Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Dr. F in Kirchschlag, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Dr. Harald Papesch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Karl-Wiser-Straße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10. Jänner 2001, Zl. 18.342/15- IA8/00, betreffend Parteistellung im Waldfeststellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: Anna und Hermann H in Kirchschlag), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid vom 8. September 1999 hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung auf Antrag der Gemeinde Kirchschlag b. Linz vom 16. Februar 1999 über die Waldeigenschaft des im Miteigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstückes Nr. 743/1, KG Kirchschlag, gemäß § 5 Forstgesetz festgestellt, dass es sich bei Teilflächen im Gesamtausmaß von 3306 m2 um Wald iSd Forstgesetzes handle und eine Teilfläche im Ausmaß von 618 m2 nicht Wald iSd Forstgesetzes sei.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 743/2, KG Kirchschlag, welches unmittelbar an das oben genannte Grundstück angrenzt und als Baufläche ausgewiesen ist.
Mit an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gerichteten Schreiben vom 7. Juli 2000 machte der Beschwerdeführer Parteistellung bezüglich der vorgenannten Waldfeststellung geltend und beantragte die Zustellung des Feststellungsbescheides.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. August 2000 abgewiesen. Begründend führte die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer nach der auch im Feststellungsverfahren maßgeblichen Bestimmung des § 19 Abs. 5 Forstgesetz, die eine autoritative Regelung der Parteistellung enthalte, keine Parteistellung zukomme.
Die dagegen erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 3. Oktober 2000 als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2000 Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und führte begründend aus, dass seine Parteistellung gemäß § 8 AVG nicht allein durch den Hinweis auf die Vorschrift des § 19 Abs. 5 ForstG abgewiesen werden könne, sondern dass nach § 19 Abs. 5 ForstG neben den Eigentümern eines Grundstückes mit Waldfläche auch den Eigentümern eines angrenzenden Grundstückes an sich Parteistellung zukomme.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass sich aus §§ 5 Abs. 1 zweiter Satz iVm 19 Abs. 5 lit. d ForstG iVm § 8 AVG ergebe, dass sowohl im Rodungs- als auch im Waldfeststellungsverfahren dem Eigentümer eines an die Rodungs- oder Feststellungsfläche angrenzenden Grundstückes nur dann Parteistellung zukomme, wenn es sich bei dem angrenzenden Grundstück um eine Waldfläche handle. Ergänzend wurde noch ausgeführt, dass eine von § 19 Abs. 5 Forstgesetz abweichende Interpretation auf Grund des klaren und eindeutigen Gesetzeswortlautes der angeführten Gesetzesbestimmung ausscheide.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2001, B 207/01, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift, in der keine Anträge gestellt werden.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. Nr. 231/1977, 142/1978, 576/1987 und 257/1993, lauten auszugsweise:
"Feststellungsverfahren
§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob
a)
eine Grundfläche Wald ist oder
b)
ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,
so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.
§ 19 Abs. 4 (Redaktionsversehen, gemeint ist § 19 Abs. 5) ist sinngemäß anzuwenden.
(2) ...
Waldbehandlung entlang der Eigentumsgrenzen
§ 14. (1) ...
(3) Der Deckungsschutz ist dem Eigentümer des angrenzenden Waldes sowie den Eigentümern etwaiger an diesen angrenzenden Wälder zu gewähren, sofern die jeweilige Entfernung von der Eigentumsgrenze des zum Deckungsschutz Verpflichteten weniger als 40 Meter beträgt; allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1 Abs. 1 nicht fallende Grundfläche von weniger als 10 Meter Breite sind hiebei nicht einzurechnen.
(4) ...
Rodungsverfahren
§ 19. (1) ...
(5) Parteien im Sinne des § 8 AVG 1950 sind:
a)
...,
d)
der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldflächen angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist,
e) ..."
2. Zur Parteistellung im Waldfeststellungsverfahren:
Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung in seinem subjektiven Recht auf Zuerkennung der Parteistellung geltend macht und sich in der Ausübung der damit verbundenen subjektiven Rechte im Waldfeststellungsverfahren nach § 5 Forstgesetz verletzt sieht, ist ihm Folgendes zu entgegnen:
Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich nach § 8 AVG zunächst nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2000, Zl. 2000/06/0109). Partei ist eine Person, der vom Materiengesetz subjektive Rechte eingeräumt werden. Der Gesetzgeber hat in § 19 Abs. 5 ForstG bzw. für das Waldfeststellungsverfahren in § 5 Abs. 1 Forstgesetz, der § 19 Abs. 5 für das Waldfeststellungsverfahren für anwendbar erklärt, eine ausdrückliche Regelung geschaffen, wem Parteistellung zukommen soll.
§ 5 Abs. 1 zweiter Satz Forstgesetz bestimmt, dass bezüglich der Parteistellung im Waldfeststellungsverfahren § 19 Abs. 5 Forstgesetz sinngemäß anzuwenden ist. § 19 Abs. 5 ForstG zählt auf, wer Partei im Rodungs- (bzw. kraft des Verweises in § 5 Forstgesetz im Waldfeststellungsverfahren) ist. Nach § 19 Abs. 5 lit. d ForstG ist Partei im Sinne von § 8 AVG der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist.
Daraus ergibt sich nach der hg. Rechtsprechung, dass dem Eigentümer des Nachbargrundstücks nur insoweit ein subjektives Recht zusteht, als es um den Schutz seines Waldes vor durch die Rodung hervorgerufenen nachteiligen Einwirkungen geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0192). Als subjektives öffentliches Recht kommt das Recht auf Versagung der Rodungsbewilligung wegen Missachtung des Deckungsschutzes in Betracht. Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass das Gesetz ausdrücklich nur dem Eigentümer einer angrenzenden Waldfläche die Parteistellung einräumt. Die Parteistellung kommt somit nicht schlechthin jedem Eigentümer zu, sondern nur einem Eigentümer einer Waldfläche. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Regelung des § 19 Abs. 5 Forstgesetz überdies insofern als eine "autoritative Bestimmung der Parteistellung" angesehen, als es sich erübrige zu untersuchen, wem nach dem Forstgesetz ein Rechtsanspruch zukomme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 93/10/0182). Im Übrigen sind dem Forstgesetz für die Eigentümer einer Baufläche auch keinerlei subjektive Rechte zu entnehmen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass im Waldfeststellungsverfahren nach § 5 Abs. 1 ForstG weder auf die vom Beschwerdeführer angesprochene befristete Bringung über fremden Boden nach § 66 ForstG noch auf § 60 ForstG, welcher die allgemeinen Vorschriften für die Bringungsanlage enthält, Bedacht zu nehmen ist, weil die Parteistellung im Waldfeststellungsverfahren gemäß §§ 5 Abs. 1 zweiter Satz ForstG in sinngemäßer Anwendung des § 19 Abs. 5 lit. d ForstG nur einen Anspruch des Nachbarn auf Erhaltung des angrenzenden nachbarlichen Waldes enthält. Dem Beschwerdeführer als Eigentümer des angrenzenden Bauflächengrundstückes fehlt somit überdies ein rechtliches Interesse, das er im Sinne von §§ 5 Abs. 1 zweiter Satz iVm 19 Abs. 5 lit. d ForstG, § 8 AVG geltend machen könnte.
Nach §§ 5 Abs. 1 zweiter Satz iVm 19 Abs. 5 lit. d ForstG kommt somit sowohl im Rodungs- als auch im Waldfeststellungsverfahren dem Eigentümer eines an die Rodungs- oder Feststellungsfläche angrenzenden Grundstückes nur Parteistellung zu, wenn es sich bei dem angrenzenden Grundstück um eine Waldfläche handelt.
Auf Grund dieser Rechtslage wurde dem Beschwerdeführer die von ihm angestrebte Parteistellung zu Recht versagt. Dies deshalb, weil es sich bei dem Grundstück Nr. 743/2, KG Kirchschlag, dessen Eigentümer der Beschwerdeführer ist, unstrittig um eine Baufläche handelt und nicht um Wald im Sinne des Forstgesetzes.
3. Das Forstrecht verfolgt als oberstes Ziel, den Wald als solchen nachhaltig, das heißt auch für die kommenden Generationen, im Sinne des öffentlichen Interesses zu sichern. Dieser in § 12 ForstG niedergelegte Grundsatz der Walderhaltung fließt bei der Bewertung der Bestimmung über die Parteistellung im Lichte des Verfassungsrechts mit ein und war vorliegend mit zu berücksichtigen (vgl. das vom Beschwerdeführer genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1999, Slg. 15.609). Dem Gesetzgeber ist es auch unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Vorschriften über die Einräumung subjektiver Rechte nicht verwehrt, die Parteistellung für den Nachbarn im Waldfeststellungsverfahren, in dem es hauptsächlich auf die Wahrung öffentlicher Interessen an der Erhaltung des Waldes - nicht aber auf sonstige nachbarliche Interessen - ankommt, auf Personen zu beschränken, denen als Nachbar und Eigentümer eines angrenzenden Waldgrundstückes ein Anspruch auf Erhaltung ihres nachbarlichen Waldes zukommt. Die belangte Behörde hat in diesem Sinne zutreffend auf die sachliche Rechtfertigung der im Gesetz enthaltenen Differenzierung zwischen Eigentümern von Waldflächen und anderen Eigentümern hingewiesen.
4. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2002
Schlagworte
Fischerei ForstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2002:2001100215.X00Im RIS seit
24.06.2002