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L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
NatSchG Bgld 1990 §5 lita Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des G in Frauenkirchen, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in 7132 Frauenkirchen, Franziskanerstraße 62, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Jänner 1999, Zl. 5-N-B1395/1-1998, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem in Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Erweiterung eines Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 2617/28 der KG F. gemäß §§ 5 lit. a Z. 1 und 56 Abs. 1 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes, LGBl. Nr. 27/1991 (NG 1990), iVm § 20 Abs. 1, 4 und 5 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18 (RPG), abgewiesen.
Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 27. März 1998 bei der Bezirkshauptmannschaft N. (BH) um die (nachträgliche) Erteilung der naturschützbehördlichen Bewilligung zur Erweiterung des Wirtschaftsgebäudes auf dem genannten Grundstück, das im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Grünlandlandwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen sei, angesucht. Der Amtsachverständige für Landwirtschaft habe dazu auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers eine Stellungnahme erstattet, wonach die Baumaßnahme (Schaffung eines überdachten Vorplatzes) in keinem Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Nutzung stehe. Eine landwirtschaftliche Tätigkeit, also eine auf Erzielung von Einnahmen ausgerichtete nachhaltige Tätigkeit, um tierische oder pflanzliche Produkte hervorzubringen, sei auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers (Eigenverbrauch) ebenfalls nicht gegeben. Der Antrag sei daher von der BH abgewiesen worden.
In seiner Berufung gegen den Bescheid der BH habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, das bestehende Wirtschaftsgebäude habe saniert werden müssen, da ein Biobetrieb geführt werde. Die erzeugten Produkte würden in erster Linie für die Familienangehörigen verwendet. Der überdachte Vorplatz sei für die Lagerung von Heu und Stroh sowie zum Abstellen von Geräten vorgesehen.
In der weiteren Folge ihrer Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf § 20 RPG, wonach Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig seien, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprächen. Nach Abs. 4 der genannten Vorschrift fielen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig seien, nicht unter die Beschränkung des Abs. 1. Die belangte Behörde habe daher zunächst zu prüfen gehabt, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertige. Erst bei Bejahung dieser Frage dem Grunde nach, sei die weitere Frage zu beantworten, ob für eine solche mögliche landwirtschaftliche Nutzung eine Baulichkeit erforderlich sei. Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers, wonach die erzeugten Produkte der Versorgung seiner großen Familie dienten, sei davon auszugehen, dass eine zumindest nebenberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit gar nicht beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, keine Einnahmen aus der Nutzung der Baumaßnahme bzw. des gegenständlichen Grundstückes zu erwarten.
Gemäß § 20 Abs. 4 RPG sei bei geringfügigen Bauten die Übereinstimmung mit dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan nicht zu überprüfen. Nach einem Erlass vom 8. April 1994 seien nur Bauten im Ausmaß bis zu 6 m2 als "geringfügig" anzusehen. Zubauten seien als geringfügige Bauten zu werten, wenn sie im Verhältnis zum Bestand als solche Bauten zu betrachten seien. Aus den vorgelegten Planunterlagen sei ersichtlich, dass die Fläche des überdachten Vorplatzes rund 47 m2 betrage; der Altbestand habe eine Fläche von ca. 34 m2. Die Erweiterung überschreite daher die oben genannten 6 m2 wesentlich. Es könne daher auch keinesfalls von einem geringfügigen Zubau gesprochen werden. Im Übrigen werde der bestehende Bau durch die Erweiterung wesentlich verändert.
Die Baulichkeit könne daher für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung nicht als notwendig im Sinne der Bestimmungen des § 20 Abs. 1, 4 und 5 RPG erachtet werden, weil keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde; das Objekt widerspreche demzufolge auch der Widmung "Grünflächelandwirtschaftlich genutzt" im Flächenwidmungsplan. Das Ansuchen des Beschwerdeführers sei daher wegen des Widerspruches zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 5 lit. a Z. 1 NG 1990 bedarf unter anderem die Errichtung und Erweiterung von Gebäuden und anderen hochbaulichen Anlagen mit Ausnahme von Folienhäusern (Folientunnels) im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes auf Flächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Wohn-, Dorf-, Geschäfts- und Industriegebiete, gemischte Baugebiete oder als Verkehrsflächen (§§ 14 Abs. 3 lit. a bis e, 15 RPG) ausgewiesen sind, einer Bewilligung.
Gemäß § 20 Abs. 1 RPG hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, dass Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der Burgenländischen Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
Gemäß § 20 Abs. 4 RPG fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2. Dies gilt auch für flächenmäßig nicht ins Gewicht fallende im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderliche Anlagen sowie für geringfügige Bauten (z.B. Garten- und Gerätehütten, kleine Statuen), Bauten, die nur vorübergehenden Zwecken dienen, und für Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung des Naturhaushaltes (z.B. Biotope).
Die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 ist gemäß § 20 Abs. 5 leg. cit. dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, dass a) die Baumaßnahme in einem fachlichen und funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht, b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,
c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestalt und Ausstattung eingeschränkt bleibt und d) raumordnungsrelevante Gründe (z. B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Naturschutzbehörde im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1998, VfSlg. 15.232/1998, zu beurteilen, ob das zur Bewilligung beantragte Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht. Die Verneinung dieser Frage stellt eine Voraussetzung für die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung dar, die verfassungsrechtlich zulässigerweise - gleichberechtigt - zu den übrigen Bewilligungsvoraussetzungen hinzutritt. Bereits die Nichterfüllung dieser (einen) Bewilligungsvoraussetzung hindert die Erteilung der Bewilligung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0341).
Nach der oben wiedergegebenen Rechtslage dürfen auf Flächen, welche als "Grünfläche-landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen sind, nur Bauten errichtet werden, die für die Bewirtschaftung von landwirtschaftlich genutzten Flächen im Zuge eines landwirtschaftlichen Betriebes notwendig sind.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Baulichkeit für eine landwirtschaftliche Nutzung notwendig ist, ist an die maßgebenden Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen. Landwirtschaft im Sinne raumordnungsrechtlicher Regelungen ist dann gegeben, wenn betriebliche Merkmale vorliegen, also von einer planvollen grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten nachhaltigen Tätigkeit gesprochen werden kann, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen Betriebes rechtfertigt, und die Bestimmungen über die Flächenwidmung nicht durch die Ausübung eines "Hobbys" umgangen werden können (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/10/0163).
Die belangte Behörde hat im Wesentlichen auf Grund der im Verfahren vor der BH abgegebenen Stellungnahme des landwirtschaftlichen Sachverständigen die Auffassung vertreten, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs. 4 RPG gar nicht vorlägen, da kein sachlicher und funktionaler Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung gegeben sei und keine landwirtschaftliche Tätigkeit vorliege. Nach den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren sollten die erzeugten Bioprodukte nämlich im Wesentlichen zur Selbstversorgung der großen Familie des Beschwerdeführers dienen.
Die Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer aus seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit keinerlei Einnahmen erzielt, wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Der Beschwerdeführer bringt allerdings vor, dass sich seine diesbezüglichen Angaben allein auf seine Person bezogen hätten, nicht jedoch auf seinen Vater, der Grundeigentümer sei und eine Landwirtschaft betreibe. Der Beschwerdeführer habe - unter Vorlage der Zustimmungserklärung seines Vaters - einen Antrag auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Erweiterung des Wirtschaftsgebäudes gestellt, da er (gemeinsam mit seinen Brüdern) das Gebäude saniert hätte. Richtigerweise hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass das gegenständliche Grundstück bereits landwirtschaftlich genutzt werde, sodass sich sämtliche Ausführungen hinsichtlich seiner (des Beschwerdeführers) geplanten landwirtschaftlichen Nutzung erübrigten.
Auf das - erstmals in der Beschwerde erstattete - Vorbringen, nicht der Beschwerdeführer, sondern sein Vater betreibe eine Landwirtschaft, war schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (vgl. § 41 VwGG) nicht einzugehen. Im Übrigen ergibt sich auch aus der im Akt erliegenden Zustimmungserklärung des Vaters nicht, dass dieser auf dem Grundstück eine Landwirtschaft betreibt.
Unter geringfügigen Bauten im Sinne des § 20 Abs. 4 RPG sind Bauten von solcher Größe und Beschaffenheit zu verstehen, die eine Beeinträchtigung öffentlicher wie subjektiv-öffentlicher Interessen keinesfalls erwarten lassen. Wenn daher in Ansehung der höchstzulässigen Größe geringfügiger Bauten auf die im Allgemeinen bestehenden Ausmaße von Garten- und Gerätehütten abgestellt und daraus ein Höchstausmaß von 6 m2 abgeleitet wird, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom 29. Mai 2000, Zl. 98/10/0315, und vom 27. April 2000, Zl. 98/10/0318). In Anbetracht dieser Rechtslage ist die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall nicht mehr von einem geringfügigen Bau gesprochen werden kann, nicht zu beanstanden.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, aus seinen Angaben gegenüber dem landwirtschaftlichen Sachverständigen (im Erhebungsbogen) ergebe sich weder die bestehende noch die in Aussicht genommene konkrete Nutzungsart. Unter dem Punkt "Derzeitige Nutzung" habe der Beschwerdeführer "Holz + Futterlagerung, Abstellplatz" angegeben. Beim Punkt "Beabsichtigte Nutzung" sei die Angabe "Teichwirtschaft, dzt. keine" erfolgt. Bezüglich "Art und konkrete Angaben über die Verwendung" seien keine Angaben gemacht worden. Bei der Frage, ob das Bauvorhaben "zu Hobbyzwecken" oder "zur Erzielung von Einnahmen" diene, sei "Keine Festlegung" erfolgt. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer deshalb im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG einen entsprechenden Verbesserungsauftrag erteilen und ihn auffordern müssen, die konkrete Nutzungsart anzugeben.
Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass es der Beschwerdeführer selbst zu vertreten hat, wenn er den für die Erstellung des landwirtschaftlichen Gutachtens erforderlichen Erhebungsbogen unvollständig ausgefüllt hat. Aus diesem Grund liegt auch kein Mangel im Anbringen nach der genannten Bestimmung vor. Die entsprechende Äußerung des Sachverständigen wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, er hat es allerdings unterlassen, dazu Stellung zu nehmen.
Auch ein Verstoß gegen die sogenannte Manuduktionspflicht der Behörde gemäß § 13a AVG ist nicht ersichtlich. Diese bezieht sich nur auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und auf die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen. Sie bezieht sich aber nicht darauf, ob und welches materielle Vorbringen die Partei zur Wahrung ihrer Rechte zu machen hat (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 13a AVG wiedergegebene Rechtsprechung, insbesondere E 8 ff).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:1999100021.X00Im RIS seit
13.06.2002