zwischen 1977 und 1996 mit Hauptwohnsitz in 1170 Wien gemeldet war, ist sie seit Juni 1999 in Wien mit weiterem Wohnsitz gemeldet. In ihrer Wohnsitzerklärung gab sie am Hauptwohnsitz keine Mitbewohner an, am weiteren Wohnsitz ihren Gatten und ihren 1999 geborenen Sohn, die beide mit Hauptwohnsitz an der Wiener Adresse gemeldet sind.
In einer Stellungnahme an die belangte Behörde verwies die Zweitmitbeteiligte darauf, dass ihre Eltern aus Deutsch Kaltenbrunn stammten und daher die Großeltern, Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins dort wohnhaft seien. Sie habe sich 1996 entschlossen, bei einem Wohnungsbau in Deutsch Kaltenbrunn mitzumachen, in der Absicht, sich dort niederzulassen. Während ihrer Karenzzeit habe sie sich mit ihrem Sohn immer wieder in Deutsch Kaltenbrunn aufgehalten, speziell in den wärmeren Monaten, wo sie auch immer wieder von ihrem Ehegatten besucht worden sei. Es wurde von ihr und ihrem Gatten überlegt, den gemeinsamen Wohnsitz nach Deutsch Kaltenbrunn zu verlegen, sodass sie aus diesem Grund Deutsch Kaltenbrunn als Hauptwohnsitz belassen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; die Zweitmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, 2001/05/0932, unter Bedachtnahme auf Art. 8 MRK (Achtung des Familienlebens) dem gemeinsamen Wohnsitz mit dem Ehegatten bzw. Lebensgefährten und minderjährigen Kindern eine derart gewichtige Stellung eingeräumt, dass ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen an einem anderen Ort auszuschließen ist. Im Erkenntnis vom 27. Februar 2002, 2001/05/1163, wurde weiters ausgesprochen, dass es auf beabsichtigte Veränderungen nicht ankommt, weil das Reklamationsverfahren gegenwartsbezogen ist.
Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001051187.X00Im RIS seit
13.06.2002