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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §184 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der L R in Wien, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Renngasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 24. Juni 1999, RV/56-15/07/99, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1993 und Einkommensteuer 1993 bis 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer 1993 und Einkommensteuer 1993 bis 1995 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Heurigenbuffet am selben Standort, an welchem ihr Ehemann einen Buschenschankbetrieb führt. Sie ermittelt den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988. Dem Beschwerdevorbringen zufolge haben die Eltern des Ehemanns der Beschwerdeführerin diesem den Buschenschankbetrieb und der Beschwerdeführerin das Heurigenbuffet verpachtet.
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 1993 bis 1995 durchgeführten abgabenrechtlichen Prüfung wurde die Feststellung getroffen, dass sie Kosten für eine WC-Anlage und für Lokaleinrichtungsgegenstände (Tische, Bänke, etc) aktiviert habe und hiefür - nach Ansicht des Prüfers zu Unrecht - im Jahr 1993 AfA, Investitionsfreibetrag sowie Vorsteuern geltend gemacht habe. Die AfA sei auch für die Folgejahre 1994 und 1995 geltend gemacht worden.
In der Berufung gegen die aufgrund der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Bescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie aus dem Betrieb des Heurigenbuffets Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele. Sie kaufe die von ihr verwendeten Produkte zur Gänze zu. Es bestehe kein Zusammenhang zum bäuerlichen Buschenschankbetrieb, lediglich hinsichtlich der Öffnungszeiten bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit. Das Heurigenbuffet sei auf Selbstbedienung ausgerichtet, die Kunden würden die Speisen allerdings nicht am Buffet verzehren, sondern die Lokaleinrichtung benutzen. Es liege daher im Interesse der Beschwerdeführerin als Betreiberin des Buffets, dass die Lokaleinrichtung den Ansprüchen der gemeinsamen Kunden entsprechen. Auch die WC-Anlage diene sowohl den Gästen der Buschenschank als auch jenen des Heurigenbuffets. Im Jahr 1995 habe der Buschenschank einen Umsatz von ca. 840.000 S, das Heurigenbuffet einen solchen von ca. 610.000 S erzielt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. AfA könne nur der wirtschaftliche Eigentümer eines Wirtschaftsgutes geltend machen. Es sei daher entscheidend, ob die Beschwerdeführerin wirtschaftliche Eigentümerin sei. Der Pächter oder Mieter eines Gebäudes könne AfA für die von ihm angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter in Anspruch nehmen (Mieterinvestitionen). Der Investitionsfreibetrag sei seinem Wesen nach eine zusätzliche Abschreibung und könne ebenfalls nur vom wirtschaftlichen Eigentümer des Wirtschaftsgutes geltend gemacht werden. Mieter, Pächter und Fruchtgenussberechtigte könnten keinen Investitionsfreibetrag geltend machen, es sei denn, sie wären ausnahmsweise wirtschaftliche Eigentümer.
Die Beschwerdeführerin betreibe das Heurigenbuffet in Verbindung mit und beschränkt auf den am selben Standort betriebenen Buschenschank ihres Ehemannes, der diesen im Rahmen eines Pachtbetriebes für Weinbau führe. Die Liegenschaft befinde sich im Eigentum des Schwiegervaters der Beschwerdeführerin. Es liege kein Miet- oder Pachtvertrag mit der Beschwerdeführerin vor. Es bestünden zwar zwei selbständige Betriebe. Da aber der Betrieb der Beschwerdeführerin in Verbindung mit dem Buschenschankbetrieb des Ehemannes geführt werde, das Buschenschanklokal durch den Ehemann gepachtet und der Beschwerdeführerin nur ein Nutzungsrecht eingeräumt worden sei, gehörten die Lokaleinrichtung und die WC-Anlagen zum Betriebsvermögen des Weinbaubetriebes, zumal der Buschenschankbetrieb des Weinbauern Bestandteil des Weinbauernbetriebes sei. Die mit diesen Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehenden Aufwendungen seien daher im Rahmen der Teilpauschalierung des Ehemannes berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin könne im Rahmen ihres Gewerbebetriebes AfA und Investitionsfreibetrag für diese Wirtschaftsgüter nicht geltend machen. Auch der Vorsteuerabzug stehe nicht zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Aufwendungen für Zu- und Umbauten an gemieteten Liegenschaften, die vom Mieter in der Regel nicht zugunsten des Eigentümers, sondern zum eigenen geschäftlichen Vorteil vorgenommen werden, sind einkommensteuerlich ein beim Mieter selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1960, 355/57, Slg. Nr. 2327/F). Bereits im Erkenntnis vom 24. April 1996, 94/13/0054, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nichts anderes gelten kann, wenn der Unternehmer die Liegenschaft, auf der er Um- und Zubauten vorgenommen hat, nicht aufgrund eines Mietverhältnisses, sondern unentgeltlich zur Nutzung überlassen erhalten hat.
Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern erfolgt nach Maßgabe des wirtschaftlichen Eigentums. Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen auseinander, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter vor der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann (vgl. die bei Ritz, BAO-Kommentar2, § 24 Tz 3 zitierte hg. Rechtsprechung).
Für die Frage, ob ein vom Nutzungsberechtigten getragener Aufwand zu einem in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehenden und damit in der Bilanz zu aktivierenden Wirtschaftsgut geführt hat, ist nicht von Bedeutung, ob es sich bei diesem Wirtschaftsgut bürgerlich-rechtlich um eine selbständige Sache oder um einen - selbständigen oder unselbständigen - Bestandteil einer solchen handelt. Investitionen des Nutzungsberechtigten, die er im eigenen Interesse getätigt hat, sind im allgemeinen diesem als dessen wirtschaftliches Eigentum zuzurechnen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 293 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Der Umstand, ob für die vom Nutzungsberechtigten getätigten Investitionen eine Ablöse vorgesehen ist, ist für deren Beurteilung als Wirtschaftsgut nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 94/13/0054), findet aber im Zusammenhang mit der Frage, wie lange dem Nutzungsberechtigten die Nutzung eingeräumt ist, Berücksichtigung bei der Bemessung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer iSd § 7 EStG.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin getätigten Investitionen in die WC-Anlage deshalb nicht als der Beschwerdeführerin zuzurechnendes Wirtschaftsgut angesehen, weil ihr "lediglich das Nutzungsrecht" eingeräumt gewesen sei, nicht aber ein gesichertes Nutzungsrecht, wie es bei Miet- oder Pachtverhältnissen besteht. Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Wie oben ausgeführt können Investitionen des Nutzungsberechtigten auch dann bei ihm zu erfassende Wirtschaftsgüter darstellen, wenn sich die Nutzungsberechtigung nicht aus einem Mietverhältnis bzw einem Pachtverhältnis ergibt.
Die Besonderheit des gegenständlichen Falles liegt allerdings darin, dass das in Rede stehende Wirtschaftsgut gleichzeitig dem Betrieb der Beschwerdeführerin wie auch dem Betrieb ihres Ehemannes dient. Bei dieser Sachlage trifft es nicht zu, dass der Beschwerdeführerin allein die positiven und negativen Befugnisse des Eigentumsrechts zukommen, die für die Annahme von wirtschaftlichem Eigentum erforderlich sind. Diese Befugnisse teilen sich vielmehr die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann, also die Inhaber der beiden Betriebe, für welche das Wirtschaftsgut Verwendung findet. Solcherart ist aber das wirtschaftliche Eigentum der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann gemeinsam, also in der Art von Miteigentum zuzurechnen, wobei das Verhältnis der Zurechnung nach dem Verhältnis der in einem längeren Zeitraum gegebenen Nutzung für die beiden in Rede stehenden Betriebe zu schätzen ist.
Darauf hinzuweisen ist im Übrigen darauf, dass die Beschwerdeführerin, soweit sie einen höheren Anteil an den Herstellungskosten für die WC-Anlage getragen hat als dies ihrer Quote entspricht, anteilig ihrem Ehemann einen Vorteil zugewendet hat. Ob der Grund für die Zuwendung im betrieblichen oder im privaten Bereich gelegen ist, wird im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein.
Sind die Bauleistungen an die Beschwerdeführerin als Bestellerin des Werkes erbracht worden, steht ihr - bei Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UStG 1972 - der Vorsteuerabzug zu. Durch die (anschließende) anteilige Übertragung der Investition auf ihren Ehegatten tätigt sie einen Umsatz. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20. Juli 1999, 98/13/0219, ausgesprochen hat, stellen Einbauten, die der Mieter bzw Nutzungsberechtigte vorgenommen hat, keine Grundstücke iSd GrEStG dar, sodass der Umsatz nicht nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG steuerbefreit ist.
Die Einrichtungsgegenstände (Tische, Bänke, etc.) sind bewegliche Sachen, die - von der Beschwerdeführerin angeschafft - in deren (zivilrechtlichem und) wirtschaftlichem Eigentum stehen. Zu ihrem Betriebsvermögen zählen die einzelnen Wirtschaftsgüter im Falle einer überwiegenden betrieblichen Nutzung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 1997, 94/15/0211). Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren das Ausmaß der betrieblichen Nutzung festzustellen haben, wobei entscheidende Bedeutung auch dem Umstand zukommt, ob die Beschwerdeführerin ihrem Ehemann die (Mit)Nutzung der Einrichtungsgegenstände aus betrieblichen oder privaten Gründen gestattet hat. Auch der Vorsteuerabzug hängt gemäß § 12 Abs. 2 UStG 1972 davon ob, ob die Lieferung des einzelnen Gegenstandes überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgt.
Der angefochtene Bescheid ist sohin, soweit er Umsatzsteuer 1993 sowie Einkommensteuer 1993 bis 1995 betrifft, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 501/2001.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999140286.X00Im RIS seit
11.07.2002Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013