TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/19 2002/05/0130

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Veröffentlicht am 19.03.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hermagor-Pressegger See, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im  Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Jänner 2002, Zl. 609547/5-MKD/02-lec, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Partei: Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der mitbeteiligte Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien stellte gemäß § 17 Abs. 2 Z. 2 MeldeG den Antrag auf Einleitung eines Reklamationsverfahrens zwecks Feststellung, ob der gemeldete Hauptwohnsitz des Betroffenen in der Gemeinde des Beschwerdeführers (9620 Hermagor-Pressegger See) zu Recht besteht.

Auf Grund der Wohnsitzerklärung stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest: Der am 28. Oktober1966 geborene Betroffene sei in Hermagor-Pressegger See mit Hauptwohnsitz und in der Gemeinde des Mitbeteiligten mit weiterem Wohnsitz gemeldet. An keinem seiner Wohnsitze lebe er mit Familienangehörigen. Er studiere in Wien und verbringe 190 Tage im Jahr am Hauptwohnsitz, 175 Tage hingegen am weiteren Wohnsitz. Den Weg zum Studienplatz in Wien trete er von seiner Unterkunft am weiteren Wohnsitz aber auch von seiner Heimatgemeinde aus an. Minderjährige Kinder seien nicht vorhanden. Funktionen in öffentlichen oder privaten Körperschaften würden vom Betroffenen nicht ausgeübt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des mitbeteiligten Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes an der gemeldeten Adresse in Hermagor-Pressegger See statt und hob den angeführten Hauptwohnsitz des Betroffenen gemäß § 17 MeldeG auf. Der Betroffene habe in der Gemeinde des Beschwerdeführers keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen; das von ihm zu dieser Gemeinde zum Ausdruck gebrachte überwiegende Naheverhältnis erscheine realitätsfern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Reklamationsverfahren wird die bis dahin für den Hauptwohnsitz des Betroffenen ausschließlich maßgebliche "Erklärung" des Meldepflichtigen dahingehend "hinterfragt, ob der erklärte Hauptwohnsitz den in Art. 6 Abs. 3 B-VG (§ 1 Abs. 7 MeldeG) normierten objektiven Merkmalen entspricht" (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2001, G 139/00-10, u.a.). Die Lösung der im Reklamationsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage des Hauptwohnsitzes des Betroffenen hängt an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen". Bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales kommt es auf eine Gesamtschau an, bei welcher folgende, nunmehr im § 1 Abs. 8 MeldeG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2001), verankerten Kriterien maßgeblich sind:

Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935 klargestellt, dass das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", das nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck kommt, nur in den Fällen den Ausschlag gibt, in denen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zwei oder mehrere "Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hervorgekommen sind. Das Reklamationsverfahren wird nur dann für den antragstellenden Bürgermeister erfolgreich sein, wenn der Betroffene ein "überwiegendes Naheverhältnis" an einem Ort behauptet, an dem er keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 7 MeldeG) hat, mag er dort auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 MeldeG haben.

Bei Studenten hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, im Wesentlichen darauf abgestellt, ob das 26. Lebensjahr vollendet ist; verzögert sich das Studium dermaßen, dass auch die Altersgrenze für die Familienbeihilfe überschritten wird, ist die Annahme gerechtfertigt, dass sich die Nahebeziehung zum Studienort wesentlich verdichtet hat, sodass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes im Allgemeinen nicht mehr bejaht werden kann. Davon abzugehen bietet auch der Beschwerdefall keinen Anlass, zumal auch in der Beschwerde keine - auf die im § 1 Abs. 8 MeldG aufgezählten maßgeblichen Kriterien gestützten - Gründe für eine Nahebeziehung zum Heimatort angegeben worden sind.

Bei dem vorliegenden Ergebnis bedurfte es keiner Stellungnahme der Statistik Österreich. Diese kann nämlich nur "zum Ermittlungsergebnis" nahvollziehbare Ausführungen darüber machen, ob die von der Behörde in ihrer Entscheidung zu beachtenden Behauptungen der Parteien auf Grund der einschlägigen Statistiken einer Plausibilitätsprüfung standhalten und bei widerstreitenden Sachverhalten, welche der Behauptungen diesen Vorgaben eher entsprechen (zum Wesen der Stellungnahme der Statistik Österreich siehe insbes. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932). In der Beschwerde werden jedoch keine solchen Umstände aufgezeigt, die ein Gutachten der Statistik Österreich erforderlich gemacht hätten. Der behauptete Verfahrensmangel liegt daher ebenfalls nicht vor.

Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall der Betroffene ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen; die belangte Behörde ist daher im angefochtenen Bescheid ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass die Reklamation durch den Mitbeteiligten zu Recht erfolgte.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050130.X00

Im RIS seit

24.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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