TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/19 2002/05/0128

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Veröffentlicht am 19.03.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hermagor-Pressegger See, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärntner vom 14. Jänner 2002, Zl. 1W-PERS-4653/4-2002, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Partei: Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der mitbeteiligte Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt stellte gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG den Antrag auf Einleitung eines Reklamationsverfahrens zwecks Feststellung, ob der gemeldete Hauptwohnsitz der Betroffenen in der Gemeinde des Beschwerdeführers (Stadtgemeinde 9620 Hermagor-Pressegger See) zu Recht besteht.

Die belangte Behörde stellte in angefochtenen Bescheid hiezu fest, dass die nunmehr 46-jährige Betroffene in Hermagor-Pressegger See mit Hauptwohnsitz gemeldet sei und dort 190 Tage im Jahr gemeinsam mit ihren Eltern und ihrer Schwester wohne. In Klagenfurt halte sie sich während des Schuljahres an Werktagen, an Wochenenden jedoch nur fallweise auf. Den Weg zum Arbeitsplatz in Klagenfurt trete die betroffene Hauptschullehrerin von ihrer Unterkunft am weiteren Wohnsitz aus an. Den größeren Teil des Jahres halte sie sich in Hermagor auf, während der Ferien die ganze Woche, ansonsten im Schuljahr an Werktagen nur fallweise und an Wochenenden immer. In Hermagor verfüge sie über Besitzungen und helfe ihren Eltern. Den größten Teil ihres Freundes- und Bekanntenkreises habe sie in Hermagor. In Klagenfurt halte sie sich nur zu "Arbeitszwecken" auf, da sie in Hermagor keine Arbeitsstelle als Lehrerin bekomme.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des mitbeteiligten Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes an der gemeldeten Adresse in Hermagor-Pressegger See statt und hob den angeführten Hauptwohnsitz der Betroffenen gemäß § 17 MeldeG auf. Klagenfurt sei der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Betroffenen, weil dort der Arbeitsplatz sei, von dort aus überwiegend der Weg zur Arbeitsstelle angetreten werde und dort auch überwiegend Aufenthalt genommen werde. Die Angabe der Betroffenen, in Hermagor 190 Tage im Kalenderjahr zu verbringen, sei realitätsfern. Bei der im Reklamationsverfahren gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise trete die familiäre Bindung einer Person umso mehr in den Hintergrund, je mehr sich das Alter des Betroffenen vom Erreichen der Volljährigkeit entferne und je länger er am Ort der Berufsausübung Aufenthalt genommen habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0930). Die Betroffene sei bereits seit Dezember 1980 mit einem weiteren Wohnsitz in Klagenfurt gemeldet. Es habe sich daher eindeutig ergeben, dass sie in der Gemeinde des Beschwerdeführers keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen mehr habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Reklamationsverfahren wird die bis dahin für den Hauptwohnsitz des Betroffenen ausschließlich maßgebliche "Erklärung" des Meldepflichtigen dahingehend "hinterfragt, ob der erklärte Hauptwohnsitz den in Art. 6 Abs. 3 B-VG (§ 1 Abs. 7 MeldeG) normierten objektiven Merkmalen entspricht" (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2001, G 139/00-10, u.a.). Die Lösung der im Reklamationsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage des Hauptwohnsitzes des Betroffenen hängt an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen". Bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales kommt es auf eine Gesamtschau an, bei welcher die nunmehr im § 1 Abs. 8 MeldeG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2001), verankerten Kriterien maßgeblich sind:

Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935 klargestellt, dass das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", das nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck kommt, nur in den Fällen den Ausschlag gibt, in denen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zwei oder mehrere "Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hervorgekommen sind. Das Reklamationsverfahren wird nur dann für den antragstellenden Bürgermeister erfolgreich sein, wenn der Betroffene ein "überwiegendes Naheverhältnis" an einem Ort behauptet, an dem er keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 7 MeldeG) hat, mag er dort auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 MeldeG haben.

Im Beschwerdefall steht fest, dass die nunmehr 46-jährige Zweitmitbeteiligte den Großteil des Jahres in Klagenfurt wohnt und dort berufstätig ist.

Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2000/05/945, ausgeführt, dass sog. "Wochenpendler", die eine Unterkunft (Wohnung) am Ort oder in der näheren Umgebung des Arbeitsplatzes als weiteren Wohnsitz nehmen, damit keinen Hauptwohnsitz begründet haben. Das Kriterium "nur aus beruflichen Gründen" kann aber nicht vorliegen, wenn sich die Betroffene - wie von der belangten Behörde gestützt auf eine nicht als unschlüssig zu erkennende Beweiswürdigung festgestellt - überwiegend in Klagenfurt aufhält, sodass auch ein Teil der Freizeit von dieser Aufenthaltsdauer erfasst sein muss (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/1077). In der Beschwerde wird konkret nicht dargelegt, aus welchen - im Wesentlichen im § 1 Abs. 8 MeldeG aufgezählten - Gründen die belangte Behörde zum Ergebnis hätte kommen sollen, dass die Betroffene auch in der Gemeinde des Beschwerdeführers einen Mittelpunkt der Lebensinteressen hat. Die belangte Behörde hat vielmehr zutreffend auf das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0930, hingewiesen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof näher begründet dargelegt hat, dass die familiäre Bindung einer Person umso mehr in den Hintergrund tritt, je mehr sich das Alter des Betroffenen vom Erreichen der Volljährigkeit entfernt und je länger er am Ort der Berufsausübung Aufenthalt genommen hat.

Bei dem vorliegenden Ergebnis bedurfte es keiner Stellungnahme der Statistik Österreich. Diese kann nämlich nur "zum Ermittlungsergebnis" nahvollziehbare Ausführungen darüber machen, ob die von der Behörde in ihrer Entscheidung zu beachtenden Behauptungen der Parteien auf Grund der einschlägigen Statistiken einer Plausibilitätsprüfung standhalten und bei widerstreitenden Sachverhalten, welche der Behauptungen diesen Vorgaben eher entsprechen (zum Wesen der Stellungnahme der Statistik Österreich siehe insbes. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932). In der Beschwerde wird nicht ausgeführt, warum bei dem als nicht strittig feststehenden Sachverhalt ein Gutachten der Statistik Österreich erforderlich hätte sein sollen. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher ebenfalls nicht vor.

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall die Betroffene ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen; die belangte Behörde ist daher im angefochtenen Bescheid ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass die Reklamation durch den Mitbeteiligten zu Recht erfolgte.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050128.X00

Im RIS seit

24.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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