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41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §1 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 2001, Zl. 604.931/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Pernegg an der Mur in Pernegg an der Mur,
2. Gottfried Arbesleitner in Wien XIX, Sollingergasse 8/4/7, bzw. in Pernegg an der Mur, Eisenpaßstraße 42), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der am 5. November 1973 geborene, ledige Zweitmitbeteiligte ist jedenfalls seit Oktober 1993 mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters, Pernegg an der Mur (kurz: P), gemeldet. Seit 17. Dezember 1999 ist er mit weiterem Wohnsitz in Wien gemeldet, wo er studiert.
Am 27. Dezember 2000 gab der Zweitmitbeteiligte niederschriftlich im Gemeindeamt P an, der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung sei in P. Er studiere zwar in Wien, verbringe aber seine gesamte Freizeit in P bei seiner Familie. Er wolle daher seinen Hauptwohnsitz in P beibehalten.
In seiner Wohnsitzerklärung gab der Zweitmitbeteiligte an, er verbringe jährlich rund 235 Tage in P, 130 Tage hingegen in Wien. Mitbewohner sind weder in P noch in W angegeben (in einer Stellungnahme vom 20. September 2000 an den Magistrat der Stadt Wien wurden in P beide Elternteile und eine Schwester als Mitbewohner angegeben). Die Frage nach "Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften" wird für beide Wohnsitze verneint, der Weg zur "Arbeits-/Ausbildungsstätte" in Wien wird überwiegend von Wien aus angetreten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes des Zweitmitbeteiligten an der gemeldeten Adresse in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab. Hiezu stellte die belangte Behörde fest, dass der ausbildungsmäßige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen auf Grund des Studiums in Wien liege, der "Familienwohnsitz" und somit der gesellschaftliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Zweitmitbeteiligten liege hingegen eindeutig in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters. Dort sei auch das soziale Umfeld des Zweitmitbeteiligten konzentriert. Das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", welches nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, gebe daher im Beschwerdefall den Ausschlag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die erstmitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte der Zweitmitbeteiligte bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass der Zweitmitbeteiligte zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht. Die Behauptung des Zweitmitbeteiligten, er halte sich rund 130 Tage jährlich in Wien, 235 Tage jährlich hingegen in P auf, vermag daran nichts zu ändern.
Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes noch bejaht werden könne und dem Zweitmitbeteiligten somit ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 7 MeldeG zukomme, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Sollte sich im fortgesetzten Verwaltungsverfahren das Vorbringen des Erstmitbeteiligten Bürgermeisters in seiner Gegenschrift bestätigen, welches dahin geht, dass der Zeitmitbeteiligte seinen Wohnsitz in Wien bereits aufgegeben habe, weil er am Ende seines Studiums sei und nun in Wien kein Zimmer mehr habe, könnte aber eine andere Beurteilung angezeigt sein.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001051145.X00Im RIS seit
10.06.2002