Index
41/02 Melderecht;Norm
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Dezember 2001, Zl. 605.489/6-II/13/01, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Weinzierl/Walde in 3521 Weinzierl/Walde, 2. Ing. Christian Braun in 1140 Wien, Bahnhofstraße 12/2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der am 21. November 1963 geborene, verheiratete Erstmitbeteiligte hat seit 1998 einen weiteren Wohnsitz in Wien, als Hauptwohnsitz hat er Weinzierl am Walde bezeichnet. In einem Fragebogen zur Feststellung des Hauptwohnsitzes gab er an, dass er in Weinzierl Gewerbetreibender und in Wien Angestellter sei. Mitbewohner an der Wiener Adresse seien seine Ehegattin, seine 1995 geborene Tochter und sein 2000 geborener Sohn, die alle in Wien ihren Hauptwohnsitz hätten, in Weinzierl am Walde seine Eltern und seine Gattin, die dort mit Nebenwohnsitz gemeldet sei. Die gleichen Angaben machte er in seiner Wohnsitzerklärung, im Erhebungsblatt zur Feststellung des Hauptwohnsitzes gab er an, dass ein Kind in Wien den Kindergarten besuche.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Bürgermeisters auf Aufhebung des Hauptwohnsitzes der Zweitmitbeteiligten in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; die Mitbeteiligten erstatteten je eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0932, unter Bedachtnahme auf Art. 8 MRK (Achtung des Familienlebens) dem gemeinsamen Wohnsitz mit dem Ehegatten bzw. Lebensgefährten und minderjährigen Kindern eine derart gewichtige Stellung eingeräumt, dass ein Mittelpunkt der Lebensbeziehungen an einem anderen Ort auszuschließen ist.
Im Falle des Erkenntnisses vom 29. Jänner 2002, Zl. 2001/05/1020 war der Betroffene gleichfalls an beiden Orten berufstätig; in Anbetracht der Ehegattin und der Tochter in Wien wurde trotzdem ausgeführt, dass die in Wien bestehende familiäre und somit gesellschaftliche wie auch berufliche Lebensbeziehung gegenüber der ebenfalls beruflichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehung am Heimatort als derart überwiegend angesehen werden musste, dass der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr zu bejahen war.
Ausgehend davon hat im vorliegenden Fall der Zweitmitbeteiligte ohne Rechtsgrundlage eine Wahl nach § 1 Abs. 7 letzter Satz MeldeG getroffen, sodass die Reklamation durch den Beschwerdeführer zu Recht erfolgte. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 19. März 2002
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2002050055.X00Im RIS seit
24.06.2002